Mauerbau - Anerkennung West-Berlins durch die Sowjetunion?

Zwei Supermächte stehen sich gegenüber: Vereinigte Staaten gegen die UdSSR

Moderator: Barbarossa

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Marek1964
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Ein interessantes Thema, angeschnitten im Chruschtschow Thread, ist der Aspekt, ob der Mauerbau eigentlich die Anerkennung des Status von West Berlins bedeutete. Für mich ein neuer, aber interessanter Gedanke.

Im Grunde war ja der Mauerbau ein Defensivgedanke, ein Versuch, den Status Quo zu halten, wohingegen die Blockade von 1948 noch ein offensives Vorgehen war. Wo war also Chruschtschows Gedanke der friedlichen Koexistenz, mit der der Kommunismus eines Tages den Kapitalismus überholen sollte?

Hier der Vorgängerthread:

http://geschichte-wissen.de/forum/viewt ... =75&t=4325
dieter hat geschrieben:
Barbarossa hat geschrieben:
Orianne hat geschrieben:Nun, es gab oder gibt ja Stimmen die besagen, dass Kennedy mit der Mauer nicht unglücklich gewesen sein soll:

Walt Rostow (Kennedy-Berater): "Ich unterhielt mich (Anfang August 1961) mit Präsident Kennedy, während wir am Swimming-pool im Weißen Haus spazierengingen. Plötzlich drehte sich der Präsident zu mir und sagte: "Chruschtschow steht vor einer unerträglichen Situation. Ostdeutschland blutet aus, und damit ist der ganze Ostblock in Gefahr. Er muß was tun, um das aufzuhalten. Vielleicht eine Mauer." Foy Kahler (Kennedy-Berater): "Es war ein Versagen unserer Geheimdienste, unseres eigenen, des deutschen, britischen und französischen. Das heisst: Die Aktion überraschte uns."

Theodore Sorensen (Kennedy-Berater): "Auf lange Sicht haben dann Verhandlungen zwischen den Vereinigten Staaten und der Sowjet-Union ... zu einer Verminderung der Spannung beigetragen. Man könnte sogar sagen: Ohne die Mauer ... wäre es vielleicht nicht möglich gewesen, zu solchen Verhandlungen zu kommen."

Quelle: Der Spiegel 34/1976
Stets wird behauptet, der Bau der Berliner Mauer hätte den 3. Weltkrieg verhindert. Und darum war Kennedy nach dem Bau der Mauer durchaus auch erleichtert. Ich habe lange Zeit nicht verstanden, warum?
Es erschien mir einfach äußerst widersinnig - wie sollte die massenhafte Flucht von DDR-Bürgern nach Westberlin einen 3. Weltkrieg auslösen und mit welcher Begründung?
In einer Doku vor einiger Zeit wurde das jedoch genauer erklärt und plötzlich machte diese Behauptungfür mich einen Sinn:

Es war einfach so, dass noch Stalin entgegen des Viermächte-Abkommens plötzlich auch die 3 Westsektoren für sich beanspruchte und die Westmächte aus West-Berlin herausdrängen wollte. Dies führte 1948 zur Blockade West-Berlins. Die Westalliierten ließen sich nicht verdrängen und antworteten mit der Luftbrücke. Die Blockade wurde nach 11 Monaten aufgegeben - der (vertragsbrüchige) Gebietsanspruch jedoch blieb bestehen und das auch noch nach der Gründung der DDR, die West-Berlin nun offiziell als ihr Territorium betrachtete. Erst die starke Fluchtbewegung und der daraus resultierende Bau der Mauer war ein Zeichen dafür, dass der (Gebiets-)Anspruch aufgegeben worden war. Der bis dahin vor-sich-hinschwelende politische Konflikt war damit ebenfalls beendet.
Lieber Barbarossa,
verstehe ich Dich richtig :?: Mit dem Bau der Mauer akzeptierte die DDR und die SU die Existenz von Berlin(West) :?:
Barbarossa hat geschrieben: Genau so habe ich die Dokumentation verstanden, ja. Bis dahin wurde immer noch überlegt, wie man West-Berlin einverleiben konnte.
Und so erkärt sich auch die überlieferte Erleichterung Kennedys.
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dieter
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Lieber Marek,
wenn auch der Mauerbau die Defensive des Warschauer Paktes offenlegte, für die Bewohner Berlins im Osten und Westen, war diese Trennung ein Harter Schlag. :evil: :twisted: Wie hat Reagan schon gesagt, "make the door open, Mr. Goortbatschow". Das Zusammenwachsen Deutschlands erfolgt dann, wenn das Brandenburger Tor offenen ist. :wink:
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Orianne
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dieter hat geschrieben:Lieber Marek,
wenn auch der Mauerbau die Defensive des Warschauer Paktes offenlegte, für die Bewohner Berlins im Osten und Westen, war diese Trennung ein Harter Schlag. :evil: :twisted: Wie hat Reagan schon gesagt, "make the door open, Mr. Goortbatschow". Das Zusammenwachsen Deutschlands erfolgt dann, wenn das Brandenburger Tor offenen ist. :wink:
Es gibt immer Leute die durch politische Entscheidungen leidem müssen, das war auch am 13. August 1961 so, der Anfang von vielen zum Teil unbekannten Leuten die an der Mauer den Tod durch die NVA fanden.

Hier noch der Ausschnitt der Rede von Ronald Reagan:

We welcome change and openness; for we believe that freedom and security go together, that the advance of human liberty can only strengthen the cause of world peace. There is one sign the Soviets can make that would be unmistakable, that would advance dramatically the cause of freedom and peace. General Secretary Gorbachev, if you seek peace, if you seek prosperity for the Soviet Union and eastern Europe, if you seek liberalization, come here to this gate. Mr. Gorbachev, open this gate. Mr. Gorbachev, tear down this wall.

Ein weiteres Highlight der Rede war wieder die Abrüstung, denn die SU hatte gerade die neue SS-20 Rakete (ca. >400 Stück) nach und nach aufgestellt, und im gleichen Jahr wurde ein Vertrag über die Verschrottung (INF-Vertrag) unterzeichnet.
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Lia

Der Mauerbau bedeutete immanent schon die Anerkennung West-Berlins seitens der UDSSR- und die des status quo durch die USA.
In böser Ironie bedeutete die Mauer tatsächlich den Erhalt des Friedens in der Welt, zu Lasten derer, die in der DDR eingesperrt waren.
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dieter
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Orianne hat geschrieben:
dieter hat geschrieben:Lieber Marek,
wenn auch der Mauerbau die Defensive des Warschauer Paktes offenlegte, für die Bewohner Berlins im Osten und Westen, war diese Trennung ein Harter Schlag. :evil: :twisted: Wie hat Reagan schon gesagt, "make the door open, Mr. Goortbatschow". Das Zusammenwachsen Deutschlands erfolgt dann, wenn das Brandenburger Tor offenen ist. :wink:
Es gibt immer Leute die durch politische Entscheidungen leidem müssen, das war auch am 13. August 1961 so, der Anfang von vielen zum Teil unbekannten Leuten die an der Mauer den Tod durch die NVA fanden.
Liebe Orianne,
das dürfte aber kein Trost für die Angehörigen der Mauertoten sein, auch nicht für die menschlichen Verbindungen zwischen Ost- und Westberlin. :evil: :twisted:
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Orianne
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Natürlich nicht lieber Dieter, aber ohne Mauer hätte es eventuell den WWIII gegeben, und da hätte es garantiert mehr Tote gegeben. Das war eine ähnlich verzwickte Lage wie mit Hiroshima und Nagasaki.
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dieter
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Liebe Orianne,
man sollte nicht mit einem neuen Weltkrieg spielen, wer das macht, ist am Ende mit seinem Latein angekommen.
Wieso Hiroshima und Nagasaki :?:, das war einfach ein Verbrechen, nur weil sich die Amis die Kämpfe um die Besetzung von Japan ersparen wollten. :evil: :twisted:
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Orianne
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dieter hat geschrieben:Liebe Orianne,
man sollte nicht mit einem neuen Weltkrieg spielen, wer das macht, ist am Ende mit seinem Latein angekommen.
Wieso Hiroshima und Nagasaki :?:, das war einfach ein Verbrechen, nur weil sich die Amis die Kämpfe um die Besetzung von Japan ersparen wollten. :evil: :twisted:

Das war ja nicht ich, das waren die Russen und die Amis. Der Krieg hätte im Pazifik bis 1947 gedauert, und sicher mehr Tote gefordert als in Hiroshima und Nagasaki zusammen. Wenn Du einen Brand einer Ölquelle löschen willst, dann nimmst Du auch Dynamit (Metapher).
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Lia

Es geht nunmal in der Politik zwischen Krieg und Frieden nicht um Einzelschicksale, nicht einmal um die eine Menge von Einzelschicksalen, und in der historischen Betrachtung des Gesamtgeschehens, warum es zu solch weit reichenden Entscheidungen kam, auch nicht.
Die Wahl zwischen Skylla und Charybdis zwischen vielen Toten und noch mehr Toten, zwischen einigen zerstörten Familien oder einem Weltkrieg. Die Wahl zwischen zwei Übeln.
Der einzelne Mensch oder auch ganze Nationen sind selten Subjekt des Handelns in solchen Krisen, sondern Objekt.
In der damaligen Situation war sicherlich die Anerkennung des status quo eine Deeskalationsmaßnahme.
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Marek1964
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dieter hat geschrieben:Wie hat Reagan schon gesagt, "make the door open, Mr. Goortbatschow". Das Zusammenwachsen Deutschlands erfolgt dann, wenn das Brandenburger Tor offenen ist. :wink:
Schon wollte ich Dich massregeln, dass das ungenau zietiert war, denn mir war "tear down this wall, Mr. Gorbachev" bekannt, hat aber beides gesagt:

General Secretary Gorbachev, if you seek peace, if you seek prosperity for the Soviet Union and eastern Europe, if you seek liberalization, come here to this gate. Mr. Gorbachev, open this gate. Mr. Gorbachev, tear down this wall![12]
http://en.wikipedia.org/wiki/Tear_down_this_wall!

https://www.youtube.com/watch?v=7NjNL4Nsa4Q

Hier die erweiterte Version

https://www.youtube.com/watch?v=YtYdjbpBk6A

War schon ein begnadeter Redner.

Im Grunde hat ja dann Gorbatschow die Voraussetzungen dafür geschaffen.
Zuletzt geändert von Marek1964 am 01.08.2014, 18:44, insgesamt 1-mal geändert.
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Orianne
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Marek1964 hat geschrieben:
dieter hat geschrieben:Wie hat Reagan schon gesagt, "make the door open, Mr. Goortbatschow". Das Zusammenwachsen Deutschlands erfolgt dann, wenn das Brandenburger Tor offenen ist. :wink:
Schon wollte ich Dich massregeln, dass das ungenau zietiert war, denn mir war "tear down this wall, Mr. Gorbachev" bekannt, hat aber beides gesagt:

General Secretary Gorbachev, if you seek peace, if you seek prosperity for the Soviet Union and eastern Europe, if you seek liberalization, come here to this gate. Mr. Gorbachev, open this gate. Mr. Gorbachev, tear down this wall![12]
http://en.wikipedia.org/wiki/Tear_down_this_wall!

