Der frühe Nationalismus der Deutschen

"Deutschland - aber wo liegt es?" Goethe

Moderator: Barbarossa

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Barbarossa
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RedScorpion hat geschrieben: Zur Erinnerung: Er fiel auseinander, weil er einen (grossen) Krieg verloren hatte...
Nein. Zur Erinnerung für dich: Deutschland hatte den Krieg genauso verloren, brach aber nicht einfach so auseinander. Der Hauptgrund kann also nicht der verlorene Krieg gewesen sein, sondern eine Instabilität der KuK Monarchie, die schon vor dem Krieg vorhanden war und sich durch den verlorenen Krieg nur so verstärkte, so dass das Reich auseinanderbrach.

RedScorpion hat geschrieben: Und zum Krieg kam es...
Das ist hier zwar nicht das Thema, aber der Balkan war ein derartiges Pulverfass, dass es irgendwann zum Krieg kommen musste. Das haben alle Strategen der damaligen Zeit so gesehen.
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Titus Feuerfuchs
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Barbarossa hat geschrieben: [...]Deutschland hatte den Krieg genauso verloren, brach aber nicht einfach so auseinander. Der Hauptgrund kann also nicht der verlorene Krieg gewesen sein, sondern eine Instabilität der KuK Monarchie, die schon vor dem Krieg vorhanden war und sich durch den verlorenen Krieg nur so verstärkte, so dass das Reich auseinanderbrach.
Genau,und warum brach die KuK-Monarchie auseinander und das Reich nicht?

Weil die KuK- Monarchie kein ethnisch homogener Nationalstaat war (dem das deutsche Reich sehr nahe kam, jedenfalls viel näher als die anderen Großreiche jener Zeit), sondern ein Sammelsurium verschiedenster Völker, die alle iheren eigenen Staat wollten.
MfG,
Titus Feuerfuchs
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Titus Feuerfuchs
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Barbarossa hat geschrieben: [...]
Wenn man es von dieser Seite sieht, dann kann man schon den Eindruck bekommen, daß die Entstehung der Nationalstaaten im 19. Jh. in eine Sackgasse führte - in die Sackgasse der beiden Weltkriege mit Millionen von Toten.[...]
Ich behaupte, dass saturierte und ethnisch halbwegs homogene Nationalstaaten, die Kriegsgefahr minimieren.

Aktuelles Beispiel:
Gäbe es in der Ukraine nur ethnische Ukrainer und keine starke russische Minderheit, auf die sich Putin stützt, gäbe es weniger oder gar kein Säbelrasseln.


Dass das Deutsche Kaiserreich trotzdem einen Krieg mit vom Zaun brach, wird von den meisten Historikern tendentiell politischen Dilettantismus und wilhelminischer Hybris zugeschrieben. Wäre unter einem Bismarck nicht passiert.

Aber:
Hätte es diesen Krieg gegeben, wenn die KuK- Monarchie ein ethnisch homogener Staat gewesen wäre? Ich für meinen Teil bezweifle das.

Der WK2 geht sowieso zu einem nicht unerheblichen Teil auf die Verträge von Versailles, Trianon und St.Germain zurück, die unisono ethnisch heterogene Staaten zurückgelassen hatten, die steter Quell von Auseinandersetzungen waren; das betrifft in speziellem Maß die Tschechoslowakei -ein multiethnischer Kunststaat von Frankreichs Gnaden.
Zuletzt geändert von Titus Feuerfuchs am 05.03.2014, 00:45, insgesamt 1-mal geändert.
MfG,
Titus Feuerfuchs
RedScorpion

Titus Feuerfuchs hat geschrieben:
Barbarossa hat geschrieben: [...]Deutschland hatte den Krieg genauso verloren, brach aber nicht einfach so auseinander. Der Hauptgrund kann also nicht der verlorene Krieg gewesen sein, sondern eine Instabilität der KuK Monarchie, die schon vor dem Krieg vorhanden war und sich durch den verlorenen Krieg nur so verstärkte, so dass das Reich auseinanderbrach.
Genau,und warum brach die KuK-Monarchie auseinander und das Reich nicht?

