Der Mechanismus in der kommunistischen Philosophie

Lenin, Revolution, Zarenreich, Stalin

Moderator: Barbarossa

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segula2
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Marx und Engels begründeten die Logik und Zwangsläufigkeit der Richtigkeit ihrer Theorie aus der Übertragung und Anwendung des dialektischen Materialismus auf den historischen Materialismus.

Ein schwieriger Satz – ich weiß – aber was versteht man darunter ? :lol:

Ich will versuchen, es wie immer ganz einfach zu erklären. So, dass ich es selbst auch verstehe! Ich gehe nur kurz auf die Begriffe Materialismus und Idealismus ein. Ich setze sie als bekannt voraus- es ist die Frage, was eher war: Henne oder Ei! Der Idealismus setzt einen Geist (imaginäre Gedanken o. ä.) voraus, der die Materie schafft und verändert, z. B. die göttliche Erschaffung der Welt. Der Materialismus geht von einer materiellen Welt aus, die vorhanden war, und durch den Geist weiterentwickelt ( z. B. Erfindungen) worden ist. Manchmal könnte man meinen, dass beides Berechtigung hat - das ist aber nur eine persönliche Ansicht meinerseits.
Aus diesem Verständnis heraus entwickelten Philosophen den dialektischen Materialismus. Der besagt, dass sich die Entwicklung der Natur und der Materie durch die Lösung von einander gegenüberstehenden „Konflikten“ in der Struktur zur Aufhebung eines der beiden Kontrahenten und zum Umschlagen in eine neue Qualität führt.- Ach nun ist es doch wieder kompliziert geworden! Nehmen wir ein anschauliches Beispiel:
Man nehme Wasser und Gips. Beide sind gegensätzlich: Wasser ist nass und flüssig, Gips ist trocken und mehlig. Mischt man beides so entsteht nach einiger Zeit eine breiartige Masse, die dann hart wird - eine neue Qualität ist entstanden. (Verzeiht, vielleicht hat jemand ein anschaulicheres Beispiel)
Aus dem dialektischen Materialismus entwickelten vor allem Marx und Engels den historischen Materialismus, wobei die „Mechanik“ des dialektischen Materialismus sinngemäß auf die Gesellschaft übertragen wurde. Hierzu wurde die Gesellschaft zergliedert in Klassen, die sich gegenüberstehen wie Wasser und Gips, Wasser und Feuer usw. usf., in Ausbeuter und Ausgebeutete, Kapitalisten und Proletarier. Beide stehen im Gegensatz zueinander, wobei die ausbeutende Klasse zunächst als Förderer der Produktionsverhältnisse eine revolutionäre Position einnimmt, die aber immer mehr zu Lasten der ausgebeuteten Klasse ausartet und dadurch allmählich den gesellschaftlichen Fortschritt behindert. Die Widersprüche verschärfen sich, die beiden Klassen reiben, bekämpfen sich, bis durch eine Revolution eine neue Gesellschaft entstanden ist (z.B. der Kommunismus, oder der Gips ist hart, oder das Feuer ist aus ;-).
Als Geschichtstheorie ist der historische Materialismus eine durchaus brauchbare Methode für die Strategie von Berufsrevolutionären. Interessant wäre es natürlich, wie diese etwa 150 Jahre alte Theorie erfolgreich auf die Periode der Globalisierung anwendbar ist. Wichtig scheint mir auch eine Strategie, wie es nach einer revolutionären Umgestaltung wirtschaftlich erfolgreich weitergeht, aber das sprengt schon den Rahmen.
MfG Heiner!
An irgendeiner anderen Stelle dieses Forums habe ich den "klammheimlichen Wunsch" geäußert, die Merkel möge genauso einen blamablen Abgang haben, wie seinerzeit das Politbüro der SED.
Sie ist auf dem besten Wege dahin! :mrgreen:
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Barbarossa
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Ok, danke @segula2 für die anschauliche Darstellung, auch wenn ich diese Thesen nicht wirklich teile. Was mich vor allem daran stört, ist die Vorstellung, die Geschichte wäre eine Geschichte von "Klassenkämpfen" und am Ende dieser Entwicklung stünde "gesetzmäßig" der Kommunismus (an den ich auch nicht glaube). :wink:

Aber gut:
Du scheinst dich ja einigermaßen mit dem Thema auszukennen. Ich hatte zum Thema Marxismus-Leninismus <--> Marxismus eine Frage gestellt. Vielleicht könntest du sie einmal beantworten? Schau dazu hier: http://geschichte-wissen.de/forum/viewt ... ?f=27&t=98
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Peppone
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segula2 hat geschrieben:Interessant wäre es natürlich, wie diese etwa 150 Jahre alte Theorie erfolgreich auf die Periode der Globalisierung anwendbar ist. Wichtig scheint mir auch eine Strategie, wie es nach einer revolutionären Umgestaltung wirtschaftlich erfolgreich weitergeht, aber das sprengt schon den Rahmen.
Der Materialismus ist nicht umsonst überholt.
Aber gut, machen wir ein Gedankenspiel:
In der globalisierten Welt kämpfen Wirtschaftsmächte darum, Absatzmärkte und Rohstoffquellen zu erschließen. Durchaus auch mal mit militärischen Mitteln, mit Zöllen, Importsperren, Joint-Venutre-Zwang usw.

