17. 7. 2008: Bundesregierung beschließt erstmals Mindestlohn

Arbeits und Lehrstellenmarkt, Arbeits- und Sozialrecht, Rente

Moderator: Barbarossa

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Barbarossa
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Eines der am heftigsten diskutierten Gesetzesvorhaben der Bundesregierung ist nun offenbar beschlossene Sache. Einige Stimmen dazu:
Das zähe Ringen um die Mindestlöhne hat ein Ende. Die Bundesregierung hat sich auf gesetzliche Vorschriften geeinigt. Arbeitsminister Olaf Scholz feierte den Kompromiss als "guten Tag" für Arbeitnehmer.
weiterlesen: http://www.tagesspiegel.de/politik/deut ... 22,2573162
Dass SPD-Fraktionschef Peter Struck einmal zu seinen Schutzheiligen zählen würde, hätte sich Michael Fuchs kaum je träumen lassen. Aber das „Gesetz“, das Struck einst im Scherz aufgestellt hat, ist für den Chefmittelständler der Union jetzt im Ernst die letzte Hoffnung. „Kein Gesetz verlässt den Bundestag so, wie es hineingegangen ist“, hat Struck konstatiert. Fuchs’ Kommentar zur Einigung beim Mindestlohn liest sich wie die Beschwörung von Strucks Gesetz: In den Entwurf müssten „weitere Sicherungen für den Mittelstand und kleine Gewerkschaften“ eingebaut werden.
weiterlesen: http://www.tagesspiegel.de/zeitung/Frag ... 93,2573752
Berlin - Der Mindestlohn für die Postbranche hat in den vergangenen Monaten zum Abbau von 6000 Stellen geführt. Die Lohnuntergrenze von 8,00 bis 9,80 Euro sei „pures Gift für die Beschäftigten“, sagte Florian Gerster, Präsident des Arbeitgeberverbandes Neue Brief- und Zustelldienste (AGV NBZ), am Dienstag in Berlin. Darin sind die privaten Konkurrenten der Deutschen Post vertreten, etwa TNT, Citipost oder PIN, an der auch die Holtzbrinck-Gruppe beteiligt ist, in der der Tagesspiegel erscheint. Es würden noch mehr Arbeitsplätze wegfallen, warnte Gerster. „Viele Unternehmen bewegen sich zwischen Baum und Borke und versuchen, zu überleben.“ Statt des noch 2007 erhofften Anstiegs auf 60 000 Beschäftigte befürchte die Branche, „dass wir auf die Marke von 40 000 zugehen.“ Dieser Trend ließe sich aber ändern, sobald der Post-Mindestlohn aufgehoben sei, sagte Gerster.
weiterlesen: http://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/;art271,2568236
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Balduin
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Der Mindestlohn ist toll für die Arbeitnehmer, für die Arbeitgeber ein Risiko.
Wie sollen sich kleinere Betriebe im knallharten Wettbewerb durchsetzen, wenn sie einen Mindestlohn zahlen müssen ? Das kann für viele Betriebe der Anfang vom Ende sein.
Natürlich ist es für Mitarbeiter nur gerecht, dass sie einen Lohn erhalten, der "fair" ist - von Arbeit sollte man leben können...
Ich bin gespannt wie es sich entwickelt, aber Gefahren sehe ich durchaus.
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Barbarossa
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Balduin hat geschrieben:Der Mindestlohn ist toll für die Arbeitnehmer, für die Arbeitgeber ein Risiko.
Wie sollen sich kleinere Betriebe im knallharten Wettbewerb durchsetzen, wenn sie einen Mindestlohn zahlen müssen ? Das kann für viele Betriebe der Anfang vom Ende sein...
Nun ja, ich sehe den Mindestlohn trotzdem eher von der positiven Seite.
Es ist ja auch so, daß nur für bestimmte Branchen ein bestimmter Mindestlohn eingeführt wird. Wenn man z. B. die Friseure nimmt, denen bekanntlich sehr niedrige Löhne gezahlt werden - meist so um die 5,- € Brutto pro Stunde, wenn die nun einen Mindestlohn von z. B. 7,50 € erhalten sollen, dann müssen ihn alle Friseursalons ihren Mitarbeitern zahlen. Es müssen dann lediglich alle gleichzeitig die Preise erhöhen. Der Wettbewerb wird dadurch jedenfalls nicht verzerrt.
