Die Beschaffung der De Havilland DH-100 Vampire für die CH

Zwei Supermächte stehen sich gegenüber: Vereinigte Staaten gegen die UdSSR

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Orianne
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Nach dem WWII wurde der Schweiz klar, dass auch sie Militärflugzeuge mit Düsenantrieb beschaffen muss.

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Bild aus meiner Sammlung.

«Die VAMPIRE sind ausgezeichnete Flugzeuge. Man hätte sich allerdings einen schöneren Namen als VAMPIRE gewünscht, ist Blutsauger doch kein schöner Begriff für die Schweiz».

Dieses Votum stammt von Nationalrat Moeschlin, unabhängige Partei Basel-Stadt, in der Sommersession 1947 anlässlich der Debatte über die Beschaffung von 75 der ursprünglich 100 beantragten VAMPIRE-Flugzeugen. Aus der gleichen Debatte von 1947 ist ebenfalls nachzulesen, dass die sozialdemokratische Fraktion beantragte, die Vorlage an den Bundesrat zurückzuweisen mit dem Auftrag, noch einige Fragen abzuklären. Sie nähme zwar für sich in Anspruch, sich seit Jahren für unsere Flugwaffe eingesetzt zu haben, aber eine Gesamtkonzeption für unsere Landesverteidigung werde unter anderem vermisst.

Und noch eine Kostbarkeit aus der Debatte des Ständerats in der Herbstdebatte 1947. Man machte sich auch schon damals Gedanken über Kompensationsgeschäfte, indem ein Schwyzer Ständerat sich fragte, ob es nicht möglich sei, einen Teil des Lieferungsbetrags in den Dienst des Fremdenverkehrs zu stellen, in dem Sinne, dass er englischen Ferienreisenden in die Schweiz zur Verfügung gestellt würde.

Nun, wir wissen, wie die VAMPIRE-Beschaffung ausging. Eine erste Serie von 75 Flugzeugen wurde der Flugwaffe in den Jahren 1949 und 1950 ausgeliefert. Ein Jahr später folgte die Beschaffung einer zweiten Serie von 100 Flugzeugen. Ab 1953 waren auch Doppelsitzer im Einsatz.

m Oktober 1945 wurde eine technische Kommission nach Grossbritannien gesandt, um die Verhältnisse im Ausland kennen zu lernen. Im März 1946 delegierte man eine Pilotenkommission, um die verschiedenen englischen Jagdflugzeuge, die damals als die modernsten galten, zu beurteilen. Die Kommission kam bald zur Überzeugung, dass allein ein Einsitzer-Jagdflugzeug mit Düsentriebwerk in Frage komme und stellte einstimmig den Antrag, 100 DH-100 VAMPIRE der Firma De Havilland Aircraft zu beschaffen.

Es gab damals aber auch kritische Stimmen innerhalb der Flugwaffe selbst. Einige Herren befürchteten - unterstützt von einem kriegserfahrenen Propheten ennet des Rheins -, dass ein Düsenflugzeug viel zu schnell sei, um Erdziele anzugreifen und sie listeten weitere Bedenken auf. Aus einem Dokument vom Oktober 1946:

«Als bereits bekannte Nachteile sind zu erwähnen:
Verbrennung des Rasens durch die Austrittsgase des tiefgelagerten Düsenantriebes. Bei starker Frequentierung eines Platzes durch mehrere Flugzeuge während einiger Tage wird der Flugplatz sehr bald in eine 'Sandwüste' verwandelt sein. Das Ansaugen von Sand und Steinen führt aber sehr rasch zu Antriebsdefekten.
grosse Brandgefahr bei Fehlstarten und Notlandungen
erhöhte Unfallgefahr für unsere Besatzungen wegen der grossen Geschwindigkeit in Bodennähe.»

Das ebenfalls britische Kolbenmotorflugzeug Hawker SEA FURY schien ihnen viel geeigneter. Ein weiteres Problem war die Erhaltung der schweizerischen Flugzeugindustrie, die ums Überleben kämpfte. Schon damals haben aber auch einzelne Blätter unserer Tagespresse nicht nur die Zweckmässigkeit dieses Flugzeugtyps für unsere Flugwaffe und unsere Verhältnisse angezweifelt, sondern auch die Frage aufgeworfen, ob für unsere Landesverteidigung überhaupt eine Flugwaffe notwendig sei.

