Indianer in Amerika - Völkermord oder blosse Verdrängung?

Vasco da Gama, Kolumbus, Pioniere, die Vermessung der Welt

Moderator: Barbarossa

Lia

Dieter hat geschrieben:Liebe Orianne,
wenn man den Indianern durch das Ausrotten der Büffel die Lebensgrundlage nahm, kommt das schon einen Völkermord nahe.
Ist so eine Sache mit der Ignorier-Liste, manchmal wären da hilfreiche Links zu finden. Oder auch mit selber recherchieren, wie Völkermord definiert ist. Daraus ergab sich für mich klar, dass es (auch) Genozid war, was ich vorher anders sah.
Bei weiterem Lesen, auch, weil ich gerade mit den Kids eine Lektüre* lese, die mit dem Thema zu tun hat, kann man von beidem, Verdrängung und Völkermord sprechen. Mord braucht Vorsatz, den Vorsatz, alle Indianer auszurotten, muss man nicht allen Siedlern unterstellen, die mit Indianern auf unfriedliche Weise zusammenstießen.
Das Ergebnis ist am Ende gleichermaßen grausig- bis heute.
Durchaus nicht nur für Jugendliche/ Schüler lesenswert, der Blick auf die Folgen.
*Sherman Alexie
The Absolutely True Diary of a Part-Time Indian
Deutsch:
Das absolut wahre Tagebuch eines Teilzeit-Indianers
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Orianne
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Das Buch kenne ich Lia, das eignet sich hervorragend für das Thema.

Der Stoff erinnert mich ein wenig an den Film Little Big Man mit Dustin Hoffman, der zwischen beiden Kulturen versucht sein Leben zu gestalten.

Man kann es auf einen Punkt bringen so in etwa der Schreibart von Karl May: Der Rote Mann war dem Weissen Mann immer im Weg, also musste er weg!

Beendet wurden die Indianerkriege erst gegen 1912, am längsten könnte man den Kampf der Apachen bezeichnen, die schon gegen die Mexikaner kämpften, als New Mexico und Arizona noch nicht zum US Staatsgebiet gehörten. Die Apachen bedienten sich der Guerillataktik, was zuerst der Armee von Mexico viel Geld und Männer kostete wie später der US Armee.

Geronimo und seine Krieger waren die einzigen Indianer, die je in einem Krieg fotografiert wurden.
In Google wird man schnell fündig, man sieht dann auch, dass die Indianer Repetiergewehre benutzten,
die US-Army aber immer noch altmodische Karabiner, zusätzlich war die Munition rationiert. Soweit ich mich erinnere gab es 18 Schuss für den Revolver und ca. 50 für das Gewehr.

Was den Indianern meiner Ansicht nach den Todesstoss gab, war die Umsiedlung (Deportation) in die Reservate, und den Zwang Ackerbau zu betreiben, so etwas konnte gar nicht funktionieren. Ich bin sicher man wusste es in Washington, und rechnete dein Tod mit ein.
Grant stood by me when I was crazy, and I stood by him when he was drunk, and now we stand by each other.

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Titus Feuerfuchs
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Die Verbrechen an Indianern lassen sich mitnichten auf das dumme, rücksichtslose Abschlachten von Millionen Bisons reduzieren;
Landraub, gezielte Verbreitung von totbringenden Seuchen und Massaker, wie etwa das von Wounded Knee


http://de.wikipedia.org/wiki/James_Will ... unded_Knee



wiegen noch wesentlich schwerer.....
MfG,
Titus Feuerfuchs
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Orianne
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Nur davon war auch nicht die Rede Titus, es war aber einer der Hauptgründe, auch die Massenbesiedlung der USA durch viele Einwanderer, dazu die vielen eingeschleppten Krankheiten wie die Grippe, Keuchhusten, Diphterie, Pocken etc.
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dieter
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Orianne hat geschrieben:Das Buch kenne ich Lia, das eignet sich hervorragend für das Thema.

Der Stoff erinnert mich ein wenig an den Film Little Big Man mit Dustin Hoffman, der zwischen beiden Kulturen versucht sein Leben zu gestalten.

Man kann es auf einen Punkt bringen so in etwa der Schreibart von Karl May: Der Rote Mann war dem Weissen Mann immer im Weg, also musste er weg!