Weil die KuK- Monarchie kein ethnisch homogener Nationalstaat war (dem das deutsche Reich sehr nahe kam, jedenfalls viel näher als die anderen Großreiche jener Zeit), sondern ein Sammelsurium verschiedenster Völker, die alle iheren eigenen Staat wollten.
Die hätten soviel wollen können, wie's wollten;

ohne Niederlage keine Vorortverträge und keine Einzelstaaten und fertig.



LG
RedScorpion

Barbarossa hat geschrieben: ...
RedScorpion hat geschrieben: Und zum Krieg kam es...
Das ist hier zwar nicht das Thema, aber der Balkan war ein derartiges Pulverfass, dass es irgendwann zum Krieg kommen musste. Das haben alle Strategen der damaligen Zeit so gesehen.
Möglicherweise.

Aber sie lagen alle falsch. Teilweise meilenweit.

Das kann passieren.


Was aber erschreckt, dass viele (gerade in D) heut noch meilenweit danebenlangen.

Es war doch völlig wumpe, ob nu Serbien, Griechenland, Italien oder gar Liechtenstein Oesterreich einen reinwürgt.

Das Problem war doch wohl eher, dass das ein solch kleiner Staat überhaupt konnte, Oesterreich derart vorzuführen,

und die Frage doch, ob sich das Oesterreich nu das x-te Mal leisten konnte, das so einfach hinzunehmen.

Nur in die Lage hat sich Oesterreich 1848 selbst verfrachtet bzw. ist dann sukzessive und durch Bösartigkeit Preussens immer weiter hineingetrieben worden.



LG
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Barbarossa
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RedScorpion hat geschrieben:
Barbarossa hat geschrieben: ...
RedScorpion hat geschrieben: Und zum Krieg kam es...
Das ist hier zwar nicht das Thema, aber der Balkan war ein derartiges Pulverfass, dass es irgendwann zum Krieg kommen musste. Das haben alle Strategen der damaligen Zeit so gesehen.
Möglicherweise.

Aber sie lagen alle falsch. Teilweise meilenweit...
Nur an den tatsächlichen historischen Ereignissen sieht man ja, dass sie eben nicht so daneben lagen.
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dieter
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Barbarossa hat geschrieben:
dieter hat geschrieben: Lieber Barbarossa,
das waren aber die Regierenden und nicht die tschechische Bevölkerung von Böhmen und Mähren. :wink:
Ja, aber der Adel hatte großen Einfluss auf die damalige Identität der Bevölkerung. Wie groß dieser Einfluss gewesen sein muss kann man schon daran ermessen, wie sich der Name "Sachsen" regional verschob. Einzig durch eine dynastische Verschiebung (die Dynastie "von Sachsen" wanderte im 13. Jh. von heutigen Niedersachsen in heutige Sachsen) wanderte auch der Name der Bevölkerung mit. Die heutigen Sachsen sind verwandt mit den Thüringern und haben von ihrer Abstammung her wenig bis nichts mit den heutigen Niedersachsen zu tun.
Mit Böhmen konnte derartiges allerdings nicht passieren, weil es ein privilegiertes Kurfüstentum innerhab des Reiches war, aber
es war nunmal ein Teil des römisch-deutschen Reiches, unabhängig davon, dass ein größerer Teil der Bevölkerung Slawen waren.
Lieber Barbarossa,
im Endeffekt hat sich dann doch die völkische Zugehörigkeit eines Landes durchgesetzt und nicht zu welcher Bevölkerung der Fürst gehörte. :wink:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
Aneri

Karlheinz: Der deutsche Nationalismus war anders als in Frankreich nicht das Kind der Aufklärung, sondern entwickelte sich im Gegensatz zu ihr als Kind der Romantik.
Im Gegensatz denke ich, das die Romantik wurde ein Kunst-bzw. Ideen-Strömung, durch die die entstehende Nation sich manifestierte und verstärkte. Ich denke, es kann hier nicht Ursache (Romantik) ->Wirkung (Nationalgefühl) als eine in eine Richtung gerichtete kausale Kette angesehen werden. Es wurde eine gegenseitig sich bestärkenden rückkoppelnden Wirkungen, in denen das beginnende Nationalgefühl, Gefühl der Gemeinsamkeit, sich in Romantik niederschlug, deren Veröffentlichungen den Nerv der Gesellschaft trafen und das Nationalgefühl verstärkten. Es wiederum in der Romantisierung, teilweise Erfindung der nationalen Geschichte und Symbolen sich spiegelte.

