War das deutsche Kaiserreich eine Demokratie?

Versailles, 1871, Bismarck, Deutsches Reich, Wilhelm I

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Dietrich
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Die Reichsgesetzgebung erfolgte gemäß Verfassung "in Übereinstimmung von Bundesrat und Reichstag". Der Reichstag besaß lediglich das Recht der Gesetzesinitiative, doch galt ein Gesetz nur dann als beschlossen, wenn der Bundesrat - also die Vertretung der deutschen Fürsten - ebenfalls zugestimmt hatte. Allerdings war der Reichskanzler in diesem Verfahren auf die Mehrheit des Reichstags angewiesen, die er sich immer wieder neu suchen musste.

Auf die Regierungsbildung hatte der Reichstag keinen Einfluss, da der Reichskanzler allein vom Kaiser berufen oder entlassen wurde. Außerdem konnte der Kaiser den Reichstag jederzeit auflösen und Neuwahlen anberaumen.

Allerdings wurden die öffentlichen Debatten im Reichstag für die politische Meinungsbildung in Deutschland zunehmend wichtiger. Die öffentliche Meinung, die etwa in Zeitungen zum Ausdruck kam, beeinflusste politische Entscheidungen immer stärker. Der Bundesrat, der formal ein starkes Mitspracherecht hatte, trat demgegenüber im Bewusstsein der Bevölkerung immer mehr in den Hintergrund.

Ein Rechtsstaat war das wilhelminische Kaiserreich sicherlich. Zu einer parlamentarischen Demokratie fehlen allerdings einige Elemente, wie z.B. das Recht, den Kanzler zu wählen oder abzulösen, ganz abgesejen davon, dass der Kaiser den Reichstag jederzeit auflösen oder einberufen konnte.
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