Anbauschlacht in der Schweiz während des WWII

Der zerstörerische Krieg von Hitler und seinen Schergen gegen Europa

Moderator: Barbarossa

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Orianne
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Parkanlagen in der Stadt, umfunktioniert zu Kartoffelfeldern: Diese Bilder aus dem Zweiten Weltkrieg sind verstaubt, ihre Wirkung hingegen ist nicht verblasst.

Aus Furcht vor einer Lebensmittelknappheit wurde zwischen 1939 und 1945 die Anbaufläche hierzulande verdoppelt. So musste die Schweiz als einziges Land in Europa Kartoffeln, Gemüse und Obst nie rationieren. Die Anbauschlacht wurde zum Symbol für die Widerstandskraft der Schweiz.

Im Zweiten Weltkrieg wurde die Anbaufläche auf 352'000 Hektaren ausgeweitet, 80'000 mehr als heute. Zudem zählte die Schweiz damals nur 3,5 Millionen Einwohner, nun sind es 8. Dass der Selbstversorgungsgrad heute gleichwohl nur 10 Prozentpunkte tiefer als 1945 ist, verdankt sich dem Fortschritt: So ist der Ertrag pro Hektare stetig gewachsen, allein seit 2002 um fast 10Prozent.

Der Selbstversorgungsgrad der Schweiz (SVG) mit Lebensmittel war von 1940 bis 1945 von 52 % auf 70 % gestiegen. Die Brotgetreideproduktion verdoppelte sich, die Kartoffelernte wurde verdreifacht, und die Gemüseernte konnte vervierfacht werden. Der Selbstversorgungsgrad lässt sich nur schwierig abschätzen, da die ganze Agrarstruktur verändert worden war. Als Mittelwert aus verschiedener Literatur wird er für 1939 auf 52 Prozent, für 1943 bis 1945 auf 70 bis 75 oder 80 Prozent geschätzt.

Der Plan Wahlen hatte die Schweizer Bevölkerung und die rund 300'000 Flüchtlinge vor Hunger und allzu grossen Entbehrungen bewahrt. Die Anbauschlacht hatte auch eine psychologische Wirkung. Heute wäre das nicht mehr möglich, aufgrund der Verdauung der Schweiz, von Genf bis Zürich Haus an Haus!

Als Vater der sogenannten Anbauschlacht bezeichnet man den populären Bundesrat Friedrich Traugott Wahlen, Professor der Landwirtschaft an der Universität Zürich.

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Mitten in der Stadt Zürich - Bild aus meiner Sammlung!

Lebensmittelkarte zum Bezug von rationierten Nahrungsmitteln gültig vom 1. Juni bis 5. Juli 1943. Solche Karten wurden während des Zweiten Weltkriegs in der ganzen Schweiz an die Bevölkerung verteilt - auf der Rückseite findet sich der identische Text in französischer Spache. Die einzelnen Rationierungs-Coupons sind perforiert und mussten beim Bezahlen der Waren in den Lebensmittelgeschäften abgegeben werden. So wurde verhindert, dass besser gestellte Familien die Geschäfte mit Hamsterkäufen leer räumten, während für Leute in einfachen Verhältnissen nichts übrig blieb. Die Karte war als Monatsration für eine erwachsene Person gedacht. Vorgesehen waren unter anderem 4 Eier, ein Pfund Käse, etwa 850 g Fleisch (je nach Sorte) und 100 g Schokolade. Ein eindrückliches Bild von den Einschränkungen geben auch die Durchhalteslogans und die guten Ratschläge, die zwischen den Coupons aufgedruckt sind: "I der Not gits kei härts Brot!", "Verteilt die Einkäufe auf den ganzen Monat!", "1/4-fetter Käse ist nahrhaft, billiger als Vollfettkäse und braucht weniger Coupons!" Überdies finden sich auch Tipps zur Eigenproduktion von Konfitüre, Erbsenmus und Quark-Käse-Mischung als günstigem Brotaufstrich.

Lebensmittelkarte (Familienbesitz)

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Orianne
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Selbst vor dem Bundeshaus in Bern wurden Felder angelegt, diese Massnahme wird heute wohl eher als psychologischer Akt angesehen, der die Moral heben sollte.

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Renegat
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Orianne hat geschrieben: Im Zweiten Weltkrieg wurde die Anbaufläche auf 352'000 Hektaren ausgeweitet, 80'000 mehr als heute. Zudem zählte die Schweiz damals nur 3,5 Millionen Einwohner, nun sind es 8. Dass der Selbstversorgungsgrad heute gleichwohl nur 10 Prozentpunkte tiefer als 1945 ist, verdankt sich dem Fortschritt: So ist der Ertrag pro Hektare stetig gewachsen, allein seit 2002 um fast 10Prozent.

