Das Leben von Franz Josef Strauß (FJS)

Die junge Republik: Bonn, Adenauer, RAF, Schmidt, Kohl

Moderator: Barbarossa

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Marek1964
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Gute Idee, einen Thread wiederzubeleben. Auch für mich bleibt Franz Josef Strauss ein widersprüchlicher Politiker, einerseits ein kalter Krieger, andererseits ein Vermittler des Milliardenkredits an die DDR, hier ein Thread zur SPIEGEL Affäre, die ihn den Posten des Ministerpräsidenten kostete:

http://geschichte-wissen.de/forum/viewt ... uss#p35332
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Barbarossa
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Du meinst sicher, als Verteidigungsminister musste er zurücktreten. Ministerpräsident von Bayern wurde er ja erst viel später.
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dieter
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Ihr Lieben,
nicht die Spiegelaffäre oder Fibag oder die beiden Damen, die FJS in New York die Brieftasche glauten ist das Schlimmste was er angestellt hat, sondern der Milliarden-Kredit an die DDR, die ihr ermöglichte noch ein Jahrzehnt weiter zu existieren. :evil: :twisted:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
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Peppone
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Was man Strauß bei der Kreditbürgschaft für die DDR vorwerfen kann, ist, dass ihm nicht klar war, wie nahe am finanziellen Kollaps die DDR tatsächlich schon war. Da dies aber offenbar keinem westlichen Politiker klar war, darf man das auch Strauß nicht vorwerfen.
Das wirklich Erstaunliche an der Aktion war ja nicht nur, dass da ein Länderfürst quasi Bundesaußenpolitik betrieb, sondern, dass Strauß im Wesentlichen die Brandt-Ostpolitik fortführte. Er ging auf die DDR zu - und das, wo Strauß nun wirklich strammer Antikommunist war! - und gab ihr etwas Lebensnotwendiges, wobei er spekulierte, dass daraufhin auch die DDR was zurückgeben müsste, insofern erpressbar geworden war.

Er war schon ein gewiefter Taktiker, der alte Stiernacken...an Strauß sieht man aber auch, dass man es mit dem Taktieren eindeutig übertreiben kann. Wäre er nicht gestorben, hätte er sich bald in seinen eigenen Netzen verfangen, nicht zuletzt in denen, die er gesponnen hatte, um sich in seiner Partei unverzichtbar zu machen.

Beppe
Lia

Ein hoch intelligenter Mensch und ein Machtpolitiker. Eine schillernde Persönlichkeit, die übrigens abseits der Politik sehr nett und umgänglich gewesen sein soll. Obwohl es da wieder Affairen gegeben haben soll, die einen Politiker heutzutage zum Rücktritt zwingen.
Für einen echten Demokraten, einen, der die Belange des gesamten Volkes vertritt, der die Menschenrechte ernst nimmt, durfte man ihn sicherlich nicht halten. Aus S-H Sicht war er schlicht untragbar, aber das ist eine andere Geschichte.
FJS war sicherlich ein " gefährlicher" Macht- und Ego-Politiker, aber vielleicht brauchte die kuschelige Trantüten-Republik auch einen wie ihn, der durch seinen polarisierenden Stil immer wiederl für Weckrufe sorgte, die gelegentlich sogar potenzielle CDU- Wähler dazu brachten, rot zu sehen und rot zu wählen. :)
Peppone hat geschrieben:Er war schon ein gewiefter Taktiker, der alte Stiernacken
Ja, und wenn er merkte, dass er bundesweit bei der Wählerschaft nicht ankam, fand er immer noch Wege, in der Politik mitzumischen.
Und wieder zu polarisieren, Diskussionen auszulösen.
Die DDR-Bürgschaft war so ein Ding für sich und wird in Ablauf wie in langfristigen Zielen nach wie vor unterschiedlich beurteilt.
Wieviel wusste Strauß wirklich? Was war, dank der Kontakte zu Schalck-Golodkowski, in der wirtschaftlichen Entwicklung der DDR über den aktuellen Zeitraum hinaus abzusehen? So simpel, wie Dieter es formuliert, sehen es einige Historiker und Journalisten nicht.
FJS ist ein Teil der Bonner Republik, hat sie mit geprägt- nur oft anders als er es dachte. . Darin mag man auch FJS unfreiwillige Verdienste fürs Land sehen.
Ironie der Geschichte: Sein Todesdatum, der 3.Oktober, sollte zwei Jahre später zum Tag der Wiedervereinigung werden...
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dieter
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Peppone hat geschrieben:Was man Strauß bei der Kreditbürgschaft für die DDR vorwerfen kann, ist, dass ihm nicht klar war, wie nahe am finanziellen Kollaps die DDR tatsächlich schon war. Da dies aber offenbar keinem westlichen Politiker klar war, darf man das auch Strauß nicht vorwerfen.
Das wirklich Erstaunliche an der Aktion war ja nicht nur, dass da ein Länderfürst quasi Bundesaußenpolitik betrieb, sondern, dass Strauß im Wesentlichen die Brandt-Ostpolitik fortführte. Er ging auf die DDR zu - und das, wo Strauß nun wirklich strammer Antikommunist war! - und gab ihr etwas Lebensnotwendiges, wobei er spekulierte, dass daraufhin auch die DDR was zurückgeben müsste, insofern erpressbar geworden war.

