Die Spiegel-Affäre: Strauss/Augstein gut für die Demokratie?

Die junge Republik: Bonn, Adenauer, RAF, Schmidt, Kohl

Moderator: Barbarossa

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Balduin
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Ich habe heute im ARD den Film über die Spiegel-Affäre gesehen. Wie fandet ihr den Film? Wäre so etwas noch heute möglich? In Deutschland musste ein Bundespräsident wegen einem Anruf beim BILD-Chefredakteur zurücktreten: Politik und Presse ist ein Reizthema.

Im Gegenzug: War Augsteins Einschätzung über Strauß richtig, dass dieser ein gefährlicher Mann sei? War die Kampagne, die der Spiegel über Jahre fuhr, richtig oder wurde hier nicht ein führendes Meinungsorgan für eine persönliche Fehde missbraucht?

Die Geschichte hat wohl Strauß Recht gegeben, die Strategie der nuklearen Abschreckung hatte schlussendlich Erfolg.
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He has called on the best that was in us. There was no such thing as half-trying. Whether it was running a race or catching a football, competing in school—we were to try. And we were to try harder than anyone else. We might not be the best, and none of us were, but we were to make the effort to be the best. "After you have done the best you can", he used to say, "the hell with it". Robert F. Kennedy - Tribute to his father
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Marek1964
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Die Meine Antwort ist ein eindeutiges Jein. Die Sendung habe ich nicht gesehen, die Affäre kenne ich allerdings.

Es war ein Sieg der Demokratie, weil sie zeigte, dass auch ein Verteidigungsminister nicht einfach tun kann, was er will.

Strauss war ein Machtmensch, der schon gerne mal tat, was er wollte, aber sicher kein Diktator. Von den Linken wurde er meines Erachtens dämonisiert. Aber er machte immer auch was er wollte. Ich kann mich an einen Milliardenkredit (DM) an die DDR erinnern, den er vermittelte, wo sich schon viele auch Anhänger an den Kopf fassten.

Die resolute Haltung gegenüber dem Osten war allerdings richtig, sie wurde aber auch von Helmut Schmidt mitgetragen, war also kein Monopol von FJ Strauss oder der CDU/CSU. Und wie ich schon im "Sowjetunion - totgerüstet oder heruntergewirtschaftet" geschrieben habe, der "Sieg" des Westens war auch der Einsicht Gorbatschows geschuldet.

Der Spiegel fuhr halt seine Strategie eines kritischen Blattes, das Enthüllungsjournalismus betreibt. Dadurch verdankt es seine einmalige Marktposition, die Strauss Affäre hatte da enorme Bedeutung. Strauss war sicher nicht der vorbildlichste Demokrat, aber auch nicht der "demokratiefeindlichste Politiker Nachkriegsdeutschlands" wie ihn viele sahen. Aber ihn in die Schranken zu weisen, hat sicher nicht geschadet.

Wir werden nicht abschliessend sagen können, was passiert wäre, wenn man Strauss hätte gewähren lassen. Es kam eben nicht dazu. Die resolute Haltung gegenüber der Sowjetunion blieb trotzdem. Hier hat die DDR mit Guillaume ein fantastisches Eigentor geschossen.

So gesehen, wie schon gesagt, ein Sieg der Demokratie und der Pressefreiheit.
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dieter
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Ralph hat geschrieben:Ich habe heute im ARD den Film über die Spiegel-Affäre gesehen. Wie fandet ihr den Film? Wäre so etwas noch heute möglich? In Deutschland musste ein Bundespräsident wegen einem Anruf beim BILD-Chefredakteur zurücktreten: Politik und Presse ist ein Reizthema.

Im Gegenzug: War Augsteins Einschätzung über Strauß richtig, dass dieser ein gefährlicher Mann sei? War die Kampagne, die der Spiegel über Jahre fuhr, richtig oder wurde hier nicht ein führendes Meinungsorgan für eine persönliche Fehde missbraucht?