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Balduin
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Barbarossa hat geschrieben:
Balduin hat geschrieben:Der Mindestlohn ist toll für die Arbeitnehmer, für die Arbeitgeber ein Risiko.
Wie sollen sich kleinere Betriebe im knallharten Wettbewerb durchsetzen, wenn sie einen Mindestlohn zahlen müssen ? Das kann für viele Betriebe der Anfang vom Ende sein...
Nun ja, ich sehe den Mindestlohn trotzdem eher von der positiven Seite.
Es ist ja auch so, daß nur für bestimmte Branchen ein bestimmter Mindestlohn eingeführt wird. Wenn man z. B. die Friseure nimmt, denen bekanntlich sehr niedrige Löhne gezahlt werden - meist so um die 5,- € Brutto pro Stunde, wenn die nun einen Mindestlohn von z. B. 7,50 € erhalten sollen, dann müssen ihn alle Friseursalons ihren Mitarbeitern zahlen. Es müssen dann lediglich alle gleichzeitig die Preise erhöhen. Der Wettbewerb wird dadurch jedenfalls nicht verzerrt.
Bei deinem Beispiel gerade nicht, aber Pin/Post hat doch gezeigt, wie es kleineren Unternehmen/Betrieben gehen kann, wird ein Mindestlohn eingeführt. Ich möchte mich keinesfalls zum Patron gegen Mindestlohn aufspielen, ich bin grundsätzlich dafür, sehe aber Gefahren.
elysian
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Der Wettbewerb wird dadurch jedenfalls nicht verzerrt.
Das ist so nicht richtig. Wettbewerb besteht ja nicht nur zwischen etablierten Teilnehmern. Auch den Marktzugang erschwerende Maßnahmen können wettbewerbsverzerrend wirken.
Auf den Postsektor gemünzt sieht das ja wie folgt aus:
den "hohen" Mindestlohn hat u.a. die Post forciert, die gegenüber ihren nichtflächendeckend anbietenden Konkurrenten bereits bevorteilt ist, indem sie, wenn ich nicht irre, von der Umsatzsteuer befreit ist.
Sie kann also leichter Preise anbieten, mit denen sie die Konkurrenz unterbietet. Ein "hoher" Mindestlohn beschränkt die Konkurrenz nun zusätzlich in dem Bemühen, Kunden durch attraktive Preise von der Post anzuwerben.
Ein Unternehmen, das nun auf diesen Markt drängen will, sieht sich demnach in einer äußerst schwierigen Lage. Es dürfte große Schwierigkeiten haben, hinreichend Kundenpotential zu generieren, um sich etablieren zu können. Ernsthafte Konkurrenz zur Post werden diese Unternehmen selbst im Erfolgsfall, wenn überhaupt, erst viele Jahre später.
Das führt zu einer "kalten" Fortschreibung des auslaufenden Monopols der Post.
Der Grundgedanke läßt sich jedoch auf jede andere Wirtschaftssparte übertragen. Es ist darum nicht verwunderlich, warum nicht wenige Unternehmer für den Mindestlohn sind: er stabilisiert ihre Position am Markt, indem der Marktzugang für Konkurrenten erschwert wird.
Zuletzt geändert von elysian am 19.07.2008, 00:21, insgesamt 1-mal geändert.
sic transit gloria mundi
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Barbarossa
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Balduin hat geschrieben:Bei deinem Beispiel gerade nicht, aber Pin/Post hat doch gezeigt, wie es kleineren Unternehmen/Betrieben gehen kann, wird ein Mindestlohn eingeführt. Ich möchte mich keinesfalls zum Patron gegen Mindestlohn aufspielen, ich bin grundsätzlich dafür, sehe aber Gefahren.
Hier liegt der Fall wieder ganz anders.
Da ich die letzten zwei Jahre selbst bei der Pin AG gearbeitet habe, verfüge ich so zu sagen über "Insiderwissen". :wink:

Das eigentliche Problem beim Postgewerbe ist, daß die Deutsche Post AG (DPAG) noch immer(!) über das Privileg der Umsatzsteuerbefreiung beim Porto und damit über das Postmonopol verfügt. Der Staat hat hierfür eigens ein Gesetz erlassen.

Die kleinen privaten Postdienstleister versuchen nun, gegen dieses Postmonopol anzukämpfen, indem sie nicht einfach als Postunternehmen auf den Markt drängen, was sie auch nicht dürfen, sondern sie müssen zusätzliche Dienstleistungen anbieten. Außerdem müssen sie versuchen preisgünstiger zu sein, als die DPAG, um Kunden zu gewinnen.

Wenn man sich das ganze mal vor Augen hält, was das für die "kleinen Privaten" heißt, dann wird einem einiges klar:

Ein Standardbrief bei der DPAG kostet 0,55 €. In diesem Porto ist keine Umsatzsteuer enthalten, d. h. sie kann darüber voll verfügen.

Bei der PIN AG dagegen kostet der Standardbrief 0,52 €, wobei hier noch 19 % Umsatzsteuer enthalten sind, die sie an das Finanzamt abführen muß. Es beiben der PIN AG somit nur etwas über 40 Cent übrig, über die sie verfügen kann.

Die größte Schweinerei dabei:
Natürlich kann die PIN AG nicht so hohe Löhne zahlen, wie die DPAG, denn wo soll es auf Grund der Ungleichbehandlung durch den Staat herkommen. Der Verdienst des Unternehmens kommt nunmal über die Einnahmen durch das Porto zustande.
Genau darauf haben sich nun Politiker und auch die Medien "eingeschossen", denn: wie kann es denn sein, daß die PIN AG solche Hungerlöhne zahlt, sodaß die Mitarbeiter zusätzlich noch Hartz IV bekommen müssen.
Die Einführung des Mindestlohnes in dieser Branche könnte man unter diesen Umständen beinahe als den Versuch ansehen, die Konkurrenten zu eliminieren.
Daß aber auch die kleinen Privaten Arbeitsplätze schaffen, wird dabei völlig vergessen und daß sich die Situation grundlegend verändern würde, wenn man das Privileg der DPAG abschaffen würde, ebenfalls.

