Düppeler Schanzen Schlacht - Niederlage Dänemarks 1864

"Deutschland - aber wo liegt es?" Goethe

Moderator: Barbarossa

Lia

Bevor das Jahr zu Ende geht:
Es gab noch ein „Jubiläum“, einen Gedenktag, der zwar in überregionalen Medien hie und da
Erwähnung fand, aus näherer Sicht jedoch spezifischer in seinen Auswirkungen und der Repetion ist ist als es ferne Blätter schreiben.
Vor 150 Jahren:
Die Schlacht um die Düppeler Schanzen vom 18.April 1864, die mit einer katastrophalen Niederlage Dänemarks und Monate später mit dem Verlust der Herrschaft über das Herzogtum Schleswig endete.
Die lange deutsch- dänische gemeinsame Geschichte sei hier an zwei wichtigen Eckdaten festgemacht.
Im Jahre 1386 gab es die erste Vereinbarung zwischen den herrschenden Dynastien im Herzogtum Schleswig, dass zu Dänemark gehörte, und der Grafschaft Holstein, das deutsches Reichslehen war, Herzogtum erst ab 1474), beide Landesteile unter die Regentschaft eines Landesherrn stellen.
Nach dem Aussterben der Schauenburger folgte der dänische König Christian I. als Regent,
in dessen Regierungszeit der Ripener Freiheitsbrief fällt.
„Ewich tosamende ungedeelt“- der populärste Satz, der allerdings heute in seiner Bedeutung relativiertoder gänzlich anders interpretiert wird als zu Zeiten nationaler Fragen.
Die Handfeste von Ripen und die Tapfere Verbesserung (1460) von Kiel führten letztlich dahin, dass der Adel in beiden Landesteilen unabhängig vom Königreich Dänemark blieb, u.a. musste der jeweilige Landesadel keine Heerfolge über die Landesgrenze hinaus leisten und überdies bedurfte jeder neue dänische König der Zustimmung der Ritterschaft, wollte er als Landesherr, also als Herzog, agieren und fungieren.
Die Holsteiner störte nicht weiter, dass der Herzog dänischer König war, der ein deutsches Reichslehen innehatte.

Das funktionierte lange auch ziemlich gut und ohne nationale Konflikte. (In der Schlacht bei Hemmingstedt kämpften selbstverständlich holsteinische Ritter auf der Seite ihres Herzogs, der dänischer König war.)
Bis ins 19. Jahrhundert spielten nationale/ ethnische Fragen kaum eine Rolle. Erst als neue Freiheitsbestrebungen gegen Absolutismus, erwachendes Nationalbewusstsein auf dänischer wie deutscher Seite und dazwischen eine Schleswig-Holsteinische Erhebung zu zahllosen kriegerischen Auseinandersetzungen führten, an deren Ende Preußen als Gewinner stand, wurde Deutsch oder Dänisch eine Frage.
Hier nur kurz verlinkt:
http://www.geschichte-s-h.de/vonabisz/erhebung.htm
Wichtiger Passus :
Beide Herzogtümer waren gleichgestellt, jedoch durfte Schleswig nicht in das dänische Königreich eingegliedert werden.
Auf dänischer Seite gab es Bemühungen zu einer zweisprachigen Verfassung, die den Grundgedanken des Abkommens durchaus entsprach, jedoch sowohl von der Holsteinischen Ständeversammlung abgelehnt als auch vom Deutschen Bundestag in Frankfurt (1858) für ungültig erklärt wurde.
Quelle:
http://www.geschichte-s-h.de/vonabisz/s ... kriege.htm

Wechselwirkungen: Nicht nur dänischer Nationalismus, sondern auch die holsteinisch/ deutsche Verweigerungs-Politik, die in Dänemark die Eiderdänen-Bewegung erneut stark werden ließ.
Die November- Verfassung von 1863 schließlich, die gegen die Bestimmungen der Londoner Protokolle
eine gemeinsame Verfassung für Schleswig und Dänemark vorsah, während dem Herzogtum Holstein eine eigene Landesverfassung, eigene Verwaltung und ein eigenes Heer zuerkannt werden sollten, riefen dann Bismarck auf den Plan, der die sofortige Aufhebung der Novemberverfassung forderte.
Die dänische Regierung weigerte sich, und so brach der Krieg aus, der ein deutsch- dänischer wurde und dessen Folgen in jeder Beziehung nachhaltig sein sollten.
Preußisch- österreichische Truppenverbände hatten das dänische Heer Anfang Februar 1864 zur Aufgabe der uralten Verteidigungslinie- dem Danewerk- gezwungen.
Es zog sich auf die Düppeler Schanzen zurück, die unter härtesten Bedingungen und unter Dauer-Artillerie-Feuer der preußisch- österreichischen Truppen hielten die Dänen Dybbøl
Banke bis zum 18. April, als es- natürlich wie durch ein Wunder-
den preußischen Truppen gelang, die Schanzen zu erstürmen. Ein grauenvolles Gemetzel,
wer die topographischen Bedingungen kennt, vermag zu erahnen, was sich auf den so idyllischen Schanzen zugetragen hat.
http://www.fjordregion.com/de/kultur/mu ... ntrum.html

