Untergang Roms - Kulturbruch in Europa

Hanse, Städte, Salinewesen, Handel, Gilden

Moderator: Barbarossa

Dietrich
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Mit dem Untergang des Römischen Reichs im 5. Jh. verließen die meisten Römer - Beamte, Kaufleute, Gutsbesitzer, Soldaten - die Provinzen und kehrten in ihre Heimat zurück. Die Römerstädte an Rhein, Donau und Rhone verödeten, römische Gutshöfe verschwanden, Straßen und Brücken zerfielen. Der Untergang der römischen Zivilisation führte bei den germanischen Völkern zu einem Niedergang des Wissens und der Kultur und bewirkte einen Rückfall in barbarische Verhältnisse.

Dieser Verfallsprozes war so tiefgreifend, dass Karl der Große und seine Berater den Plan fassten, alle Bereiche des Wissens und der Kunst zu erneuern, was mit einem modernen Begriff als Karolingische Renaissance bekannt ist. In diesem Zusammenhang kam es u.a. zu einer Erneuerung des Gottesdienstes und der Liturgie und eine erneuerte Fassung der Bibel, da sich in die zahlreichen lateinischen Bibelabschriften Fehler eingeschlichen hatten, die manche Bibelstellen völlig entstellten.

Der bekannte Historiker Henri Pirenne betont:

"Obwohl die Kirche so tief gesunken war, blieb sie die einzige kulturelle Macht ihrer Zeit. Durch sie allein setzte sich die römische Tradition fort und dies verhinderte Europas Rückfall in völlige Barbarei. Die weltliche Macht wäre unfähig gewesen, die kostbare Erbschaft der Antike aus sich selbst heraus zu bewahren. Trotz des guten Willens der Könige war ihre rohe Verwaltung den Aufgaben nicht gewachsen ... Die Kirche blieb also inmitten der Anarchie ihrer Umgebung, und trotz der zersetzenden Wirkung, welche diese Anarchie auch auf sie selbst ausübte, unzerstört".
(Henri Pirenne, Geschichte Europas, Frankfurt 1961, S. 47)

Der Untergang des Imperium Romanum markiert auch das Erlöschen der Spätantike, wobei hier natürlich kein festes Datum zu nennen ist. Es gibt einen allmählichen Übergang von der Spätantike zum frühen Mittelalter, der von Historikern meist als breiter Grenzsaum gesehen wird, der von der Teilung des Römischen Reichs in einen Westen und Osten über das faktische Ende Westroms bis hin zur Expansion des Islam im 7. Jh. reicht. Manche sprechen dabei auch von einem "Transformationsprozess" der Antike.

Nach Auflösung der römischen Staats- und Ordnungsstrukturen erfolgte neben einem kulturellen Niedergang auch eine wirtschaftliche Verödung. Henri Pirenne berichtet vom Verschwinden der Städte und des Handels als Folge dieser Entwicklung:

"Vom sozialen Gesichtspunkt aus ist das bedeutendste Phänomen, das in die Zeit zwischen den muslimischen Eroberungen und der Herrschaft der Karolinger fiel, die schnelle Verminderung und nachher das fast völlige Verschwinden der städtischen Bevölkerung ... Die soziale und verwaltungsmäßige Struktur verlor nun ihren dem städtischen Charakter des römischen Staates entsprechenden Charakter: ein Phänomen, das in Westeuropa ganz neu und sehr erstaunlich war. Das Ende des städtischen Typus im frühen Mittelalter ergab sich zumindest für die Verwaltung daraus, dass die Eroberer des Römischen Reiches außerstande waren, dessen Institutionen in der alten Form weiterfunktionieren zu lassen; denn nur die Institutionen des römischen Staates hatten in den durch Barbaren eroberten Provinzen - in Gallien, Spanien, Italien, Afrika und Britannien - einst die Existenz der Städte gesichert. Nur noch einige Städte an den Küsten des Mittelmeers trieben auch noch nach den Völkerwanderungen einen mehr oder weniger bedeutenden Seehandel."
(Henri Pirenne, a.a.O., S. 81)

