Imperialismus-Definition,Voraussetzung technisch politisch

Kolonialismus, Afrika, China, Wettlauf um die Welt, Indien, Englisches Weltreich

Moderator: Barbarossa

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Marek1964
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Bei diesem Beitrag geht es um eine beutzerfreundliche Antwort auf die Frage, welche Voraussetzungen, vor allem technischer, politischer und wirtschaftlicher Art notwendig waren, den Imperialismus zu ermöglichen.

Der Beginn des Zeitalters des Imperialismus wird gemeinhin 1870 oder 1890 angesetzt, Kolonien hatten vor allem England und Spanien schon Jahrhunderte vorher.

Als Definition kann der dienen, dass ein Land ein anderes beherrscht aufgrund einer Überlegenheit, die auf Gewalt beruht. Im Zeitalter des Imperialismus beherrscheten typischerweise Länder Europas solche ausserhalb Europas. Später machte vor allem die Sowejtunion - vor allem um Drittweltländer für sich zu gewinnen - diese geschichtliche Passage für sich nutzbar, da sie die westeuropäischen Gegner, die mittlerweile längst sich dekolonialisiert hatten, als Imperialisten verunglimpften. Obwohl sie selbt auch ihre Satelliten hatten, wo sie auch gerne interventierten...

Wirtschaftlich ist vor allem der technische Fortschritt zu nennen. Sowohl in der Schiffahrtstechnik (Dampfschiffe aus Stahl, bessere Navigation und Kommunikation) wie auch die Waffentechnik ermöglichten es, Länder in anderen Kontinenten zu erreichen und zu erobern. Schneller und öfter als mit Segelschiffen in den Jahrhunderten zuvor, dank der Industrialisierung konnten auch viel mehr Schiffe gebaut werden. Die Völker dort waren wehrtechnisch wie auch sonst technisch unterlegen und gerieten so unter Herrschaft der Kolonialmächte. Positiv darf aber auch vermerkt werden, das der Welthandel und damit Wohlstand zunahm. Handelsstüzpunkte in den entfernten Ländern gegen "Eingeborene" zu sichern, war auch ein Schritt zum Kolonialismus.

Gesellschaftspolitisch sehe ich vor allem die Festigung der Nationalstaaten als Ursache. Das Nationalbewusstsein kombinierte sich mit der menschlich natürlichen Überheblichkeit zum Nationalismus, die ihn dann kombiniert mit den technischen Möglichkeiten zum Imperialismus anwachsen liessen.

Dazu kam der ebenfalls menschliche "Wettberwerbseifer". Jede Industrienation wollte im Wettbewerb mit den anderen möglichst viele Kolonien haben. Grossbritannien hatte als grösste Seefahrtsnation und erste Industriegesellschaft da einen Vorsprung, die anderen schickten sich an, aufzuholen, und ihren "Platz an der Sonne" zu sichern.

Welches Land welche Kolonien hatte, sollte auf wikipedia leicht zu finden sein. Es waren nicht nur GB, F und D, fast alle Industrienationen mit Meeranbindung waren daran beiteiligt: Portugal, Spanien, Italien, Belgien, Niederlande.

Je nach Definition kann man in diese Liste auch Russland (Sibirien und -stan-Länder), USA (Philipinien, Hawaii, Pazifikinseln), Japan (Korea) und Dänemark (Island und Grönland) aufnehmen. Diese letzteren sind meiner Meinung nach aber nicht typische Kolonien, aber wie gesagt Definitionssache.
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Barbarossa
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Also bei Russland (Sibirien) kann man schon anderer Meinung sein (wobei Alaska auch schon wieder eine typische Kolonie war, bis es zur USA kam), aber die übrigen sind für mich klassische Kolonien.

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ehemaliger Autor K.

Das Hauptproblem ist hier ja: wie kann ich den Imperialismus des 19.Jahrhunderts analytisch trennen von früheren Expansionsbestrebungen, also was unterschied die Expansion der Assyrer, Römer, Alexander dem Großen, Karl dem Großen, Pizarro, Cortes usw. von Cecil Rhodes oder Wilhelm II?