Im Grunde hat ja dann Gorbatschow die Voraussetzungen dafür geschaffen.
Er sprach in dieser Rede aber auch die SS-20 an, die damals in grosser Zahl schon aufgestellt war, siehe oben mein Post :)
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Ungenau zitiert war es dennoch, denn " make the door open " ist so falsch, dass es auch ein Ami so nicht formulieren würde.
Sinngemäß aber richtig.
Gorbatschow hat sicherlich die schnelle Wende samt Vereinigung der beiden deutschen Staaten so nicht in seinem Kalkül gehabt, dennoch kam Reagans Appell zu einer Zeit, die Veränderungen möglich und wahrscheinlich machten.
Ob Reagan sich darüber bis ins letzte im Klaren war, welche Folgen die Umsetzung seiner Worte tatsächlich haben könnte, bezweifle ich.
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Marek1964
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Lia hat geschrieben:Ungenau zitiert war es dennoch, denn " make the door open " ist so falsch, dass es auch ein Ami so nicht formulieren würde.
Sinngemäß aber richtig.
Gorbatschow hat sicherlich die schnelle Wende samt Vereinigung der beiden deutschen Staaten so nicht in seinem Kalkül gehabt, dennoch kam Reagans Appell zu einer Zeit, die Veränderungen möglich und wahrscheinlich machten.
Ob Reagan sich darüber bis ins letzte im Klaren war, welche Folgen die Umsetzung seiner Worte tatsächlich haben könnte, bezweifle ich.
Ja, das ging uns Exulanten ähnlich, Meine Mutter formulierte das mal so: Als wir 1968 unsere Heimat verliessen, hätten wir nicht gedacht, dass es 22 Jahre dauern würde, bis es dann mal so weit wäre.

Aber als es dann doch so weit war, waren wir auch überrascht, denn in all den Jahren hatten wir aufgehört zu glauben, dass es mal so weit kommen könnte.

Ich denke, auch Ronald Reagan dachte nicht, dass seine Worte in nur gut zwei Jahren erfüllt werden würden.
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dieter
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Orianne hat geschrieben:
dieter hat geschrieben:Liebe Orianne,
man sollte nicht mit einem neuen Weltkrieg spielen, wer das macht, ist am Ende mit seinem Latein angekommen.
Wieso Hiroshima und Nagasaki :?:, das war einfach ein Verbrechen, nur weil sich die Amis die Kämpfe um die Besetzung von Japan ersparen wollten. :evil: :twisted:

Das war ja nicht ich, das waren die Russen und die Amis. Der Krieg hätte im Pazifik bis 1947 gedauert, und sicher mehr Tote gefordert als in Hiroshima und Nagasaki zusammen. Wenn Du einen Brand einer Ölquelle löschen willst, dann nimmst Du auch Dynamit (Metapher).
Liebe Orianne,
das ist mir bekannt. Trotzdem war es ein Verbrechen. Jedes Jahr auch heute noch sterben Menschen aufrund der Atombombenabwürfe. Außerdem wurde dadurch die Erbsubstanz bei den nachgeborenen Kindern geändert. :roll:
Atombonbenabwürfe sind keine Sprengungen einer Ölquelle. Durch die Atombombenabwürfe wurde die Büchse der Pandora geöffnet. :evil:
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Orianne
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dieter hat geschrieben:
Orianne hat geschrieben:
dieter hat geschrieben:Liebe Orianne,
man sollte nicht mit einem neuen Weltkrieg spielen, wer das macht, ist am Ende mit seinem Latein angekommen.
Wieso Hiroshima und Nagasaki :?:, das war einfach ein Verbrechen, nur weil sich die Amis die Kämpfe um die Besetzung von Japan ersparen wollten. :evil: :twisted:

Das war ja nicht ich, das waren die Russen und die Amis. Der Krieg hätte im Pazifik bis 1947 gedauert, und sicher mehr Tote gefordert als in Hiroshima und Nagasaki zusammen. Wenn Du einen Brand einer Ölquelle löschen willst, dann nimmst Du auch Dynamit (Metapher).
Liebe Orianne,
das ist mir bekannt. Trotzdem war es ein Verbrechen. Jedes Jahr auch heute noch sterben Menschen aufrund der Atombombenabwürfe. Außerdem wurde dadurch die Erbsubstanz bei den nachgeborenen Kindern geändert. :roll:
Atombonbenabwürfe sind keine Sprengungen einer Ölquelle. Durch die Atombombenabwürfe wurde die Büchse der Pandora geöffnet. :evil:
Eine Metapher lieber Dieter :!: Du verstehst meine Metapher scheinbar nicht. :crazy:
Zuletzt geändert von Orianne am 02.08.2014, 15:58, insgesamt 1-mal geändert.
Grant stood by me when I was crazy, and I stood by him when he was drunk, and now we stand by each other.

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