Beendet wurden die Indianerkriege erst gegen 1912, am längsten könnte man den Kampf der Apachen bezeichnen, die schon gegen die Mexikaner kämpften, als New Mexico und Arizona noch nicht zum US Staatsgebiet gehörten. Die Apachen bedienten sich der Guerillataktik, was zuerst der Armee von Mexico viel Geld und Männer kostete wie später der US Armee.

Geronimo und seine Krieger waren die einzigen Indianer, die je in einem Krieg fotografiert wurden.
In Google wird man schnell fündig, man sieht dann auch, dass die Indianer Repetiergewehre benutzten,
die US-Army aber immer noch altmodische Karabiner, zusätzlich war die Munition rationiert. Soweit ich mich erinnere gab es 18 Schuss für den Revolver und ca. 50 für das Gewehr.

Was den Indianern meiner Ansicht nach den Todesstoss gab, war die Umsiedlung (Deportation) in die Reservate, und den Zwang Ackerbau zu betreiben, so etwas konnte gar nicht funktionieren. Ich bin sicher man wusste es in Washington, und rechnete dein Tod mit ein.
Liebe Orianne,
ja es ist schwer einem Jägervolk auf einmal die Landwirtschaft nahe bringen zu wollen. :roll:
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Peppone
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dieter hat geschrieben:ja es ist schwer einem Jägervolk auf einmal die Landwirtschaft nahe bringen zu wollen. :roll:
Nur wenige Indianer waren reine Jägervölker. sogar bei den Prärieindianern gab es zumindest zeitweisen Ackerbau zur Ergänzung der Jagd.

Ergänzend wäre zu sagen, dass auch die Prärieindianer erst seit relativ kurzer Zeit Jägervölker waren. Zuvor siedelten sie am Boeren See und waren fast reine Ackerbauern. Erst mit dem Pferd änderte sich das, das Wissen um den Ackerbau war aber nie ganz verschwunden.

Krass wird´s dann, wenn wie im Fall der "Fünf Nationen" eindeutig ackerbauende, in städtischen Siedlungen wohnende Menschen in ein Halbwüstengebiet geschickt werden, zu Fuß über tausende Kilometer, und denen dann gesagt wird, sie sollten jetzt mal Ackerbau machen.
Die hätten schon gewusst, was sie machen sollten, aber in Oklahoma ist schlicht kein Ackerbau möglich (außer mit heutigen technischen Möglichkeiten...).
"Zynisch" ist noch der harmloseste Begriff, der mir für diese Vorgehensweise einfällt.

Und mit Ausnahme der ganz frühen Siedler sind die weißen Amerikaner eigentlich immer mit einer Riesenportion Rassismus mit den Indianern umgegangen (die ihrerseits auch nicht gerade Waisenkinder in der Hinsicht waren, auch wenn´s um "innerindianische" Umgangsweisen ging...das macht den Genozid an ihnen aber nicht besser). Präsident Jackson mit seinem "nur ein toter Indianer..." ist zwar nicht ganz vollständig wiedergegeben, aber er steht da für eine bei den Amerikaner generell lange verbreitete Ansicht...

Beppe
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Orianne
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In Oklahoma gab oder gibt es immer noch Sandstürme, die wirklich die Landwirtschaft verunmöglichten, in der Zeit der Grossen Depression gab es ja den Dust Bowl, damals wurde das Prairiegras gerodet, dieses Gras wirkte wie ein Filtersystem und fehlte dann.

Die Apachen waren meiner Ansicht die zähesten Indianer, sie konnten sich mühelos jeder Lage anpassen, dass sieht man auch an ihrem ursprünglichen Siedlungsgebiet, Arizona, New Mexico und Texas. Soviel ich weiss hatten sie eine Art Demokratie, jeder der sich auszeichnete konnte Häuptling werden.

Du schreibst im Post sicher über die Pueblo Indianer, die waren doch als Maisbauern bekannt, über sie kann man viel schreiben. über ihre Aufstände u.s.w., leider fehlt mir die Zeit. :(
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Peppone
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Orianne hat geschrieben:Du schreibst im Post sicher über die Pueblo Indianer, die waren doch als Maisbauern bekannt, über sie kann man viel schreiben. über ihre Aufstände u.s.w., leider fehlt mir die Zeit. :(
Nein, ich meinte die "fünf zivilisierten Nationen" der Cherokee, Chickasaw, Choctaw, Muskogee und Seminolen, die auf dem "Pfad der Tränen" nach Oklahoma vertrieben wurde.

