Ostblock: Entstehung, Entwicklung und Niedergang

Zwei Supermächte stehen sich gegenüber: Vereinigte Staaten gegen die UdSSR

Moderator: Barbarossa

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Barbarossa
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Aneri

Es ist das, was Dir, Barbarossa, von anderen vorgeworfen wird: du unterstützt Dieters-Treiben, statt ihn zu ignorieren. Und anderen ist schwer ihn dann zu ignorieren, wenn du in langweiligen Austausch von Repliken mit ihm sich verwickelst.
Dietrich
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Aneri hat geschrieben: Ich denke, es ist nicht ganz richtig. Der, wer sich in der lokalen Geschichten der Ostblockstaaten mehr auskennt, mag mich korrigieren:
Es waren nicht stalinistische Regime. Es waren Regime unter der Moskauer (und damit Stalins) Macht. Sie (die Regime) waren auch nicht glücklich darüber. Zum Anderem waren es autoritäre Regime, was mich in der Sicht unterstützt, dass Autoritarismus viel tiefere (also evolutive) Wurzeln hat als bloß der Wunsch des Einzelnen auf die Macht...
Alle Regimes des Ostblocks waren zunächst stalinistisch, denn sie wurden von Stalin unmittelbar nach 1945 erichtet. Das änderte sich erst mit dem XX. Parteitag der KPdSU im Jahr 1956, als Chruschtchew nach Stalins Tod die "friedliche Koexistenz" von Staaten unterschiedlicher Gesellschaftsordnung als Leitlinie sowjetischer Außenpolitik proklamierte. Die weltweite Auseinandersetzung zwischen Sozialismus und Kapitalismus sollte künftig auf wirtschaftlicher und sozialer Ebene ausgetragen, der ideologische Kampf jedoch fortgeführt werden.

Im Rahmen dieses politischen Tauwetters kam es zu einer Entspannung im sowjetisch-amerikanischen Dialog und die stalinistischen Regierungen der Ostblockstaaten machten Regimes Platz, die die neue ideologische Linie vertraten. Das alles darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Einparteienherrschaften und die Unterdrückung politischer Gegner unverändert fortbestanden. Auch gab es es ideologische Schattierungen, denn in Albanien hielt sich z.B. ein stalinistisches Regime noch Jahrzehnte und auch die DDR-Regierung unter Ulbricht war noch stark stalinistisch gefärbt. Das änderte sich erst mit der Installierung von Honecker.
Aneri hat geschrieben:Die Atmosphäre zwischen den Völkern (gerade in ehem Jugoslawien) würde durch sowjetische Regime stabilisiert.
Wenn du die Unterdrückung und Ausschaltung politischer Gegner und die Friedhofsruhe einer Diktatur als "stabilisierend" bezeichnen willst, hast du sicher Recht.
Aneri hat geschrieben:"Die Atmosphäre zwischen den Bevölkerungsgruppen" war in Ordnung. Ich bin überzeugt, auf lange Sicht hätte es eine echte Union gegeben, wenn nicht die Unterstützung der Westen der separatistischen Tendenzen, und weiter stabile Union wäre.
Die Völker Osteuropas wollten nicht länger unter der Fuchtel der Sowjetunion leben und hr politisches Schicksal selbst bestimmen. Das als "separatistische Tendenzen" zu bezeichnen, ist absurd. Alle Völker im Osten hatten kommunistische Gewaltherrschaft erfahren und durch Zwangsarbeit, Verschleppung und willkürliche Hinrichtungen einen hohen Blutzoll entrichtet.

Das ist der zentrale Grund, der zur Auflösung der Sowjetunion und des von ihr beherrschten Ostblocks führte. Russland war für all diese Völker keine Option mehr.
Aneri hat geschrieben:Die Republiken begannen sich vor ihrem großem Bruder Rußland zu fürchten
Zu Recht!
Sie hatten von der UdSSR jahrzehntelange Unterdrückung und Zwangsherrschaft erfahren.
Aneri

Dietrich hat geschrieben: Alle Regimes des Ostblocks waren zunächst stalinistisch, denn sie wurden von Stalin unmittelbar nach 1945 erichtet.
Es ist schwierig mit kategorialen Unterschieden. Ich bleibe nach wie vor der Ansicht, dass es nicht richtig "stalinistische" zu nennen, es sind Satelitenregime, dessen "Farbe" passt sich an den Gestirn, dessen Satelliten sie sind.

Man kann nicht über die Einheitlichkeit des politischen Zustands in von Rote Armee besetzten Staaten sprechen. Es betrifft viele Staaten, aber doch nicht alle. In Bulgarien war Kommunisten und prorussische Gefühle stark. In Tschechoslowakei war kommunistische Partei "schon immer eine Massenpartei gewesen war, wurde sie nach den freien Wahlen zur bei weitem stärksten Partei" (Hobsbawm). Weiterhin auch Hobsbawm: "es kann kaum Zweifel daran bestehen, daß die meisten Jugoslawen den Sieg von Titos Partisanen begrüßten - einmal abgesehen von der deutschen Minderheit, den Mitläufern des kroatischen Ustascha-Regimes (...) und einer Gruppe von Traditionalisten in Serbien..."

Diese Feststellungen negieren aber nicht die Tatsache, dass in anderen Staaten war es aufgesetzte vom Stalin Regime. Dennoch wie siehst du, das Leben ist viel vielfältiger als es in schwarz-weis aufteilen läst.