Die Geschichte hat wohl Strauß Recht gegeben, die Strategie der nuklearen Abschreckung hatte schlussendlich Erfolg.
Lieber Ralph,
ich habe den Film in der ARD auch gesehen. Wenn Stauß als Verteidigungsminister dran geblieben wäre, dann hätte immer die Gefahr bestanden, dass er auf einen Knopf drückt und die Atomwaffen an der Grenze zum Ostblock losgegangen wären. Das hat er ja selbst gesagt, er will zwei Sekunden vor dem Gegner den Knopf drücken. Er hat nicht Recht behalten. Sich unflätig beim Besuch bei Augstein verhalten. Er wollte den Spiegel ausschalten und damit unsere Pressefreiheit und Demokratie, weil die ihm auf die Schliche wie in der FIBAG-Affäre gekommen war. Ohne den Spiegel hätte es keine Demokratie in Deutschland gegeben. :D
Ich erinnere Dich an die Begebenheit von Strauß mit zwei Prostituierten in New York. Er hatte sich die Brieftasche stehlen lassen. :wink: :mrgreen: Das sagt doch alles über den Mann aus. :wink:
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Marek1964
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Dieser Thread hat mein Interesse soweit geweckt, dass ich mir heute an diesem Feiertag bei uns die Sendung angeschaut habe. Eine gut gemachte Sendung. Ich habe mir auch den Artikel im Spiegel "bedingt einsatzbereit" von 1962 gelesen (http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-25673830.html).

Ich denke, wenn der Film so stimmt, dann war es in der Tat ein Privatkrieg zwischen zwei Männern, beide auf gewisse Weise mächtig. Die Szene mit dem angetrunkenen Strauss bei Augstein vom "roten Knopf" und von den "Sittlichkeitsverbrechern", die ich ehrlich gesagt nicht ganz verstanden habe. Diese Szene soll ja zeigen, dass ab da Augstein überzeugt war, dass dieser Mann unbedingt zu stoppen sei. Augstein wird ja im Film von seinen Mitarbeitern ja schon so etwas wie Strauss Paranoya vorgeworfen.

Auf jeden Fall sehe ich in dem Artikel von 1962 aber nichts weltbewegendes oder landesverräterisches. Die Dinge, die dort geschrieben wurden, dürfte der KGB wie auch die Stasi samt und sonders gewusst haben. Dass die Bevölkerung über die Mängel in der Abwehrbereitschaft der Bundeswehr wie der NATO insgesamt in Kenntnis gesetzt wurde, wäre ja politisch gar nicht schlecht, vielleicht hätte man das lieber im Sinne einer höheren Akzeptanz für ein höheres Rüstungsbudget sehen und ausschlachten können.

Der grösste Fehler war von Strauss war ja, dass er den Justizminister nicht informiert hat - das hat ihn den Posten als Verteidigungsminister gekostet. Adenauer hat hier auch keine gute Rolle gespielt. Strauss hat hier seine Privatfehde geführt statt seinen Gegner in seinem Sinne auszunutzen. Ich habe immer wieder gehört und gelesen, wie enorm intelligent und clever Strauss war, aber ich war da immer skeptisch. Die Spiegel Affäre, die polternde Art, später der Milliardenkredit an die DDR - das war mehrheitsfähig in Bayern, aber nicht in der BRD insgesamt. Der von ihm verhöhnte Helmut Kohl war da wohl einiges cleverer. 1980 verlor er die Bundeskanzlerwahl klar. Die dadurch gestärkte FDP bereitete zwei Jahre später Helmut Kohl den Weg zur Kanzlerschaft...

EIn Aspekt, der mir aber in der Geschichtsschreibung vielleicht etwas zu kurz kommt, ist, dass es neben dem Kampf zwischen Augstein und Strauss auch eine interner Richtungsstreit im damaligen Verteidigungsministerium war. Ob es den betroffenen unzufriedenen Offizieren mehr um ihren eigene Posten ging oder tatsächlich um eine bessere Konzeption der Verteidigung vermag ich jetzt nicht zu beurteilen. Jedenfalls erhofften sie sich einen Kurswechsel durch die Veröffentlichung im Spiegel.

So gesehen würde ich das ganze als Machtgerangel sehen, wobei aber schon Dienstgeheimnisverletzung (Landesverrat mag ich hier nicht nachzuvollziehen) hier vorkam, wie am Ende des Films festgehalten. Von daher habe ich auch etwas Mühe, dass jetzt als reinen Kampf um Pressefreiheit zu sehen.

