Rolle und Macht von Kaiser und Adel im ersten Weltkrieg

Die Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts

Moderator: Barbarossa

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Marek1964
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Ein Thema, das mich interessiert, das wir hier

http://geschichte-wissen.de/forum/viewt ... 407#p37380

angeschnitten haben: wieviel Macht hatten vor allem die drei Kaiser von Deutschland, Österreich-Ungarn und Russland: es wird ja oft gemeint, dass sie nicht mehr so viel Macht hatten, so wollte ja Kaiser Wilhlem nach der weitgehenden Annahme der Serben des Wiener Ultimatums den Krieg stoppen.

Auch dem russischen Zaren wird gebilligt, dass er keinen Einfluss auf die Militärs mehr hatte, ähnlich auch Kaiser Franz-Joseph.

Seid ihr auch dieser Meinung? Wie ist die Verantwortung der Adligen zu sehen? Welche reale Macht hatten die Kaiser? Oder konnten sie diese einfach nicht ausüben? Hatte nicht gerade Willhelm ein "persönliches Regiment" angestrebt und deshalb Bismarck entlassen? Warum wäre er 1914 dann nicht in der Position gewesen, den Krieg zu stoppen?
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Titus Feuerfuchs
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Marek1964 hat geschrieben:Ein Thema, das mich interessiert, das wir hier

http://geschichte-wissen.de/forum/viewt ... 407#p37380

angeschnitten haben: wieviel Macht hatten vor allem die drei Kaiser von Deutschland, Österreich-Ungarn und Russland: es wird ja oft gemeint, dass sie nicht mehr so viel Macht hatten, so wollte ja Kaiser Wilhlem nach der weitgehenden Annahme der Serben des Wiener Ultimatums den Krieg stoppen.

Auch dem russischen Zaren wird gebilligt, dass er keinen Einfluss auf die Militärs mehr hatte, ähnlich auch Kaiser Franz-Joseph.

Seid ihr auch dieser Meinung? [...]

Grundsätzlich ja, alle drei Monarchen waren schwach und von kriegslüsternen, machtgeilen Beratern und Militärs umgeben.

Nikolaus II. und Wilhelm II. waren noch dazu schwache Persönlichkeiten; Franz Joseph war steinalt, reaktionär und wurde mit Desinformation gefüttert.

Wilhelm II. liebte martialische Auftritte und aggressive Reden, um damit andere Definzite zu kompensieren, war aber wenn's um reale politische Inhalte ging, schwach, also quasi das Gegenteil von Bismarck.
MfG,
Titus Feuerfuchs
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Marek1964
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Hier die Weiterführung von der Diskussion von "Artikel und Literaturübersicht zum Ersten Weltkrieg" http://geschichte-wissen.de/forum/viewt ... 451#p37451
Titus Feuerfuchs hat geschrieben:
Marek1964 hat geschrieben: Dem ist wohl zuzustimmen, aber warum haben die Habsburger auch da nicht mehr Gegensteuer gegeben?[...]
Was genau meinst du mit "Gegensteuer"?
Karl von Habsburg hat ja dem Nationalismus das Verschulden für den ersten Weltkrieg gegeben. Doch die Habsburger waren das Herrschergeschlecht. Ich stelle mir eben vor, und das haben wir ja auch schon einige Male diskutiert, mehr daraum hätten bemüht sein müssen, den Nationalismus zu dämpfen, wie auch immer, mit Reden, Artikel, Gesetzen, Förderungsmassnahmen zum Ausgleich zwischen den Völkern etc.
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dieter
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Lieber Marek,
das ist leider leicht geschrieben und schwer zu machen. Mit der Franz. Revolution und spätestens 1848 kam der Nationalismus bei allen Völkern. Heute noch in Ex-Jugoslawien zu besichtigen. Um eine Abwicklung ohne Krieg zu erreichen, hätte Ö-U auf Bosnien-Herzegowina verzichten müssen und alle Staaten freigeben und die restlichen deutschsprachigen Gebiete an Deutschland anschließen. Es hätte viele slawische Staaten gegeben, die für sich alleine stehen müssen, wie heute auch. Man hätte nur 100 Jahre gespart. Wenn die Völker in Bosnien sich nicht hätten einigen können, dann wäre das Gebiet wieder an die Türken gegangen. Sollen die sich doch mit ihnen rumärgern. :wink: :mrgreen:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
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Titus Feuerfuchs
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dieter hat geschrieben:Lieber Marek,
das ist leider leicht geschrieben und schwer zu machen. Mit der Franz. Revolution und spätestens 1848 kam der Nationalismus bei allen Völkern. Heute noch in Ex-Jugoslawien zu besichtigen. Um eine Abwicklung ohne Krieg zu erreichen, hätte Ö-U auf Bosnien-Herzegowina verzichten müssen und alle Staaten freigeben [...]
So ist es, genau diesen Verzicht wollte Karl I. nicht leisten, weshalb 1917 auch sein Friedensangebot scheiterte.
MfG,
Titus Feuerfuchs
RedScorpion

