Wann endete die Bonner Republik ?

Die junge Republik: Bonn, Adenauer, RAF, Schmidt, Kohl

Moderator: Barbarossa

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Gontscharow
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Wann endete die "Bundesrepublik Deutschland" kann ich schlecht fragen, weil sie namensgleich
mit dem Gebilde fortexistiert, daß 1949-1990 als Bonner Republik bestand.
Für die DDR sind diese Fragen einfach zu beantworten, sie begann 1945/49 und endete 1989/90.
In der Bonner Republik gaben sich viele Menschen der Illusion (und der Hoffnung) hin, daß alles so weiter ginge
wie bisher, nur daß "Deutschland" größer geworden sei und man jetzt lediglich häufiger als bisher Leute mit sächsischem Akzent auf der Straße traf.
Und trotzdem, aus der Perspektive des Jahres 2014 ist die Bonner Republik genau so mausetot wie die DDR,
nur das man kein Sterbedatum angeben kann.Ich bin mir sicher, daß künftige Historiker 1990 auch als Ende der
"Bonner" Republik angeben werden und diese Bezeichnung verwenden werden.
Ich war damals dafür, "alles neu" zu gestalten .... neuer Staatsname, neue Hymne, neue Flagge, neue Hauptstadt.
So daß beiden Teilen Deutschlands auch symbolisch glasklar gewesen wäre, daß jetzt für beide Teile Deutschlands etwas neues beginnt - und nicht nur für die DDR.
Daß der Umzug nach Berlin 10 Jahre gedauert hat und immer noch nicht abgeschlossen ist , spricht für die Trägheit und den schieren Eigennutz unserer Verwaltung ( nur mal so als kleiner Denkanstoß für die Staatsgläubigen, die Flüchtlingsheime usw. von diesen Leuten verwalten lassen wollen).
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Marek1964
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Interessante Themenstellung. Ich glaube ja nicht wirklich, dass die Bonner Republik endete, vergleichbar mit dem Kaiserreich, der Weimarer Republik und dem Nazireich, deren Ende ja zeitlich wie vom Charakter des Regimes sehr klar erfolgten, und im Grunde genommen auch das Ende der DDR.

Die BRD als Sieger des kalten Krieges bestand weiter, aber das Umfeld ändertes sich halt stark, es war das Ende kalten Krieges, die Globalisierung schritt voran, das Informationszeitalter, die Ostöffnung, Europäische Integration, MIgrationen veränderten halt schon Schritt für Schritt den Charakter eines Staates, der vielleicht vorher in den 40 Jahren seines Bestehens stabiler war als in den 25 Jahren danach? Keine Behauptung, eher eine These zum Diskutieren.
Lia

Tja, die wird erst dann enden, wenn die Generation, die in der Bonner Republik aufgewachsen ist, zumindest so meine Jahrgänge und älter, nicht mehr existiert.
Wie auch die DDR erst dann endgültig endet, wenn die ex-DDR-Bürger ausgestorben sind.
Ist ein allmähliches Ende.
Im Prinzip war der Anfang vom Ende die Abstimmung für Berlin als Hauptstadt und vielleicht mit der Zustimmung der Grünen zum militärischen Einsatz im zerfallenden Jugoslawien noch ein bisschen, mit der Ost-Kanzlerin wieder- und alles, was Barbarossa aufzählt, kann ich spontan als weitere "Abbrüche" von der Bonner Republik und deren Befindlichkeit addieren.
Ich bin- manchmal unbewusst, manchmal bewusst, deutlich ein "Bonner Republik"-Exemplar. Vielleicht auch, weil ich durchaus die Schattenseiten kennenlernte und mein Teil versuchte beizutragen, der Piefigkeit und manch real existierendem, wenig demokratisch und wenig bürgerfreundlichem Denken Contra zu geben. Man riskierte dabei sicherlich nicht Leib und Leben oder Freiheit, nur gelegentlich mal Behinderungen in Schule, Studium und Beruf. Gelohnt hat es allemal, die im GG verankerte Demokratie und Freiheit der Gedanken einzufordern.
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Triton
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Das Ende der "Ära Kohl" war sicher auch ein untrügliches Zeichen für einen Zeitenwechsel. Nicht die Tatsache an sich sondern die Klarheit, mit der Kohl vom Hof gejagt wurde. Kohl, aus Ludwigshafen, tief im Westen der Republik, klebte noch am Bonner Modell mit dem klaren Selbstverständnis eines Juniorpartners der USA und der unmittelbaren Nähe zu Frankreich, der Konsenspolitik in Wirtschafts- und Sozialfragen.