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dieter
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Dietrich hat geschrieben: Im Rahmen dieses politischen Tauwetters kam es zu einer Entspannung im sowjetisch-amerikanischen Dialog und die stalinistischen Regierungen der Ostblockstaaten machten Regimes Platz, die die neue ideologische Linie vertraten. Das alles darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Einparteienherrschaften und die Unterdrückung politischer Gegner unverändert fortbestanden. Auch gab es es ideologische Schattierungen, denn in Albanien hielt sich z.B. ein stalinistisches Regime noch Jahrzehnte und auch die DDR-Regierung unter Ulbricht war noch stark stalinistisch gefärbt. Das änderte sich erst mit der Installierung von Honecker.
Lieber Dietrich,
auch Honecker war ein Stalinist. Das änderte sich erst durch die Friedliche Revolution von 1989. :wink:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
Aneri

Dietrich hat geschrieben:Das änderte sich erst mit dem XX. Parteitag der KPdSU im Jahr 1956, als Chruschtchew nach Stalins Tod die "friedliche Koexistenz" von Staaten unterschiedlicher Gesellschaftsordnung als Leitlinie sowjetischer Außenpolitik proklamierte. Die weltweite Auseinandersetzung zwischen Sozialismus und Kapitalismus sollte künftig auf wirtschaftlicher und sozialer Ebene ausgetragen, der ideologische Kampf jedoch fortgeführt werden.
Ich bin echt enttäuscht. Ich hatte von dir mehr die Haltung an Fakten erwartet:

- was ist mit Cuba Krise 1962? die zwar war die Antwort auf Stationierung der Raketen in Türkei, dennoch zeigt es von weitem kein Tauwetter in internationalen Beziehungen.
- was ist mit Unterstützung der Vietnam-Kommunisten? Soll es zu "wirtschaftliche" Ebene zugerechnet werden :eh:
- meint du wirklich, das Chrustchiov hätte Niederschalgung Prager Frühling verhindert? Es wäre eine (In einer Wissenschaft unzulässige) Idealisierung der Person, die in Wirklichkeit wenn auch eigene persönliche Totalirität begrenzt hat, zur der Totalirität der Partei hat nichts gemacht. Und die Partei war die, die entschlossen hat das politische, soziale und kulturelle
Tauwetter zu beenden.

Zu dem oben gesagten, und zu deinen These "des plötzlich friedlich werdenden Kommunismus" frage ich noch mal, warum die gleiche Intentionen seitens Stalins werden ignoriert (Eröffnungsbeitrag), dieser Feststellung sogar als Provokation empfunden. Nur aus der Überzeugung, dass Einer böse ist und wenn man böse ist, dann kann man nicht gutes tun?!
Im Rahmen dieses politischen Tauwetters kam es zu einer Entspannung im sowjetisch-amerikanischen Dialog und die stalinistischen Regierungen der Ostblockstaaten machten Regimes Platz, die die neue ideologische Linie vertraten.
Falsch. "Tauwetter" in internationalen Beziehungen kam nach Kuba-Krise, wenn der beiden Achselmächten vor Augen vorgeführt wurde, wohin die Eskalation führen kann. Und in Aufführungszeichen habe ich es gesetzt, dass in Wirklichkeit kein Tauwetter war. Man hat nach wie vor sich gegenseitig gekämpft, nur vorsichtiger, untergründlicher.
Aneri hat geschrieben:Die Atmosphäre zwischen den Völkern (gerade in ehem Jugoslawien) würde durch sowjetische Regime stabilisiert.
Deitrich hat geschrieben:Wenn du die Unterdrückung und Ausschaltung politischer Gegner und die Friedhofsruhe einer Diktatur als "stabilisierend" bezeichnen willst, hast du sicher Recht.
Nein, ich bezeichne die ethnische Spannungen, die ihren Wurzeln noch Österreichischen Reich, bzw. dessen Niedergang haben und die nach Zusammenbruch des Kommunistischen Systems wieder auf der Oberfläche auftauchten.
Aneri hat geschrieben:"Die Atmosphäre zwischen den Bevölkerungsgruppen" war in Ordnung. Ich bin überzeugt, auf lange Sicht hätte es eine echte Union gegeben, wenn nicht die Unterstützung der Westen der separatistischen Tendenzen, und weiter stabile Union wäre.
Ich spreche hier über die Sowjet Union, nicht über Ostblock. Ich war Teil des Volkes, der sich separieren wünschte. Daher kannst du mir nicht erzählen, was da von sich hier gegeben hat. Vielleicht wäre dir hilfsreich mal zuhören, was Augenzeugen berichten...

Wenn ich auch deinetwegen kommunistisch verdorben bin (diese Ansicht hast du offensichtlich), ist es hilfreich mal auch andere Weltsichten zu kennen und nicht wie ein kleines Kind sich auf Boden zu werfen und zu schreien. So etwa ähnelt mir deine Vorgehensweise...
Dietrich
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Aneri hat geschrieben:
Zu dem oben gesagten, und zu deinen These "des plötzlich friedlich werdenden Kommunismus" frage ich noch mal, warum die gleiche Intentionen seitens Stalins werden ignoriert (Eröffnungsbeitrag), dieser Feststellung sogar als Provokation empfunden. Nur aus der Überzeugung, dass Einer böse ist und wenn man böse ist, dann kann man nicht gutes tun?!
"Der Begriff "friedliche Koexistenz" besagte, dass die Entscheidung zwischen Kapitalismus und Sozialismus im friedlichen Wettbewerb beider Systeme, also unter Ausschluss eines kriegerischen Konflikts, fallen solle.
Der Begriff wurde von sowjetischen Politikern geprägt und ging vor allem ab 1955 durch Reden Nikita Chruschtschews in den Wortschatz der sozialistischen Rhetorik ein. Mit dem Zerfall des Ostblocks 1989 verlor er seine Bedeutung."
Was Chruschtchew im Einzelnen damit meinte, kannst du hier nachlesen:

http://www.oliver-bieri.ch/kalter-krieg ... tschow.htm

http://de.wikipedia.org/wiki/Friedliche_Koexistenz

Allerdings ging auch Chruschtschows Entspannungspolitik nicht so weit, eine Beeinträchtigung des sowjetischen Einflussbereichs hinzunehmen. Nach massiven Ausreisewellen aus der DDR in die Bundesrepublik verstärkte sich wieder die Spannung zwischen den ehemaligen Alliierten. Die Krise spitzte sich zu und erreichte ihren Höhepunkt im August 1961 mit dem Bau der Berliner Mauer und 1962 mit der Kuba-Krise..
Aneri hat geschrieben: Nein, ich bezeichne die ethnische Spannungen, die ihren Wurzeln noch Österreichischen Reich, bzw. dessen Niedergang haben und die nach Zusammenbruch des Kommunistischen Systems wieder auf der Oberfläche auftauchten.
Die Geschichte hat gezeigt, dass die ethnischen Spannungen in Titos Jugoslawien unter der Decke des autoritären Staates weiterschwelten. Sobald es zur Selbstbestimmung der Völker kam, brachen diese ethnischen Konflikte offen aus. Ich bin dennoch nicht der Meinung, eine Diktatur sei wünschenswert, nur weil sie ethnische Auseinandersetzungen verhindert.
Aneri hat geschrieben:"Die Atmosphäre zwischen den Bevölkerungsgruppen" war in Ordnung. Ich bin überzeugt, auf lange Sicht hätte es eine echte Union gegeben, wenn nicht die Unterstützung der Westen der separatistischen Tendenzen, und weiter stabile Union wäre.
Ich spreche hier über die Sowjet Union, nicht über Ostblock. Ich war Teil des Volkes, der sich separieren wünschte. Daher kannst du mir nicht erzählen, was da von sich hier gegeben hat. Vielleicht wäre dir hilfsreich mal zuhören, was Augenzeugen berichten...
Für viele Völker der UdSSR war die weitere Mitgliedschaft in einer russisch dominierten Föderation nicht wünschenswert. Die UdSSR war weder wirtschaftlich noch gesellschaftlich oder politisch eine erstrebenswerte Option, schon gar nicht unter dem Aspekt souveräner, selbstbestimmter Völker. Staaten wie Estland, Lettland oder Litauen wählten daher mit breiter Unterstützung der Bevölkerung die Zusammenarbeit mit dem Westen und die Geschichte zeigt, dass sie damit eine gute Wahl trafen.
Aneri hat geschrieben:Wenn ich auch deinetwegen kommunistisch verdorben bin ...
So einen Unsinn habe ich nicht behauptet. Dennoch habe ich zuweilen den Eindruck, dass du die Sowjetunion etwas verklärst.
Aneri

Ich versuche von Ende nach oben mich „bearbeiten“
So einen Unsinn habe ich nicht behauptet. Dennoch habe ich zuweilen den Eindruck, dass du die Sowjetunion etwas verklärst.
Das gleiche denke ich über dich und auch viele andere, die unter der Aufklärung der Verhältnisse von westliche Seite stehen, die – anders auch nicht zu erwarten – in kalten Krieg propagandistisch war.

Mein Vorteil ist, dass ich z.B. blutige Geschichte des Stalinismus aus der Geschichte eigener Familie kenne. Meine Großmutter mit 4 Kindern wurde noch vor dem Krieg(!) in entlegenen Ort in Sibirien repatriiert. Eine intellektuelle und unpraktische Frau, die den Kindern ihren Kinderkram zu nehmen erlaubt hat, und sonst hoffte, dass für das Haushalt Nötigste sie an den Zielort erwerben wird :-)
Mein Vater selbst hat 3 Jahren – bis Stalins-Tod in stalinistischem Lager verbracht. Mein Großvater hat gerade noch dem Arrest entfliehen könnte und flieh nach Westen, mit Nazis Okkupation kehrte nach Litauen, kämpfte auch gegen Nazis und war in Nazislager angesperrt und dann von Amis befreit und nach Amerika ausgewandert. Dort hat er aktiv gegen Kommunismus und für Litauens Unabhängigkeit gekämpft.

Mein Vater übrigens, der viel mehr Groll gegen Russen haben könnte, hat stets unterschieden zwischen Regime und Russen. Viele haben ihn in schlechten Zeiten geholfen. Wie er mal gesagt hat, das Gute, das selbstlose Mitleid und Hilfsbereitschaft der Russen sind beispiellos...

Vater könnte nicht in Westen der SU studieren (seine Ankette war „brandbemerkt“, Pass als Repatriierter hatte er noch nicht). Nur in Sibirien waren Studienplätze frei, in Ankette hatten dort nicht so richtig geguckt, so dass er dort studieren könnte. Wie es zu erwarten ist, der Mann in „besten Jahren“ hat der Schönheit einer Russin verfallen und heiratete sie. Wenn ich noch ganz klein Kind war, kehrte auch unsere Familie nach Litauen.

Zum Anderem hatte ich glückliche Kindheit und Jugend, so wie eine Kindheit und Jugend verliefen kann. Und es war Sowjet Union, wo ein Kind (wie viele viele andere) glücklich waren. Ist es nicht zu zählen für positive Seiten des SU?! Meine Schwester mit Sicherheit wurde keine Geigerin geworden in einem kapitalistischen System. Wie viel Talente verlaufen hierzulande im Sand, unentdeckt?!
Eine von den Legenden, die bei uns im Umlauf über Westen waren, dass dort Gebildete viel mehr verdienen als Arbeiter mit „niederen“ Bildungsniveau. Was fand ich hier? – mein Schwager aus dem VW-werk verdiente mehr als 2 mal mehr und mein männliches Kollege verdiente auch viel mehr.