Diese Ansicht (sich rückkoppelnd verstärkenden Wirkungen) wird unterstützt durch die Verbreitung der Romantik in Europa, die auch zeitlich „gerahmt“ ist. Die Mittelschicht suchte nach ihrer Identifikation. Zu der gehörten Künstler, Denker und Bourgeoise, die verkehrten und einander beeinflussten. Die wachsende Mittelschicht seinerseits bedeutet angehende Wirtschaft, die später durch industrielle Revolution ihre wirkliche Macht entfaltet.
Sie entdeckte die Volksgemeinschaft als Kriterium der Nationalität. In ihr wird man hineingeboren, als Glied eines durch Abstammung miteinander verbundenen Volkskörpers. Man kann ihr nicht beitreten, da nur die Blutsverwandtschaft entscheidend ist.
Aus E. Hobsbawm „Nationen und Nationalismus“:

Eine höchst aufschlussreiche Erörterung dieses Verwirrspieles stammt aus Deutschland des 18. Jhd.. Für die Enzyklopädisten Johann Heinrich Zedler bedeutet 1740 die Nation in ihrem „eigentlichem und ersten“ Sinn:
„eine vereinigte Anzahl von Bürger, die einerley Gewohnheiten, Sitten und Gesetze haben... Daraus folget, daß gewisser, großer oder kleiner Bezirk...eigentlich nicht den Unterschied der Nationen ausmache, sondern daß dieser Unterschied einzig und allein auf Verschiedenheit der Lebens-Art und Gebräuche beruhe, folglich in einer oftmals kleinen Provintz Leute von unterschiedlichen Nationen bey einander wohnen können. Schwerlich wird sich z. E. jemand zu behaupten unterstehen, daß die Wenden, ob sie gleich annoch, und zwar fast mitten in Deutschland, in einem schmalen Strich Landes wohnen, auch auf allen Seiten Deutsche Nachbarn haben, zur Deutschen Nation gehören, welches aber notwendig folgen würde, wenn der Unterschied der nationen nach den Provintzen sollte beurteilet werden (Zedler, 1732). Für Zedler müßten „verschiedenen Nationen, die in einem Bezircke wohnen,...eigentlich ein Volck (heißen)“.

Es ist eigentlich ganz anderes als von dir Karlheinz vorgeführte Bedeutung des Nation bzw. Volkes. Es wird nicht auf die Abstammung der Akzent gesetzt. Es sind Gewohnheiten, Sitten und Gesetze. Allgemein jedoch hat ein Sprachgebrauch „das Wort Nation auch im Sinne von Volk verwendet, manchmal als Synonym für einen gesellschaftlichen „Stand“ (ordo) oder für eine „Gesellschaft“ (sozietas).“
Peppone: Das hatte aber mit Nationalismus nix zu tun, schließlich zählten da auch die Böhmen ganz zwanglos dazu! Außerdem gab´s an den Unis, wo die "Nationes" überhaupt erst entstanden sind, viele "Nationen", die man heut nicht im Traum so sehen würde:
(Auszug aus Wiki):
"An der Pariser Universität wurden die nationes gallicorum, normannorum, picardorum und anglicorum unterschieden, wobei zur „gallischen“ auch die Italiener, Spanier, Griechen und Orientalen zählten und zur „englischen“ auch die Deutschen und ihre nördlichen und östlichen Nachbarvölker. An der Prager Universität gehörten zur „polnischen“ Nation neben den Studenten aus dem Königreich Polen auch die Studenten der östlichen Reichsteile, zur „böhmischen“ auch Ungarn und Südslawen, zur „bayerischen“ außer den Bayern die Schwaben, Franken, Hessen, Rheinländer und Westfalen sowie zur „sächsischen“ die Norddeutschen, Dänen, Schweden und Finnen."
Nation als Herkunft oder Abstammung (altfranzösisches Wörtebuch) „Je fus retourne au pays de ma nation en la conte de Haynnau“(Man schickte mich zurück in das Land ,einer Geburt/Herkunft in der Grafschaft Hennegau).