Pirenne beschreibt sehr eindringlich, dass Wirtschaft und Handel nach den Eroberungen des Islam im Mittelmeerraum völlig versandeten:

"Daraus aber musste sich ein fast vollkommener Stillstand des Handels ergeben; auch das Gewerbe verschwand fast ganz, wenn man von einigen lokalen Erscheinungen wie der in Flandern noch aufrechterhaltenen Tuchweberei absieht. Der Umlauf von Geld hörte beinahe auf. Seitdem verfielen in den fast entvölkerten Städten die verlassenen Viertel und dienten den wenigen Einwohnern, die sich auf einen Winkel des früheren Stadtinnern beschränkten und dort hausten, als Steinbrüche ... In Gallien erlosch das städtische Leben so völlig, dass die Herrscher nicht mehr in den Städten residierten, denn der vollkommenen Mangel eines Handelsverkehehrs ermöglichte es ihnen nicht mehr, dort genügend Lebensmittel für den Unterhalt des Hofes zu finden. Sie verbrachten das Jahr auf den Domänen und zogen von einer zur anderen."
(Henri Pirenne, a.a.O., S. 83)

Große Teile des einst von Römern beherrschten Europas verödeten zwischen dem 5. und 8. Jh., der Handel versiegte und man kehrte zur Naturalwirtschaft zurück. Es entstanden riesige Domänen, die nahezu autark waren, da der Fernhandel weithin zum Erliegen gekommen war. Es waren also "Dark Ages", die weite Teile Europas nach dem Untergang des römischen Imperiums erfassten, was auf eine Reihe von Faktoren zurückzuführen ist, die einander bedingen und immer neue Auswirkungen haben. Dieser Zustand beginnt sich erst mit den Karolingern und später den Ottonen und Kapetingern zu wandeln.

Henri Pirenne schrieb sein Werk vor vielen Jahrzehnten, doch sind seine Gedanken und Überlegungen auch heute noch diskussionswürdig und repräsentieren einen wichtigen Aspekt innerhalb vieler Hypothesen zur Kontinuität bzw. zum Kulturbruch nach dem Untergang Westroms.
Lia

Dietrich hat geschrieben:Henri Pirenne schrieb sein Werk vor vielen Jahrzehnten, doch sind seine Gedanken und Überlegungen auch heute noch diskussionswürdig und repräsentieren einen wichtigen Aspekt innerhalb vieler Hypothesen zur Kontinuität bzw. zum Kulturbruch nach dem Untergang Westroms.
Edith Ennen in: Die europäische Stadt des Mittelalters, Taschenbuch: 350 Seiten
spricht weniger von einem Kulturbruch, sondern beschäftigt sich mit Kultur-Konstanz und Nahtstellen, die regional sehr verschieden ausfielen.
Zitat:" Wirklich zu fassen ist die Kulturkonstanz nur in ihrer zeitlichen und räumlichen Differenzierung." (S.31)
Dabei widerspricht sie auch Pirenne in seiner Araber-These. ( S.31,ff Quelle siehe unten.)
Verlag: Vandenhoeck & Ruprecht; Auflage: 4., verb. Aufl. (1. Januar 1987)
Online bei google books nachzulesen:
http://books.google.de/books?id=Ukw7gux ... &q&f=false