Ich habe niemals früher erlebt, dass man sich beruflich Weg durch Ellenbogen bestreiten. Es wird zuerst diese Qualität gefordert – Ellenbogenmenatlität. Es heißt Durchsetzungsvernögen. Wieviel potente Leute bleiben auf die Strecke, die diese „Qualität“ nicht besitzen?! So scheint mir westliche Leben durchaus verbesserungswürdig.
Für viele Völker der UdSSR war die weitere Mitgliedschaft in einer russisch dominierten Föderation nicht wünschenswert.
Hm-m-m, wo gibt es ein Meßgerät, der es messen könnte? Es ist zum einem. Zum anderem das „Wünschenswert“ oder „nicht wünschenswert“ ist kein Absolutum. Und eigentlich nur darum geht es in dem Thread: zum Zeigen der Dynamik der Veränderung von „lokalen“ (im Sinne klein abgrenzbaren Bewegungen) zum „globalen“ Wünschen. SU stand von Revolution bis Anfang 90-er da. Der Wunsch nach Unabhängigkeit war sowohl in der Zeit als auch geographisch (z.B. Ukraine) ganz verschieden ausgefallen.

Ich finde immer problematisch, wenn jemand nimmt auf sich Aufgabe, im Namen des Volkes zu sprechen. In Litauen – ohne Frage war Widerstand stark. Aber schon damals relativ jung, hatte ich mich gewundert, dass es doch Intellektuelle sind, die der Nationalismus (wenn es mit dem Bestreben für eigene Staatlichkeit gleichsetzt) unterworfen sind. Meinen Verwandten auf dem Land und der Arbeitern in der Stadt, schien es nicht so aktuell zu sein. Und diese Teil (Land und einfache Arbeiter) war der breiteste Teil der Bevölkerung.

Ich denke, du überschätzt die Wirkung der Ideen, egal welchen – auch nationalistischen- in Leben eines Menschen. Zum Einem ist ein Mensch in einem besonderen Entwicklungsstadium „offen“ für Ideenwelt. Es ist Jugend mit ihrem Radikalismus. Es stellt sich aber bald meistens. Sehr bald nimmt Alltag seines. So man beschäftigt sich um sein leibliches Wohl, um Liebe, um Familie. Alles andere tritt in Hintergrund. Werden aber diese essentiellen Forderungen nach Wohl nicht erfüllt, dann lässt sich dieser braver Bürger von den Intellektuellen für ein Ideenlager, der die Lösung für die gegenwärtige Problem bittet, hinreißen. NUR dann können wir definitiv über den Volk reden. Dazu muss aber diese Verschlechterung eintreten, die die neutrale Masse eine eindeutige Position annehmen lässt. Und die kommt mit Wirtschaftskrise. Im Grunde ein universelles Mechanismus, das überall auf der Welt gilt.

Intellektueller Widerstand würde wohl allmählich abklingen (letztendlich der Erhalt und die Weiterentwicklung der ethnischen Kultur war gesichert!), wenn es nicht gezielte Unterstützung: finanzielle und mediale - seitens Westen. Mein Großvater hätte wohl anders sein Brot verdienen müssen und somit seine Wirkung zum Widerstand viel kleiner ausfallen hätte (er war ein bedeutender Vertreter in Ausland). Auch Kirche war sehr aktiv in dieser Hinsicht, geschweige von den Nachrichtendiensten. Was in dieser Hinsicht zu beachten ist, ist die Tatsache, dass die finanzielle Unterstützung war nicht für Unabhängigkeit der baltische (und andere) Völker – so selbstlos war Westen mit Sicherheit nicht. Es war rein ideologischer Kampf, ein Mechanismus, der Moskaue –Macht in Kaltem Krieg schädigen sollte.

Im Übrigens, bitte nicht zu verstehen, dass ich irgendwie es negativ beurteile. Es war ein Schach-Spiel. Es wird auch jetzt überall auf der Welt dieses Spiel gespielt. Auch ich, wenn die Verantwortliche wäre, hatte es getan. Es wäre doof, wenn man eine separatistische Bewegung (ich weis nicht, was du gegen dieser Bezeichnung hast) nicht in eigenen Interessen ausgenutzt hätte. Nur muss ein denkender Mensch doch wahre Absichten erkennen, und nicht einfach Propaganda wiederholen. Die baltischen Staaten war nur Figuren in einem größerem Schachspiel. So wie deutschen ihrerzeit hatten bestimmt keine Absichten die Revolution unterstützen, sehr wohl aber die russische Monarchie zu schädigen. Es bleiben sicher jegliche Aussagen für „wenn..., denn...“ einer hypothetische Natur. Auf jeden Fall (über den Maß kann man sich streiten) war der Westen auf die Erhaltung und Verstärkung der separatistischen Tendenzen involviert, ohne diese Wirkung hätte es nicht so verlaufen, wie es geschehen ist. Auch Moskau hat mit Sicherheit solche Spiel in anderen Orten in eigenem Regie geführt. Ich nehme es einfach zum Kenntnis, nicht mehr.