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Orianne
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Peppone hat geschrieben:
Orianne hat geschrieben:Du schreibst im Post sicher über die Pueblo Indianer, die waren doch als Maisbauern bekannt, über sie kann man viel schreiben. über ihre Aufstände u.s.w., leider fehlt mir die Zeit. :(
Nein, ich meinte die "fünf zivilisierten Nationen" der Cherokee, Chickasaw, Choctaw, Muskogee und Seminolen, die auf dem "Pfad der Tränen" nach Oklahoma vertrieben wurde.

Beppe
Ach ja die " "Five Civilized Tribes", ich hatte gerade vor meinem Post eine Nachricht erhalten, die meinen Kopf verwirrte, e es ist eben nicht gut zwei Dinge zur gleichen Zeit zu tun, sorry!
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General William Tecumseh Sherman
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Spartaner
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Ich denke dass durch Krankheiten nicht so viel Indianer in den USA hinweggerafft wurden. Es ist nicht zu vergleichen mit den vielen Menschen die in der Karibik oder in Südamerika durch die Einwanderung der Spanier und Portugiesen umgekommen sind.
Zwar streiten sich die Historiker noch heute, wievielen Indianern die Eroberung des Westens das Leben gekostet haben könnte, aber es waren nicht so viele wie man vielleicht vermutet. Um 1800 lebten noch 600000 Indianer auf dem Gebiet der heutigen USA. 100 Jahre später waren es nur noch 250000. Ich nehme an, dass von 350000 Indianern allein 200000 durch Hunger und Kälte umgekommen sind. 80000 vl. durch Krankheiten und 70000 durch Kämpfe mit den Siedlern(Ermordung), oder der Armee und rivalisierenden anderen Indianerstämmen. Einge Indianer sind zudem ihrer Aklkoholsucht in den Reservaten zum Opfer gefallen. Sie vertrugen den Alkohol weniger als die weißen Siedler und waren auch schneller betrunken von dem Zeug .
Fast ausgerottet wurden aber die Bisons der nordamerikanischen Prärie. 1820 lebten 25 Millionen Bisons in der Prärie.
Im Jahre 1902 gab es nur noch 23 Tiere.
http://de.wikipedia.org/wiki/Amerikanis ... e_edit.jpg
http://de.wikipedia.org/wiki/Amerikanis ... Bisons.JPG
http://de.wikipedia.org/wiki/Amerikanischer_Bison
Lia

Dieter hat geschrieben:Liebe Orianne,
ja es ist schwer einem Jägervolk auf einmal die Landwirtschaft nahe bringen zu wollen.
Erstens wolle "man" den Indianern vielleicht gar keine Landwirtschaft beibringen, denn das hätte Teilen bedeutet. Warum sollte man mit "Wilden" , die man verachtete, teilen?
Zweitens: Mit welchem Recht beraubte man ein Jägervolk seines Landes, seiner Ressoucen und seiner Identität so komplett? Warum bitte muss man einem Jägervolk Landwirtschaft beibringen wollen?
Mal ganz abgesehen von Peppones sachlicher Richtigstellung.
Nur wenige Indianer waren reine Jägervölker. sogar bei den Prärieindianern gab es zumindest zeitweisen Ackerbau zur Ergänzung der Jagd.
Ich möchte noch einmal auf Barbarossas Einwurf zurückkommen:
Barbarossa hat geschrieben:Warum muss man denn unbedingt den Holocaust bzw. Shoa als Maßstab nehmen?
Marek wird wieder trennen wollen, :mrgreen: aber:
Vielleicht, weil ich in der Bundesrepublik meine Sozialisation im Bereich Geschichte erhielt? Erstaunliches Phänomen in meinen Jahrgängen, gerade bei denen, die sich mit der jüngeren deutschen Geschichte intensiv befassen, dass mit Genozid vorrangig die Shoa verbunden wird. Alles darunter und anderen Völkern angetan, darf möglichst nicht gedacht und erwähnt werden, will man nicht in den Verdacht der Relativierung kommen. Mal gar den transatlantischen Verbündeten des Völkermords zu beschuldigen, ging gar nicht.
Eigentlich müsste ich von der wissenschaftlichen Ausbildung wie vonKenntnissen vieler Fakten her gesehen, in der Lage (gewesen) sein, die Vorgänge in Amerika als das zu bezeichnen, was sie nach UN- Konvention sind: Völkermord.
Renegat
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Barbarossa hat geschrieben:Warum muss man denn unbedingt den Holocaust bzw. Shoa als Maßstab nehmen?
Der Holocaust wird auch deshalb meist als Maßstab genommen, weil er der UN direkt vor Augen stand, als 1948 die Völkermordkonvention beschlossen wurde. Er war mow Anlaß dieser Übereinkunft, wurde an die Menschenrechte angehängt.