http://www.museum-sonderjylland.dk/SIDE ... oplev.html


Ca. 1200 tote und verwundete Soldaten hatten die Preußen zu beklagen, 1700 werden von dänischer Seite genannt, wozu noch ca.3400 Dänen kamen, die in Gefangenschaft gerieten.
Anschließende Waffenstillstands-Verhandlungen blieben ergebnislos.
Im Juli 1864 kam es zu erneuten Kampfhandlungen, Preußen besetzten die Insel Als und österreicherische Truppen ganz Jütland, sodass die dänische Regierung die endgültige Niederlage eingestehen musste.
Im Wiener Frieden (November 1864) musste sie die Herzogtümer Schleswig, Holstein und Lauenburg an Preußen und Österreich abtreten, die nun – Preußen in Schleswig, Österreich in Holstein, die Regierung übernahmen.
Im Prager Frieden von 1866 hatten Preußen und Österreich auf Druck Napoleons in Artikel 5
Zwar die Möglichkeit einer Volksabstimmung für die Bevölkerung Nordschleswigs ob der Zugehörigkeit zu Dänemark zu Dänemark eingefügt, jedoch wurde jene Klausel stillschweigend von beiden Seiten 1878 annulliert.
Das Ende der gemeinsamen Geschichte liegt in der Annexion beider Herzogtümer durch Preußen 1867, als die einstigen Herzogtümer Schleswig und Holstein zur preußischen Provinz Schleswig-Holstein wurde.
Die schleswig’schen Kriege wurden und werden immer noch gern als „Einigungskriege“
tituliert, glorifiziert. Kritischere Betrachtungen dazu gab es schon immer, auch auf „deutscher“, nicht preußischer Seite.
Die dänischen Nachbarn sollten sich nach dem Verlust der Herzogtümer auf andere Art auf ihre Nation besinnen müssen, und vor allem die preußische Politik in Nordschleswig traumatisieren.
Dennoch wurde das Gedenken an Düppel auch zum Blick nach vorn genutzt.

http://www.nordschleswiger.dk/suche?pag ... %C3%BCppel


http://www.nordschleswiger.dk/news.4460 ... %C3%BCppel

http://www.nordschleswiger.dk/news.4460 ... adingParam

http://www.rtntvnews.de/news/9622/Kiel- ... nach-vorn/

Zum Film 1884 der deutsche Kommentar aus Dänemark:
http://www.nordschleswiger.dk/news.4460 ... Geschichte

Dybbøl Mølle eines der Wahrzeichen dänischer Geschichte auf dem inzwischen als nationale Gedenkstätte geschützten Areal der riesigen Schanzenanlage..
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Katarina Ke
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Ich habe vor kurzem ein interessantes Buch zu diesem Thema gelesen: Tom Buk-Swienty, Schlachtbank Düppel. Geschichte einer Schlacht, 2. Auflage, Hamburg 2014.

Die folgenden Anmerkungen und Zitate habe ich dem Buch entnommen.

Der Verfasser, ein Däne, bewertet die Rolle der dänischen Führung sehr kritisch. Er vertritt die Ansicht, dass Dänemark den Krieg provoziert hätte (vgl. S. 128). Starke Kräfte in Preußen und in Schleswig-Holstein drängten ebenfalls auf einen Waffengang (vgl. S. 128).

"Als die dänische Regierung die Novemberverfassung (die Verfassung von 1863, Katarina Ke.) annahm, lud man, wie der dänische Historiker Ole Lange es so elegant formulierte, geradezu zum Krieg ein." (S. 131)

„Schließlich bedeutete die Novemberverfassung eine eindeutige Unterdrückung von Schleswigern, die sich selbst als Deutsche begriffen und um alles in der Welt nicht unter eine dänische Herrschaft geraten wollten. Sie wollten sich lieber mit Holstein enger an den Deutschen Bund binden. Die nationalliberalen Träume von einem vereinigten Königreich Dänemark mit Schleswig nahmen keinerlei Rücksicht auf die tatsächlichen nationalen und kulturellen Verhältnisse im Herzogtum“. (S. 131)
Geschichte sollte so geschrieben werden, wie man eine Geschichte erzählt - lebendig und an den Fakten orientiert. Meine Homepage: http://www.katharinakellmann-historikerin.de/
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dieter
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Die Geschichte Schleswig-Holsteins ging doch weiter. Nach dem Versailler Vertrag fiel Nordschleswig wieder an Dänemark.
Heute ist es so, dass bei Wahlen der Südschleswige Wählerverband, die politische Vertretung der Dänen in Schleswig-Holstein von der 5%-Klausel befreit ist und einen Abgeordneten in Kiel stellt. Es gibt auch im Dänischen Reichstag deutsche Abgeordnete für die deutsche Bevölkerung in Nordschleswig. :wink:
Am 29.3.1955 wurden die Bonn-Kopenhagener Erklärungen unterzeichnet, in der sich beide Länder verpflichten ihren Minderheiten Schutz zu gewähren. Diese Erklärungen gelten als Modell für den Schutz der jeweiligen Minderheit. :)
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
Lia