Rührend dann aber die erstaunliche Unprofessionalität beider Seiten bei so einem ernsten Kampf. Da werden also tatsächlich die Unterlagen im Tresor des Spiegel gelagert - obwohl dort bei Hausdurchsuchung auffindbar und mit der musste man ja rechnen. Nicht sehr konspirativ. Dass dann der Bruder von Rudolf Augstein unbeobachtet zum Tresor gehen konnte, und Unterlagen herausschmuggeln konnte, nachdem das Verlagshaus schon besetzt war, ist ja eigentlich unglaublich. Das wäre der Stasi nicht passiert, ist man geneigt zu sagen.

Jedenfalls habe ich jetzt etwas mehr Mühe das ganze als grossen Sieg der Demokratie und Pressefreiheit zu sehen, aber die Kompetenzüberschreitungen von Strauss gehörten eindeutig bestraft.

Richtig ist aus heutiger Sicht das auch auf der Webpage abrufbare Interview mit Helmut Schmidt - ein Atomkrieg war zum Glück immer weiter weg als man damals dachte. Denn auch die Sowjetmachthaber und -offiziere, wollten sicher keinen grossen Krieg. Zu sehr sass der Schrecken des Zweiten Weltkriegs, aber auch des Ersten und des russischen Bürgerkriegs, im Bewusstsein. Was sie zwar nicht daran hinderte, den einen oder anderen Interventions- und Stellvertreterkrieg zu führen, aber den Grossangriff hätte man nie gewagt. Das zumindest meine Einschätzung. Und ich denke, auch Franz Josef Strauss hätte nie den roten Knopf gedrückt.
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dieter
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Lieber Marek,
FJS wollte sich nur in den Vordergrund spielen, weil er den Nachfolger von Adenauer werden wollte. Habe diese Zeit total mitgekriegt. Deshalb auch sein Milliardenkredit an die DDR. :wink:
Das mit den "Sittlichkeitsverbrechern", da meinte er die Kommunisten damit. :wink: Im Prinzip wollte er nur Eindruck schinden und hatte kein Konzept. Ein Bayer und katholisch, Stoiber wollte ja auch mal Kanzler werden. Hoffentlich behütet uns ein gütiges Schicksal davon, dass diese Menschen einmal Deutschland regieren dürfen. Lieber preußische Protestanten, wie Angie, Schmidt oder Schröder. :wink: :mrgreen:
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Triton
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Zuerst: Den Film fand ich gut, aber nicht was Besonderes.

Strauss war eine vielschichtige Persönlichkeit. Hochintelligent, hochgebildet, mit klaren Standpunkten und klarer Sprache - also das, was sich wohl jeder von einem Politiker wünschen würde, wenn man nach Eigenschaften fragen würde. Und da war dann noch die negative Seite, Helmut Schmidt bezeichnete ihn als "Atomkraftwerk ohne Sicherheitskreislauf", sein Privatleben war wohl auch so, wie es heute Politikern nicht mehr möglich wäre, daneben war er empfänglich für Korruption (v.a. Rüstungsunternehmen) und unter ihm etablierte sich der Amigo-Sumpf in der CSU.
Die größte Schwäche war sein unklares Verhältnis zum Rechtsstaat, mehrfach fiel er mit Forderungen nach (indirekten und sofortigen) Todesstrafen für Verbrechen auf, so wollte er die Stammheimer Terroristen umbringen lassen, als die "Landshut" entführt war. Oder eine Geiselnahme in München mit der Erschießung der Geiselnehmer beenden. Die Spiegel-Affäre war also kein Ausrutscher bei ihm.

Trotzdem: Eine große Persönlichkeit der Nachkriegspolitik, wie es sie heute nicht mehr gibt und wohl auch nicht mehr geben kann.
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dieter
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Lieber Joerg,
keine große Persönlichkeit, er hat sich nur aufgpumpt. :wink: :mrgreen: Deutschland wäre es nicht schlechter gegangen, wenn es ihm nicht gegeben hätte. :roll:
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Triton
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dieter hat geschrieben:Deutschland wäre es nicht schlechter gegangen, wenn es ihm nicht gegeben hätte. :roll:
Das kann sein, weil er nach 1962 fast nur in Bayern gewirkt hatte :wink:
Sein Verdienst war, für eine klare Unterscheidung zwischen der Union und der SPD gesorgt zu haben. Etwas, was schon unter Kohl bröckelte und unter Merkel fast völlig verschwunden ist.
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dieter
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Lieber Joerg,
warum eine große Unterscheidung zwischen CDU und SPD :?: Es sind zwei sozialdemokratische Parteien. Die Agenda 2010 kam unter Schröder und nun läßt Gabriel die Stromkosten vom Kleinen Mann bezahlen und die Industrie ist wieder außen vor. :evil: :twisted:
Man kann keine der beiden Parteien mehr wählen. :wink:
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Lia

