Heinrich Rothmund - Chef der Schweizer Fremdenpolizei

Der zerstörerische Krieg von Hitler und seinen Schergen gegen Europa

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Orianne
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Heinrich Rothmund wurde am 6. Juli 1888 in Unter im Kanton Zürich geboren. Nach dem Besuch der Schulen und des Gymnasiums studierte er Jurisprudenz in Zürich, Bern und Leipzig. 1916 promovierte Rothmund an der Universität Zürich.
Im gleichen Jahr trat Rothmund in die Bundesverwaltung ein und arbeitete für die Kriegsmaterialverwaltung. 1919 wurde er Chef der Eidgenössischen Zentralstelle für Fremdenpolizei. Ab 1929 war er Chef der neuen Polizeiabteilung des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements (EJPD) wo er Chef der Fremdenpolizei bis 1954 blieb.
Rothmund war von 1929 bis 1931 massgebend an der Ausarbeitung des Gesetzes über Aufenthalt und Niederlassung (ANAG) beteiligt. An der vom 6. Juli bis 15. Juli 1938 stattfindenden Konferenz von Evian war er Vertreter der Schweiz

Nach dem Scheitern der Konferenz von Évian, wo sich die Schweiz als Transitland für Flüchtlinge anerboten hatte, aber kein europäisches Land bereit war, Flüchtlinge aufzunehmen, war für den Bundesrat klar, dass die Schweiz den Zustrom von Flüchtlingen kontrollieren musste.

Die erste Verschärfung der Flüchtlingspolitik erfolgte mit dem Bundesratsbeschluss (BRB) vom 17. Oktober 1939. Damit reagierte der Bundesrat auf die nach dem Anschluss Österreichs von den Nationalsozialisten ab Mai 1938 mit allen Mitteln begonnene Abschiebung von Juden in die Schweiz. Um die Zuwanderung besser steuern zu können und weil der Bundesrat die Grenzen nicht schliessen wollte und konnte, wurde mit dem BRB eine Unterscheidung zwischen anerkannten "politischen Flüchtlingen" und "Emigranten", die die Schweiz wieder verlassen mussten, gemacht, die im Ermessen der Fremdenpolizei lag. Ein Visum durfte nur noch ausgestellt werden, wenn Gewähr bestand, dass der Ausländer die Schweiz wieder verlassen würde. Nach der Generalmobilmachung im Mai 1940 mussten die Visa vorher von der Fremdenpolizei bewilligt werden. Diese Praxis wurde wegen politischer Proteste und mit Rücksicht auf den Fremdenverkehr wieder gelockert. Im März 1940 beschloss der Bundesrat, das Verbot der Erwerbstätigkeit für männliche Emigranten aufzuheben und für sie Arbeitslager unter der Leitung der Polizeiabteilung zu errichten. Man muss hier unterscheiden zwischen den Arbeitslagern von Militärangehörigen und Zivilisten.

Das Boot ist voll!

Die Deportationen aufgrund des Beschlusses der Wannseekonferenz im Januar 1942, die gesamte jüdischen Bevölkerung Europas der Vernichtung im Osten zuzuführen, führten im Sommer 1942 zu einem erneuten Anschwellen der jüdischen Flüchtlingsströme an der Schweizer Grenze. Nach Besuchen an der Schweizer Grenze im Jura erliess Rothmund am 13. August 1942 im Anschluss an den Bundesratsbericht vom 4. August (mit Bezug auf den BRB vom 17. Oktober 1939) eine Grenzsperre für nicht politische Flüchtlinge, die vom abwesenden Bundesrat Eduard von Steiger nachträglich gebilligt wurde. Rothmund befürchtete, dass die Schweiz als "Insel in Europa" nicht imstande wäre, hunderttausende auf der Flucht befindliche Juden in der Schweiz aufzunehmen, und war der Ansicht, dass man sich auf die Sicherheit der bereits aufgenommenen Flüchtlinge konzentrieren sollte. Er hatte noch die über 400.000 Spanienflüchtlinge vor Augen, deren Flucht 1939 das grosse Frankreich völlig überforderte und wo in den französischen Internierungslagern katastrophale Zustände herrschten.

Die massive Reaktion der öffentlichen Meinung auf die verschärfte Rückweisungspraxis veranlasste jedoch Bundesrat von Steiger, bereits am 23. August eine Lockerung der Zurückweisungen vorzunehmen.

Der Judenstempel (Stempel "J")

Die Erfindung des Judenstempels wurde jahrzehntelang fälschlicherweise Rothmund und der Schweiz aufgrund eines Artikels im Beobachter vom 31. März 1954 angelastet. Neuere Forschungen zeigen allerdings, dass der J-Stempel zwar aufgrund eines Abkommens zwischen der Schweiz und Deutschland eingeführt wurde, dass dieser aber auf einen Vorschlag der deutschen Behörden zurückgeht, welche damit die Einführung der Visumpflicht für sämtliche deutsche Staatsangehörige durch die Schweiz verhindern wollten. Entsprechend relativierte auch der Beobachter 1998 seinen Vorwurf an die Schweizer Behörden. Rothmund hatte sich 1938 gegen die Einführung des Judenstempels gestellt und setzte sich beim Bundesrat erfolglos für eine allgemeine Visumspflicht für Deutsche ein, wie sie für Österreicher bereits bestand.


Von 1945 bis 1947 wurde Rothmund vom Bundesrat als Schweizer Vertreter in das Zwischenstaatlichen Komitees für Flüchtlinge (IGCR) in Genf berufen. Er war zudem Delegierter ad interim in der vorbereitenden Kommission der International Refugee Organization (IRO). Rothmund wurde damals vom Bundesrat als Chef der Fremdenpolizei beurlaubt. Meiner Meinung nach wollte man ihn aus politischen Gründen loswerden.

Ausserdem befasste sich Rothmund später mit dem Zustrom von italienischen Gastarbeitern, die nach dem Krieg bei den Arbeitgebern als billige Arbeitskräfte willkommen waren.

Heinrich Rothmund starb am 8.4.1961 in Bern

Meine Quellen:

http://www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D31878.php

http://bazonline.ch/kultur/diverses/Die ... y/24923377

Eigene Aufzeichnungen aus dem Studium

Der sogenannte Ludwig Bericht vom Juristen Carl Ludwig verfasst 1957 im Auftrag des Bundesrates:

http://thata.net/ludwigberichtzuchfluec ... vollst.pdf

Georg Kreis - Die Rückkehr des J-Stempels, 2000

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Bild aus meiner Sammlung, koloriert von mir.
Grant stood by me when I was crazy, and I stood by him when he was drunk, and now we stand by each other.

General William Tecumseh Sherman
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