Die Theoretiker des Neoevolutionismus, K. Ekholm und J. Friedman, definieren Imperialismus ganz allgemein: Imperien entstehen dann, wenn der Differenzierungsrozeß innerhalb eines größeren Austauschzusammenhangs so weit fortgeschritten ist, das mehrere regionale Zentren um die Kontrolle konkurrieren und

1. Das materielle, kulturelle und politische Niveau des Zentrums abhängig wird von dem Zugang zu einem Ressourcenpotential auf einem Gebiet, welches sich zumindest teilweise außerhalb des Zentrums befindet.
2. Das die Kontrolle über diese Potentiale nur durch den Einsatz politischer Mittel möglich ist, um die abhängigen Gebiet direkt oder indirekt zu kontrollieren.

Ergo definieren sie Imperium als Organisationsform, um eine Gliederung in Zentrum und Peripherie innerhalb eines bereits existierenden größeren ökonomischen Netzwerkes aufrechtzuerhalten oder zu organisieren. Es ist ein politischer Versuch, die supralokalen Bedingungen der lokalen Reproduktion zu kontrollieren. (Breuer, Imperien der Alten Welt, 1987,S.10)

Um frühere Imperien von späteren zu unterscheiden, bietet sich an:
1. Was waren die die jeweiligen Ursachen für die Expansion?
2. Welches waren die Trägerschichten der Expansion?

Beim Imperialismus des 19.Jahrhunderts wird als Erklärung angeboten: Im Gegensatz zu früheren Imperien handelt es sich nicht um die Expansion einer feudalen Oberschicht wie im Mittelalter oder eines kriegerischen Reitervolkes wie bei den Mongolen oder Türken und nicht primär um die Erpressung von Tributen oder den Gewinn von Land, um Grundrente zu kassieren.

Sondern: Die Expansion ging von einem nationalstaatlich organisierten Bürgertum aus, meist im Bündnis mit den vorindustriellen Eliten, und ist als Versuch zu verstehen, die Bedingungen der kapitalistischen Produktion zu verbessern.

Das berühmteste Werk zur Erklärung des Imperialismus stammt von dem liberalen Ökonomen, dem Engländer Hobson (Hauptwerk: Der Imperialismus, 1898). Seiner Meinung nach ist die industrielle Produktion in England so weit fortgeschritten, das sie das Ausland als Absatzmarkt benötigt, um die hoben Standards zu erhalten. Der Imperialismus soll Absatzkrisen im Inland verhindern. Da andere rivalisierende Mächte ihre Märkte verschließen und selber Absatzgebiete suchen, entsteht eine erbitterte Konkurrenz auf dem Weltmarkt mit der Möglichkeit von Kriegen.

Spätere Historiker weisen auf den Zusammenhang des Imperialismus mit der zweiten industriellen Revolution hin. Neue Industrien: Elektroindustrie, Fahrzeugbau, Chemieindustrie usw. benötigten Rohstoffe, die es in Europa nicht oder nicht ausreichend gab: Erdöl, Kupfer, Kautschuk, Bauxit und vieles mehr. Außerdem benötigte die industrielle Produktion jetzt ganz allgemein wesentlich mehr Rohstoffe als zu Beginn des 19.Jahrhunderts. Der Imperialismus ist als ein Versuch zu verstehen, um Absatzmärkte und Rohstoffquellen zu erobern und zu kontrollieren.

Da die industrielle Produktion von Großfirmen betrieben wurde, glaubten damals die Marxisten, der Imperialismus sei eine Phase des Kapitalismus, in der sich Monopole und Banken durchsetzen mit einer Finanzoligarchie, die diese Expansion vorantreibt, oft im Bündnis mit alten Eliten, beispielsweise dem Adel, die noch aus der Feudalzeit stammen. Vertreter dieser Richtung: Hilferding, Lenin, Luxemburg, Otto Bauer, Bucharin und noch viele andere.

Schwierigkeiten bereitet dieser Erklärungsversuch bei so alten Imperien wie Russland, Österreich- Ungarn und dem Osmanischen Reich. Hier vermischen sich alte, frühere Strukturen mit dem Kapitalismus. So ohne weiteres kann man deren Imperialismus aber nicht mit dem westeuropäischen Imperialismen gleichsetzen.

Es gibt viele Erklärungsversuche. Ich habe nur die bekanntesten erwähnt.
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