Strauß war eine große, schillernde Persönlichkeit. Seine Reden, auch wenn man deren Inhalt nun nicht bejahte, brillant.
Einer der vielen großen Gestalten der frühen Republik, die diese auch brauchte. Die Gegensätze brachten Fortschritt und Veränderung, die Gegensätze ließen viele bis in die 1970er Jahre noch Bundestagssitzungen am Radio verfolgen.
Eine meiner frühesten "politischen" Erinnerungen ist die Spiegel-Afffäre, bzw. die Diskussionen im Elternhaus darüber, wo helle Empörung über Strauß herrschte. Meine Eltern waren Demokraten und aus bitterer Erfahrung entsetzt über das, was sich da anbahnte- sie trauten dem Machtmenschen Strauß durchaus noch mehr Einschränkungen und Missachtung demokratischer Rechte zu, wenn es um ihn und seine Interessen ging.
Gerade deshalb brauchte die junge Republik ihn, weil eine breite Masse der Bevölkerung aus dem Wirtschaftswunder-Schlaf wachgerüttelt wurde und erkannte, wie wertvoll und wie wichtig die Pressefreiheit war. Diese Demonstrationen waren absolut wichtig- für alle, keine Demos für Einzelinteressen wie heute.
Gemocht habe ich ihn nie, seine politischen Inhalte und Ziele waren mir immer zutiefst zuwider, und viele seiner Äußerungen disqualifizierten ihn für weiter Ämter in einer Bundesregierung.
Ein kluger Kopf,eloquent, der privatim sogar sehr nett gewesen sein soll, einer, den man nicht mögen musste, der aber zu seiner Zeit das politische Leben wach hielt. Wie Wehner als Gegenstück auch. Welch blassen Gestalten stehen da heute oft am Rednerpult...
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dieter
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Liebe Lia,
wir brauchten Strauß nicht als Wachrüttler. Er hat der DDR einen Milliarden Kredit verschafft und damit erreicht, dass der kommunistische Staat erst später implodierte. Er hat damit der Sache des vereinten Deutschlands einen Bärendienst erwiesen. :evil: :twisted:
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Triton
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Lia hat geschrieben:Ein kluger Kopf,eloquent, der privatim sogar sehr nett gewesen sein soll, einer, den man nicht mögen musste, der aber zu seiner Zeit das politische Leben wach hielt. Wie Wehner als Gegenstück auch. Welch blassen Gestalten stehen da heute oft am Rednerpult...
Strauss, in seiner Jugend Radsportler, kämpfte immer mit offenem Visier, was ihm viele Verehrer und Anhänger und noch mehr Gegner einbrachte. Viel Feind, viel Ehr! Helmut Schmidt (Schmidt-Schnautze) war übrigens ganz ähnlich gestrickt, ein echtes Großmaul und hemdsärmelig im Umgang mit Mitarbeitern und politischen Gegnern. Das verblasst heute nur, weil man ihn als tatterigen elder statesman kennt. Strauss hatte die seltene Gabe, in polittheorethischen Diskussionen genauso zu glänzen wie im Bierzelt.
Menschen wie er, das glaube ich gerne, sind privat besonders angenehm, weil es bei Ihnen kein "Hintenrum" gibt. Als das genaue Gegenteil würde ich den Politikertyp "Wulff" sehen, immer nett und freundlich, unverbindlich und kompromissbereit, versöhnend und mäßigend in der Wirkung - Freunde hat er aber keine, als er welche brauchte.