Zeigt eine Wirtschaftsmacht Schwächen, springt die nächste in die Bresche und wird dadurch stärker.
So gesehen könnte man das Ganze wirklich als quasi dialektischen Kampf sehen, vor allem, wenn man den Kapitalismus amerikanischer Prägung, den europäischer Prägung und den chinesischer Prägung gegeneinander antreten lässt (ergänzt vielleicht noch um den japanisch-koreanischen Kapitalismus).

Nun ist es aber so - und da zieht der Materialismus nicht mehr - dass zwei oder drei diese Mächte auch ganz gern mal zusammenarbeiten, um einen weiteren Konkurrenten aus dem Feld zu werfen. Gut, ein weiteres Kampfmittel, denn anschließend kämpfen die Übriggebliebenen lustig weiter miteinander.
Aber keine Macht kann mittlerweile ohne die andere existieren. Treibt sie´s zu weit mit dem Konkurrenzkampf, brechen ihr mehr Ressourcen und Märkte weg, als sie gewinnen kann. Also MÜSSEN die Konkurrenten auch zusammenarbeiten, um existieren zu können. Ein "Endsieg" nur einer Wirtschaftsmacht kann nie passieren - es sei denn, die Welt und das globalisierte Wirtschaftssystem durchlaufen einen grundlegenden Wandel, eine Revolution sozusagen.

Beppe
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dieter
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Ihr Lieben,
es muß im Endeffekt dazu führen, dass alle Menschen auf der Welt zusammenarbeiten müssen, da sonst unser Blauer Planet vor die Hunde geht. :roll:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
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Peppone
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dieter hat geschrieben:Ihr Lieben,
es muß im Endeffekt dazu führen, dass alle Menschen auf der Welt zusammenarbeiten müssen, da sonst unser Blauer Planet vor die Hunde geht. :roll:
Die Frage ist nur, ob die Menschen das VOR dem -vor-die-Hunde-gehen schaffen oder erst DANACH...

Beppe
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Barbarossa
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Peppone hat geschrieben:Die Frage ist nur, ob die Menschen das VOR dem -vor-die-Hunde-gehen schaffen oder erst DANACH...

Beppe
Das erinnert mich an so Art Werbespots, die vor über 20 Jahren im Fernsehen liefen, wo es dann hieß:

"Die Natur braucht den Menschen nicht, aber der Mensch braucht die Natur."

Kann man nur beipflichten.
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Guest

Peppone hat geschrieben:
segula2 hat geschrieben:Interessant wäre es natürlich, wie diese etwa 150 Jahre alte Theorie erfolgreich auf die Periode der Globalisierung anwendbar ist. Wichtig scheint mir auch eine Strategie, wie es nach einer revolutionären Umgestaltung wirtschaftlich erfolgreich weitergeht, aber das sprengt schon den Rahmen.
Der Materialismus ist nicht umsonst überholt.
Aber gut, machen wir ein Gedankenspiel:
....
Beppe
Es erübrigt sich jedes weitere Wort.
Die Aussage: "Der Materialismus ist nicht umsonst überholt" zeugt von soviel Inkompetenz und Ignoranz, dass sie kaum noch überboten werden kann, wenn darauf fußend irgendwelche Gedankenspiele folgen.
Der Materialismus ist die eine Stütze der Weltanschauung, die andere ist der Idealismus. Beide befassen sich damit, was eher da war: der Geist oder die Materie.
Der Materialismus geht davon aus, dass sich erst aus dem Vorhandensein von Materie "Geist" entwickelte, der die Materie verändern kann.
Der Idealismus geht vom Geist aus, der die Welt schuf (göttliche Erschaffung der Welt). Und selbst Gott brauchte ein Stück Materie, um Adam zu schaffen, ein Stück Lehm.
Soviel zum Materialismus.
Was Beppe aber meint, dass es überholt sei, ist der historische Materialismus, den Marx und Engels aus der Dialektik entwickelten. Das ist aber eine ganz andere Geschichte. Und ob der Historische Materialismus überholt ist, oder nur nicht richtig angewandt wurde darüber kann man streiten.
Aber nicht, wenn man schon bei den Grundbegriffen Schwierigkeiten hat, sie zu erörtern.
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Peppone
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[quote="segula]Es erübrigt sich jedes weitere Wort.
Die Aussage: "Der Materialismus ist nicht umsonst überholt" zeugt von soviel Inkompetenz und Ignoranz, dass sie kaum noch überboten werden kann, wenn darauf fußend irgendwelche Gedankenspiele folgen. (...)Was Beppe aber meint, dass es überholt sei, ist der historische Materialismus, den Marx und Engels aus der Dialektik entwickelten. Das ist aber eine ganz andere Geschichte. Und ob der Historische Materialismus überholt ist, oder nur nicht richtig angewandt wurde darüber kann man streiten.
Aber nicht, wenn man schon bei den Grundbegriffen Schwierigkeiten hat, sie zu erörtern.[/quote]
Wieso? Hast du doch ganz gut gemacht.

