Nikita Chruschtschow - Stolperte er über seine Ziele?

Zwei Supermächte stehen sich gegenüber: Vereinigte Staaten gegen die UdSSR

Moderator: Barbarossa

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Orianne
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Nikita Chruschtschow war ein bauernschlauer und gleichzeitig intelligenter Mann, der unter Stalin diente, ihn aber nach dem Tod aus dem Gedächtnis der Russen streichen wollte. Sein Versagen in der Landwirtschaft sowie seine "kleine" Annäherung an die BRD nach der Kuba Krise kosteten ihn u.A. Amt und Würde. Er wurde durch Leonid Breschnew 1964 abgesetzt und 1966 aus dem ZK verbannt, 1971 starb er als einsamer Mann. Sein Grab liegt auf dem Moskauer Nowodewitschi-Friedhof.

Durch Bücher über ihn schätze ich Chruschtschow als einen Mann ein, der die SU wirklich verändern wollte, aber es nicht schaffte, weil er vielen Parteigenossen zu umtriebig war, er wollte die USA wirtschaftlich überholen, was ihm nicht gelang.

Im Weltall reüssierte er durch den ersten Satelliten der in die Erdumlaufbahn geschossen wurde (Sputnik 1957).

Wie seht Ihr Chruschtschow :?:
Grant stood by me when I was crazy, and I stood by him when he was drunk, and now we stand by each other.

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Aneri

Chrustchow brach ein frisches Wind in Land. Seine Zeit war wichtig für die Verarbeitung des Stalinismus. Viele dissidentische Gedanken begannen in seiner Zeit.
Dennoch war er Kind seiner Zeit und agierte, wie es in einem totalitären Staat üblich ist. Auf einer Ausstellung kritisierte er Werke Ernst Neiswestny (Ernst Unbekannter) als degenerierte Kunst und hat ihm Türe und Tore im Land geschlossen. Der hat später emigriert. http://de.wikipedia.org/wiki/Ernst_Ioss ... Neiswestny

Interessanteweise auf ausdrückliche Wunsch des Chrustchows gestaltete er sein Grab ( http://www.google.de/imgres?imgurl=http ... Q&dur=1742 ). Der schwarze und weiße Marmor stehen für zwei gegensätzliche Seiten seiner Persönlichkeit.
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Orianne
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Aneri hat geschrieben:Chrustchow brach ein frisches Wind in Land. Seine Zeit war wichtig für die Verarbeitung des Stalinismus. Viele dissidentische Gedanken begannen in seiner Zeit.
Dennoch war er Kind seiner Zeit und agierte, wie es in einem totalitären Staat üblich ist. Auf einer Ausstellung kritisierte er Werke Ernst Neiswestny (Ernst Unbekannter) als degenerierte Kunst und hat ihm Türe und Tore im Land geschlossen. Der hat später emigriert. http://de.wikipedia.org/wiki/Ernst_Ioss ... Neiswestny

Interessanteweise auf ausdrückliche Wunsch des Chrustchows gestaltete er sein Grab ( http://www.google.de/imgres?imgurl=http ... Q&dur=1742 ). Der schwarze und weiße Marmor stehen für zwei gegensätzliche Seiten seiner Persönlichkeit.
Er hatte wirklich zwei Seiten, wenn ich an die legendäre Rede denke, wo er mit dem Schuh auf das Rednerpult haute :wink:
Auf der anderen Seite konnte er wieder ganz jovial sein.
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Marek1964
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Tja, für mich ist das schwierig Chruschtschow angemessen einzuordnen. Sicher war er verglichen mit Stalin sowas wie ein aufgeklärter Diktator. Er liess auch viele Gulag Häftlinge frei, das war sicher auch positiv, obwohl ihm das die Kritik in der Partei eintrug. Die Entstalinisierung war auch ein guter Schritt, leider nicht konsequent zu Ende gebracht.

