Kolumbien – Die Polizei, dein Feind und Gegner

Die Geschichte der Indianer: Apachen, Comanchen, Black Feet, Eroberung durch europäische Siedler

Moderator: Barbarossa

ehemaliger Autor K.

RedScorpion:
(jaja, wir wissen's ja alle: Deutschland ist toll, daran werden andere Länder nie herankommen)
Da hast du ausnahmsweise einmal Recht. Ansonsten kann ich allerdings zu deinem Beitrag nur sagen: "Viele Menschen sind zu gut erzogen, um nicht mit vollem Mund zu sprechen, aber sie haben keine Bedenken, es mit leerem Kopf zu tun." (Orson Welles)
RedScorpion

Und was ist des Professoren Urteil Rechtfertigung, wenn kritisiert wird, dass der Empirismus hier schon a bisserl leidet, wenn Beobachtungen/Erfahrungen eines Gringo von anno dazumal nicht so gaaanz aufschlussreich fürs Heute sind, es sei denn, man hätte von heute Vergleichswerte zur Hand, bittschönrechtsehr?


P.S. Habt's heut wohl wieder hübsch hässlich in Hemboich, gell? :mrgreen:



LG
Aneri

Ich würde das Thema nicht auf Kolumbien beschränken wollen. Es ist sicher sehr krasser Beispiel, dennoch Polizei als Gegner wird auch oft auch in "fortgeschrittenen" demokratischen Ländern betrachtet. Ich spreche hier nicht nur über die kriminelles Niveau. Meistens sind es die politische Strömungen, die vorhandenen Freiheitsraum erweitern will und stoßt damit zwangsläufig auf staatliche Gewalt. Da besonders junge Leute, mit ihrer Maxime, mit ihren Hormonen-Haushalt neigen die Grenzen aggressiv überschreiten und machen dadurch schmerzhafte Erfahrung. Diese Erfahrung prägt dann sie ganze Leben.

Auch andere - inne liegende Aspekt des "Polizeitums" könnte hier angesprochen werden. Wenn man ständig nur mit Kriminellen, mit den pathologischen Auswüchsen der Gesellschaft zu tun hat, verändert sein Blickwinkel, was auch in seinem Handeln wiederspiegelt. Auch negative Charaktereigenschaften, die sonst in Schach gehalten werden, können dadurch sich entfalten wie etwa der Machtgefühl, Aggression etc.

Ich denke aber, dass Polizei wie in Titel dargestellt ist, ist nur von sekundären Bedeutung, wenn auch sie die Einzige von der Staatsstrukturen ist, die die physische Macht ausüben kann (ja, es gibt noch Armee, die aber im Normalfall nicht befugt ist). Das Kern des von KH beschriebenen Falles ist die Korruption. Als solche ist sie in allen politischen Systemen vorhanden. Nur eben mal mehr mal weniger. Mich würde interessieren, wie ihr sieht das Übel, wo sieht ihr die Wurzeln. Warum in Kolumbien hat es solche Ausmaße erreicht, in anderen Ländern dagegen in Schach gehalten?

M. E. liegt es an kulturelle Umwelt, allen voran der Werte. Auch Sitten, die einmal vielleicht aus Notwendigkeit entstanden, werden aber auch später ohne Hinterfragung ausgeübt. Bei uns (Litauen sowietische Zeit) z.B. war üblich den Arzt, der Schwestern ein Geschenk zu machen. Auch Geld war sehr verbreitet. Warum eigentlich? Ich denke, dass in Vorkriegszeit war Litauen ein Bauernland. Am Lande hat der Patient oft naturell mit dem Arzt abgerechnet. Nachher würde die Medizin von dem Staat bezahlt, dennoch die Sitte blieb. Wenn auch die Ärzte beschwören, dass das Geld kein Einfluss auf die Behandlung hat (habe Freunde-Ärzte), jeder Patient weiß, wieviel solche oder andere Operation kostet. Wie ich weiß, jetzt ist noch schlimmer als in sowietischen Zeiten. Wo man ständig gibt, wächst auch die Erwartung. Daher denke ich schon, dass es ein Unterschied gibt, wenn Patient nicht bezahlt. Es weis auch jeder Patient und versucht seinerseits die Erwartung zu befriedigen. Auf die weise entsteht rückkoppelnde Mechanismus, in dem beide Parteien meinen unschuldig zu sein. Wobei beide - nicht eine - betreibt dieses System.

Diese Rückkoppelnde sich antreibende System funktioniert in allen Bereichen. Bei uns war ein Spruch: ohne Schmieren, keine Fortbewegung. Will man Baugenehmigung, muss man dem Sachbearbeiter ein Geschenk geben. So in jedem Bereich. Man eigentlich sich nicht beschwerte. Man nahm es einfach an. Ich denke diesen Phänomen muss man unbedingt untersuchen, weil viele Länder vom Ostblock sind jetzt in EU und sie haben alle etwa gleiche Probleme. Unter anderem die Korruption.