Und noch etwas:
Bei einer Pleite der PIN AG gehen tausende von Arbeitsplätzen unwiderruflich verloren, die von der DPAG mit Sicherheit auch nicht aufgefangen werden, denn soviele zusätzliche Mitarbeiter brauchen sie auch trotz der zusätzlichen Sendungen (die vorher die PIN AG zugestellt hat) nicht.
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elysian
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auf Grund der Ungleichbehandlung durch den Staat
Besonders "pervers" finde ich die Logik, dass die Befreiung wegen des flächendeckenden Angebots gewährt wird. Ein solches Angebot benötigt natürlich entsprechende Strukturen, die selbst unter normalen Bedingungen nur nach Jahren geschaffen werden können.
So wie es sich jetzt entwickelt, wird die DPAG als einziges Unternehmen in D von dieser Regelung profitieren können.
Bei einer Pleite der PIN AG gehen tausende von Arbeitsplätzen unwiderruflich verloren,
Kleine Note am Rand:
Als Zumwinkel verkündete, hinter dem Mindestlohn zu stehen und sogar Arbeitnehmer der Konkurrenz in großem Stil zu übernehmen, überschlugen sich nicht wenige Politiker darin, mit ihm in Verbindung gebracht zu werden.
Wenig Zeit und wenige Schlagzeilen später überschlugen sie sich, mit ihm NICHT in Verbindung gebracht zu werden...
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Barbarossa
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elysian hat geschrieben:Besonders "pervers" finde ich die Logik, dass die Befreiung wegen des flächendeckenden Angebots gewährt wird. Ein solches Angebot benötigt natürlich entsprechende Strukturen, die selbst unter normalen Bedingungen nur nach Jahren geschaffen werden können.
So wie es sich jetzt entwickelt, wird die DPAG als einziges Unternehmen in D von dieser Regelung profitieren können...
Im vergangenen Jahr hat auch die PIN AG ein flächendeckendes Angebot aufgebaut gehabt (in Randgebieten dann allerdings trotzdem über die DPAG). Dieses Netz ist jedoch inzwischen auf Grund zahlreicher Insolvenzen von Partnern zusammengebrochen.
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Balduin
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Kauder fordert Nachbesserungen im Mindestlohn:
http://www.spiegel.de/politik/deutschla ... 16,00.html
elysian
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Barbarossa hat geschrieben:
elysian hat geschrieben:Besonders "pervers" finde ich die Logik, dass die Befreiung wegen des flächendeckenden Angebots gewährt wird. Ein solches Angebot benötigt natürlich entsprechende Strukturen, die selbst unter normalen Bedingungen nur nach Jahren geschaffen werden können.
So wie es sich jetzt entwickelt, wird die DPAG als einziges Unternehmen in D von dieser Regelung profitieren können...
Im vergangenen Jahr hat auch die PIN AG ein flächendeckendes Angebot aufgebaut gehabt (in Randgebieten dann allerdings trotzdem über die DPAG). Dieses Netz ist jedoch inzwischen auf Grund zahlreicher Insolvenzen von Partnern zusammengebrochen.
Was nur unterstreicht, wie schwierig es für die Konkurrenz ist, halbwegs gleich zu ziehen und echten Wettbewerb zu ermöglichen.
Wie gesagt, die jetzige Entwicklung spricht dafür, dass nur die DPAG von dieser Regelung profitieren wird.
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Schmiddey
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meiner meinung nach sollte mindestlohn sofort wieder abgeschafft werden. für unsere wirtschaft ist das gift. wenn der staat diktiert wie hoch bzw niedirg löhne ausfallen müssen, dann werden daran viele kleine unternehmen kaputt gehen und die großen gestärkt, siehe deutsche post.
Ich bin ein Liberaler.
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Barbarossa
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Schmiddey hat geschrieben:meiner meinung nach sollte mindestlohn sofort wieder abgeschafft werden. für unsere wirtschaft ist das gift. wenn der staat diktiert wie hoch bzw niedirg löhne ausfallen müssen, dann werden daran viele kleine unternehmen kaputt gehen und die großen gestärkt, siehe deutsche post.
Vor kurzem habe ich mal ein Interview mit Karl Lauterbach (SPD) gesehen, der als Ökonom den Mindestlohn befürwortet. Er sagte, sinngemäß, daß es auch in anderen Ländern der EU (z. B. Frankreich), in denen ein Mindestlohn eingeführt wurde, zu keiner Häufung von Insolvenzen kam. Es gebe auch keine statistische Erhebung, die besagt, daß ein Mindestlohn in irgendeiner Weise schädlich für die Wirschaft sei. Jeder, der was anderes behauptet sei auf dem Holzweg.
Statt dessen ist das für die Wirtschaft letztendlich sogar besser, wenn die Menschen ausreichend Geld für ihre Arbeit verdienen, statt von zusätzlicher staatlicher Unterstützung leben zu müssen, weil sie dann auch mehr konsumieren können. Und wenn sie mehr konsumieren können, dann tun sie es auch, was wiederum der Wirtschaft zu gute kommt.
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elysian
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Der Haken hinter dieser Logik ist, dass hohe Abschlüsse zu steigender Inflation und entsprechender Preisgestaltung führen.
Man hat diesen Weg (mit den stark steigenden Einkommen) in den 70er Jahren ja schon einmal probiert, was nach hinten losging.
Dass die Wirtschaft auf diese Weise vom Mindestlohn profitiere, lässt sich so also nicht sagen.
Dass es infolge eines Mindestlohnes zu weniger Insolvenzen kommt, mag sein. Denn die Wirkung des Mindestlohnes ist, dass Wettbewerb verringert und die Position etablierter Unternehmen stabilisiert wird. Mitsamt ihren Vor- und Nachteilen.
Allerdings wurde vor einiger Zeit in einer Debatte im Radio, an der Politiker, Gewerkschafter und Wissenschaftler teilnahmen, auch unwidersprochen klargestellt, dass bis auf 2 Studien, die negative Auswirkung allenfalls nicht ausschließen wollten, sämtliche internationale Studien jedenfalls für die Beschäftigten negative Auswirkungen konstatieren, sowie Nachteile für den Wettbewerb sehen. Es ist ja nun so, nicht jede Arbeit, die nachgefragt werden kann, wird zu jedem Preis nachgefragt. Ein Mindestlohn führt folglich gerade für Menschen mit geringer Qualifikation, wie es heuer heißt, zu einer verringerten Nachfrage hinsichtlich ihrer Arbeitskraft. Und damit sind wir wieder bei den staatlichen Zahlungen, um diese Menschen zu unterstützen.
Allerdings verliert man hierzulande gerne aus dem Auge, dass der Streit um einen gesetzlichen Mindestlohn geführt wird. Denn jedenfalls dort, wo nach Tarif bezahlt wird, wird de facto ein Mindestlohnsystem verwendet.

