Karl der Große - zu perfekt und verklärt dargestellt?

Die Kirche hatte eine machtvolle Stellung im Leben der Menschen des Mittelalters und bestimmte Politik und Gesellschaft auf einzigartige Weise.

Moderator: Barbarossa

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Nafets
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Karl der Große (±747-814) wird im heutigen Europa von vielen sehr verehrt. Er gilt in Bezug auf die EU als "Vater Europas".
Die Zeit seiner Herrschaft (768-814) wird von vielen auch als "Karolingische Renaissance" bezeichnet.

Nach seinem Tod wurde von "Zeitgenossen" viel über ihn geschrieben. Fühlten sich die Schreiber mehr einer historischen Geschichtsschreibung verbunden, oder doch mehr einer Glorifizierung, die möglicherweise den nachfolgenden Kaisern hätte nützlich sein können?

Wieviel ist tatsächlich dran? Was war Realität? Was ist beleg- u. nachweisbar? Wieviel Mythos steckt möglicherweise in der Gestalt "Karl des Großen", "Carolus Magnus","Charlemagne"?

Das meiste, das wir über ihn wissen, stammt aus der Feder von Alkuin, vor allem aber von Einhard.

Die übrige Quellenlage ist relativ mager, genau wie archäologische Belege nicht sehr häufig sind.

Was davon ist wahr, was wurde ihm später angedichtet?
Fürchte nicht jene, die nicht mit dir übereinstimmen, sondern die, welche zu feige sind es dir zu sagen.
(Napoleon I. Bonaparte)
Paul
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Da Karl der Große das Reich erfolgreich vergrößert, das Vordringen der muslimischen Mauren im Erbe seines Großvaters verhindert hat und die Zahl der christlichen Gläubigen vermehrt hat, hat man ihm viel verziehen, was man manchmal auch kritisch sieht. Seine Kriege und vor allem auch die Vergeltungsmaßnahmen gegen die Sachsen waren sicherlich mit vielen Grausamkeiten verbunden. Das hat man damals als selbstverständliche Handlungen eines starken Herrschers gesehen, manchmal wurde das aber auch kritisiert. Dies positiv zu sehen passt ja nicht in die heutige Zeit, in welcher man eigentlich humanitäre Werte hochhält.
Er war ein starker machtbewußter Herrscher. Den christlichen Glauben, den er verbreitete hatte er nicht verinnerlicht.
Einige seiner Infrastrukturmaßnahmen, wie die Anlage von Burgen, Reichshöfen und Pfalzen sind nicht so im Bewußtsein.
viele Grüße

Paul

aus dem mittelhessischen Tal der Loganaha
Dietrich
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Nafets hat geschrieben:Karl der Große (±747-814) wird im heutigen Europa von vielen sehr verehrt. Er gilt in Bezug auf die EU als "Vater Europas".
Die Zeit seiner Herrschaft (768-814) wird von vielen auch als "Karolingische Renaissance" bezeichnet.

Nach seinem Tod wurde von "Zeitgenossen" viel über ihn geschrieben. Fühlten sich die Schreiber mehr einer historischen Geschichtsschreibung verbunden, oder doch mehr einer Glorifizierung, die möglicherweise den nachfolgenden Kaisern hätte nützlich sein können?

Wieviel ist tatsächlich dran? Was war Realität? Was ist beleg- u. nachweisbar? Wieviel Mythos steckt möglicherweise in der Gestalt "Karl des Großen", "Carolus Magnus","Charlemagne"?

Das meiste, das wir über ihn wissen, stammt aus der Feder von Alkuin, vor allem aber von Einhard. Die übrige Quellenlage ist relativ mager, genau wie archäologische Belege nicht sehr häufig sind.

Was davon ist wahr, was wurde ihm später angedichtet?
Die Quellen fließen bei Karl dem Großen durchaus nicht soärlich, denn neben Einhard und Alkuin gibt es noch zahlreiche andere Quellen, die bereits vor langer Zeit in den Regesten des Kaiserreichs unter den Karolingern und in den Jahrbüchern des Fränkischen Reichs unter Karl dem Großen zusammengesrellt wurden.

Vor einigen Jahrzehnten wurde von einigen kritisch angemerkt, dass Zweifel gegenüber dem tradierten Karlsbild bestehen. Es sei unter dem Eindruck der kaiserfreundlichen Quellen heroisiert und bedürfe der Korrektur, indem man mehr als bisher die Schwächen Karls berücksichtigen müsse. Diesen Trend gab es besonders in den 60er und 70er Jahren.