OT:
Gutes Thema, :clap: sollte mal meine Vorlesungs-Skripte suchen- Althistoriker Kolb ( den hattet Ihr gerade bei Troja :mrgreen: ) und Mediävist Boockmann in einer Doppelvorlesung zu just dem Thema. Dafür war man dann freiwillig auch um 8.00 Uhr in der Uni...)
Bin aber auf längere Sicht diskussionsunfähig, oder noch mehr als eh schon.
Dietrich
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Lia hat geschrieben: Edith Ennen in: Die europäische Stadt des Mittelalters, Taschenbuch: 350 Seiten
spricht weniger von einem Kulturbruch, sondern beschäftigt sich mit Kultur-Konstanz und Nahtstellen, die regional sehr verschieden ausfielen.
Danke! Ennens Publikation ist traditionsreich, doch kenne ich das Buch bisher leider nur vom Titel.
Lia hat geschrieben: Zitat:" Wirklich zu fassen ist die Kulturkonstanz nur in ihrer zeitlichen und räumlichen Differenzierung." (S.31)
Dabei widerspricht sie auch Pirenne in seiner Araber-These. ( S.31,ff Quelle siehe unten.)
Einige Statements von Pirenne standen schon immer in der Kritik, besonders die Araber-These. Auch zum Aspekt der Kontinuität ist mittlerweile einiges erschienen, das Pirenne in manchen Bereichen relativiert. Einig sind sich aber alle Fachwissenschaftler, dass es nach dem Untergang Roms einen gewaltigen Umbruch gab, der in vielen Bereichen einen kulturellen Niedergang nach sich zog. Die von Karl dem Großen angestoßene so genannte "karolingische Renaissance" ist eine Reaktion auf diese Situation und die Maßnahmen zeigen, was alles im argen lag.

Allerdings lief das in den europäischen Regionen unterschiedlich ab. Italien und Südfrankreich waren von den kulturellen Verfallserscheinungen weniger betroffen, die Länder nördlich der Alpen um so stärker. Verlust der Schriftlichkeit, Rückkehr zur Naturalwirtschaft, die Verödung der Römerstädte und der Zerfall des gesamten Verkehrssystems sind bekannte Kennzeichen dieser Entwicklung.

In diesem Zusammenhang spielen die Folgen der Völkerwanderung ebenfalls eine Rolle. Das von Langobarden beherrschte Italien wurde ebenso in seiner Entwicklung gebremst, wie das westgotische Spanien. Links des Rheins fiel die Bevölkerung mit der merowingischen Herrschaft in halbbarbarische Verhältnisse zurück, die einen scharfen Bruch zur Lage unter römischer Herrschaft markieren.
Lia

Danke, Dietrich, dass Du schreibst, was ich eigentlich auch beitragen könnte.
Bin schmerztechnisch zu eingeschränkt, um viel zu schreiben, und fast nur mit der linken Hand die Tasten zu treffen, ist mühsam. :mrgreen:
Dietrich
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Lia hat geschrieben: Bin schmerztechnisch zu eingeschränkt, um viel zu schreiben, und fast nur mit der linken Hand die Tasten zu treffen, ist mühsam. :mrgreen:
Betrachte das Geschwurbel unserer Beiträge aus meditativer Entfernung und mit sanftem Spott! :mrgreen:

Und natürlich: gute Besserung :!: :!: :!:
Lia

Na, Geschwurbel ist es nie, das Du hier ablieferst, Hier könnte ich mal im Gegensatz zur Antike wirklich Wissen einbringen, aber...
Dietrich hat geschrieben:Danke! Ennens Publikation ist traditionsreich, doch kenne ich das Buch bisher leider nur vom Titel.
Da ich über Stadtgeschichte viel gearbeitet habe und es gerade wieder tue, gehörte sie zu den Standardwerken, die im Regal stehen.
An ihr kommt man nicht vorbei, wenn man neueste Arbeiten rund ums Thema Stadtgeschichte liest.
Manches sehen junge Historiker anders, bin gerade dabei, deren Thesen zu überdenken.
Nicht mehr ganz aktuell und in vielem inzwischen überholt, aber nützlich zu kennen, wenn er in wissenschaftlicher Literatur zitiert wird:
Hans Planitz, u. a.
Die deutsche Stadt im Mittelalter. Von der Römerzeit bis zu den Zunftkämpfen
Grundsätzlich gab es einen tiefen Einschnitt in allen Bereichen, andererseits aber wieder Kontinuitäten, an die in veränderter Form angeknüpft wurde.
Dietrich
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Lia hat geschrieben: Grundsätzlich gab es einen tiefen Einschnitt in allen Bereichen, andererseits aber wieder Kontinuitäten, an die in veränderter Form angeknüpft wurde.
Zweifellos gab es auch Kontinuitäten. Nicht zuletzt das Weiterreichen der römischen Kaiserwürde an die fränkischen Karolinger und von denen an die Herrscher des mittelalterlichen Reichs, das schon in seiner Bezeichnung "Heiliges Römisches Reich" Kontinuität erkennen lässt. Genannt sei in diesem Zusammenhang auch die Verklammerung der Gesellschaft mit der christlichen Kirche und der Übergang von der antiken zur klösterlichen Buchproduktion.