Nation als Synonym für „Fremder“. Größere, abgeschlossene Gruppen, wie Zünfte oder ähnliche Korporationen, die von anderen, neben denen sie bestehen, unterscheiden müssen: In Spanien die „Nationen“ ausländischer Kaufleute oder auch von Beppe beschriebene „Nationen“ in Universitäten. Wobei hier in der Herkunft (der als Ort bzw. Territorium verstanden wird) Akzent auf die Fremdschaft zur Einheimischen gegeben wird. (Quelle: Hobsbawm, Nationen und Nationalismus)

Alle die Bedeutungen offenbar noch weit von moderner Bedeutung entfernt. Diese Bedeutung entstand erst, wenn man begrifflich eine Eigenartigkeit der politischen Entwicklung fassen wollte, die erst mit der Ende der Aufklärungsepoche (erst mit der Nordamerikanischen und Französischen Revolutionen) sich äußerte. Dafür nahm man ein schon bekannten Begriff und verwendete ihn ausschließlich für dieses Phänomen, der schwer wörtlich zu definieren ist. Übrigens zweifele ich, dass die Bezeichnung von Stalin wirklich von ihm stand. Er war kein Theoretiker. Wenn, dann hat es von einem unbekannten Theoretiker vereinnahmt, den dann in Gulag umgebracht wurde.
Barbarossa: Schließlich bezeichnete sich das alte Reich ja bereits seit 1474 selbst als "...Deutsche Nation".
Harald: Für meine Begriffe ist der entscheidende Moment für die Entstehung der deutschen Nation die Schlacht auf dem Lechfeld 955...
Da dieser Phänomen der Nation und Nationalstaaten war bis dahin nicht präsent, kann man zwar Wurzeln sehen, die zur späteren Nationen führten, nicht aber die Nationalstaaten und Nationen in der Zeit suchen. Übrigens zu aller Verwirrung hatte ich zuletzt auch in einer Dokumentation gehört, wie mittelalterliche Staatsgebilde als Nationalstaaten bezeichnet wurden. Es muss wirklich so sein, dass die „Demokratisierung“ der Medien eine Verwirrung für der Leien sorgt. Das beobachte ich auch in populär-natuwissenschaftlichen Veröffentlichungen.

Die Zusammengehörigkeit der Menschen muss s. z. aus innen heraus ausgehen, nicht von gegebenen Umstand der schon vorhandenen Hierarchie, in die man hineingeboren wird. Auch dort war eine Zusammengehörigkeit, aber eben anderer Qualität. Daher finde ich die Akzentuierung der Rolle der Romantik sehr wichtig in der Entstehung einer Nation. Dort wird Legenden und Symbolen beschrieben, die für Nation eine Art Referenz bilden. So ist nicht irgendwelche vorh. Macht zum „Klebestoff“ der Nation. Es sind die Ideen, die Vorstellungen, die das unsichtbares „dunkle Materie“, die Nation zusammenzieht. Es gab in feudalem System nicht Vergleichbares.
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Ach ja, noch ein Zitat aus Karlheinz ersten Beitrag:
“Ich will den Hass gegen die Franzosen, nicht bloß für diesen Krieg, ich will ihn für immer...(E.N. Arndt, 1813)“
Ich möchte diesem einseitigen Bild, das oft beschrieben wird (auch inhttp://geschichte-wissen.de/forum/viewt ... =64&t=4958) etwas zufügen. Ich meine, dass die Gegebenheiten in Deutschland waren nicht so homogen.
Quelle: Walter Grab. Die Französische Revolution. Die Ausstrahlung der Revolution nach Deutschland, 1989.

Unter den etwa siebentausend Wissenschaftlern, Künstlern. Schriftstellern und und Journalisten, die im deutschsprachigen Raum publizierten, gab es drei Reaktionsmöglichkeiten auf die revolutionäre Herausforderung, Sie äußerten sich in drei politisch-geistigen Strömungen:
-gegenrevolutionär-konservative,
-konstitutionell-gemäßigte, die Reformen von oben postulierte und
-radikal demokratisch-jakobinische, die zum aktiven Handeln und zum Bündnis mit den Volksmassen aufrief

Übrigens schrieb Schiller noch nach den Pariser Massakern von September 1792, dem Vorstoß der Revolutionsarmee ins Rheinland und der Errichtung des Mainzer Jakobinerclubs an seinen Freund Körner, dass er den Französen einen „glücklichen Erfolg ihres Kriegs“ wünsche und seinen Jenaer Lehrstuhl aufgeben wolle, um nach Frankreich übersiedeln. Nur später begann er zu zweifeln.