Lia hat geschrieben:Marek wird wieder trennen wollen, :mrgreen: aber:
Vielleicht, weil ich in der Bundesrepublik meine Sozialisation im Bereich Geschichte erhielt? Erstaunliches Phänomen in meinen Jahrgängen, gerade bei denen, die sich mit der jüngeren deutschen Geschichte intensiv befassen, dass mit Genozid vorrangig die Shoa verbunden wird. Alles darunter und anderen Völkern angetan, darf möglichst nicht gedacht und erwähnt werden, will man nicht in den Verdacht der Relativierung kommen. Mal gar den transatlantischen Verbündeten des Völkermords zu beschuldigen, ging gar nicht.
Für die Generation der BRD-Geborenen mag da was dran sein. Wenn man aber eine Generation weiter zurückgeht, wird es noch komplizierter. Einige Vertreter der in der NS-Sozialisierten habe ich noch kennengelernt. Deren großes, positives Interesse für die Indianer hat mich immer gewundert. Das kann nicht nur an Karl May gelegen haben? Schon diese Generation kam nämlich mit dem Relativierungsargument, mir sind da dunkel sehr krude Verknüpfungen erinnerlich.
Kann es sein, dass schon in der Hitlerjugend die Judenvernichtung als nicht so schlimm propagiert wurde, verglichen mit der Vernichtung der getreu nach Karl May "edlen" Indianer?
Lia hat geschrieben:Eigentlich müsste ich von der wissenschaftlichen Ausbildung wie vonKenntnissen vieler Fakten her gesehen, in der Lage (gewesen) sein, die Vorgänge in Amerika als das zu bezeichnen, was sie nach UN- Konvention sind: Völkermord.
Es ist ja immer wieder Anlaß zu Diskussionen, welche geschichtlichen Vorgänge man im Nachhinein als Völkermord bezeichnen muß.
Die Türkei ringt mit dem Genozid an den Armeniern, Australien mit der Quasi-Ausrottung der Aboriginies. Die Liste ließe sich verlängern, je genauer man hinguckt und je weiter zurück.
Die UN-Konvention wollte aber in 1. Linie zukünftige Genozide verhindern, was schwierig genug war und ist, siehe Ruanda oder den derzeit stattfindenden Völkermord in Syrien und Irak.
Lia