Er war schon ein gewiefter Taktiker, der alte Stiernacken...an Strauß sieht man aber auch, dass man es mit dem Taktieren eindeutig übertreiben kann. Wäre er nicht gestorben, hätte er sich bald in seinen eigenen Netzen verfangen, nicht zuletzt in denen, die er gesponnen hatte, um sich in seiner Partei unverzichtbar zu machen.

Beppe
Lieber Beppe,
ich habe seinerzeit als Sozialdemokrat, weil Strauß Kanzler werden wollte für Schmidt und gegen ihn mit meinem Ortsverein Wahlkampf gemacht. Das finde ich heute noch gut, dass Genscher nach zwei Jahren half Schmidt zu stürzen ist nach dem Olympia-Massaker in München ein weiterer Minuspunkt für die FDP. :evil: :twisted:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
Lia

Dieter hat geschrieben:Lieber Beppe,
ich habe seinerzeit als Sozialdemokrat, weil Strauß Kanzler werden wollte für Schmidt und gegen ihn mit meinem Ortsverein Wahlkampf gemacht. Das finde ich heute noch gut, dass Genscher nach zwei Jahren half Schmidt zu stürzen ist nach dem Olympia-Massaker in München ein weiterer Minuspunkt für die FDP.
Was hat das nun mit Beppes Antwort sachlich zu tun?
Um gegen Strauss als Kanzler zu sein, war die SPD- Mitgliedschaft nicht zwingend notwendig, sogar meine Freunde, die in der CDU aktiv waren, stellten sich gegen den CSU-Mann, der- wie später Stoiber- für Polarisierung im eigenen Lager sorgte.
Und was denn nun die FDP und das Massaker von München mit dem Thema FJS zu tun haben, entzieht sich meinem Durchblick. :?:

Für seine politischen Einstellungen hatte ich nie etwas übrig, auch sonst war FJS für mich beinahe eine Feindfigur- und doch kann ich ihm einen gewissen Respekt nicht versagen. Und sei es für so manche Rede im BT,wo er eben nicht nur ein Poltergeist war, sondern in vielem ein klarer Analytiker, der in der Sache an sich Recht hatte, dessen Lösungsvorschläge allerdings oft alles andere als lupenrein demokratisch, christlich und sozial waren.
Wenn ich die schlaffen Partei-Heinis aller Farben von heute höre und sehe, wünsche ich mir wirklich Gestalten, Persönlichkeiten wie es sie in den früen Jahren der Bundesrepublik gab, zurück. Auch solche, die mir am Ende nicht passen, wie Strauß.
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Peppone
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Ja, Strauß konnte nett sein. Aber nur, wenn er seinen Gegenüber als gleichwertig erachtete. Also als annähernd gleich intelligent wie er. (genauso intelligent ging nicht...). Oder als nützlich. So hat er sich auch seine Gefolgschaft "gezogen". Stoiber, Tandler, Scharnagel, Waigel, Huber, auch Beckstein und Streibl waren ebenfalls gewiefte Taktiker, Strauß hat in ihnen wohl quasi "alter egos" gesehen, nur eben nicht so genial wie er...

Bei allen anderen konnte er richtig fies werden. Bei Schmidt, z.B. Den hat er völlig unterschätzt. Und nach der Bundes-Wahlniederlage ist er völlig zusammengebrochen, hat überhaupt nicht verstanden, wie die Leute nur diesen Schmidt IHM vorziehen konnten...Strauß konnte sich auch ganz gewaltig verschätzen. Bei Kohl ging´s ihm wieder ganz genauso...

Die Schuldigen an der Niederlage gegen Schmidt hat er auch schnell ausgemacht: Es waren die Sozen, die Kommunisten und diese Schmierfinken, v.a. vom SPIEGEL, die da eine Verschwörung gestartet hatten.

Reden konnte Strauß wie kein Zweiter. Allenfalls Wehner konnte ihm im damaligen BT das Wasser reichen, und die Schlachten zwischen den beiden sind legendär. Dabei hat Strauß geholfen (zumindest anfangs), dass er selber unterschätzt wurde. Sein bayerisches Deutsch hat viel dazu beigetragen, denke ich. Ich denke auch, dass Strauß im Bund bis nach der SPIEGEL-Affäre weiter unterschätzt wurde (nur nicht vom SPIEGEL...). Der verschwand in Bayern mitnichten in der Versenkung, der drehte da unten erst richtig auf!