Die Landwirtschaft - ja, das war wohl irgendwie im Geiste des "Wir befehlen dem Wind Regen*", dem Glauben, der Marxismus könne auch die Natur besiegen. Andererseits war er lernfähig, hatte er auch praktische Ausbildungsmethoden aus den USA übernommen.

Die Aussnpolitik - auch hier widersprüchlich, die blutige Intervention in Ungarn darf nicht verschwiegen werden. Auch dass es fast zum Atomkrieg gekommen wäre. Aber eben nur fast. Hier siegte bei ihm dann im Endeffekt die Vernunft. Einen grossen Krieg löste ein Hitler aus, nicht aber Stalin oder Mao oder eben Chruschtschow.

Ob er über seinen gescheiterten Ziele gestolpert ist - da wären vorher Stalin und Lenin ja auch gestolpert. Es war eher einfach ein interner Machtkampf. Weil er nicht so skrupellos war wie Stalin. Sonst hätte er ja alle potentiellen Gegner vorher ausgeschaltet.

Interessant, ich glaube, dass Nina Chruschtschowowa die einziege Frau eines Sowjetführers vor Raissa Gorbatschowowa war, die man in der Öffentlichkeit sah. Die charmanten Bilder zwischen Jackie Kennedy und Nikita Chruschtschow einerseits und Nina Chruschtschowowa und JFK sind legendär und der von Orianne richtig erwähnte Jovialitat geschuldet.

______
* tscheschisches Lied der "Erschaffer", wie sich die Kommunisten nannten
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dieter
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Festhalten sollte man schon die Kuba-Krise und die Berlin-Ultimaten, in beiden Fällen hat er Kenedy unterschätzt. :wink:
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dieter hat geschrieben:Festhalten sollte man schon die Kuba-Krise und die Berlin-Ultimaten, in beiden Fällen hat er Kenedy unterschätzt. :wink:
Ich sehe nicht ein, dass er Kennedy unterschätzt hat. Eher das Gegenteil.
http://de.wikipedia.org/wiki/Kubakrise:
Im April 1962 wurden die amerikanischen Thor- und Jupiter-Atomraketen in der Türkei einsatzbereit gemacht. Weil sie wegen ihrer ungeschützten Aufstellung leicht angreifbar waren, konnten sie nur zu einem atomaren Erstschlag genutzt werden.
Zudem fuhren auf den Meeren US-U-Boote mit Polaris-Atomraketen. Diese Submarine Launched Ballistic Missiles konnten auch unter Wasser abgefeuert werden und waren entsprechend schwer zu treffen. Die Sowjetunion hatte zu dem Zeitpunkt nichts Gleichwertiges entgegenzusetzen.
Abgesehen von dieser Öffentlichkeitswirkung waren die Ereignisse von 1962 aus Sicht der beiden Supermächte USA und Sowjetunion ein taktischer Sieg der jeweils anderen Seite; dies geht aus später veröffentlichten Geheim-Reden der jeweiligen Präsidenten Kennedy und Chruschtschow hervor und verstärkte das Misstrauen der militärischen Führungen beider Länder gegen die eigenen Regierungen.
Mit Unterschied, dass Chrustchow-Tod war natürlich, nicht nachgeholfen...
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Conzaliss hat geschrieben:http://www.welt.de/geschichte/article12 ... raine.html

Vielleicht stolperte Chruschtschow letztendlich über diese Aktion.
Damals war es keine Stolperschwelle. Alle Völker waren "Brüder" und die Grenzen waren nur verwaltungstechnisch wichtig.
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Marek1964
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dieter
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Aneri hat geschrieben:
dieter hat geschrieben:Festhalten sollte man schon die Kuba-Krise und die Berlin-Ultimaten, in beiden Fällen hat er Kenedy unterschätzt. :wink:
Ich sehe nicht ein, dass er Kennedy unterschätzt hat. Eher das Gegenteil.
http://de.wikipedia.org/wiki/Kubakrise:
Liebe Aneri,
Du führst Wikipedia an und ich soll nun den ganzen Artikel von Wikipedia durchlesen, um rauszukriegen, wieso Chrustschow Kennedy nicht unterschätzt hat. Vielen Dank für diese tolle Aufklärung. :wink: :mrgreen:
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Orianne
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Nun, es gab oder gibt ja Stimmen die besagen, dass Kennedy mit der Mauer nicht unglücklich gewesen sein soll:

Walt Rostow (Kennedy-Berater): "Ich unterhielt mich (Anfang August 1961) mit Präsident Kennedy, während wir am Swimming-pool im Weißen Haus spazierengingen. Plötzlich drehte sich der Präsident zu mir und sagte: "Chruschtschow steht vor einer unerträglichen Situation. Ostdeutschland blutet aus, und damit ist der ganze Ostblock in Gefahr. Er muß was tun, um das aufzuhalten. Vielleicht eine Mauer." Foy Kahler (Kennedy-Berater): "Es war ein Versagen unserer Geheimdienste, unseres eigenen, des deutschen, britischen und französischen. Das heisst: Die Aktion überraschte uns."

Theodore Sorensen (Kennedy-Berater): "Auf lange Sicht haben dann Verhandlungen zwischen den Vereinigten Staaten und der Sowjet-Union ... zu einer Verminderung der Spannung beigetragen. Man könnte sogar sagen: Ohne die Mauer ... wäre es vielleicht nicht möglich gewesen, zu solchen Verhandlungen zu kommen."

Quelle: Der Spiegel 34/1976
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dieter
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Conzaliss hat geschrieben:Lieber Dieter,

außerdem müsstest du dann auch noch andere Quellen besuchen. Wikipedia ist zwar schnell gefunden - aber an der Zuverlässigkeit hapert es...
Lieber Conzaliss,
Du hast recht, daran hatte ich noch überhaupt nicht gedacht. :wink:
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Barbarossa
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Orianne hat geschrieben:Nun, es gab oder gibt ja Stimmen die besagen, dass Kennedy mit der Mauer nicht unglücklich gewesen sein soll:

Walt Rostow (Kennedy-Berater): "Ich unterhielt mich (Anfang August 1961) mit Präsident Kennedy, während wir am Swimming-pool im Weißen Haus spazierengingen. Plötzlich drehte sich der Präsident zu mir und sagte: "Chruschtschow steht vor einer unerträglichen Situation. Ostdeutschland blutet aus, und damit ist der ganze Ostblock in Gefahr. Er muß was tun, um das aufzuhalten. Vielleicht eine Mauer." Foy Kahler (Kennedy-Berater): "Es war ein Versagen unserer Geheimdienste, unseres eigenen, des deutschen, britischen und französischen. Das heisst: Die Aktion überraschte uns."

Theodore Sorensen (Kennedy-Berater): "Auf lange Sicht haben dann Verhandlungen zwischen den Vereinigten Staaten und der Sowjet-Union ... zu einer Verminderung der Spannung beigetragen. Man könnte sogar sagen: Ohne die Mauer ... wäre es vielleicht nicht möglich gewesen, zu solchen Verhandlungen zu kommen."

Quelle: Der Spiegel 34/1976
Stets wird behauptet, der Bau der Berliner Mauer hätte den 3. Weltkrieg verhindert. Und darum war Kennedy nach dem Bau der Mauer durchaus auch erleichtert. Ich habe lange Zeit nicht verstanden, warum?
Es erschien mir einfach äußerst widersinnig - wie sollte die massenhafte Flucht von DDR-Bürgern nach Westberlin einen 3. Weltkrieg auslösen und mit welcher Begründung?
In einer Doku vor einiger Zeit wurde das jedoch genauer erklärt und plötzlich machte diese Behauptungfür mich einen Sinn:

Es war einfach so, dass noch Stalin entgegen des Viermächte-Abkommens plötzlich auch die 3 Westsektoren für sich beanspruchte und die Westmächte aus West-Berlin herausdrängen wollte. Dies führte 1948 zur Blockade West-Berlins. Die Westalliierten ließen sich nicht verdrängen und antworteten mit der Luftbrücke. Die Blockade wurde nach 11 Monaten aufgegeben - der (vertragsbrüchige) Gebietsanspruch jedoch blieb bestehen und das auch noch nach der Gründung der DDR, die West-Berlin nun offiziell als ihr Territorium betrachtete. Erst die starke Fluchtbewegung und der daraus resultierende Bau der Mauer war ein Zeichen dafür, dass der (Gebiets-)Anspruch aufgegeben worden war. Der bis dahin vor-sich-hinschwelende politische Konflikt war damit ebenfalls beendet.
Die Diskussion ist eröffnet!