Renegat hat geschrieben:Für die Generation der BRD-Geborenen mag da was dran sein. Wenn man aber eine Generation weiter zurückgeht, wird es noch komplizierter. Einige Vertreter der in der NS-Sozialisierten habe ich noch kennengelernt. Deren großes, positives Interesse für die Indianer hat mich immer gewundert. Das kann nicht nur an Karl May gelegen haben? Schon diese Generation kam nämlich mit dem Relativierungsargument, mir sind da dunkel sehr krude Verknüpfungen erinnerlich.
Kann es sein, dass schon in der Hitlerjugend die Judenvernichtung als nicht so schlimm propagiert wurde, verglichen mit der Vernichtung der getreu nach Karl May "edlen" Indianer?
Karl May hatte ich auch im Hinterkopf. Ob dessen Schilderungen rassistischen- oder aus seiner Sicht unchristlichen Umgangs der weißen Eroberer mit den Indianern allerdings wesentlich zur Holocaust- Relativierung beigetragen hat, weiß ich nicht, könnte dennoch als Steinchen im Mosaik der Relativierung und Verdrängung angenommen werden.
Verdrängung in anderer Form war/ ist jedoch die Umkehrung auch. Als Deutsche(r) nicht sagen zu dürfen, dass es Genozid überall auf der Welt gab und gibt, ohne gleich in die Schublade gesteckt zu werden, in die man nun nachweislich nicht gehört.
Der Holocaust wird auch deshalb meist als Maßstab genommen, weil er der UN direkt vor Augen stand, als 1948 die Völkermordkonvention beschlossen wurde. Er war mow Anlaß dieser Übereinkunft, wurde an die Menschenrechte angehängt.
Der Maßstab allerdings ist falsch, eine neuerliche Relativierung, in der Rückbetrachtung wie für Gegenwart und die Zukunft.
Wie denn bewiesen ist.
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Gontscharow
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Auch in der DDR waren die nordamerikanischen Indianer durchaus beliebt -
ich vermute, daß ähnlich wie bei den Nazis und den 68ern hier Antiamerikanismus
eine wichtige Rolle spielte.
Im übrigen war Karl May ein ausgesprochen chauvinistischer Autor, daß "edle Wilde" wie
Indianer oder Araber manchmal Gnade bei ihm fanden, ändert daran nichts.
Die deutsch-nationalistischen Töne bei Karl May sind - aus heutiger Perspektive - geradezu widerlich.
Fairerweise sollte man aber auch erwähnen, daß im 19.Jh. , als Mays Romane entstanden, andere Autoren
und andere Länder keinen Deut weniger chauvinistischer waren.Das war seinerzeit der übliche Tonfall.
Renegat
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Renegat hat geschrieben:Für die Generation der BRD-Geborenen mag da was dran sein. Wenn man aber eine Generation weiter zurückgeht, wird es noch komplizierter. Einige Vertreter der in der NS-Sozialisierten habe ich noch kennengelernt. Deren großes, positives Interesse für die Indianer hat mich immer gewundert. Das kann nicht nur an Karl May gelegen haben? Schon diese Generation kam nämlich mit dem Relativierungsargument, mir sind da dunkel sehr krude Verknüpfungen erinnerlich.
Kann es sein, dass schon in der Hitlerjugend die Judenvernichtung als nicht so schlimm propagiert wurde, verglichen mit der Vernichtung der getreu nach Karl May "edlen" Indianer?
Lia hat geschrieben: Karl May hatte ich auch im Hinterkopf. Ob dessen Schilderungen rassistischen- oder aus seiner Sicht unchristlichen Umgangs der weißen Eroberer mit den Indianern allerdings wesentlich zur Holocaust- Relativierung beigetragen hat, weiß ich nicht, könnte dennoch als Steinchen im Mosaik der Relativierung und Verdrängung angenommen werden.
Verdrängung in anderer Form war/ ist jedoch die Umkehrung auch. Als Deutsche(r) nicht sagen zu dürfen, dass es Genozid überall auf der Welt gab und gibt, ohne gleich in die Schublade gesteckt zu werden, in die man nun nachweislich nicht gehört.
Hattest du den Eindruck, das als Deutsche nicht sagen zu dürfen, Lia?
Kommt wahrscheinlich darauf an, mit wem man spricht. Spricht man mit einem US-Amerikaner über Rassismus, wird man sich eine Entgegnung a´la "aber die Deutschen haben die Juden vergast" gefallen lassen müssen, wenn man oberlehrerhaft über den Indianergenozid oder den aktuellen Rassismus gegen Schwarze und Latinos argumentiert.
Sprach man zu BRD-Zeiten mit einem Angehörigen der NS-Generation hat man anders argumentiert, da das Relativierungsargument, was letztlich einer Verteidigungs- und Verdrängungshaltung entsprach, vom Diskussionspartner kam. Die NS-Generation war schließlich gleichzeitig die Eltern- und Großelterngeneration der BRD-Geborenen. Da wurde manches kontrovers im Generationenkonflikt bearbeitet, der Holocaust auf jeden Fall. Anderes, die kleinen Aussagen, wurden übernommen, wie z.B. das Karl May-Weltbild.
Renegat hat geschrieben:Der Holocaust wird auch deshalb meist als Maßstab genommen, weil er der UN direkt vor Augen stand, als 1948 die Völkermordkonvention beschlossen wurde. Er war mow Anlaß dieser Übereinkunft, wurde an die Menschenrechte angehängt.
Lia hat geschrieben:Der Maßstab allerdings ist falsch, eine neuerliche Relativierung, in der Rückbetrachtung wie für Gegenwart und die Zukunft.
Wie denn bewiesen ist.
Man wird immer den zeitnahen Genozid heranziehen und ihn mit dem tagesaktuellen vergleichen. Jeder Genozid ist anders gelagert, sowohl von Ursachen, Absichten und Mitteln. Wir gucken ja gerade einem weiteren zu.
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