Ich konstatiere ein Fakt: die separatistische/nationalistische Bewegung waren präsent, dennoch über Nation als etwas Selbständiges , aus sich heraus entwickeltes (z. B. Hobsbawm hält es für notwendig) zu sprechen ist doch übertrieben. Das Westen hat das Embryo genährt und bei Geburt geholfen. Dass das Kind jetzt ein vollständiges (und scheint gesundes :-)) Mitglied der staatlichen Gemeinschaft geworden ist, ist auch ein Faktum. Ich bin nicht ganz mit Hobsbawm einverstanden in seiner Analyse baltischen Staaten, weil die Nationalismus hat mich doch – besonders in Jugend – sehr geprägt und ich fühle mich emotional litauischen Volk verbunden. Dennoch seine Betrachtungen der Nation als einem zivilisatorischen Phänomen (es war einer der Schwerpunkte seiner Forschung) finde ich auf jeden Fall achtungswert.
Die Geschichte hat gezeigt, dass die ethnischen Spannungen in Titos Jugoslawien unter der Decke des autoritären Staates weiterschwelten.
Ich kann nicht sagen, was war in Jugoslawien, leider. Aber ich könnte beobachten unsere Verhältnisse und es zurück projizieren. In Litauen gibt es jetzt wirklich nicht zu vernachlässigendes Problem. Der Gebiet des Hauptstaates Vilnius war in der kurze Zeit der Existenz des litauischen Staates zwischen 1918-39) unter Polen. Selbst Stadt war zudem sehr judisch, was aber durch die Nazi-Besetzung sich grundlegend geändert hat. Polen in ihrer Zeit sehr gezielt und intensiv das Land polinisierte. Ich hatte Freundin aus polnische Familie, auch in unsere Schulklasse war es – aus den Namen gesehen – viele mit polnischen Wurzeln. Es war doch nie ein Thema. Definitiv. Letzte mal, wenn ich in Litauen war, hatte ich mitgekriegt, dass es fast ein Krieg herrsch. Polen wollen die Straßenbezeichnungen auch in polnisch haben(!), die Litauer dagegen wehren sich...

So diese Rückprojektion, aber auch Unterstützung seitens Hobsbawm, liesen mich diese Behauptung machen und ich stehe weiter dafür.
Aneri

Aneri hat geschrieben:Zum Anderem hatte ich glückliche Kindheit und Jugend, so wie eine Kindheit und Jugend verliefen kann. Und es war Sowjet Union, wo ein Kind (wie viele viele andere) glücklich waren. Ist es nicht zu zählen für positive Seiten des SU?!
Nach nochmalige Lesung ist mir aufgefallen die Schwäche dieser Argumentation. Und ich schon "höre" die Erwiderung, da auch Kinder in der Nazis-Deutschland waren glücklich. Der Unterschied ist, dass Deutschland Krieg verloren hat und man müsste zwangsläufig mit der Vergangenheit, mit der Politik sich auseinandersetzen, die der Staat, in dem diese Kinder glücklich waren, führte. Stalin hat Krieg gewonnen. Nach dem Krieg war seine Position bzw. Unterstützung seitens Volkes wie nie zuvor.
Kann man russischen Volk vorwerfen bzw. sie für debile zu halten, dass sie bis jetzt noch nicht alle Stalin verurteilen? Neben oben erwähnten: Hitler verloren, Stalin gewonnen und wurde zum Symbol des Sieges, auch andere Tatsache ist von Bedeutung in der Bearbeitung des Stalinismus: die Repressarien und Mörde betraffen eigenen Volk, Hitler dagegen hat andere Völker angegriffen. Bis die Partei, deren Führer Stalin war, an Macht war eine Ernsthafte Verarbeitung seiner Taten nicht zu erwarten war. Die langsame Verarbeitung des Stalinismus begann mit Chrustchov, mit seiner Absetzung war einfach geschwiegen. Wobei Intellektuelle, das Dissidentum wuchs - auch in Russland. dennoch das einfacher Volk war weitgehend in Irrtum, bzw. hat es verdrängt.

Hier übrigens zu erinnern, wie lange Deutschen brauchten es...