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Orianne
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Auf der anderen Seite drängte Bundeskanzler Adenauer die Westalliierten dazu, Brandenburg gegen Westberlin einzutauschen, ich las das einmal in einem Buch als er in Moskau war. Stalin lebte da ja nicht mehr, aber die Russen wollten das "Geschäft" nicht machen, ich denke, die hatten Angst vor einem Krieg, denn die USA stand mit der Ausrüstung der Armee viel besser da.
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Marek1964
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Conzaliss hat geschrieben:Ich sehe Parallelen zwischen Gorbatschow und Chruschtschow:

In verantwortliche Position gekommen ist Chruschtschow ein Reformer. Noch vor 1958 bricht er mit der Vergangenheit. Auf dem 20. Parteitag der KPdSU hält er die berühmte „Geheimrede“, in der er die Verbrechen Stalins zugibt und verurteilt. Er leitet die Entstalinisierung ein, der einstige russische Führer wird fortan nicht mehr verehrt. Ein Schritt, der aus westlicher Sicht selbstverständlich scheint. Doch das sowjetische Selbstverständnis fußte auf dem Sieg gegen das faschistische Deutschland und der war untrennbar mit Stalin verbunden. Es gab während seiner gesamten Amtszeit Genossen, die Chruschtschow den Bruch nie verziehen.

25 Jahre vor Michail Gorbatschow ist Nikita Chruschtschow an dem Versuch gescheitert, den Kommunismus zu reformieren, ohne ihn aufzugeben… :idea:
Ja, das ist ein interessanter Vergleich. Und es regt mich auf, dass die Russen immer noch Stalin nachtrauern, obwohl der zum Sieg gegen Deutschland mehr hinderlich als nützlich war. Da könnten sie eigentlich mehr den Amerikanern und Briten danken als ihm. Und meinetwegen Žukov. Mit dem von Stalin ermordeten Tuchačevský hätte die Wehrmacht möglicherweise noch ihr blaues Wunder erlebt.

Mit der Verteufelung von Gorbatschow beweisen sie, dass sie ein unreifes Volk geblieben sind. Leider.
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Marek1964 hat geschrieben: Und es regt mich auf, dass die Russen immer noch Stalin nachtrauern, ...
Russen sind wie jedes Volk keine einheitliche Masse. So könnte man auch über die Deutschen, wenn man Augenmerk auf die extrem Rechten richtet, sprechen: sie trauen ihren Führer nach...
Da könnten sie eigentlich mehr den Amerikanern und Briten danken als ihm.

Ich hatte eine interessante Sache festgestellt. Die Westen spielt die Bedeutung der Sowjet Union in 2 Weltkrieg runter.
Es mag sein, dass sowjetische Interpretation macht das Gleiche. Eines aber entspricht m. E. der Tatsachen: die Westen haben mit Bedacht die Eröffnung des 2 Frontes herausgezogen, um Sowjet Union erst blüten zu lassen. Sie hatten zwar gemeinsamen Feind, waren aber nie die Freunde gewesen. Die richtige Auseinandersetzung begann nicht erst mit dem kaltem Krieg. Es begann schon in 2 Weltkrieg.
Mit der Verteufelung von Gorbatschow beweisen sie, dass sie ein unreifes Volk geblieben sind. Leider.
Ich hatte immer größten Respekt von ihm. Es war nicht anderes als Helmut Schmidt, der meine Ansichten revisionieren lies.
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