Das Auftreten von radikalen Jakobinern bedeutete, dass der revolutionäre Brand Frankreichs auf Deutschland überzugreifen begann. Die Herrscher trafen daher Vorkehrungen, um Unruheherd im eigenen Machtbereich auszulöschen. Es wurden Zensurbestimmungen verschärft und durch Verbot ihrer Schriften der Existenzgrundlage beraubt. Spitzelwesen in den meistens Reichstädten und Fürstentümern zwangen viele Jakobiner zu emigrieren. Daher bildete sich in 1791-92 zwei Zentren demokratischer Agitation in Territorien, die dem Zugriff deutscher Potentaten entzogen waren: Staßburg und Altone in Holstein, das zu Dänemark gehörte (neben Hamburg)

Unter den etwa hundert deutschen Demokraten, die nach Elsaß auswanderten, befanden sich zahlreiche katholische Geistliche, die den Obskuranismus und die Orthodoxie der Kirche bekämpften und sich die Vernunftprinzipien der Aufklärung zu eigen gemacht hatten. Zentralfiguren in Starßburg waren Eulogius Schneider und Staatstheoretiker Karl Clauer, in Hamburg – Journalist und Schriftsteller Friedrich Wilhelm von Schütz. Nach der Besetzung von Mainz schuffen dortige Demokraten einen Jakobinerclub, zu dessen wichtigsten Mitgliedern gehörten Universitätsproffessoren Metthias Metternich, Andreas Hoffmann, Georg Wedekind und Felix Blau, Kulturphilosoph und Schriftsteller Georg Foster.

Einer der wichtigsten Gründe für die Erfolglossigkeit und Enttäuschung der deutschen Jakobiner wurzelte in der Wandlung der Kriegszielpolitik der französischen Revolutionäre.
Die meisten deutschen Jakobinischen Kosmopoliten, die ins Land der Freiheit geflohen waren, wurden während Jakobinnerherrschaft in Frankreich verhaftet, weil man sie als Ausländer Spionage verdächtigt hat. Einige, darunter Eulogius Schneider, wurden hingerichtet.
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Zu dem Thema: Französische Revolution und ihre Auswirkungen (teilweise Fortschreitung der Diskussion unter http://geschichte-wissen.de/forum/viewt ... 8&start=30werde ich später mehr schreiben, aber in einem separaten Thread. Hier ging mir vor allem um die Feststellung, dass auch in Deutschland gab es ein differenziertes Bild, der mit Fortschreitung des Krieges in Patriotismus überging. Gerade DAS ist m. E. sehr wichtig für die Entstehung eines Gemeinschaftsgefühls, der nationale Zugehörigkeit (in modernen Bedeutung) bestärkte. Etwas ähnliches übrigens auch in England vorging, in dem jeder Abweichung von gehobenen Patriotismus als Landverrat angesehen war. So dass Französische Revolution doch durch Einwirkung von außen – auf Umwege - initiierte die Entstehung der Nationen.
Lia

Es ist und bleibt ein Spezifikum der deutschen Romantik, dass aus ihr ein zusehends ungesunder und obendrein gelegentlich historisch falsch basierter Patriotismus/ Nationalismus enstand, bei dem man sich auf Herder oder Fichte berief, deren Gedanken allerdings zum eigenen Nutzen fehlinterpretierte.
Ganz Unrecht hat Karlheinz nicht, wenn denn sicherlich zu späterem Zeitpunkt sicherlich von einer gegenseitigen Bestärkung zu sprechen ist.
Dietrich
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Lia hat geschrieben:Es ist und bleibt ein Spezifikum der deutschen Romantik, dass aus ihr ein zusehends ungesunder und obendrein gelegentlich historisch falsch basierter Patriotismus/ Nationalismus enstand, bei dem man sich auf Herder oder Fichte berief, deren Gedanken allerdings zum eigenen Nutzen fehlinterpretierte.
Ganz Unrecht hat Karlheinz nicht, wenn denn sicherlich zu späterem Zeitpunkt sicherlich von einer gegenseitigen Bestärkung zu sprechen ist.
Man sollte bei dieser Thematik sorgfältig unterscheiden zwischen den Begriffen "Nationalgefühl" und "Nationalismus". Bekanntlich ist Nationalismus ein negativ besetzter Begriff für ein übersteigertes Nationalgefühl und die Überbewertung der eigenen Nation. Insofern bin ich mir nicht ganz sicher, welchen Begriff der Threadersteller mit dem Titel "Der frühe Nationalismus der Deutschen" wirklich gemeint hat.