PS: Übrigens, meine Ablehnung des Begriffes "stalinistische" Regierungen beruht zuerst (nur später kommen rationale Erklärungen) auf emotionale Ebene, weil die Regime waren nur schwache Abbilde des Originals und wann man diese Abbild etwa als Original präsentiert, dann verblasst zwangsläufig "die Farbkraft" des Stalinismus.
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Barbarossa
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Aneri hat geschrieben:
Aneri hat geschrieben:Zum Anderem hatte ich glückliche Kindheit und Jugend, so wie eine Kindheit und Jugend verliefen kann. Und es war Sowjet Union, wo ein Kind (wie viele viele andere) glücklich waren. Ist es nicht zu zählen für positive Seiten des SU?!
Nach nochmalige Lesung ist mir aufgefallen die Schwäche dieser Argumentation. Und ich schon "höre" die Erwiderung, da auch Kinder in der Nazis-Deutschland waren glücklich.
Da bin ich mir gar nicht so sicher, ob das so war. Jedem, dem auch nur ein bisschen an seiner indviduellen Freiheit lag, musste in beiden Regimes gelitten haben, wie "ein Hund". Mir erging es jedenfalls sogar schon in der DDR so, dass ich schon sehr darunter litt, nicht meine persönliche Meinung frei äußern zu können, sondern zum heucheln und lügen erzogen wurde.
Und natürlich gab es auch Momente, wo man auch glücklich oder fröhlich war, aber das war nicht wegen dem Staat, sondern trotz des Staates.
Aneri hat geschrieben:Der Unterschied ist, dass Deutschland Krieg verloren hat und man müsste zwangsläufig mit der Vergangenheit, mit der Politik sich auseinandersetzen, die der Staat, in dem diese Kinder glücklich waren, führte. Stalin hat Krieg gewonnen. Nach dem Krieg war seine Position bzw. Unterstützung seitens Volkes wie nie zuvor.
Kann man russischen Volk vorwerfen bzw. sie für debile zu halten, dass sie bis jetzt noch nicht alle Stalin verurteilen?
Ja, das würde ich jedem vorwerfen, der dieses Terrorregime auch noch verteidigt. Nur weil ein Tyrann über einen anderen gesiegt hat, macht es den Sieger nicht automatisch besser.
Aneri hat geschrieben:Neben oben erwähnten: Hitler verloren, Stalin gewonnen und wurde zum Symbol des Sieges, auch andere Tatsache ist von Bedeutung in der Bearbeitung des Stalinismus: die Repressarien und Mörde betraffen eigenen Volk, Hitler dagegen hat andere Völker angegriffen.
Das stimmt doch gar nicht. Auch Stalin hat andere Völker angegriffen und unterjocht - Litauen war übrigens auch darunter (ich muss mich doch sehr darüber wundern, dass du das verdrängst) genau, wie Lettland und Estland sowie Bessarabien und Ostpolen. Und auch Finnland wollte Stalin sich im Zuge des Finnisch-Sowjetischen Winterkrieges 1940 einverleiben. Dass er dazu militärisch nicht im Stande war, ist eine andere Sache. Das war alles im Rahmen des Hitler-Stalin-Paktes.
Und auch gegenüber Bulgarien muss man Stalin eigentlich als Aggressor sehen, denn bis 1944 stand Bulgarien mit der SU noch gar nicht im Kriegszustand. Die SU erklärte Bulgarien vor dem Einmarsch der Roten Armee erst einmal den Krieg.
Daraus folgt, dass auch Stalin eine aggressive Politik verfolgte und alle Völker angriff, bei denen er freie Hand hatte.
Hitler griff allerdings ab 1939 auch Völker an, bei denen er nicht freie Hand hatte - weil er meinte, stark genug zu sein und riskierte damit einen Weltkrieg. Das ist der Unterschied.
Aneri hat geschrieben:Bis die Partei, deren Führer Stalin war, an Macht war eine Ernsthafte Verarbeitung seiner Taten nicht zu erwarten war. Die langsame Verarbeitung des Stalinismus begann mit Chrustchov, mit seiner Absetzung war einfach geschwiegen. Wobei Intellektuelle, das Dissidentum wuchs - auch in Russland. dennoch das einfacher Volk war weitgehend in Irrtum, bzw. hat es verdrängt.
Und das ist eigentlich das erschütternde daran. Aber das menschliche Gehirn ist wohl auch so programmiert, dass es allzugroße Traumatas erst einmal eine Weile verdrängt, bevor es sie wirklich bewältigen kann. Das wäre eine Erklärung dafür. Insofern sollte man mit Vorwürfen vielleicht wirklich sparsam sein.
Aneri hat geschrieben:Hier übrigens zu erinnern, wie lange Deutschen brauchten es...
Ist vermutlich das gleiche Phänomen. In Westdeutschland begann überhaupt erst die 68er Generation damit.
Aneri hat geschrieben:PS: Übrigens, meine Ablehnung des Begriffes "stalinistische" Regierungen beruht zuerst (nur später kommen rationale Erklärungen) auf emotionale Ebene, weil die Regime waren nur schwache Abbilde des Originals und wann man diese Abbild etwa als Original präsentiert, dann verblasst zwangsläufig "die Farbkraft" des Stalinismus.
Das mag ja alles sein, dennoch wurden auch die Regimes in den Satellitenstaaten von Stalin installiert und sind demnach als stalinistisch anzusehen.
Der Stalinismus wiederum ist einigermaßen klar definiert als Regime mit exzessivem
Personenkult um den obersten Führer; Monopolisierung der Machtausübung und der Meinungsbildung bei der Kommunistischen Partei; Ausschaltung aller autonomen Gruppen außerhalb der Partei; Beseitigung aller bürgerlichen Freiheiten und Rechtsgarantien; umfassender Terror gegen weite Bevölkerungskreise; zentralistisch-bürokratischer Aufbau des Parteiapparats; Lenkung der in Staats- bzw. Kollektiveigentum überführten Wirtschaft durch zentrale staatliche Behörden; Unterwerfung der kommunistischen Weltbewegung unter die außenpolitischen Interessen der UdSSR.
Quelle: http://www.wissen.de/lexikon/stalinismus
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Dietrich
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Aneri hat geschrieben:
Für viele Völker der UdSSR war die weitere Mitgliedschaft in einer russisch dominierten Föderation nicht wünschenswert.
Hm-m-m, wo gibt es ein Meßgerät, der es messen könnte?
Das "Messgerät", wie du es nennst, waren die Volksabstimmungen und freien Wahlen, die in allen ehemaligen Republiken der Sowjetunion stattfanden. Die Wähler sprachen sich in überwältigenden Voten in allen Sowjetrepubliken für die Unabhängigkeit aus. Parteien, die einen Verbleib in der Russischen Föderation anstrebten, hatten keine Chance.

Man sollte den Willen dieser Völker respektieren, die in einer Union mit Russland aus vielerlei Gründen keine Zukunftsperspektive sahen. Die Völker wollten ihren eigenen, selbstbestimmten Weg gehen und der führte für die allermeisten in Richtung Westen und nicht nach Osten.

Für Ex-Republiken in Asien ist die Russische Föderation nach wie vor eine Option, so z.B. für Kasachstan, Usbekistan, Turkmenistan oder Kirgisistan.
Aneri hat geschrieben:Die baltischen Staaten war nur Figuren in einem größerem Schachspiel.
Die Bevölkerung der baltischen Staaten hat in freien (!) Wahlen über ihre Zukunft abgestimmt und sich für Souveränität und den Westen entschieden. An einer solchen Entscheidung gibt es nichts zu kritteln oder zu mäkeln. Zurück nach Russland will kein Lette, Este oder Litauer - einmal abgesehen von der russischen Minderheit und auch die lebt im Baltikum besser als bei Mütterchen Russland.
Aneri hat geschrieben:Ich konstatiere ein Fakt: die separatistische/nationalistische Bewegung waren präsent, dennoch über Nation als etwas Selbständiges , aus sich heraus entwickeltes (z. B. Hobsbawm hält es für notwendig) zu sprechen ist doch übertrieben. Ich bin nicht ganz mit Hobsbawm einverstanden in seiner Analyse baltischen Staaten, weil die Nationalismus hat mich doch – besonders in Jugend – sehr geprägt und ich fühle mich emotional litauischen Volk verbunden. Dennoch seine Betrachtungen der Nation als einem zivilisatorischen Phänomen (es war einer der Schwerpunkte seiner Forschung) finde ich auf jeden Fall achtungswert.
Die Völker des Baltikums erhoben die Forderung nach einem Nationalstaat, der ein politisch geeintes Volk umfassen sollte.