Ich entschuldige mich natürlich für die verkürzte Formulierung und bedanke mich bei Segula für dei Richtigstellung.

Beppe
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Ist okay, Beppe!
Manchmal knallts bei mir auch mal schnell ein Ventil naus. :wave:
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dieter
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Peppone hat geschrieben:
dieter hat geschrieben:Ihr Lieben,
es muß im Endeffekt dazu führen, dass alle Menschen auf der Welt zusammenarbeiten müssen, da sonst unser Blauer Planet vor die Hunde geht. :roll:
Die Frage ist nur, ob die Menschen das VOR dem -vor-die-Hunde-gehen schaffen oder erst DANACH...

Beppe
Lieber Beppe,
danach schaffen sie überhaupt nichts mehr, dann sind sie tot. :evil:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
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In allen sozialistischen und kommunistischen Systemen bedarf es einer Überwachung der Menschen, damit diese sich an die "Spielregeln" halten und nicht auf ihr einzelnes Interesse fixiert sind. Und das führt automatisch zu einem Überwachungsstaat, der die Menschen mit Gesetzen und Verordnungen einschränken muß. Und sowas kann niemals das Ziel der Menschheit sein.
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segula2 hat geschrieben:
Was Beppe aber meint, dass es überholt sei, ist der historische Materialismus, den Marx und Engels aus der Dialektik entwickelten. Das ist aber eine ganz andere Geschichte. Und ob der Historische Materialismus überholt ist, oder nur nicht richtig angewandt wurde darüber kann man streiten.
Aber nicht, wenn man schon bei den Grundbegriffen Schwierigkeiten hat, sie zu erörtern.
Ich denke dann muss die Überschrift auch anders lauten. Materialismus hat bereits schon Newton mit seinen Gesetzen beschrieben.
Spartaner
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Man kann den dialektischen Materialismus auch nicht mit dem historischen Materialismus in Einklang bringen, dass ist ungefähr so als würde man Äpfel mit Birnen vergleichen. Hier lag der erste Irrtum von Marx .
Spartaner
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Ich wollte damit sagen, dass der historische Materialismus im Grunde heut zu Tage nicht mehr zutrifft. Marx hatte vieles auch aus der Sicht einer Zeit aufgeschrieben, in der es noch den klassischen englischen Fabrikarbeiter gab, der tatsächlich ausgebeutet wurde, auch Kinder die in Fabriken schuften mussten für Hungerlöhne. Heutzutage gibt es keine Arbeiterklasse, oder Klasse der Bauern, weil viele Arbeitsprozesse automatisiert sind und auch bedingt durch die Informatik. Die Klassenunterschiede von damals gibt es heutzutage nicht mehr bzw. sind nicht mehr vorhanden. Man definiert deshalb die heutige Zeit, als Zeit der sozialen Marktwirtschaft. Zwar gibt es ohne Frage viel Ungerechtigkeit, Vermögensunterschiede, Bildungsunterschiede, zuweilen auch feudale Strukturen, denen man mit Reformen und Kampf um »Chancengleichheit« zu Leibe rücken muss. Aber mit Klassengesellschaft, mit Ausbeutung hat das nichts zu tun. Gewiss wäre es falsch, die vorhandenen Interessengegensätze zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern in der jetzigen Zeit zu leugnen. Aber nicht minder falsch wäre es, sie zu verabsolutieren, wie die Marxisten es tun.
Zuletzt geändert von Spartaner am 03.04.2014, 20:32, insgesamt 1-mal geändert.
Spartaner
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Ob man die Hartz IV. Empfänger in eine Klasse zu ordnen kann, im Sinne des historischen Materialismus, den Einige auch noch heut zu Tage für existent halten, das entzieht sich meiner Kenntnis. Auf alle Fälle gehören diese nicht zur Arbeiterklasse, dann höchstens zu einer Klasse "der Ausgestoßenen". Eine Schwäche der sozialen Marktwirtschaft ist, dass es kein Recht auf Arbeit gibt, so wie es in sozialistischen Gesellschaftsordnungen der Fall war.
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