Monografien heutiger Historilker vermeiden jegliche Heroisierung und zeichnen ein meist objektives und durchaus auch kritisches Bild seines Wirkens, Ein großer Pluspunkt ist sicher die so genannte Karolingische Renaisance, die Karl der Große ins Werk setzte und begleitete. Die Bewahrung von Werken der Antike, die Erneuerung des Klosterwesens, eine Reform der Schrift sowie eine Wiederbelebung der Dichtung und Geschichtsschreibung - also eine komplette Boldungsreform - verdanken wir Karl. Im übrigen bildete das Reich der Karolinger die direkte Basis für Frankreich und Deutschland, die aus ihm hervorgingen.

Dass besonders im Sachsenkrieg tausende Einwihner hingeschlachtet wurden, Zwangstaufen und relihiöser Gesinnungsterror herrschten, verschweigt heutzutage niemand. Aber die Expansion des Frankenreichs stand im Einklang mit der damaligen Auffassung eines mächtigen Herrschers, wie sie auch Augustus, Alexander der Große und andere praktiziert hatten. Wir können Menschen nicht nach heutigen moralischen Maßstäben messen, sondern nur nach den Maßstäben ihrer Zeit.
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Nafets
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Dietrich hat geschrieben: Die Quellen fließen bei Karl dem Großen durchaus nicht soärlich, denn neben Einhard und Alkuin gibt es noch zahlreiche andere Quellen, die bereits vor langer Zeit in den Regesten des Kaiserreichs unter den Karolingern und in den Jahrbüchern des Fränkischen Reichs unter Karl dem Großen zusammengesrellt wurden.
Meinst du möglicherweise die Annales regni Francorum (die Reichsannalen), das Paderborner Epos oder vielleicht die Metzer Annalen? Da steht nämlich nicht groß was anderes drin als in der Vita Karoli Magni von Einhard. Interessant in diesem Zusammenhang sind natürlich auch die Schriften von Widukind von Corvey mit seiner Res gestae Saxonicae (Sachsengeschichte).

Mich würden andere Quellen und Belege sehr interessieren.
Dietrich hat geschrieben: Monografien heutiger Historilker vermeiden jegliche Heroisierung und zeichnen ein meist objektives und durchaus auch kritisches Bild seines Wirkens, Ein großer Pluspunkt ist sicher die so genannte Karolingische Renaisance, die Karl der Große ins Werk setzte und begleitete. Die Bewahrung von Werken der Antike, die Erneuerung des Klosterwesens, eine Reform der Schrift sowie eine Wiederbelebung der Dichtung und Geschichtsschreibung - also eine komplette Boldungsreform - verdanken wir Karl. Im übrigen bildete das Reich der Karolinger die direkte Basis für Frankreich und Deutschland, die aus ihm hervorgingen.
Habe aber einen gewissen Zweifel. Und zwar, dass das ganze auf dem Mist von Karl gewachsen ist. Er war sicherlich ein fähiger Feldher, der auch großräumig strategisch denken und agieren konnte, vielleicht liebte er auch die Künste usw. und konnte politisch weitsichtig denken und planen.

Dennoch glaube ich, dass diese Maßnahmen und Reformen, die du angesprochen hast, Alkuin und später Einhard zugeschrieben werden müssen.
Man darf nicht vergessen, Alkuin ist zu seiner Zeit einer der größten Denker und Gelehrten gewesen, Einhard auch ein universal gebildeter Gelehrter und ein begnadeter "Schriftsteller", was seine 'Vita Karoli Magni' zeigt.

Man nehme nur mal die "karolingische Minuskel", die du als Reform der Schrift und einen sehr großen Verdienst KdG' beschrieben hast. Unser Karl konnte nicht schreiben und nicht lesen, auch wenn er das im Alter noch gelernt haben soll.
So einer kümmert sich doch nicht um sowas, oder?

Nein, es war Alkuin, der das voran getrieben hat. Über die Ursprünge in der damaligen Abtei Corbie hinweg, hat Alkuin diese neue Schreibform im Frankenreich via Saint-Martin de Tours, in der er Abt war, hoffähig gemacht. Auf alle Fälle hat sie Karl nicht in Auftrag gegeben, weil er neue Buchstaben wollte.