Der VAMPIRE erhielt bei den Erprobungen in der Schweiz und in England fast durchwegs gute Noten. Feuerkräftig sei, robust, einfach in der Wartung. Gerühmt wurde auch die ausserordentlich gute Sicht. Eine weitere aktenkundige Qualifikation war, dass das Flugzeug trotz seinem hohen Kampfgewicht bei richtigem Verhalten des Piloten harmlos, ja sogar treu sei. Der damalige Delegationsleiter Major William Frei (später «Düsenwilli» genannt) schrieb im Dezember 1946 in einem euphorischen Bericht, der an Bundespräsident Kobelt, dem damaligen Chef EMD, weitergeleitet wurde: «Wir können Ihnen von unserem VAMPIRE J-1004 leider wieder nur Gutes berichten - das Wort 'leider' wurde von Bundesrat Kobelt rot unterstrichen und mit einem Fragezeichen versehen. - Ich könnte mir keine grössere Katastrophe für unsere Flugwaffe vorstellen, als wenn die VAMPIRE-Beschaffung abgesagt würde.» - und weiter - «Dabei geniessen wir heute unheimliches Wohlwollen in England, wir werden bevorzugt in ganz auffallender Art und Weise.»

Die grössten Probleme sah man in der Ausbildung und Anpassung der Piloten an diese sehr schnellen Flugzeuge. Zitat aus einem Artikel der 'Flugwehr und Technik': «Die Auslese der für die raschen Düsenflugzeuge bestimmten Piloten wird sicherlich eine sehr sorgfältige sein müssen, denn die erreichbaren Beschleunigungen stellen ganz beträchtliche Anforderungen an die körperlichen Konstitution, die Reaktionsfähigkeit und die Flugdisziplin eines Piloten.»

Der VAMPIRE steht für Schweizer Piloten am Anfang einer Kette von Neuerungen, die heute selbstverständlich sind. Da ist einmal, nebst fehlendem Propeller, der g-Anzug zu erwähnen. 1950 machte sich das Fliegerärztliche Institut dafür stark, dass der Pilot 'in einen optimalen Zustand bezüglich Kleidung versetzt werden müsse'. Daraufhin wurde der Leder-Ceinturon durch einen elastischen Gürtel ersetzt und ein leichtes Kombi eingeführt. Die Hitze im Sommer versuchte man - in Ermangelung einer Klimaanlage, die diesen Namen verdient hätte - mit weissen Helmen beizukommen. Und Anfang der Sechzigerjahre wurden alle VAMPIRE mit einem Martin-Baker-Schleudersitz, einem Notpaket und neuem Steuerknüppel ausgerüstet.

Am 12. Juni 1990 wurden die letzten VAMPIRE auf dem Flugplatz Emmen anlässlich einer Feier aus der Pilotenschule verabschiedet. Für ein Kampfflugzeug war Ende der Vierzigerjahre ein maximales Alter von zehn Jahren vorausgesagt worden.
Der Gegenbeweis war also erbracht.

Der einsitzige ungepfeilte Mitteldecker wurde in einer Mischbauweise aus Holz/Metall gefertigt, ähnlich der de Havilland Mosquito. Die Vampire war mit einem einziehbaren Bugradfahrwerk ausgestattet und wurde von einem Strahltriebwerk angetrieben. Charakteristisch waren die doppelten Leitwerksträger.

Die beschafften Vampire

4 DH-100 Mk 1 Vampire für die Truppenerprobung in der Schweiz. Später als Zielflugzeuge für die Flab verwendet. 1946 bis 1961 im Einsatz. Das erste Flugzeug, J-1001, musste bereits am 02.08.1946 nach einem Startunfall abgeschrieben werden.
Registrationen: J-1001 bis J-1004

75 DH-100 Mk 6 Vampire in England erworben. 1949 bis 1973 im Einsatz. Die meisten Flugzeuge sind in den Jahren 1968/1969 abgeschrieben worden.
Registrationen: J-1005 bis J-1079

100 DH-100 Mk 6 Vampire im Lizenzbau. Ab 1951 im Einsatz. Eine respektable Anzahl wurde 1974 abgeschrieben, Liquidationen erfolgten aber noch 1988.
Registrationen: J-1101 bis J-1200

3 DH-100 Mk 6 Vampire aus vorhandenen Ersatzteilen vom F+W 1959/1960 gebaut. Diese Maschinen wurden noch 1978 mit dem sogenannten Stereofot ausgerüstet, ein System, das bei der Zielfliegerei zum Einsatz kam.
Registrationen: J-1080 bis J-1082

39 DH-115 Mk 55 Vampire-Trainer. 1953 bis 1990 im Einsatz.
Registrationen: U-1201 bis U-1239

Kein kleiner filmischer Einblick von 1946
http://www.youtube.com/watch?v=VRqLuUBUIZs

Quellen: Hans Prisi: Vampire, Vampire-Trainer und Venom der Schweizer Fliegertruppe,
Eigene Aufzeichnungen
Grant stood by me when I was crazy, and I stood by him when he was drunk, and now we stand by each other.

General William Tecumseh Sherman
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