Der Selbstversorgungsgrad der Schweiz (SVG) mit Lebensmittel war von 1940 bis 1945 von 52 % auf 70 % gestiegen. Die Brotgetreideproduktion verdoppelte sich, die Kartoffelernte wurde verdreifacht, und die Gemüseernte konnte vervierfacht werden. Der Selbstversorgungsgrad lässt sich nur schwierig abschätzen, da die ganze Agrarstruktur verändert worden war. Als Mittelwert aus verschiedener Literatur wird er für 1939 auf 52 Prozent, für 1943 bis 1945 auf 70 bis 75 oder 80 Prozent geschätzt.
Interessantes Thema, Orianne. Für mich vor allem wegen des aktuellen Bezugs. Bei vielen Bürgern wächst die Abneigung gegen die Fahr- und Fluglebensmittel.
Die obigen Prozentzahlen und Statistiken täuschen allerdings, denn sie beziehen sich auf landwirtschaftliche Grundprodukte iW Getreide, Kartoffeln, Eier. Milch + Butter, Fleisch. http://de.wikipedia.org/wiki/Selbstversorgungsgrad
Obst und Gemüse ist darin nicht enthalten, ebensowenig der Jahresverlauf und die vielen industriellen Weiterverarbeitungen.
Man kann also nicht so einfach sagen, der Grad der Selbstversorgung ist seit der Autarkiekampagne während des 2. WK nur um 10 % gesunken. Die Struktur der Nahrungsproduktion vom Bauern zum Endverbraucher hat sich in der Schweiz doch genauso geändert wie überall in Europa?
Der Plan Wahlen hat übrigens ein englisches Pendant, den victory garden, klingt genauso martialisch wie die Schweizer Anbauschlacht. http://en.wikipedia.org/wiki/Victory_garden
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Orianne
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Das stimmt Renegat, auch wäre die Versorgung in der Schweiz ca. August/September 1945 zusammengebrochen, man darf sich also, wie Du bemerkst, von den Zahlen nicht täuschen lassen. In Zürich herrschte während des Krieges in manchen Haushalten Mangel oder sogar Hunger, ich las einmal, dass der in Deutschland auch bekannte Schauspieler in Zürich sehr Hunger gelitten hatte, manchmal stellte ihm eine Frau eine Flasche Milch vor die Türe.

Der Einzug von Maschinen für die Landwirtschaft begann bei meinen Urgrosseltern erst um 1950 herum, da schlossen sich Bauern zusammen und kauften oder mieteten Maschinen.
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Triton
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Wie kam denn der Kakao noch in die Schweiz?
Die Schweiz hatte wohl noch wenig Grund zum Jammern, weil keine Soldaten in der Landwirtschaft fehlten. Im deutschen Reich herrschte der Mangel auch erst nach dem Krieg, als die Zwangsarbeiter und die Zwangsimporte wegfielen. In England herrschte bis 1943 (Wende im U-Boot-Krieg) sicher ein ganz anderer Grad an Mangel, von besetzten Ländern ganz zu schweigen.

Wenn ich die Einwohnerzahlen sehe, auch in Deutschland, und die vielen Beschäftigten in der Landwirtschaft, dann ist es für mich immer ein Wunder, wie damals Hunger herrschen konnte und heute Überfluss. Jetzt ist ja die Zeit der Apfel- und Birnenernte, am Wochenende war ich Radfahren, auf Nebenstraßen liegt überall das Obst verstreut herum. Selbst Verzehrbirnen (nicht Mostbirnen) verfaulen, obwohl sie ja reine Bio-Ware sind, die im Discounter richtig Geld kosten würde.
Und ich wohne in einer Gegend mit alter Obstbautradition, wie mag das erst in anderen Landstrichen sein?

Marek würde sagen, hier braucht es einen neuen thread, die Wertschätzung von Lebensmitteln in der modernen Industriegesellschaft. Ist aber nicht ergiebig, denke ich.

Ex-Papst Ratzinger hat einmal gesagt, der Glaube sei wahrscheinlich auch deshalb auf dem Rückzug, weil der Mensch heute Nahrung, Haus, Wärme etc. von anderen Menschen und nicht mehr aus der Hand Gottes erhält. Wirklich ein sehr kluger Mensch, der Herr Ratzinger.
"Tatsachen schafft man nicht dadurch aus der Welt, in dem man sie ignoriert." (Aldous Huxley)
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Orianne
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Triton hat geschrieben:Wie kam denn der Kakao noch in die Schweiz?
Die Schweiz hatte wohl noch wenig Grund zum Jammern, weil keine Soldaten in der Landwirtschaft fehlten. Im deutschen Reich herrschte der Mangel auch erst nach dem Krieg, als die Zwangsarbeiter und die Zwangsimporte wegfielen. In England herrschte bis 1943 (Wende im U-Boot-Krieg) sicher ein ganz anderer Grad an Mangel, von besetzten Ländern ganz zu schweigen.
Nur waren die Männer (Soldaten) 6 Jahre im Aktivdienst und nicht zu Hause, daheim wurde die Landwirtschaft von den Frauen und Kindern geführt, dazu waren Soldaten aus Polen, die sehr gut arbeiteten. Den Himmel auf Erden gab's auch in der Schweiz nicht, dafür aber Pflichtlager, die erst gegen Ende 2000 langsam aufgelöst wurden. Ich weiss, was in England vor sich ging, bis in die 60er Jahre gab es dort noch Rationierungen, z.B. wurde Aluminium erst ca. 1960 frei gegeben.
Die Bevölkerung war sehr unzufrienden, und fragte sich, wer den Krieg eigentlich gewonnen hatte. (Meine Grosstante lebte zu der Zeit in England).
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