Die deutsche Romantik ist eine politisch harmlose Erscheinung und Teil eines erwachenden Nationalgefühls. Die geistesgeschichtliche Bewegung der Romantik verklärte die Natur und die Welt des Mittelalters, es kam zu einer Rückbesinnung auf die Volksdichtung und auf Themen der eigenen Geschichte. Man könnte auch von einer "Nationalromantik" sprechen, die mit der Suche nach der nationalen Identität verbunden war.

Von "Nationalismus" in seiner negativen Form kann man erst nach der Reichsgründung im Verein mit dem wilhelminischen Kaiserreich sprechen, wo eine vielfach degenerierte Form der Romantik eine unheilige Allianz mit nationalistischer Propaganda einging.
Lia

Ich schrieb ja: Die Romantiker waren keine Nationalisten, sie wurden unbeabsichtigt Basis dafür.
Von "Nationalismus" in seiner negativen Form kann man erst nach der Reichsgründung im Verein mit dem wilhelminischen Kaiserreich sprechen, wo eine vielfach degenerierte Form der Romantik eine unheilige Allianz mit nationalistischer Propaganda einging.
Die übersteigerte Form des Nationalbewusstseins samt aller dubiosen Rückbesinnungauf angeblich Historisches würde ich allerdings schon früher ansetzen, vor der Reichsgründung.
Allerdings kein einzig deutsches, singuläres Phänomen, schon gar nicht dort, wo plötzlich Nationalität und Sprache eine Rolle zu spielen begannen, wo sie über ziemlich lange Zeit ziemlich Nebensache gewesen war.
Aneri

Ich denke, Romantik diente überall für die Idealisierung der Vergangenheit, für die Entstehung der Symbole, die das nationale Gefühl nährten. Sie waren sehr oft um nicht zusagen meistens historisch gesehen falsch, es war auch nicht ihre Aufgabe. Sie müssten idealistische Vorstellung bilden, die als Referenz für die Gemeinsamkeit einer entstehenden Nation diente.

Ich kann es besser aus litauischer Romantik beurteilen. Z.B. Ruta als Name und auch eine Pflanze, aus der wurde die Braut-Kopfkranz geflochten. Das besonders Muster der Blätter dieser Pflanze kommt in unzähligen Volksornamenten, Stickereien und Webstoffen vor. Es steht für die Unschuld, Jungfreulichkeit. Später habe ich mich gewundet, dass auch bei Britten kommt weibliche Name Ruth vor. Irgendwann stand ich verblüft in einer Gärtnerei vor einem Topf mit ruta graveolens (Weinraute auf Deutsch). Erste mal kam mir Zweifel an den wirklich nationalem Ursprung dieses weibliches Namens. Mit höhe Sicherheit war es von den Romatikern erfunden, die die Name schon vorher geliebten Pflanzen in ihren Legenden und Dichtungen nutzten. So kam erfundene Name in die Realität als sehr alte rein litauische Name.

Was Nationalismus betrifft, hier meine ich die WIKI Definition gut zutrifft:
Nationalismus bezeichnet Weltanschauungen und damit verbundene politische Bewegungen, die die Herstellung und Konsolidierung eines souveränen Nationalstaats und eine bewusste Identifizierung und Solidarisierung aller Mitglieder mit der Nation anstreben.
Ob es positiv oder negativ behaftet ist, hängt - nach mir- nur in der Art, die diese Bewegungen für die Erreichung ihrer Ziele nutzen.