Die römische Stadtkultur riss hingegen ebenso ab wie die administrative und soziale Struktur, der Geldumlauf kam vielfach zum Erliegen und Schriftlichkeit fand nur noch im kirchlichen Bereich statt - zumindest was die Länder nördlich der Alpen betrifft. In Italien und Südfrankreich, wo der gallo-römische Senatsadel saß, sah das etwas anders aus.
Lia

Genannt sei in diesem Zusammenhang auch die Verklammerung der Gesellschaft mit der christlichen Kirche und der Übergang von der antiken zur klösterlichen Buchproduktion.
Die Kirche trug teilweise auch zum Überleben der Stadtkultur bei- oder zur Wiederbelebung.
zumindest was die Länder nördlich der Alpen betrifft. In Italien und Südfrankreich, wo der gallo-römische Senatsadel saß, sah das etwas anders aus.
Dort blieben auch große Teile des römischen Rechts und des Rechtsverständnisses erhalten, das später weiter nördlich auch Einfluss hatte.
Cherusker
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Zwischen dem Untergang des westlichen römischen Imperiums und Karl d. Gr. liegen einige Jahrhunderte. Da Germanien nie endgültig von den Römern erobert wurde, bestand hier immer noch die alte Struktur, d.h. zwischen Arminius zur Zeitenwende und Widukind z.Zt. Karl d. Gr. gab es in Germanien die gleiche Lebensweise und Kultur. Somit keine Städte, heidnischer Glaube, Holzbauten, usw.... Aus der römischen Bedrohung heraus hatten sich die Germanen zu größeren Stämmen (z.B. Sachsen, Franken, Alemannen, Thüringer,....) zusammengeschlossen. Diese großen Stammesverbände führten dann auch zum Untergang der Römer. Aber nicht alle Germanen übernahmen in den besetzten Gebieten, die römische Lebensweise. Es gab auch welche, die bauten neben und in den eroberten römischen Städten ihre gewohnten Holzhäuser.
Erst Karl d. Gr., der von der Kultur und Lebensweise mehr von den südlichen Nachbarn übernommen hatte, förderte die Bildung und ließ die Geschichte auch wieder schriftlich aufzeichnen. Durch seine Initiative hin, wurden im eroberten Sachsen dann auch Städte gegründet, Klöster gebaut und mehr Landwirtschaft betrieben. Auch wurde das kriegerische Wesen eines jeden Germanen jetzt durch stationierte fränkische Truppen abgelöst. Dieser Kampf gegen Sachsen dauerte aber Jahrzehnte und selbst nach Widukind ging er noch weiter. Karl d. Gr. hatte nur den Vorteil, daß der sächsische Adel auf seiner Seite war.
Aber mit den Karolingern ging es dann stetig voran. Zuvor lebten die Germanen jahrhundertelang ihren gewohnten Lebensstil ohne das es zu großen Veränderungen kam.
Dietrich
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Lia hat geschrieben: Edith Ennen in: Die europäische Stadt des Mittelalters, Taschenbuch: 350 Seiten
spricht weniger von einem Kulturbruch, sondern beschäftigt sich mit Kultur-Konstanz und Nahtstellen, die regional sehr verschieden ausfielen.
Zitat:" Wirklich zu fassen ist die Kulturkonstanz nur in ihrer zeitlichen und räumlichen Differenzierung." (S.31.
Grundsätzlich ist zu fragen, wie lange es überhaupt eine römische Kontinuität gab und was davon blieb. Und da ist festzustellen, dass besonders im Raum Gallien, Germanien und Britannien ein kultureller Niedergang erfolgte, der die gesamte Bildung, Infrastruktur, Wirtschaft, Architektur u.a. erfasste. Wie ich oben bereits schrieb, ersannen Karl der Große und seine Berater das Programm der Karolingischen Renaissance, um den Zuasmennberuch des Wissens und der Kultur zu bremsen oder vielleicht sogar umzukehren. Und tatsächlich lässt sich feststellen, dass sich seit der Zeit der Karolinger und später der Ottonen das kulturelle Niveau langsam hob, auch wenn es längst noch nicht den Standard des Imperium Romanum erreichte. Immer wieder erfolgten dabei Rückgriffe auf die römische Antike, sodass ein Teil der Forschung von einem Prozess der Transformation spricht, was allerdings nicht unwidersprochen bleibt.