Ihr habt manchmal seltsame Ideen, das kann man nicht anders sagen.
Ich denke, man geht da ggf. immer noch den Nazis und ihrer Blut- und Bodendenke derbe auf den Leim.

1917 hätt's auch nicht mehr gereicht, auf Bosnien zu verzichten. :crazy:

Und auch, wenn alle Reichsteile bzw. Königreiche und Kronländer in die "Unabhängigkeit entlassen" worden wären, hätte A-H den Krieg trotzdem verloren,

denn das war das Problem, nicht etwa der Nationalismus der Untertanen, mit dem man ja nicht erst seit gestern rechnen musste, und den A-H mehrere Jahrzehnte lang er- bzw. überlebte.


P.S. Ein Oesterreich, welches alle seine nichtdeutsch besiedelten Reichsteile anderen preisgeben sollte,
das stand nicht viel besser da als das reale Deutschösterreich 1919, wohlgemerkt nach der Niederlage.
Von daher auch ziemlich plemplem als Vorschlag, den Staat zu retten, mit oder ohne Krieg.

Oder gar den Anschluss ans DR zu fordern, was dann die entgültige Aufgabe eines Rests an Selbständigkeit bedeutete.
Das wäre dann ja noch schlimmer gewesen als das reale 1919, nämlich gleich 1938.

Vorstellungen ham hier manche, das gibt's gar nicht.

:wtf:




LG
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Marek1964
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dieter hat geschrieben:Lieber Marek,
das ist leider leicht geschrieben und schwer zu machen. Mit der Franz. Revolution und spätestens 1848 kam der Nationalismus bei allen Völkern. Heute noch in Ex-Jugoslawien zu besichtigen. Um eine Abwicklung ohne Krieg zu erreichen, hätte Ö-U auf Bosnien-Herzegowina verzichten müssen und alle Staaten freigeben und die restlichen deutschsprachigen Gebiete an Deutschland anschließen. Es hätte viele slawische Staaten gegeben, die für sich alleine stehen müssen, wie heute auch. Man hätte nur 100 Jahre gespart. Wenn die Völker in Bosnien sich nicht hätten einigen können, dann wäre das Gebiet wieder an die Türken gegangen. Sollen die sich doch mit ihnen rumärgern. :wink: :mrgreen:
Man hätte halt die Vereinigten Staaten von Gross-Österreich schaffen sollen - eine Art Vorgänger der EU oder Austrian Commonwealth. Oder wenn Du so willst, eine grosse Schweiz. Natürlich wäre das nicht einfach gewesen. Aber der Adel hätte sich als Vorreiter in dieser Rolle sehen müssen, natürlich allen voran die Habsburger. Ausgleich der Nationen statt Dualistischer Nationalismus. Stattdessen aber sorgte man sich darum, dass Silvia Chotek nicht von Herrschergeschlecht war... tja, da war man halt einiger Massen hinter dem Mond. Aber die Falken im Generalstab gewannen die Oberhand.

Der Adel hat versagt und verschwand deshalb zu Recht in Deutschland, Russland und Österreich-Ungarn von der Bildfläche. Leider hat er aber dabei dem Faschichsmus und Kommunismus in einer zynischen Symbiose (1917, 1939) zum Durchbruch verholfen und damit die Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts bereitet.
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dieter
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Lieber Marek,
das ist leider wahr. Uralter Adel, seit Jahrhunderten geschlechtskrank. :wink: :mrgreen: (Vorsicht, Ironie)
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
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