Ob eine Nation überhaupt kann sich als solche wahrzunehmen, ohne anderen herabwürdigen, denke ich,ist schwer. Man muss nur psychologisches Modell eines Individuums etwas wahrzunehmen auf eine Nation übertragen. Man erkennt etwas, wann man beginnt es zu unterscheiden. Wenn das Erkennbares und Unterscheidebares (ein Baum und die Umfeld) beide außen sind, dann gibt es kein Problem. Wenn aber ich MICH selbst erkenne und von der Umwelt unterscheide, dann bin ich das Ego, das muss erst noch lernen mit anderen gleichartigen Ego umzugehen. Hier gibt es keine Eltern, die es lernen helfen könnten. Man muss es selbst lernen, auch durch Irrversuche. Für mich Nation ist eine zivilisatorische Einheit, die nach Selbstorganisationsprinzipien agiert. Früher war ich sehr skeptisch wenn den Begriff "kollektives Bewusstsein" hörte. Mittlere Weise ist für mich die Nationalismus - eine Äußerung dieses "Bewusstseins".
Lia

Da halte ich es eher mit Herder,
Zitat nach http://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Gottfried_Herder
In seiner Schrift Auch eine Philosophie der Geschichte zur Bildung der Menschheit formulierte er die These, dass die „Mächte der Geschichte“ wie Nationen, Epochen jeweils ihren eigenen Wert in sich tragen und unabhängig vom Betrachter zu beurteilen sind. Herder gilt damit als Erfinder des Nationenbegriffs. Seine Vorstellung der Nation unterschied sich allerdings vom Konzept des Nationalismus im 19. Jahrhundert.[18] Herder zufolge bestimmen Gleichwertigkeit und Mannigfaltigkeit den Charakter der Nationen. Auf die Frage „Was ist [eine] Nation?“ antwortete er:

„Ein großer, ungejäteter Garten voll Kraut und Unkraut. Wer wollte sich dieses Sammelplatzes von Torheiten und Fehlern so wie von Vortrefflichkeiten und Tugenden ohne Unterscheidung annehmen und...gegen andre Nationen den Speer brechen?... Offenbar ist die Anlage der Natur, daß wie Ein Mensch, so auch Ein Geschlecht, also auch Ein Volk von und mit dem anderen lerne...bis alle endlich die schwere Lektion gefaßt haben: kein Volk ist ein von Gott einzig auserwähltes Volk der Erde; die Wahrheit müsse von allen gesucht, der Garten des gemeinen Besten von allen gebauet werden.“[19]
Aneri

Hm-m-m, will nicht zu nah tretten, aber wenn es ein moderner Begriff (wenn auch morphologisch das alte Wurzel áls Unterlage benutzt wird) ist, dann könnte es nur beteiligt an der Entstehung der Bedeutung, die jetzt von Historikern und Soziologen angenommen wird. Er starb in 1802. Zu dieser Zeit die Bildung der Nationen nur begann: es waren nur vereinigten Staaten gegründet und französische Revolution. Es muss ein gewissen Abstand zu analysierenden Prozessen haben, um es als ein bestimmten Merkmal bestimmter Epoche zu erkennen.

Walter Bagehot hat sehr treffend schon 1887 geschrieben:
"Wir wissen, was es ist, solange uns niemand danach fragt, aber wir können es nicht sofort erklären oder definieren"

Hobsbawm schreibt, dass :
Das Problem ist jedoch, daß es keine Möglichkeit gibt, einem Beobachter zu sagen, wie er a priori eine Nation von anderen Gruppen unterscheiden kann, so wie ihm beispielsweise sagen könnten, was einen Vogel ausmacht oder was eine Maus von einer Eidechse unterscheidet. Das Studium der Nationen wäre ein leichtes, wenn es wie die Ornithologie betrieben werden könnte.
Dietrich
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Aneri hat geschrieben: Ob eine Nation überhaupt kann sich als solche wahrzunehmen, ohne anderen herabwürdigen, denke ich,ist schwer.
Es gibt eine ganze Reihe recht friedlicher Nationen, die nicht im Verdacht stehen, andere Nationen zu mobben. Ich denke da z.B. an Schweden, Dänemark, die Schweiz, Island, Chile, Kanada oder Australien. Es ist durchaus möglich, Stolz auf die eigene Nation zu sein, ohne andere Nationen zu diskriminieren.
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