Bedingungsloses Grundeinkommen für alle?

Arbeits und Lehrstellenmarkt, Arbeits- und Sozialrecht, Rente

Moderator: Barbarossa

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Barbarossa
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Bedingungsloses Grundeinkommen für alle?

Dies ist einer der Punkte, die in der Piratenpartei diskutiert werden. Dieses Thema scheint aufgegriffen worden zu sein, weil die Partei mit der Abschaffung bzw. Einschränkung des geistigen Eigentums und des Urheberrechts vielen Menschen das Einkommen nehmen würde.

Aber was würde ein bedingungsloses Grundeinkommen für eine Auswirkung auf die Gesellschaft haben?
In einer Fernsehdoku wurde das Thema auch bereits behandelt, wobei Experten zu dem Schluss kamen, dass dieses Grundeinkommen grundsätzlich bezahlbar wäre und es mit geschätzten 10 % der Bürger, die dann nicht mehr arbeiten würden, nicht zu einem wesentlichen Anstieg der Arbeitslosigkeit kommen würde.
Ich möchte diese Expertenmeinung nicht grundsätzlich anzweifeln, dennoch bin ich der Meinung, dass nach einer mehrjährigen Übergangszeit allmählich immer mehr Bürger aufhören würden, zu arbeiten. Der Grund dafür liegt auf der Hand: Wenn es nicht mehr notwendig ist, für seinen Lebensunterhalt zu arbeiten, man aber dennoch ein existenzsicherndes Einkommen hat,  welches zudem eine gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht, wird bei immer mehr Menschen ein Umdenkprozess stattfinden. Die Ambitionen, einer eher unbeliebten Arbeit nachzugehen, werden abnehmen. Anders wäre es lediglich bei Menschen, die ihr Hobby zum Beruf gemacht haben. Deshalb gehe ich davon aus, dass die Einführung des bedingungslosen Einkommens für alle Bürger der Starschuss zur Freizeitgesellschaft wäre. Dies wäre jedoch in unserer heutigen Wirtschaft problematisch, in der die menschliche Arbeitskraft (noch) benötigt wird.

Ausblick in die Zukunft:

Die Menschheit wird sich entscheiden müssen, wie sie in Zukunft leben möchte.
Bereits in den ´90er Jahren habe ich in der FDP-Ortsgruppe Hennigsdorf eine Denkschrift veröffentlicht, in der ich bereits auf ein Problem hingewiesen habe, welches durch den sich schnell entwickelnden technischen Forschritt entstehen könnte. Darin habe ich darauf aufmerksam gemacht, dass bereits heute an intelligenten Computern/Maschinen geforscht wird, die in der Zukunft nach meiner Meinung in der Lage sein werden, die menschliche Arbeitskraft vollständig zu ersetzen. Sind solche künstlichen Intelligenzen erst einmal ausgereift, wird der Einsatz in der Wirtschaft schnell umgesetzt werden.
Denn die Vorteile solcher Maschinen/Roboter liegen auf der Hand: Da sie keinen Lohn erhalten müssen, keine Sozialversicherungen benötigen und bei einem Defekt schneller repariert werden können, als ein Mensch bei einer Krankheit gesund wird, können durch ihren Einsatz die Kosten in allen Wirtschaftsbereichen stark gesenkt werden. Dies wird letztlich zu einem verstärkten Einsatz solcher Maschinen führen, wenn sie einmal ausgereift sind. Sollten sich die Bürger für diesen Weg entscheiden, wird ein bedingungsloses Einkommen ohne Erwerbsarbeitsstelle notwendig.
Bei einer Entscheidung für eine Freizeitgesellschaft rege ich eine nach Berufen gestaffelte bzw. getrennte Einführung des bedingungslosen Einkommens an - also nicht sofort für alle, sondern nach Bedarf und zwar bei Wegfall der Einkommensmöglichkeit im jeweiligen Beruf. Arbeiter bzw. Angestellte solcher Berufe könnten dann entweder die Möglichkeit einer Umschulung in einen anderen Beruf erhalten oder aus dem Berufsleben auszusteigen und statt dessen das bedingungslose Grundeinkommen zu erhalten.

Sollte sich die Gesellschaft jedoch gegen den Einsatz solcher Maschinen entscheiden, müsste deren wirtschaftlicher Einsatz weltweit verboten werden. Um hier eine Entscheidung herbeizuführen, müsste eine gesamtgesellschaftliche Diskussion stattfinden.
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Balduin
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Puh - bedingungsloses Grundeinkommen...
Hast du ein paar harte Zahlen. Welche "Summe" ist bei diesem bGe zu erwarten? Dieses Grundeinkommen wird unabhängig von Vermögen und Co. ausbezahlt? Sprich mehr Geld als bei Hartz IV bei weniger Verpflichtungen?