Allerdings gibt es auch personelle Kontinuitäten z.B. im Reich der Merowinger, wo die gallo-römische Senatsaristokratie den Fortbestand einer - wenn auch bescheideneren - Administration garantierte und die kirchliche Organisation am Leben hielt. Kontinuität beweist schließlich die nicht zerbrechende Romanisierung der Bevölkerung in Spanien und Frankreich.

Die gallo-römische Senatsaristokratie behielt zumeist nicht nur ihren Besitz und ihre Ämter, sondern wurde von Beginn an in das germanische Frankenreich und dessen politisch-administrative Führung integriert. Die frühe Eingliederung der Senatsaristokratie in die kirchliche und weltliche Führungsschicht bewirkte eine sachliche und personelle Kontinuität, besonders in den Regionen südlich der Loire. Diese römisch inspirierte aristokratische personelle Basis trug entscheidend zum Aufstieg des Frankenreichs bei. Die "Historien" des Gregor von Tours vom Ende des 6. Jh. belegen das deutlich und zeigen das aristokratische Selbstbewusstsein dieser einstigen römischen Führungsschicht, die überwiegend im Süden Galliens ansässig war.

Bis zum 10. Jh. wurden die germanischen Franken von der romanisierten gallischen Bevölkerung assimiliert und vollzogen einen Sprachwechsel zum romanisch-französischen Idiom. Die zweisprachig abgefassten Straßburger Eide von 842 belegen diese Entwicklung. Sie sind auf westfränkischer Seite bereits in Altfranzösisch und auf ostfränkischer in Althochdeutsch abgefasst. Auch in Spanien und Portugal setzten sich romanische Idiome durch, was das Ergebnis einer tief greifenden Romanisierung ist.

In Britannien oder dem römischen Germanien hingegen war die Macht der Romanisierung geringer, sodass sich dort die autochthonen Sprachen durchsetzten. Das gilt auch für den Balkan, wo die seit dem 6. Jh. einströmenden Slawen die balkanromanische Bevölkerung teils verdrängte, teils assimilierte. Nur in Rumänien ergab sich eine erstaunliche Entwicklung, indem sich dort eine romanische Sprache weitab vom römischen Zentrum durchsetzen konnte.