Dieses Modell war nicht mehr zeitgemäß, die Globalisierung brachte frischen, aber auch eisigen Wind in die etwas eingeschlafene Wohlstandswirtschaft. Das wiedervereinigte Deutschland konnte sich auch nicht mehr aus internaionalen Konflikten rauskaufen wie noch 1991 im ersten Golfkrieg, die reine Westorienierung musste aufgegeben werden. Kohl war dazu weder bereit noch der richtige Mann.

Die Abwahl Kohls war auch das Ende des Trugbilds, das wiedervereinigte Deustchland wäre die alte BRD - nur größer. Die blühenden Landschaften kamen nicht und 40 Jahre Geschichte ließen sich nicht in wenigen Jahren auslöschen wie ein böser Traum.
"Tatsachen schafft man nicht dadurch aus der Welt, in dem man sie ignoriert." (Aldous Huxley)
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Balduin
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Triton hat geschrieben:Das Ende der "Ära Kohl" war sicher auch ein untrügliches Zeichen für einen Zeitenwechsel. Nicht die Tatsache an sich sondern die Klarheit, mit der Kohl vom Hof gejagt wurde. Kohl, aus Ludwigshafen, tief im Westen der Republik, klebte noch am Bonner Modell mit dem klaren Selbstverständnis eines Juniorpartners der USA und der unmittelbaren Nähe zu Frankreich, der Konsenspolitik in Wirtschafts- und Sozialfragen.

Dieses Modell war nicht mehr zeitgemäß, die Globalisierung brachte frischen, aber auch eisigen Wind in die etwas eingeschlafene Wohlstandswirtschaft. Das wiedervereinigte Deutschland konnte sich auch nicht mehr aus internaionalen Konflikten rauskaufen wie noch 1991 im ersten Golfkrieg, die reine Westorienierung musste aufgegeben werden. Kohl war dazu weder bereit noch der richtige Mann.

Die Abwahl Kohls war auch das Ende des Trugbilds, das wiedervereinigte Deustchland wäre die alte BRD - nur größer. Die blühenden Landschaften kamen nicht und 40 Jahre Geschichte ließen sich nicht in wenigen Jahren auslöschen wie ein böser Traum.
Die Aussage, dass Kohl vom Hof gejagt wurde, ist mir zu pauschal. 1994 prophezeiten viele bereits die Abwahl des Kanzlers, er wurde bekanntlich in seine 4. Amtszeit gewählt.
Man muss auch die Gesamtumstände sehen: Lafontaine kontrollierte de facto den Bundesrat, der Reformstau, den es bekanntlich gab, wurde aber der CDU-FDP Regierung angelastet. Schröder konnte nur durch ein dezidiert nicht-sozialdemokratisches Programm gewinnen, was auch zum Bruch mit Lafontaine führte und die SPD als Volkspartei vernichtete.
Ich sehe also nicht wirklich, dass die Bevölkerung unzufrieden war mit der bürgerlichen Politik Kohls. Kohl wird auch heute noch unterschätzt.

Die Einflüsse der Globalisierung kann ich erst ab 2002 ausmachen: Das Stoiber-Merz Programm folgte da enorm dem Zeitgeist.
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He has called on the best that was in us. There was no such thing as half-trying. Whether it was running a race or catching a football, competing in school—we were to try. And we were to try harder than anyone else. We might not be the best, and none of us were, but we were to make the effort to be the best. "After you have done the best you can", he used to say, "the hell with it". Robert F. Kennedy - Tribute to his father
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