Das ist Schwachsinn. Wie erklärt man es denn das einem arbeitenden Menschen, der sich morgens um halb 6 aus dem Bett quält und um 17.00 Uhr nach Hause kommt. Warum sollte man Menschen, die nicht arbeiten wollen, mitfinanzieren?
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Barbarossa
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Deine Bedenken bezüglich des "bedingungslosen Grundeinkommens" teile ich. In der Doku, die ich gesehen habe, wurde das einmal auf Bezahlbarkeit untersucht und dort ist man zu dem Schluß gekommen, daß das nicht teurer werden würde, als das derzeitige Hartz IV. Man ist dabei davon ausgegangen, daß etwa 10 % der Bevölkerung dann nicht mehr arbeiten gehen würden. Eben das bezweifle ich aber und denke, daß nach einer gewissen Übergangszeit der Anteil der Nichterwerbstätigen steigen würde. In meinen Augen ist das der Startschuß zur Freizeitgesellschaft. Darin liegt meines Erachtens eben der Knackpunkt.
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Triton
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Finnland macht einen ersten Schritt:
http://www.zeit.de/wirtschaft/2016-09/g ... ntelligenz 
 
"Tatsachen schafft man nicht dadurch aus der Welt, in dem man sie ignoriert." (Aldous Huxley)
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Wie will man eigentlich in Zukunft die ganzen Menschen noch in Lohn und Brot bringen ? Die Digitalisierung und Automatisierung der Arbeitswelt schreitet schnell voran. Einige Wissenschaftler gehen davon aus, daß in ca. 50 Jahren Roboter etliche Tätigkeiten übernehmen werden und billige Arbeitskräfte dann sowieso nicht mehr gefragt sind.
Heutzutage wird schon an dem alleinfahrenden Auto geforscht und einige Systeme haben schon große Fortschritte gemacht. Spätestens in 15 Jahren werden Taxis, LKWs und Busse ohne menschlichen Fahrer auskommen. Somit fallen dort schon einmal etliche Jobs weg. Ferner werden die Produktionsstätten weiterhin automatisiert, sodaß sie rund um die Uhr produzieren können.
Das wird nicht im Jahre 2525 sein, sondern noch in diesem Jahrhundert. Was macht man also mit den vielen menschlichen Arbeitskräften ? Ein bedingungsloses Grundeinkommen ist dann wohl eine Lösung.
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Barbarossa
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Über das Thema habe ich mir hier bereits ausführlich Gedanken gemacht: http://geschichte-wissen.de/foren/viewt ... 527#p46527
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Paul
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Wir sind sicherlich auf dem Weg in die Freizeitgesellschaft. Vor 150 Jahren hatten viele Leute noch eine Arbeitswoche von über 60 Stunden. Jetzt sind viele bei 35 Stunden o. arbeiten nur Teilzeit. Diese Entwicklung wird noch weiter gehen, es wird aber niemand freiwillig für andere arbeitsfähige arbeiten, die nicht arbeiten wollen. Da dies auch heute schon teilweise der Fall ist, gibt es viel Mißmut.
Man wird sicherlich jetzt vermehrt eine Doppelstrategie anwenden. Einerseits wird die Besteuerung für Niedrigverdiener veringert werden, um die Motivation zu arbeiten zu verstärken, andererseits wird die Zumutbarkeit angezogen.
viele Grüße

Paul

aus dem mittelhessischen Tal der Loganaha
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Barbarossa
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Vom Projekt ,,Mein Grundeinkommen'' gibt es Neuigkeiten. Es wurden jetzt verschiedene Modelle zur Finanzierung und zur Auszahlung duchgerechnet. siehe:
https://www.mein-grundeinkommen.de/maga ... ction=text

Ich selbst würde dabei das 3. Modell bevorzugen.

Fazit: Ist ist offenbar finanzierbar und es ermöglicht die Ersetzung fast aller (mit unter sehr umständlich zu beantragenden) Sozialleistungen durch dieses bedingungslose Grundeinkommen.
https://www.mein-grundeinkommen.de/maga ... auswirkung

Interessant: Selbst Berufstätige in Vollzeit profitieren noch davon. Erst bei einem Nettoeinkommen von 3.350 € halten sich die Abzüge mit dem Grundeinkommen von 1.200 € die Waage. Erst darüber verringern sich die Einkünfte in der Summe.
Aber: Man kann nie unter 1.200 € fallen, selbst wenn man sonst gar kein Einkommen hat. Verdient man aber geringfügig dazu, wird für dieses Extraeinkommen bereits ein Steuerabzug fällig.
siehe:
https://www.mein-grundeinkommen.de/ist- ... ar#rechner
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