Der Milliardenkredit war doch völlig schnurzpiepe, die Mauer ist gefallen, weil Ungarn den Eisernen Vorhang gelockert und Glasnost den Menschen die Angst vor dem Staat genommen hat. Wandel durch Ännäherung darf auch Strauss in Anspruch nehmen.
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dieter
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Lieber Joerg,
der Milliardenkredit war nicht schnurzpiepe, weil durch ihm die DDR ein Jahrzehnt weiter existieren konnte. Die Öffnung der Grenze in Ungarn war nur die Nachholung einer nicht mehr zu haltenden Situation. :wink:
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Lia

Liebe Lia,
wir brauchten Strauß nicht als Wachrüttler. Er hat der DDR einen Milliarden Kredit verschafft und damit erreicht, dass der kommunistische Staat erst später implodierte. Er hat damit der Sache des vereinten Deutschlands einen Bärendienst erwiesen.
Das eine hat mit dem anderen relativ wenig zu tun.
Man kann verschiedener Meinung sein, doch Strauß als negativen Reibungspunkt und Augstein oder Helmut Schmid und auch einen Herbert Wehner brauchte das verpennte Land, um überhaupt erst wieder offene, sehr streitbare, polemische politische Auseinandersetzung wahrzunehmen und zu lernen.
Da sind all die Strauß-Gegner meiner Generation quer durch die sonstigen politischen Anschauungen ziemlich einig. Im Prinzip war es sogar der Bollerkopp aus Bayern, der die brave, immer noch viel zu altertümelnd-konservative( jüngere) CDU aus der Lethargie geholt hat.
Ob der Kredit- eine ziemliche Überraschung- nun zur Lebensverlängerung beitrug oder gerade das Gegenteil bewirkte, nämlich zu einem Nachgeben der DDR-Regierung führte und mithin ein Teil zur Auflösung des Staates beitrug, ist immer noch in der Diskussion unter Historikern. Ganz sicher wollte ein FJS nicht die DDR stabilisieren, sondern taktisch geschickt genau das Gegenteil erreichen.-
eine zusehendst wachsende Abhängigkeit von westdeutscher Unterstützung, die es nicht ohne Gegenleistung gab.
Ein nicht unwesentlicher, mal gar nicht überflüssiger Politiker der deutschen Nachkriegsgeschichte, ob ich nun mochte oder nicht.
Triton hat geschrieben:Der Milliardenkredit war doch völlig schnurzpiepe, die Mauer ist gefallen, weil Ungarn den Eisernen Vorhang gelockert und Glasnost den Menschen die Angst vor dem Staat genommen hat. Wandel durch Ännäherung darf auch Strauss in Anspruch nehmen.
Volle Zustimmung.
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dieter
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Lia hat geschrieben:
Liebe Lia,
wir brauchten Strauß nicht als Wachrüttler. Er hat der DDR einen Milliarden Kredit verschafft und damit erreicht, dass der kommunistische Staat erst später implodierte. Er hat damit der Sache des vereinten Deutschlands einen Bärendienst erwiesen.
Das eine hat mit dem anderen relativ wenig zu tun.
Man kann verschiedener Meinung sein, doch Strauß als negativen Reibungspunkt und Augstein oder Helmut Schmid und auch einen Herbert Wehner brauchte das verpennte Land, um überhaupt erst wieder offene, sehr streitbare, polemische politische Auseinandersetzung wahrzunehmen und zu lernen.
Da sind all die Strauß-Gegner meiner Generation quer durch die sonstigen politischen Anschauungen ziemlich einig. Im Prinzip war es sogar der Bollerkopp aus Bayern, der die brave, immer noch viel zu altertümelnd-konservative( jüngere) CDU aus der Lethargie geholt hat.
Ob der Kredit- eine ziemliche Überraschung- nun zur Lebensverlängerung beitrug oder gerade das Gegenteil bewirkte, nämlich zu einem Nachgeben der DDR-Regierung führte und mithin ein Teil zur Auflösung des Staates beitrug, ist immer noch in der Diskussion unter Historikern. Ganz sicher wollte ein FJS nicht die DDR stabilisieren, sondern taktisch geschickt genau das Gegenteil erreichen.-
eine zusehendst wachsende Abhängigkeit von westdeutscher Unterstützung, die es nicht ohne Gegenleistung gab.
Ein nicht unwesentlicher, mal gar nicht überflüssiger Politiker der deutschen Nachkriegsgeschichte, ob ich nun mochte oder nicht.
Liebe Lia,
Deutschland brauchte keine Wachrüttler, höchstens die CDU. :wink: :mrgreen: Ohne seinen Milliardenkredit wäre das DDR-Regime schon zehn Jahre vorher zusammengebrochen und es hätte beträchtlich weniger Mauertote gegeben. :roll:
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