Einen weniger starken Kulturbruch erlebte das Oströmiche Reich, wo sich im Bereich der Architektur, des Rechtswesens, der Religion, der Literatur oder der Philosophie alte Traditionslinien fortsetzten und im Lauf der Jahrhunderte evolutionär veränderten.
Paul
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Südgermanien war kulturel dreigeteilt. In allen 3 Gebieten wirkte sich der römische Niedergang anders aus.
Die linksrgeinischen Gebiete erlebten einen Niedergang, aber konnten die römische Kultur weiter tragen.
Die nördlichen Gebiete wurden kaum beeinflußt.
Die südlichen Gebiete mit Latenekultur konnten ihre Kulturelemente ausbreiten und wurden römisch beeinflußt.
viele Grüße

Paul

aus dem mittelhessischen Tal der Loganaha
WDPG
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Dietrich hat geschrieben:
Die gallo-römische Senatsaristokratie behielt zumeist nicht nur ihren Besitz und ihre Ämter, sondern wurde von Beginn an in das germanische Frankenreich und dessen politisch-administrative Führung integriert. Die frühe Eingliederung der Senatsaristokratie in die kirchliche und weltliche Führungsschicht bewirkte eine sachliche und personelle Kontinuität, besonders in den Regionen südlich der Loire. Diese römisch inspirierte aristokratische personelle Basis trug entscheidend zum Aufstieg des Frankenreichs bei. Die "Historien" des Gregor von Tours vom Ende des 6. Jh. belegen das deutlich und zeigen das aristokratische Selbstbewusstsein dieser einstigen römischen Führungsschicht, die überwiegend im Süden Galliens ansässig war.
Bis zum 10. Jh. wurden die germanischen Franken von der romanisierten gallischen Bevölkerung assimiliert und vollzogen einen Sprachwechsel zum romanisch-französischen Idiom. Die zweisprachig abgefassten Straßburger Eide von 842 belegen diese Entwicklung. Sie sind auf westfränkischer Seite bereits in Altfranzösisch und auf ostfränkischer in Althochdeutsch abgefasst. Auch in Spanien und Portugal setzten sich romanische Idiome durch, was das Ergebnis einer tief greifenden Romanisierung ist.
In Britannien oder dem römischen Germanien hingegen war die Macht der Romanisierung geringer,
Das bedeutende Teile der Römischen Aristokratie damals ihre Macht behielten ist wenig verwundernswert. Man muss bedenken das die Römer ja nicht durch die Völkerwarnderung einfach verschwanden. Die Gebiete bekamen vielleicht eine Germanische Oberschicht, aber die Bevölkerung, die sich nach Jahrhundertelanger Römerherrschaft, als Römer sah, blieb ja dort. Klar das man dann mit der Zeit die Aristokratie in die germanische Einbaute.
Das die Kultur verfiel war wohl eher dem sehr stürmischen und kriegerischen Zeitgeist geschuldet. Wenns ums Überleben ging, gabs wohl Sachen die wichtiger Erschienen, als die Förderung von kulturellem. Und die neuen Germanischen Herrscher konnten wohl mit dem einen oder anderen etwas weniger Anfangen, als die Römer. Außerdem ging der "Großkultur- und Wirtschaftsraum" Rom verloren. Somit wurde Straßenbau usw. wohl eher als überflüssig angesehen.
Warum es in Britannien schneller ging als z.B. in Südfrankreich? Britannien war weiter weg vom Römischen Kernraum und auch vom Mittelmeer. Denke der Römische Einfluss wird hier insgesamt etwas geringer gewesen sein und Britannien ging auch schon etwas früher verloren als andere Gebiete.

Ein Gedanke noch zu Nordfrankreich, dort hielten sich ja relativ lange Römische Heerführer als Oberherren von Gebieten (Reich des Syagrius). Könnte es nicht sein, das man hier danach die römische Oberschicht gezielt entmachtet hat?
Ruaidhri
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Falls man Britannien noch zu Europa zählt:
Dort bewerten Historiker inzwischen die Dinge etwas anders. Nicht alle Römer gingen auf einen Schlag, und die neue britische Oberschicht kannte und pflegte durchaus noch römische Kultur. Die einsickernden Angelsachsen waren auch nicht unbedingt der ultimative Rückschlag.
Muttersprache: Deutsch Vaterland: Keins. Heimat: Europa
LG Ruaidhri
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