Die Apokalypse – Das Ende der Welt

Die Kirche hatte eine machtvolle Stellung im Leben der Menschen des Mittelalters und bestimmte Politik und Gesellschaft auf einzigartige Weise.

Moderator: Barbarossa

ehemaliger Autor K.

Vor einigen Jahren bin ich einmal auf der griechischen Insel Patmos gewesen, die der türkischen Küste vorgelagert ist. Sie gilt den Griechen als heilig wegen einer Quelle, in der zum ersten Mal in der Geschichte außerhalb Israels die christliche Taufzeremonie an Heiden erfolgt sein soll, wegen der angeblich 365 Kirchen, für jeden Tag eine, und vor allem aufgrund des Johannesklosters. Dieses befindet sich über einer Grotte, in der Johannes, vermutlich nicht identisch mit dem Evangelisten, seine Vision vom Ende der Welt gehabt haben will. Wahrscheinlich wurde sie um 100 nach Christi geschrieben.

Diese sogenannte Offenbarung des Johannes, auch Apokalypse genannt, bildet das letzte Kapitel der Bibel und schildert den Untergang der Welt und die Schöpfung eines neuen Universums. Wir erfahren von dem endgültigen Kampf zwischen Gut und Böse, zwischen Jesus und dem Satan, sowie dem Ende der Welt und der Menschheit. Gott beschließt seine erste Schöpfung, die sich offensichtlich als Fehlkonstruktion erwiesen hat, wieder zu zerstören und durch eine völlig neue, bessere Welt zu ersetzen, eine Art Update, in der die Bugfix der alten Version beseitigt werden.

Man ist erstaunt über die Länge der Offenbarung, die Apokalypse vollzieht sich in vielen einzelnen Schritten und ist voll von rätselhaften Bildern. Hier soll eine Kurzfassung genügen:

Johannes wird in den Himmel getragen und sieht Gott, umgeben von vier rätselhaften Tieren. Dann erscheint Jesus in Gestalt eines Lamms und öffnet ein Buch mit sieben Siegeln. Mit jedem geöffneten Siegel wird die Menschheit von einer Plage heimgesucht. Nach dem siebenten Siegel erscheinen sieben Engel mit sieben Posaunen und nach jedem Posaunenstoß bricht erneut Unheil über die Menschheit her. Nach der siebenten Posaune wird der Satan und sein Gefolge von dem Erzengel Michael aus dem Himmel hinausgeworfen.

Nun sieht Johannes ein riesiges Tier mit sieben Köpfen und 10 Kronen aus dem Meer emporsteigen, ein anderes Tier mit zwei Köpfen bricht aus der Erde hervor. Beide sind Geschöpfe des Satans und beherrschen die Erde.

Jetzt werden die sieben Schalen des Zorns von den Engeln ausgegossen und bringen Tod und Verderben. Johannes wird danach in die Wüste gebracht und sieht dort die Hure Babylon auf einem siebenköpfigen Drachen sitzen.

Nun erst beginnt der eigentliche Kampf. Jesus an der Spitze der himmlischen Heerscharen vernichtet die Hure Babylon und die merkwürdigen Tiere landen in einem Höllenpfuhl, der Satan wird gefangen genommen. Tausend Jahre herrscht jetzt Gottes Sohn auf der Erde, dann wird der Satan noch einmal freigesetzt, aber in einer letzten Schlacht endgültig vernichtet. Anschließend erschafft Gott ein neues Universum. Eine kleine Schar auserwählter Menschen überlebt und bevölkert die neue Welt.

So die Kurzfassung. Die Langfassung kann sich jeder selber einmal ansehen. Die Apokalypse ist voll von schwer zu deutenden Bildern und gibt daher Anlass für unzählige Spekulationen. Vermutlich wird hier der Untergang des Römischen Reiches herbeigesehnt. Das siebenköpfige Tier ist wahrscheinlich die Stadt Rom auf den sieben Hügeln, auch die Hure Babylon soll wohl die Stadt am Tiber symbolisieren. Aber genau weiß man dies nicht und religiöse Gruppen in der heutigen Zeit glauben, dass es sich um Prophezeiungen für unsere Gegenwart handelt. Tatsache ist allerdings, dass die Menschen damals überzeugt waren von dem kurz bevorstehenden Weltuntergang. Rom ging zwar unter, doch war dies nicht das Ende der Menschheit. Aber auch im Mittelalter glaubten die Bewohner des Abendlandes weiterhin fest an die Apokalypse und sahen überall Vorzeichen. Erst mit Beginn der Neuzeit änderte sich dies allmählich, aber in Hollywood beispielsweise ist das endgültige Aus weiter ein beliebtes Thema.