Beppe
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Barbarossa
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dieter hat geschrieben:Ihr Lieben,
nicht die Spiegelaffäre oder Fibag oder die beiden Damen, die FJS in New York die Brieftasche glauten ist das Schlimmste was er angestellt hat, sondern der Milliarden-Kredit an die DDR, die ihr ermöglichte noch ein Jahrzehnt weiter zu existieren. :evil: :twisted:
Ja gut, nur da stellt sich eben die Frage, was wäre passiert, wenn die DDR den Kredit zu diesem Zeitpunkt nicht bekommen hätte. :?:
Die DDR wäre wohl zahlungsunfähig geworden. Und dann?
Gorbatschow war zu diesem Zeitpunkt noch nicht Staats- und Parteichef in der SU. Das bedeutet, dass an irgendwelche Veränderungen durch diese Greise vor Gorbatschow überhaupt nicht zu denken war - egal auch, wie schlecht es wirtschaftlich gelaufen wäre. Eher hätten sie eine Hungersnot in Kauf genommen, aber den Ostblock hätten sie trotzdem mit militärischen Mitteln zusammengehalten. Letztlich hätte ein wirtschaftlicher Kollaps dazu geführt, dass der Westen Hilfsgüter in die DDR hätte schicken müssen, so wie es die USA auch bei der SU getan hat. Erinnert sich noch jemand an das Jahr 1982, wo die USA aufgrund von Missernten Getreidelieferungen an die SU schickte?
siehe hier (pdf): http://134.103.222.2/gea/1982-07-28.pdf

Oder auch Polen 1979/80?

Das gleiche wäre dann wohl auch der DDR passiert.
Hilfsgüter oder der Milliardenkredit, das wären zu diesem Zeitpunkt die Alternativen gewesen. Die DDR hätte aber trotzdem weiterexistiert.
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dieter
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Peppone hat geschrieben:Ja, Strauß konnte nett sein. Aber nur, wenn er seinen Gegenüber als gleichwertig erachtete. Also als annähernd gleich intelligent wie er. (genauso intelligent ging nicht...). Oder als nützlich. So hat er sich auch seine Gefolgschaft "gezogen". Stoiber, Tandler, Scharnagel, Waigel, Huber, auch Beckstein und Streibl waren ebenfalls gewiefte Taktiker, Strauß hat in ihnen wohl quasi "alter egos" gesehen, nur eben nicht so genial wie er...

Bei allen anderen konnte er richtig fies werden. Bei Schmidt, z.B. Den hat er völlig unterschätzt. Und nach der Bundes-Wahlniederlage ist er völlig zusammengebrochen, hat überhaupt nicht verstanden, wie die Leute nur diesen Schmidt IHM vorziehen konnten...Strauß konnte sich auch ganz gewaltig verschätzen. Bei Kohl ging´s ihm wieder ganz genauso...

Die Schuldigen an der Niederlage gegen Schmidt hat er auch schnell ausgemacht: Es waren die Sozen, die Kommunisten und diese Schmierfinken, v.a. vom SPIEGEL, die da eine Verschwörung gestartet hatten.

Reden konnte Strauß wie kein Zweiter. Allenfalls Wehner konnte ihm im damaligen BT das Wasser reichen, und die Schlachten zwischen den beiden sind legendär. Dabei hat Strauß geholfen (zumindest anfangs), dass er selber unterschätzt wurde. Sein bayerisches Deutsch hat viel dazu beigetragen, denke ich. Ich denke auch, dass Strauß im Bund bis nach der SPIEGEL-Affäre weiter unterschätzt wurde (nur nicht vom SPIEGEL...). Der verschwand in Bayern mitnichten in der Versenkung, der drehte da unten erst richtig auf!

Beppe
Lieber Beppe,
man sollte seine Gegner nie unterschätzen. :wink:
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dieter
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Barbarossa hat geschrieben:
dieter hat geschrieben:Ihr Lieben,
nicht die Spiegelaffäre oder Fibag oder die beiden Damen, die FJS in New York die Brieftasche glauten ist das Schlimmste was er angestellt hat, sondern der Milliarden-Kredit an die DDR, die ihr ermöglichte noch ein Jahrzehnt weiter zu existieren. :evil: :twisted:
Ja gut, nur da stellt sich eben die Frage, was wäre passiert, wenn die DDR den Kredit zu diesem Zeitpunkt nicht bekommen hätte. :?:
Die DDR wäre wohl zahlungsunfähig geworden. Und dann?
Gorbatschow war zu diesem Zeitpunkt noch nicht Staats- und Parteichef in der SU. Das bedeutet, dass an irgendwelche Veränderungen durch diese Greise vor Gorbatschow überhaupt nicht zu denken war - egal auch, wie schlecht es wirtschaftlich gelaufen wäre. Eher hätten sie eine Hungersnot in Kauf genommen, aber den Ostblock hätten sie trotzdem mit militärischen Mitteln zusammengehalten. Letztlich hätte ein wirtschaftlicher Kollaps dazu geführt, dass der Westen Hilfsgüter in die DDR hätte schicken müssen, so wie es die USA auch bei der SU getan hat. Erinnert sich noch jemand an das Jahr 1982, wo die USA aufgrund von Missernten Getreidelieferungen an die SU schickte?
siehe hier (pdf): http://134.103.222.2/gea/1982-07-28.pdf

