Bonifatius und andere Missionare seiner Zeit

Die Kirche hatte eine machtvolle Stellung im Leben der Menschen des Mittelalters und bestimmte Politik und Gesellschaft auf einzigartige Weise.

Moderator: Barbarossa

Ophelia
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Mich beschäftigt schon länger die Frage, WIE genau Bonifatius und andere Missionare seiner Zeit ihre Missionsreisen in den Gebieten der damaligen germanischen Stämme durchführten. Es wird immer so einfach gesagt oder geschrieben, Bonifatiuns bzw. andere Missionare reisten hierhin, dorthin, zu diesem und jenem Stamm etc.. Aber nie genau und ausführlich, WIE solch eine Reise vor sich ging. Was brauchten die Menschen dafür? Wie waren sie ausgerüstet? Zu wie vielen Personen reisten sie? Wie viele - und was für welche - Begleiter z.B. hatte Bonifatius auf seinen Reisen; er reiste ja nicht allein? Wo und wie wohnten sie? Wie sah ihr Tagesablauf aus während ihrer Missionsreisen? Wie versorgten sie sich (Nahrung, Zubereitung der Nahrung, Körperpflege, Kümmern auch die Ausrüstung und die Tiere etc.)? All diese Dinge habe ich bislang noch nirgendwo geschildert gefunden.
Paul
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Bonifatius war ja selbst Sachse und kannte sicherlich die Landessitten in Germanien. Er konnte auf Märkten Lebensmittel kaufen und mit Gastfreundschaft rechnen, da er nicht als Feind kam. Ein Risiko blieb, vor allem wenn er sich selbst rücksichtslos verhielt. Er soll ja bei Fulda eine Eiche gefällt haben und starb dann auch bei den Friesen. Er hatte aber auch die fränkische Staatsmacht hinter sich.
viele Grüße

Paul

aus dem mittelhessischen Tal der Loganaha
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Paul hat geschrieben:Bonifatius war ja selbst Sachse und kannte sicherlich die Landessitten in Germanien. Er konnte auf Märkten Lebensmittel kaufen und mit Gastfreundschaft rechnen, da er nicht als Feind kam. Ein Risiko blieb, vor allem wenn er sich selbst rücksichtslos verhielt. Er soll ja bei Fulda eine Eiche gefällt haben und starb dann auch bei den Friesen. Er hatte aber auch die fränkische Staatsmacht hinter sich.
Ich denke er musste als erstes Informationen sammeln über Kaufleute, er musste Kontakte knüpfen, herausfinden wo eine Missionierung auf fruchtbaren Boden stossen würde. Ohne Plan ins blaue hinein zu missionieren, war immer mit der Gefahr verbunden, als Spion eines fremden Volkes angesehen zu werden. Vielleicht hat er sich ins Gefolge von Kaufleuten begeben. Zudem wenn man Waren verkauft, kann man am besten Kontakt knüpfen und erste christliche Symbole, wie das Kreuz als Werbung in die Waren gravieren und verteilen lassen. Geschenke zu verteilen half sicherlich das Misstrauen der Friesen und anderen Germanen schmelzen zu lassen. Die andere Variante wäre, dass er sich direkt mit einem Brief an die Führer der Friesen und anderen Stämmen in Germanien gewand hat und danach ihnen einen Besuch abgestattet hat. Die Ernenung von missionierten Heiden zu Vertretern der Christenheit und die Gründung von kleineren Klöstern war sicherlich schon ein grosser Erfolg auf seinen Missionsreisen.

"Die Missionsreisen des Bonifatius darf man sich als Expeditionen vorstellen, auf die er sich mit Kriegern, Handwerkern und größerem Gefolge begab, um Niederlassungen und Klöster zu gründen. Sein Missionswunsch traf sich mit den Interessen des fränkischen Hausmeiers Karl Martell, der (wie auch seine Nachfolger) im Christentum und in einer straff organisierten Reichskirche eine Klammer sah, die den Zusammenhalt seines Reichs fördern konnte. So stellte er Bonifatius nach seiner zweiten Romreise 723 einen Schutzbrief aus, mit dem dieser in sein Missionsgebiet zurückkehrte."
http://de.wikipedia.org/wiki/Bonifatius
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dieter
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Paul hat geschrieben:Bonifatius war ja selbst Sachse und kannte sicherlich die Landessitten in Germanien. Er konnte auf Märkten Lebensmittel kaufen und mit Gastfreundschaft rechnen, da er nicht als Feind kam. Ein Risiko blieb, vor allem wenn er sich selbst rücksichtslos verhielt. Er soll ja bei Fulda eine Eiche gefällt haben und starb dann auch bei den Friesen. Er hatte aber auch die fränkische Staatsmacht hinter sich.
Lieber Paul.
ja er hatte die Staatsmacht hinter sich. Die gefällte Eiche war nicht bei Fulda sondern in Nordhessen bei Geismar Ortsteil von Fritzlar bei meinen Vorfahren den Chatten. :wink: :mrgreen:
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Ophelia
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Ich hätte halt gerne etwas gewusst über das tägliche "Alltagsleben" auf solch einer Missionsreise.
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Liebe Ophelia,
die Missionsreisen fanden unter fränkischen Schutz dar. Er war ein Wanderprediger, ähnlich wie es bei Jesus gewesen war, nur da unter keinem Schutz von Soldaten. :wink:
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Ruaidhri
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Ich hätte halt gerne etwas gewusst über das tägliche "Alltagsleben" auf solch einer Missionsreise.
Ora et labora - auch Kirchendiener mussten sich den Notwendigkeiten einer Reise anpassen.
Unbequem war es sicherlich, und die Missionare genossen nicht per se Sonderkonditionen, was Verpflegung und Bequemlichkeit anging. Wie der Alltag ausgesehen hat: Reiten, vielleicht auf einem Ochsenkarren mitfahren, zu Fuß gehen- je nach Begleitung, Ritter oder Kaufleute.
Rasten, auch mal jagen, wenn der Proviant knapp wurde. Viele unter ihnen dürften medizinisches Wissen gehabt haben, auch ganz nützlich.
Seekrank werden, wie andere auch, wenn es übers Meer ging. Allzeit den Unbilden der Witterung ausgesetzt, nicht immer des Nachts ein festes Dach über dem Kopf.
Die Zeiten waren zumeist nicht so, dass die Diener Gottes nicht auch hätten praktisch anfassen können und müssen, reisten sie nicht gerade unter dem Schutz eines Königs oder anderer hochgestellter Persönlichkeiten.
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Im frühen Mittelalter missionierten arianische Missionare, die hauptsächlich von gotischen Königshäusern entsand wurden.