Der Gott in der Offenbarung des Johannes unterscheidet sich erheblich von dem Gott aus den Evangelien. Er ist kein liebender, sondern ein rächender und strafender Gott, wie der aus dem Alten Testament. Die Siegel, die Posaunen, die Schalen, sie vernichten reihenweise die Menschen, ohne das nach deren Schuld gefragt wird. Am Jüngsten Tag, nach der Vernichtung des Satans, werden alle Menschen wieder zum Leben erwachen und werden von Gott gerichtet. Es gibt nur Erlösung oder den endgültigen, zweiten Tod. Dazwischen ist nichts. Gott als unerbittlicher Richter, das war die mittelalterliche Gottes Vorstellung, kein liebender Gott, nur ein strafender Gott, vor dem die Menschen Angst haben müssen. Erst in der Reformation kam die andere, die gütige Seite Gottes wieder zum Vorschein.

Und Jesus ist jetzt auch nicht der Wanderprediger, der von Nächsten- und Feindesliebe spricht, sondern in der Apokalypse ist Jesus ein Feldherr, Befehlshaber einer mächtigen Armee. Er vernichtet unbarmherzig alle seine Gegner.

Dieses Christentum mit der Vorstellung von dem bevorstehenden Ende der Welt, Gott als Rächer und Richter, Jesus als Feldherr, diese Art von Christentum beherrschte das Denken der mittelalterlichen Menschen. Es wich damit stark ab von heutigen, christlichen Vorstellungen mit ihrer Idee der Gnade Gottes und seiner allumfassenden Liebe zu dem Menschen. Davon finden wir in der Apokalypse tatsächlich nichts. Heute wird die Offenbarung des Johannes in den meisten Konfessionen kaum noch zur Kenntnis genommen.

Natürlich stellt sich für mich als Atheist die Frage, wieso die erste Schöpfung fehlerhaft gewesen ist, weshalb ein Wesen wie der Teufel überhaupt entstehen konnte und warum ein so gewaltiger Aufwand betrieben werden muss, um ihn zu vernichten und dann eine zweite Schöpfung notwendig wird. Aber gut, lassen wir das.

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Gontscharow
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Interessantes Fazit, Conzaliss ....
und das nach 30 Jahren ?
Nun, dann man wird sicher nicht von dir behaupten können, daß du ein Mann bist, der überstürzt leichtfertige
Urteile fällt ;-)
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Peppone
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Trotz der Karlheinz angesprochenen (scheinbaren?) Widersprüche zum Rest der Bibel bzw. des NT ist die Apokaloypse bis heute Bestandteil der Bibel. Irgendetwas musste die Theologen veranlasst haben, die Apokalypse im Kanon zu belassen. Offenbar sind die Widersprüche nicht gar so groß - oder sollte die Mär, der Evangelist Johannes und der Johannes der Apokalypse seien ein und dieselbe Person doch wahr sein? Sprachliche Indizien deuten darauf hin, dass es tatsächlich so war...

Beppe
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Gontscharow
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Hätte ich das gewußt, hätte ich meinen Post nicht so flapsig-lustig gestaltet :oops:
Aber meinen Respekt, daß du es nach so langer Zeit geschafft hast !
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Balduin
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Ich weise gerne auf das hervorragende Thema hierzu hin: http://geschichte-wissen.de/forum/viewt ... =26&t=3937

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Wie sind denn genau die theologischen Deutungen der Apokalypse?
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He has called on the best that was in us. There was no such thing as half-trying. Whether it was running a race or catching a football, competing in school—we were to try. And we were to try harder than anyone else. We might not be the best, and none of us were, but we were to make the effort to be the best. "After you have done the best you can", he used to say, "the hell with it". Robert F. Kennedy - Tribute to his father
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