Was ist dagegen einzuwenden?
Aneri hat geschrieben:
Letzte mal, wenn ich in Litauen war, hatte ich mitgekriegt, dass es fast ein Krieg herrsch. Polen wollen die Straßenbezeichnungen auch in polnisch haben(!), die Litauer dagegen wehren sich... .
In den Staaten der EU existieren für ethnische Minderheiten spezielle Minderheitstatuten, die diesen Minderheiten kulturelle Autonomie garantieren. So z.B. bei den Basken, den Katalanen, den Dänen in Nordschleswig, den Sorben oder den Slowenen im Süden Österreichs. Die Aufstellung zweisprachiger Ortsschilder in diesen Regionen ist an der Tagesordnung und durchaus keine Seltenheit. So sollte auch in Litauen verfahren werden.

Zum Minderheitenschutz in Litauen, das dich aus persönlichen Gründen besonders interessiert, gibt es diesen interessanten Aufsatz: http://www.uni-koeln.de/jur-fak/ostrech ... chmidt.pdf
Dietrich
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Aneri hat geschrieben: Kann man russischen Volk vorwerfen bzw. sie für debile zu halten, dass sie bis jetzt noch nicht alle Stalin verurteilen?
Beide Diktatoren sind Massenmörder, da beißt keine Maus den Faden ab. Hitler ließ 6 Millionen Juden ermorden, die Opfer des Stalin-Terrors werden auf etwa 3 - 20 Millionen geschätzt, je nach Grundlagenforschung Wiki sagt: "Die Gesamtzahl der Opfer aus dieser Zeit ist nicht bekannt und schwer zu verifizieren, Schätzungen von Historikern reichen von mindestens etwa 3 Millionen Toten bis hin zu weit über 20 Millionen." http://de.wikipedia.org/wiki/Stalinsche ... 4uberungen

Solche Massenmmörder kann man beim besten Willen nicht verehren oder schätzen. Es erstaunt mich immer wieder, dass es Russen gibt, die Stalins Untaten kleinreden und bemänteln. Aber es gibt ja auch Hitler-Verehrer - zum Glück nur einige wenige Verwirrte.
Aneri hat geschrieben:
PS: Übrigens, meine Ablehnung des Begriffes "stalinistische" Regierungen beruht zuerst (nur später kommen rationale Erklärungen) auf emotionale Ebene, weil die Regime waren nur schwache Abbilde des Originals und wann man diese Abbild etwa als Original präsentiert, dann verblasst zwangsläufig "die Farbkraft" des Stalinismus.
In allen Staaten des Ostblocks ließ Stalin nach 1945 Regierungen einsetzen, die ihm, seiner Ideologie und seinem politischen Kurs verpflichtet waren. Das waren in der Regel Stalinisten reinster Prägung, die mit harter Hand dafür zu sorgen hatten, dass die Menschen in den Ostblockstaaten nicht aufmuckten und keinen Widerstand leisteten. Während der Ära Chruschtchew mussten diese starren Stalinisten auf Weisung Moskaus weichen und wurden von konzilianteren Politikern ersetzt.

"Das politische Klima der Volksdemokratien kennzeichneten in deren Aufbauphase Kollektivierungen und Enteignungen von Industriebetrieben, Sachwerten und Grundstücken, Verhaftungen und Deportationen. Eine rasch eingerichtete Geheimpolizei und der gleichgeschaltete Justizapparat führten Säuberungen mit Todesurteilen und extralegalen Hinrichtungen durch. Besonders im harten Klima der Anfangsjahre gab es auch wiederholte parteiinterne Säuberungen. Stalinistische Regime wie etwa das tschechoslowakische unter Klement Gottwald wollten sich so vor Unterwanderung, der Gefahr titoistischer Abweichung und opportunistischen Parteigängern schützen."

http://de.wikipedia.org/wiki/Ostblock
Aneri

Dietrich hat geschrieben:Solche Massenmmörder kann man beim besten Willen nicht verehren oder schätzen. Es erstaunt mich immer wieder, dass es Russen gibt, die Stalins Untaten kleinreden und bemänteln. Aber es gibt ja auch Hitler-Verehrer - zum Glück nur einige wenige Verwirrte.
Ich ja und versuche zu erklären. Es scheint aber nicht rüber zu kommen. Es geht nicht die Stalins Taten zu beschönigen (noch mal, ich finde die Bezeichnung stalinistische Regime für Ostblockstaaten gerad solche Beschönigung für Stalin, weil diese Regime waren brutal, weit aber von Brutalität des Stalins entfernt...). Es geht mit zu erklären, warum so ist und nicht anders.

Aus der Sicht der Bevölkerung war es Stalin, der Krieg gewonnen hat. "Der Heiliger" des Vaterlandes, um das man gekämpft hat, war Stalin. Klar Propaganda. Dennoch sie war und noch weitgehend ist in der weiten Entfernungen Russlands die einzige Information, das Mensch kriegt. Hier z.B. haben die Bewohner der Umgebender Dörfer auch nicht viel von dem, was in Konzentrationslagern passiert, bekommen. Was bekam ein durchschnittlicher Russlands Bürger von den Gulags in entlegenen Orten Sibiriens und Norden?! Sie waren 100 km unbewohntes Landes entfernt. Wenn er von Arest seines Nachbarn etwas bekam, dann wunderte er sich, wie rafiniert die Feinde sind. Nur wenige wüssten Bescheid, dennoch müssten um eigenen Leben fürchten.