Oder auch Polen 1979/80?

Das gleiche wäre dann wohl auch der DDR passiert.
Hilfsgüter oder der Milliardenkredit, das wären zu diesem Zeitpunkt die Alternativen gewesen. Die DDR hätte aber trotzdem weiterexistiert.
Lieber Barbarossa,
ich glaube Du hast Recht. Die Knallköppe in der SU hätten die DDR zu diesem Zeitpunkt noch nicht gehen lassen. Glaube kaum, das FJS damals so gedacht hatte. Er wollte sich nur profilieren, der MP von Bayern war ihm zu wenig. Er wollte als Staatsmann dastehen. :wink:
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Peppone
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dieter hat geschrieben:man sollte seine Gegner nie unterschätzen. :wink:
Das sowieso...
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Triton
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Heutzutage wäre FJS mit seinem Lebenswandel (Alkohol, Frauen, Nebeneinkünfte) sicher ganz schnell ein Opfer der Medien.

Seine eigentliche Schwäche aber war sein gestörtes Verhältnis zum Rechtsstaat, er forderte wiederholt die Erschießung z.B. der in Stammheim einsitzenden Terroristen oder auch nur von Bankräubern, die Geiseln genommen hatten. Und der bajuwarische Amigo-Sumpf dürfte unter seiner Ägide ungeahnte Tiefen erreicht haben, zu Korruption hatte er wohl ein sehr legeres Verhältnis, solange Schmiergelder in den richtigen Taschen landeten...
"Tatsachen schafft man nicht dadurch aus der Welt, in dem man sie ignoriert." (Aldous Huxley)
Katarina Ke
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Das Privatleben eines Politikers sollte Privatsache bleiben. Natürlich hat es ein "Geschmäckle", wenn christlich-soziale Politiker außereheliche Beziehungen unterhalten. Das widerspricht dem, was sie als Politiker hochhalten.

Der Einfluss des Kredites für die DDR ist umstritten. Ich sprach zuletzt mit einem ehemaligen Bürger der DDR darüber, und der meinte, dass Strauß damit bewusst dem SED-Regime den "Todesstoß" versetzt hätte. (Wenn ich das Wort Bürger der DDR verwende, dann nicht, weil mir diese pseudodemokratische Republik sympathisch war).

Ich bin Jahrgang 1961 und in der alten Bundesrepublik aufgewachsen. Natürlich war es übertrieben, Strauß 1980 im Wahlkampf als rechtskonservativen Politiker darzustellen, der die Demokratie gefährden könne. Aber Strauß wirkte schon wie eine hochexplosive Maschine, die manchmal Gefahr lief, außer Kontrolle zu geraten. Rhetorisch konnten ihm nur wenige das Wasser reichen - Herbert Wehner oder Helmut Schmidt beispielsweise.

Strauß arbeitete als Finanzminister (er beherrschte das Ressort meisterhaft) in der Großen Koalition zwischen 1966 und 1969 gut mit der SPD zusammen. Warum er zu Beginn der siebziger Jahre zum Vertreter einer Fundamentalopposition in den Unionsparteien wurde, kann ich mir auch nicht erklären. Als Pragmatiker war er intelligent genug, um zu erkennen, dass die ehemaligen deutschen Ostgebiete nicht mehr zu "halten" waren. Der Herausgeber des "SPIEGEL", Rudolf Augstein, soll einmal bemerkt haben, dass Strauß sich nur über die neue Ostpolitik der sozialliberalen Koalition ärgern würde, weil nicht er als Kanzler die Verträge abgeschlossen hätte.
Geschichte sollte so geschrieben werden, wie man eine Geschichte erzählt - lebendig und an den Fakten orientiert. Meine Homepage: http://www.katharinakellmann-historikerin.de/
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dieter
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Liebe Katarina,
das sehe ich ähnlich. Die eigentliche Politik war ihm ziemlich wurscht, er hatte nur ein Geltungsbedürfnis, dass er als MP von Bayern nicht so zur Geltung bringen konnte, deshalb auch der Milliarden-Kredit an die DDR. :wink:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
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