Freie Medien und Transparenz in der Bürokratie sind ein wirksames Mittel gegen Korruption. Dennoch die vorhandene Vetterschaftsmentalität und die Interesse an Nebeneinkunft wirkt gegen Transparenz. Zugleich spielt moderne Entwicklung zur kleinen Familien gegen Vetterschaft, dessen Netz damit verkleinert wird. Es wächst der Selbstbewusstsein des Menschen, der will nicht dafür zusätzlich bezahlen, was ihm sowieso zusteht.

Also kann sich die Korruption entfalten hier nur auf "höhere" Ebene, wenn eine Institution (nicht der Mensch allein) z.B. ein interessierte Unternehmen will Beamten schmieren lassen.
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Barbarossa
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Deinen Ausführungen würde ich zustimmen Aneri.
RedScorpion hat geschrieben:(jaja, wir wissen's ja alle: Deutschland ist toll, daran werden andere Länder nie herankommen). :clap: :wink:
Endlich siehst du es mal ein!
:D

Aber im Ernst:
Im "Tabellarischen Ranking" des CPI (Corruption Perceptions Index) von 2012 steht Deutschland im weltweiten Vergleich auf Platz 13, Kolumbien dagegen auf Platz 94.
Griechenland, Indien, Moldau u. Mongolei stehen z. B. gleichauf mit Kolumbien.
Aber andere Länder stehen bezeichnenderweise noch schlechter da, von denen man das auch nicht unbedingt annehmen würde.

102 Argentinien
105 Mexiko
113 Albanien
118 Dominikanische Republik
133 Guyana, Honduras und auch Russland
144 übrigens die Ukraine
165 (das Nachbarland) Venezuela (!)
und auf dem letzten Platz befinden sich:
174 Afghanistan
174 Nordkorea
174 Somalia
Quelle: hier klicken

Es gibt wohl also noch Länder, in denen es weitaus schlimmer zugehen muß, als in Kolumbien (auch wenn man nach dem Bericht von Karlheinz denkt: Das geht gar nicht).
:wink:
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RedScorpion

Barbarossa hat geschrieben: ...
Im "Tabellarischen Ranking" des CPI (Corruption Perceptions Index) von 2012 steht Deutschland im weltweiten Vergleich auf Platz 13, ...
...
Wieviel Deutschland dafür wohl bezahlt hat (Stichwort Merkel als Knecht deutscher Auto-Lobby)?

P.S. Auch bez. der Schweiz, auf besserer Position als D, kann ich massenhaft Stories erzählen, was ganze Korruptionssümpfe betrifft.

Barbarossa hat geschrieben: ...
... Kolumbien dagegen auf Platz 94.
[...]
102 Argentinien
105 Mexiko
[...]
118 Dominikanische Republik
133 Guyana, Honduras [...]
[...]
165 (das Nachbarland) Venezuela (!)

Es gibt wohl also noch Länder, in denen es weitaus schlimmer zugehen muß, als in Kolumbien ...
...
... und, noch einmal, Kolumbien da in den letzten Jahren gar nicht schlechte Arbeit geleistet hat, ob das KH nu in den Kram passt oder nicht.

Denn der Vergleich ist nicht Dänemark, sondern einmal eben die Situation, in der sich Kolumbien, am Rande des Bürgerkriegs, jahrzehntelang befand, und freilich jene seiner Nachbarn, die z.T., wie KH ja auch schreibt, teilweise ein besseres Image haben.


P.S. Wenn KHs Uni-Kollegen (wobei ich jetzt nicht sagen will, dass Professoren die Elite darstellen, sind sie doch nix anderes als Dienstpersonal, streng betrachtet; aber immerhin, könnte noch schlimmer sein :mrgreen: ) in Kolumbiens Hauptstadt da zum selben Schluss kommen wie KH und Dieter, dann können's ja, wenn sie recht haben, nur in die Position gekommen sein, indem sie selbst schmieren und bestechen bzw. sich schmieren und bestechen lassen, sie also selbst auch koksen und sich ins Amt gekauft haben. Klassischer Syllogismus. :wink:



LG
Aneri

Barbarossa hat geschrieben: Es gibt wohl also noch Länder, in denen es weitaus schlimmer zugehen muß, als in Kolumbien (auch wenn man nach dem Bericht von Karlheinz denkt: Das geht gar nicht).
:wink:
Wobei muss man beachten, dass Korruptionsindex von Wirtschaftstheoretiken kreiert wurde, daher auch spiegelt eher die Wirtschaftsangelegenheit bzw. Probleme, die sie in gefragten Land haben (Auslandsinvestitionen und ähnl.). Ein Tourist oder ein einheimische "Sterblicher" in einem Land wird bestimmt nach anderen Kriterien seine Korruptionsbewertung geben. Z. B. Russland ist ein korruptes Land, dennoch ein Fremder muss da nicht viel befürchten (außer der Kriminellen). Auch beim Verlust des Geldes oder Passes wird man von einfachen Bevölkerung unterstützt und Kinder betteln nicht (in Großstädten hat es sich geändert, aber doch nicht in dem Ausmaß wie in Latein Amerika, wo es s. z. zu guten Ton gehört). Mein Vater, der viel schlimmes von Russen erlebt hat, hat erzählt, dass er nirgendwo so ehrliche, mitleidende und gastfreundliche Leute erlebt hat als in Russland.
Daher wie gesagt, schlimmer kann sein (oder nicht) auf vielfältiger Weise. KH hat seine Erfahrung berichtet. Es ist sein Korruptionswahrnehmungsindex.
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Karlheinz hat geschrieben: Da hast du ausnahmsweise einmal Recht. Ansonsten kann ich allerdings zu deinem Beitrag nur sagen: "Viele Menschen sind zu gut erzogen, um nicht mit vollem Mund zu sprechen, aber sie haben keine Bedenken, es mit leerem Kopf zu tun." (Orson Welles)
Lieber Karlheinz,
toller Spruch. :)
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
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Barbarossa hat geschrieben: Es gibt wohl also noch Länder, in denen es weitaus schlimmer zugehen muß, als in Kolumbien (auch wenn man nach dem Bericht von Karlheinz denkt: Das geht gar nicht).
:wink:
Lieber Barbarossa,
das waren die persönlichen Erlebnisse von Karlheinz. Wenn es in meiner Nähe passiert, sieht das immer schlimmer aus. :wink:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
ehemaliger Autor K.

Das Auswärtige Amt der BRD gibt ja zu fast allen Ländern Kommentare über die dortigen Sicherheitsverhältnisse ab. Liest man sich durch, was sie über Kolumbien schreiben, ist dies wieder der reinste Horror.
http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laend ... rheit.html

Aber man sollte sich dadurch nicht beirren lassen. Gerade die Regionen, die von dem Amt als extrem gefährlich eingestuft werden, galten damals auch schon als kaum befahrbar. Trotzdem habe ich sie seinerzeit bereist, ich bin fast überall in Kolumbien gewesen und kenne nahezu alle Regionen und Ortschaften. Die Leute sind eigentlich sehr nett, leider hat es eben auch viele Gangster, vor allem die in Uniform.

Bedauerlicherweise ist das kolumbianische Amazonasgebiet praktisch nicht zugänglich. Die Infrastruktur ist schlecht und dort hausen wirklich nur Banditen und dies ist bis heute ein praktisch rechtsfreier Raum. Wer es schafft, von Bogota (liegt hoch in den Kordilleren) in das Amazonasbecken zu kommen und sich dann bis nach Leticia, dem Grenzort an der brasilianischen Grenze durchzuschlagen, der sollte sich einmal bei mir melden. Ich habe auf das Experiment verzichtet. Ich liebe das Abenteuer, bin aber kein Selbstmörder.

Leticia kann man besser von Peru aus erreichen über Iquitos, ist allerdings sehr mühselig mit dem Schiff und dauert sehr lange. Aber von Leticia aus ist es leicht zu Fuß über die Grenze nach Tabatinga in Brasilien zu gelangen. Von dort geht es dann auf dem Amazonas weiter nach Manaus per Schiff, aber häufig nehmen einen auch Indios oder Goldsucher auf ihren Booten mit. Dauert 3-4 Tage.

Leticia ist wohl tatsächlich etwas sicherer geworden. Lange Zeit war dies ein berüchtigter Umschlagplatz für Drogen, weil die Stadt im Dreiländereck Kolumbien-Peru-Brasilien liegt.
Damals ein sehr ungemütlicher Ort. Reisende haben mir erzählt, es sei ein wenig besser geworden. Als Urlaubsziel noch immer nicht so richtig zu empfehlen.

Interessant ist der folgende Hinweis von dem Auswärtigen Amt:

Sollte die Polizei Ihr Gepäck wegen Drogenverdachts durchsuchen, achten Sie darauf, dass ein unabhängiger Zeuge dabei ist. Wer wegen Drogenbesitzes verurteilt wird, muss mit hohen Strafen rechnen, die im kolumbianischen Strafvollzug verbracht werden müssen. Die Haftbedingungen sind wesentlich härter als in Deutschland.

Also betreiben die Bullen noch immer das gleiche Spiel wie damals. Sie jubeln den Leuten Drogen unter und erpressen einen dann. Business as usual.
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