Es muss doch verständlich sein, wenn man sich in Haut gewöhnlichen Deutschen in vor- und während Kriegszeit versetzt. Man kann es nennen Massenpsychose. Nur bei Deutschen waren es etwa 10 Jahre, sowjetische Bürger der Gehirnwäsche 70 Jahre unterzogen worden sind. Da es auch nicht der Verlierer wie Hitler, sondern ein Sieger war, die Verarbeitung gerade nicht erleichtert. Gerade ältere Generation tut sich schwer und die Nationalisten, die gerade Siegestum des Stalins verehren.

Übrigens ein Aspekt betreffend das Krieg möchte ich hier ansprechen, der auch eigene Erfahrung betrifft. Ich beobachte schon über 20 Jahren die westliche Medien und stelle fest, dass, wenn über 2. WK geht, der Westfront überproportional dominiert.Wenn ich die Zahlen der Toten gucke, dann sieht es so aus(http://de.wikipedia.org/wiki/Kriegstote ... eltkrieges) - gesamt Soldaten und Zivilisten,abgerundet bis Tausend:
Großbritanien - 332.000
Frankreich - 360.000
USA - 407.000
Sowjet Union - 27.000.000

Der Unterschied in wirtschaftlichen Schaden, denke ich, ist noch viel größerer...

Es ist übrigens ganz starkes Druckmittel für denen, die behaupten, dass Westen russischen Einfluss im Krieg stetig runterspielen. Da habe ich den gleichen Eindruck (!). Dazu wäre auch Vorwurf von Westen bzw. Deutschen gerechtfertigt, dass sowjetische Medien zu wenig (es wurde berichtet, aber eben zu wenig in Angesicht des Ausmaßes) über die Schandtaten wie Vergewaltigungen...

Und noch was dazu, Dietrich. Ich sehe sehr wohl, dass dort große Nachholbedarf in Bezug auf Stalin besteht. Dennoch irgendwie ähnelt mir deine Position einem Reichen, der sein Reichtum vererbt hat und arme hält einfach für faul.

PS: ich gehe auch anderen Beiträgen nach. Dennoch muss Pause machen, weil die Arbeitsberg über Kopf gewachsen ist. Ich hoffe, in einer Woche kann ich weiter machen.
Ruaidhri
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Aneri hat geschrieben:Ich beobachte schon über 20 Jahren die westliche Medien und stelle fest, dass, wenn über 2. WK geht, der Westfront überproportional dominiert
Der Eindruck mag auf den ersten Blick nicht mal trügen, wobei es auf den zweiten inzwischen nun genauso reichlich jede Art seriöser Dokumentation zum Kriegsgeschehen und der Rolle der sowjetischen Armee gibt.
Wenn vorzugsweise für west-Öffentlichkeit die Westfront "bekannter" war:
Erstens waren und sind die Gebiete geographisch schon mehr im Blick und erreichbar, greifbarer. Ob Ardennen oder Normandie, die Brücke von Remagen, dopplet im Blick, weil es dazu die entsprechenden Filme gab, die den Eindruck verstärkten, der Krieg sei im Westen gewonnen worden.
Alles jenseits des eisernen Vorhanges war es lange nicht, lag lange geografisch wie für die historische Forschung m Nebelland.
Zweitens wurden die westlichen Alliierten und Beatzungsmächte ja ziemlich schnell "beste Freunde", sie waren ja die Befreier, die Sowjets wurden (und waren) letztlich Besatzer.
Im Kalten Krieg schon ein Mittel zum Zweck, die Rolle der Sowjet-Armee in WK 2 klein zu halten, während imWiderspruch dazu der Warschauer Pakt als ständige Bedrohung angesehen wurde.
Spezifisch aus deutscher Sicht wäre vielleicht Barbarossa zu befragen, wie die DDR es hielt.
In der BRD wurde zumindest in Historikerkreisen absolut nicht geleugnet, dass die SU die größten Opfer gebracht hatte.
Es blieb aber vor dem politischen Hintergrund des Kalten Krieges und der deutschen Teilung lange schwierig, die SU ebenso als Befreier von der Nazi- Diktatur zu würdigen und das "der Öffentlichkeit" zu vermitteln.
Muttersprache: Deutsch Vaterland: Keins. Heimat: Europa
LG Ruaidhri
Dietrich
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Aneri hat geschrieben:
Aus der Sicht der Bevölkerung war es Stalin, der Krieg gewonnen hat. "Der Heiliger" des Vaterlandes, um das man gekämpft hat, war Stalin.
Die Gründe für die Verehrung Stalins, die viele Russen ihm angedeihen lassen, sind mir schon klar: Er führte die Sowjetunion im Großen Vaterländischen Krieg zum Sieg und gilt daher einer breiten Bevölkerungsschicht als Retter vor dem "faschistischen Untier". Dass Stalin mit diesem "faschistischen Untier" den Hitler-Stalin-Pakt schloss, der ganz Osteuropa unter beiden Diktatoren aufteilte, wird verdrängt. Ebenso werden die Millionen Opfer verdrängt, die durch Zwangsarbeit, Deportationen und "Säuberungen" ums Leben kamen. Da viele russische Familien solche stalinistischen Opfer der Deportation oder Zwangsarbeit zu beklagen haben, wundert mich die naive Verehrung des "Großen Führers" umso mehr.
Aneri hat geschrieben: Dazu wäre auch Vorwurf von Westen bzw. Deutschen gerechtfertigt, dass sowjetische Medien zu wenig (es wurde berichtet, aber eben zu wenig in Angesicht des Ausmaßes) über die Schandtaten wie Vergewaltigungen...
Dieser Vorwurf besteht sicher zu Recht. Bundespräsident Gauck sprach kürzlich in einem anderen Zusammenhang von einem "Erinnerungsschatten" und der betrifft zweifellos auch die Erinnerung an die über 20 Millionen Toten der Sowjetunion, die dem Wüten der Nationalsozialisten zum Opfer fielen.
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