Deutsche Koloniapolitik- Provokation?

Kolonialismus, Afrika, China, Wettlauf um die Welt, Indien, Englisches Weltreich

Moderator: Barbarossa

Thomsen
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Hallo Zusammen, ich beschäftige mich seit geraumer Zeit mit dem Deutschen Imperialismus und den Weltpolitischen Folgen. Für mein Geschichts-Abi brauche ich allerdings noch ein paar Informationen, die ich noch nicht habe finden können.

Mich interessiert vor allem, inwieweit der Wettlauf um die Kolonien mitauslösend für den 1. Weltkrieg war.
Wie war das verhältniss der Großmächte zueinander und hat Deutschland die anderen Länder (GB, FR) mit seinen Kolonialen Forderungen Provoziert?

Vielen Dank für eure Antworten

lg
Anarch
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Deutschland hat GB mit seiner wirtschaftlichen Leistungskraft und seinen Erfolgen auf dem Weltmarkt provoziert.

Um die politischen Entscheidungen und Entwicklungen beurteilen zu können, sollte man sich über die maßgeblichen Kreise in GB informieren, von denen die angloamerikanische Politik bestimmt wurde. Im Internet gibt es darüber ein ganz wichtiges Buch:
The Anglo-American Establishment

By

Carroll Quigley

Professor of Foreign Service

Georgetown University
http://www.alexanderhamiltoninstitute.o ... hment.html

Das empfehle ich unbedingt zur Lektüre und anschließend eine Recherche im Internet mit den wichtigen Namen.

Man informiere sich über die Namen der Rhodes-Stipendiaten, die Leute im Umkreis des Balliol College und die bis in unsere Tage aktiven Organisationen dieser Kreise.

http://de.wikipedia.org/wiki/Balliol_College

Die britische Politik ist von einem sehr kleinen Kreis sehr reicher und traditionsreicher Familien bestimmt worden. Das betrifft auch die britische Politik gegenüber Deutschland. Man denke an die Familie Astor:

http://en.wikipedia.org/wiki/Cliveden

http://en.wikipedia.org/wiki/Cliveden_set

Wer sucht, der findet.
Anarch
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Hier noch ein Hinweis auf eine Artikelserie in der britischen Saturday Review in den 1890er Jahren unter dem Titel Germania est delenda:
In the 1890s, the magazine published several articles that expressed an Anti-German sentiment, summed up in the quote Germania est delenda (Germany needs to be destroyed) [6] [7] which was modeled after Cato's "Carthago delenda est" (Ceterum censeo Carthaginem esse delendam).
Typische Aussagen aus dieser Artikelserie:
"Our chief rival in trade and commerce today is not France but Germany. In case of a war with Germany, we should stand to win much and lose nothing; whereas, in case of a war with France, no matter what the outcome might be, we are sure to loose heavily." - OUR TRUE FOREIGN POLICY, Saturday Review, August 24, 1895, page 17

"The biological view of foreign policy is plain. First, federate our colonies and prevent geographical isolation turning the Anglo-Saxon race against itself. Second, be ready to fight Germany, as Germania est delenda; (Germany must be destroyed) third, be ready to fight America when the time comes. Lastly, engage in no wasting wars against peoples from whom we have nothing to fear." - A BIOLOGICAL VIEW OF OUR FOREIGN POLICY[8]

"Three years ago when the Saturday Review began to write against the traditional pro-German policy of England, its point of view made it isolated among leading organs of opinion. When, in February 1896, one of our writers, discussing the European Situation, declared Germany the first and immediate enemy of England, the opinion passed as an individual eccentricity."... "What Bismarck realized, and what we too may soon come to see, is that not only is there the most real conflict of interests between England and Germany, but that England is the only Great Power who could fight Germany without tremendous risk and without doubt of the issue."... "Our work over, we need not even be at the pains to alter Bismarck's words, and to say to France and Russia: Seek some compensation. Take inside Germany whatever you like: you can have it." - ENGLAND AND GERMANY., Saturday Review, 11, 1897, page 17
http://en.wikipedia.org/wiki/Saturday_Review_(London)

Das war so etwa auch der Standpunkt von Milners "Kindergarten" und der Kreise um die Familie Cecil.
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Barbarossa
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Andere europäische Länder, wie Spanien, Portugal, England/GB und Frankreich haben viel früher mit ihrer Kolonialpolitik begonnen. Deutschland dagegen wurde im Wiener Kongress 1814/15 engegen dem Volkswillen in Kleinstaaterei gehalten. Hiebei muß allerdings gesagt werden, daß sowohl die ausländischen Nationen als auch die einheimischen Fürstenhäuser diese Kleistaaterei anstrebten - keines dieser Füstenhäuser wollte seine Unabhängigkeit aufgeben.
Diese Kleinstaaterei wurde erst 1871 überwunden und Deutschland trat somit als wirklich einheitliche Nation erst sehr spät in Erscheinung. Ab dieser Zeit hatte Deutschland überhaupt erst die Möglichkeiten, so wie alle anderen europäischen Nationen eine Kolonialpolitik zu betreiben. Da war die Welt kolonialpolitisch aber bereits fast aufgeteilt. Deutschland kam sozusagen erst in letzter Sekunde dazu, um nicht völlig leer auszugehen. Die deutsche Kolonialpolitik war vor allem dadurch gekennzeichnet, daß Unternehmer den ersten Schritt taten und z. B. in Afrika Fuß faßten, so daß sich Bismarck quasi dazu gezwungen sah, dieses Unternehmertum auch militärisch abzusichern. Die übrigen Nationen - vor allem Großbritannien und Frankreich mögen das Hinzutreten Deutschlands als Kolonialmacht als Provokation angesehen haben, aus deutscher Sicht muß man aber sagen, daß man sich lediglich das selbe Recht nahm, wie alle anderen auch.
Hier noch ein guter Artikel zum Thema: http://www.bpb.de/themen/YFDOUM,0,0,Deu ... ungen.html
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Thomsen
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Danke für die Antwort, ich kann dir da zustimmen.