Es ging nicht nur um Nordschleswig, sondern um das gesamte frühere Herzogtum Schleswig, dessen Grenzen nicht identisch mit der heutigen sind.
Ich habe vor kurzem ein interessantes Buch zu diesem Thema gelesen: Tom Buk-Swienty, Schlachtbank Düppel. Geschichte einer Schlacht, 2. Auflage, Hamburg 2014.
Der Verfasser, ein Däne, bewertet die Rolle der dänischen Führung sehr kritisch. Er vertritt die Ansicht, dass Dänemark den Krieg provoziert hätte (vgl. S. 128). Starke Kräfte in Preußen und in Schleswig-Holstein drängten ebenfalls auf einen Waffengang (vgl. S. 128).

"Als die dänische Regierung die Novemberverfassung (die Verfassung von 1863, Katarina Ke.) annahm, lud man, wie der dänische Historiker Ole Lange es so elegant formulierte, geradezu zum Krieg ein." (S. 131)
Dieser Auffassung wird allerdings von dänischen wie deutschen Historikern widersprochen, wie der Autor überhaupt viele Hintergründe und Aspekte vernachlässigt oder ganz außer Acht lässt.
So einfach war die Geschichte nicht, teilweise waren sich die anscheinend gegenläufigen Bewegungen in den Herzogtümern sogar in den eigentlichen Zielen einig. Die Hintergründe sind entschieden komplexer, doch das eigentliche Thema ist ja auch das Grauen dieser Schlacht.
Die Mini-Serie zum Buch veranlasste dänische wie deutsche Kritiker abseits sogar der Historikerzunft, zu der Meinung, da sei entschieden Nachholbedarf in Geschichtsunterricht. :mrgreen:
Der Meinung schließe ich mich an, die Serie soll im März in deutscher Fassung auf arte gesendet werden, ich tu mir das nicht zum zweiten Mal an.
und einen Abgeordneten in Kiel stellt.
Falsch. Es sind derzeit 4, der SSW und Antje Spoorendonk ist Justiz-Kultur-Europa- Ministerin in der Regierung Albig.
Seitdem der SSW landesweit antreten darf, erzielt er gute Wahlergebnisse knapp unte der 5%- Hürde.
Es gibt auch im Dänischen Reichstag deutsche Abgeordnete für die deutsche Bevölkerung in Nordschleswig
Nein. Schon lange nicht mehr. Die Kontakte laufen anders, drum aber nicht schlechter. Die SP ist bei den letzten Kommunalwahlen in Dänemark offensichtlich auch für Nicht-Angehörige der Minderheit wählbar geworden.

Bonn/ Berlin ist weit weg, was in Bezug auf das deutsch- dänische Verhältnis läuft, geht mehr über die Initiativen des Landes Schleswig-Holstein, die Kommunalverbände, private Schienen und nicht zuletzt über eine schon lange bestehende Zusammenarbeit der Historiker. Die jüngere Generation ist auf einer anderen Schiene, und das ist auch gut so.

Vielleicht ist hier der Ort und der Zeitpunkt, eines Menschen zu gedenken, der viel für das Ansehen der deutschen Minderheit geleistet hat, von dem ich über viele Jahrzehnte viel lernen konnte, was die deutsche und überhaupt europäische Minderheiten anbelangt, gelernt habe. Einer, dem auch von dänischer Seite hoher Respekt gezollt wird.
Farvel, Hans, in alter Verbundenheit mit Deiner Familie.
http://www.nordschleswiger.dk/news.4460 ... -memoriam-
@ Katarina:
Gibt spannende, fast noch druckfrische wissenschaftliche Literatur zu dem Thema der deutsch- dänischen Erinnerungskultur, kannst bei Interesse gern Links haben.
Mit beiden Minderheiten seit langem eng verbunden,auf beiden Seite der Grenze und sowieso unterm Danebrog zu Hause, habe ich den allmählichen Wandel miterlebt. Der sah inoffiziell oft anders aus als offiziell. :)
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Orianne
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@Lia: Vielen Dank für den Link, ein wirklich sehr interessanter Mann, der sicher fehlen wird.
Grant stood by me when I was crazy, and I stood by him when he was drunk, and now we stand by each other.

General William Tecumseh Sherman
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Katarina Ke
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Lia. Ja, gerne.

Ich bin keine Spezialistin für dieses Thema; ich spreche nicht dänisch.

Auf jeden Fall vermittelt das Buch einen Eindruck, wie grauenhaft diese Schlacht war. Neben Königgrätz und Sedan werden die Düppler Schanzen immer vernachlässigt.

Ich kann Orianne nur zustimmen: Eine eindrucksvolle Persönlichkeit.
Geschichte sollte so geschrieben werden, wie man eine Geschichte erzählt - lebendig und an den Fakten orientiert. Meine Homepage: http://www.katharinakellmann-historikerin.de/
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