https://books.google.de/books?id=kdHPzi ... re&f=false

Die katholischen Missionare trafen z.B. im heutigen Hessen also oft auf arianische Christen.
viele Grüße

Paul

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Ruaidhri
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Ophelia ging es ja ums alltägliche Leben der Missionare auf Wanderschaft. Wie gut oder schlecht sie lebten, hing von finanziellen Austattung, vom Weg und der jeweiligen Begleitung ab. Ob man immer Unterkunft fand, in Pfarreien oder Klöstern, Bauernhäusern oder Adelssitzen, ist fraglich.
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Paul hat geschrieben:Im frühen Mittelalter missionierten arianische Missionare, die hauptsächlich von gotischen Königshäusern entsand wurden.

https://books.google.de/books?id=kdHPzi ... re&f=false

Die katholischen Missionare trafen z.B. im heutigen Hessen also oft auf arianische Christen.
Lieber Paul,
das habe ich nicht gewußt. Wo saßen die arianischen Christen in Hessen :?: Hast Du darüber Unterlagen :?:
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Ruaidhri
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Eine klare Verortung arianischer Christen in Hessen dürfte etwas schwierig werden.
Ist aber die logische Konsequenz aus dem Verlauf der einzelnen Missionierungsphasen, die Paul angesprochen hatte.
Dass es Arianer in Hessen und Thüringen im frühen Mittelalter gab, bzw. große Teile Germaniens zunächst vom Christentum arianischer Prägung geprägt war, wird schon aus dem von Paul verlinkten Text ersichtlich, ebenso wie aus Wiki- Einträgen zur Germanen-Mission und Arianismus.
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dieter
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Ich kann mir eine Germanen-Mission für den Aianismus im Frankenreich, wozu auch Hessen gehörte nicht vorstellen, Da die Frankenkönige zum Katholizismus übergetreten waren. :wink:
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dieter hat geschrieben:Ich kann mir eine Germanen-Mission für den Aianismus im Frankenreich, wozu auch Hessen gehörte nicht vorstellen, Da die Frankenkönige zum Katholizismus übergetreten waren. :wink:
Die arianische Mission erfolgte vor der katholischen Mission. Hessen wurde erst langsam in das Frankenreich eingebunden. Große Teile Hessens gehörten noch zum Thüringer Reich,
viele Grüße

Paul

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dieter
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Lieber Paul,
vielen Dank für diese Auskunft, welche Teile Hessens gehörten zum Thüringer Reich :?:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
Ruaidhri
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Lieber Paul,
vielen Dank für diese Auskunft, welche Teile Hessens gehörten zum Thüringer Reich :?:
Dazu gibt u.a. schnell ein Wiki-Link Auskunft, dazu gibt es beim goggle auch Karten, wie sich mittelalterliche Zugehörigkeiten entwickelten.
Hessen und Thüringer werden in den Quellen sehr oft gemeinsam erwähnt, was auch verständlich ist, da ( die) Hessen entweder zu Franken oder zu Thüringen gerechnet wurden.
Hier, bequemerweise nach wiki, ein Hinweis auf die Handhabung in den Primärquellen und ( gedachte) Grenzen.
http://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_Hessens
"Offenbar bewahrte das "althessische" Gebiet lange eine gewisse Eigenständigkeit innerhalb des Fränkischen Reiches. Die Grenze zu den Herkunftsgebieten der Franken lag vermutlich an der Diemel und im Bereich des Rothaargebirges. Die Grenze zu Thüringen hin scheint zwischen Werra und Fulda gelegen zu haben. Einen Einblick in die regionalen Völkergruppen im Frühmittelalter erlaubt ein Schreiben des Papstes an Bonifatius im Jahr 738. Dabei werden die Hessi an Eder, Schwalm und unterer Fulda, die Nistresi zwischen Diemel und Eder, die Wedrecii zwischen Eder und Lahn, die Lognai an der oberen Lahn, die Suduodi an der oberen Fulda und die Graffelti im Grabfeld genannt.[6]"

Zum Arianismus in Thüringen und Verbindungen in die benachbarbarten Regionen gibt es Untersuchungen, aus denen sich punktgenau auch nicht ableiten lässt, wqelche Postleitzahl die Arianer in Hessen hatten, aber wenigstens einiges erhellt.
http://www.google.de/url?sa=t&rct=j&q=& ... 2503,d.bGQ
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