Ich würde aber sagen, dass die Marokko-Krise z. B. schon als Provokation zu werten ist.
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Barbarossa
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Thomsen hat geschrieben:...Ich würde aber sagen, dass die Marokko-Krise z. B. schon als Provokation zu werten ist.
Das ist richtig, denn das war natürlich auch ein anderer Fall. :wink:
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Thomsen
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Wirklich?

Es ging doch Deutschland um Handelsrechte in Marokko bzw. Französiche Kolonien als Ausgleich?

Auf die Frage ob die Marokko-Krise(n) zur Kolonialpolitik zählen bin ich schonmal gestoßen, hab aber immer noch keine klare Antwort...
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Barbarossa
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Entschuldigung für die späte Antwort.

Zu den beiden Marokko-Krisen (es gab zwei):
Die Erste Marokkokrise (1905–1906) entstand, nachdem ein Bündnis zwischen Frankreich und Großbritannien den französischen Einfluss in Marokko abgesichert hatte (Sudanvertrag 1899).

Die Position Frankreichs führte im Deutschen Reich wegen der befürchteten Beeinträchtigung seiner wirtschaftlichen Interessen in Marokko zu internen Spannungen zwischen der Reichsregierung und dem Kaiser. Auf mehrfaches Drängen des Reichskanzlers Bernhard von Bülow gab Kaiser Wilhelm II. nach und besuchte am 31. März 1905 demonstrativ Tanger, um der deutschen Forderung nach einem Mitspracherecht in Marokko, die sich auf die Madrider Konvention von 1880 stützte, Nachdruck zu verleihen.
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Erste_Marokkokrise
Die zweite Marokkokrise, auch als Panthersprung nach Agadir bekannt, wurde 1911 durch die auf persönlichen Befehl Wilhelms II.[1] erfolgte Entsendung[2] des deutschen Kanonenboots „Panther“ nach Agadir ausgelöst, nachdem französische Truppen Fès und Rabat besetzt hatten. Die am 1. Juli 1911 eingetroffene „Panther“ wurde nach wenigen Tagen durch zwei andere deutsche Kriegsschiffe, den Kleinen Kreuzer „Berlin“ und das Kanonenboot „Eber“, ersetzt.[3] Ziel der deutschen Aktion war die Abtretung von Kolonialgebieten Frankreichs an das Deutsche Reich als Gegenleistung für die Akzeptanz der französischen Herrschaft über Marokko in Folge der ersten Marokkokrise. Drohgebärden wie die Entsendung der „Panther“ sollten dieser Forderung Nachdruck verleihen.

Großbritannien befürchtete, wie schon während der ersten Marokkokrise, das Ziel des Deutschen Reiches sei die Errichtung einer Flottenbasis in Agadir, um von dort aus die äußerst wichtigen britischen Seeverbindungen nach Ägypten und Indien zu beherrschen. Zu diesem Zeitpunkt stand das Deutsch-Britische Wettrüsten auf dem Höhepunkt, die Beziehungen zwischen beiden Ländern waren äußerst angespannt.

Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Zweite_Marokkokrise

Die Madrider Konvention wiederum besagte:
Die Madrider Konvention wurde am 3. Juli 1880 auf der Konferenz von Madrid zwischen dem Sultan von Marokko und verschiedenen europäischen Staaten sowie den USA geschlossen. Sie garantierte dem Sultan von Marokko die Souveränität des Landes, zwang ihn aber auch zu verschiedenen Zugeständnissen an die beteiligten Mächte.

An der Konferenz nahmen teil: USA, Deutsches Reich, Österreich-Ungarn, Belgien, Dänemark, Spanien, Frankreich, Großbritannien, Italien, Niederlande, Portugal, Schweden, Norwegen und Marokko.

Die Konferenz beschloss die aus 18 Artikeln bestehende Madrider Konvention. Die Staaten garantierten darin die Souveränität des Sultans.

Marokko galt mit der Unterzeichnung der Madrider Konvention als ein, für den internationalen Handel, offenes Land („Politik der offenen Tür“).
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Madrider_Konvention

Deutschland handelte im Grunde also im Sinne der Madrider Konvention und verstieß gegen keinen Vertag.
Wichtig dabei ist zu wissen, daß die Welt zu diesem Zeitpunkt (um 1900) unter den Großmächten aufgeteilt war und eine Vergrößerung des Kolonialreiches des einen Landes nur noch auf Kosten des Kolonialreiches eines anderen Landes möglich war. Diese Rivalitäten führten letzlich zum 1. Weltkrieg.
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