Was Karl Lauterbach angeht, so ist dieser Mann zwar Ökonom und in seinem Bereich gut, dieser Bereich umfasst jedoch das Gesundheitswesen.
Das Thema gehört somit nicht zu seinem Fachgebiet, seine Meinung ist folglich kritischer zu betrachten. Von den vermeintlichen Wirkungen in anderen Staaten auf eine bestimmte Wirkung in unserem Staat, der ein sehr eigenes Sozialsystem hat, zu schließen, ist nicht unproblematisch.
Dass er gerade auf Frankreich anspielt ist interessant. Frankreich ist Deutschland in der Tat am ehesten vergleichbar und dort wird aktuell diskutiert, den Mindestlohn als unsoziale Maßnahme abzuschaffen...
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Darth Vader
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Balduin hat geschrieben:
Barbarossa hat geschrieben:
Balduin hat geschrieben:Der Mindestlohn ist toll für die Arbeitnehmer, für die Arbeitgeber ein Risiko.
Wie sollen sich kleinere Betriebe im knallharten Wettbewerb durchsetzen, wenn sie einen Mindestlohn zahlen müssen ? Das kann für viele Betriebe der Anfang vom Ende sein...
Nun ja, ich sehe den Mindestlohn trotzdem eher von der positiven Seite.
Es ist ja auch so, daß nur für bestimmte Branchen ein bestimmter Mindestlohn eingeführt wird. Wenn man z. B. die Friseure nimmt, denen bekanntlich sehr niedrige Löhne gezahlt werden - meist so um die 5,- € Brutto pro Stunde, wenn die nun einen Mindestlohn von z. B. 7,50 € erhalten sollen, dann müssen ihn alle Friseursalons ihren Mitarbeitern zahlen. Es müssen dann lediglich alle gleichzeitig die Preise erhöhen. Der Wettbewerb wird dadurch jedenfalls nicht verzerrt.
Bei deinem Beispiel gerade nicht, aber Pin/Post hat doch gezeigt, wie es kleineren Unternehmen/Betrieben gehen kann, wird ein Mindestlohn eingeführt. Ich möchte mich keinesfalls zum Patron gegen Mindestlohn aufspielen, ich bin grundsätzlich dafür, sehe aber Gefahren.

Da ich bei der Post arbeite halte ich natürlich den Mindestlohn für sinnvoll.
Denn der Wettbewerb sollte über die qualität stattfinden und nicht über den Preis.

@Barbarossa

Pin und Co. verfügen deshalb nicht über die Umsatzsteuerbefreiung weil sie keine flächendeckende Unviversalpostdienstleistungen anbieten können, und zwar bundesweit.
Und man sollte nicht vergessen welche Art von Arbeitsplätzen bei Pin und Konsorten geschaffen werden/wurden.
Irgendwo muss dem Hungerlohnwahn in D ja mal Einhalt geboten werden
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Barbarossa
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Darth Vader hat geschrieben:@Barbarossa

Pin und Co. verfügen deshalb nicht über die Umsatzsteuerbefreiung weil sie keine flächendeckende Unviversalpostdienstleistungen anbieten können, und zwar bundesweit.
Und das ist für mich nun eben der Streitpunkt: Wozu muß ein Unternehmen flächendeckend arbeiten können, um in den Genuß von Steuerbefreihungen zu kommen?
Diese Regelung bevorteilt nur die "alte Post", die allein aus historischen Gründen die Möglichkeit hat, flächendeckend zu arbeiten, so daß gegenüber neu gegründeten Unternehmen durch diese steuerliche Bevorteilung das Postmonopol zementiert wird, weil neue Unternehmen so von vornherein keine gerechten Wettbewerbsbedingungen vorfinden.
Darth Vader hat geschrieben:Und man sollte nicht vergessen welche Art von Arbeitsplätzen bei Pin und Konsorten geschaffen werden/wurden.
Irgendwo muss dem Hungerlohnwahn in D ja mal Einhalt geboten werden
Dieser Hungerlohn (daß er zu niedrig ist, da gebe ich dir ja grundsätzlich recht) ist meiner Meinung nach aber eben die Folge dieser steuerlichen Bevorteilung der DPAG. Die PIN-Gruppe versucht, der Post auf dem Markt Konkurrenz zu machen, kann es aber gar nicht, weil man keine fairen Wettbewerbsbedingungen auf diesem Markt vorfindet.
Mal ein Beispiel, um das Ganze zu verdeutlichen:
Käme man z. B. auf die Idee, einer bundesweit arbeitenden Fleischerkette Steuervorteile gegenüber einzelnen Fleischern zu gewähren, nur weil diese bundesweite Fleischerkette flächendeckend arbeitet?
Wohl nicht.
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