Alkuin, und später Einhard haben ihm bestimmte Maßnahmen und Schritte eingeflüstert. Karl war ein Mann der Tat, einer fürs Grobe. Zu Alkuin und zu Einhard hatte er Vertrauen. Wenn die ihm etwas vorgeschlagen haben und es dem Wohle des Reiches dienen könnte, dann hat er es abgesegnet. Jungs macht, aber macht es ordentlich und lasst es nicht zu teuer werden.

Selbst hatte er für solche Dinge nur ziemlich wenig Zeit. Das große Reich, immer nur im Sattel unterwegs, Feinde, Kriege, Rechtssprechung, Sorge dafür tragen, dass seine Lehnsmänner ihm Soldaten bereitstellen - dazu noch seine Frauen. Nur ein Großer konnte das schaffen.

Mir ist schon klar, dass Herrscher, besonders die ganz Großen, sehr gute Berater brauchen, um so groß zu werden, nur ist es mir im Fall KdG etwas zu viel. Dann auch noch die großartige schreiberische Fähigkeit Einhards. Er hat aus einer vielleicht einigermaßen guten Bilanz, eine überzogen positive, heroische Gestalt Karl I. gemacht und ihn verherrlicht.

Und dem hängen wir heute noch an.
Dietrich hat geschrieben: Dass besonders im Sachsenkrieg tausende Einwihner hingeschlachtet wurden, Zwangstaufen und relihiöser Gesinnungsterror herrschten, verschweigt heutzutage niemand. Aber die Expansion des Frankenreichs stand im Einklang mit der damaligen Auffassung eines mächtigen Herrschers, wie sie auch Augustus, Alexander der Große und andere praktiziert hatten. Wir können Menschen nicht nach heutigen moralischen Maßstäben messen, sondern nur nach den Maßstäben ihrer Zeit.
Ob Karl tatsächlich tausende Sachsen beim "Blutgericht von Verden" abgeschlachtet hat, ist fraglich. Es steht zwar geschrieben, doch sind diesbezügliche archäologische Belege absolute Mangelware - marginal, wäre zu viel gesagt. Gleiches gilt für den Rest der Sachsenkriege.

Aber ich stimme dir ausdrücklich zu - ja, man kann die Menschen vergangener Zeiten, Herrscher, Feldherren, einfache Bauern und Soldaten etc. nicht nach den heutigen moralischen Vorstellungen messen und bewerten.
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Nachdem du deine Beiträge aus dem G/Geschichte Forum noch mal postest, werde ich es auch machen. :mrgreen:

Jeder Herrscher wird von der Geschichtsschreibung irgendwie bewertet. In vielen Fällen ist erst in den letzten Jahrzehnten ein Umdenken zu bemerken – ich erinnere nur an Caligula, Domitian und ganz besonders Nero.

Bei manchen Herrschern ist dies ganz besonders ausgeprägt, bei manchen nur minimal. Gleiches gilt für unterschiedliche Autoren: So mancher schrieb reine Propagandawerke, in denen das ganze Leben eines Menschen der Meinung des Biographen angepasst wird. Beispiele sind die Historia Augusta und Prokopius Anekdota, in denen die schauerlichsten Geschichten über Kaiser Justinian I., aber vor allem über seine Gemahlin Theodora auftauchen – obwohl der Biograph in früheren Werken eigentlich ein Anhänger des Kaiserpaars gewesen war:

So schreibt Prokopius über Theodora: "Mit zehn oder mehr jungen Männern auf der Höhe ihrer Kraft [...] ging sie oft zu einem gemeinschaftlichen Mahl und schlief dann bei sämtlichen Nächten die ganze Nacht hindurch. Wenn aber alle genug davon hatten, suchte dieses Weib noch deren Sklaven auf, etwa 30 an der Zahl, und schlief bei jedem einzelnen von ihnen. [...] Alle besseren Leute aber, die ihr auf offenem Markte begegneten, machten mit Absicht einen Bogen und gingen ihr aus dem Wege, um nur ja nicht den Eindruck zu erwecken, als hätten sie ein Kleidungsstück dieses Weibes berührt und sich dadurch befleckt. Wer sie sah, [...] deutete dies als übles Vorzeichen." (Prokopius: Anekdota, Buch 9) Diese Aussagen werden nicht unbedingt der Wahrheit entsprochen haben.

Solch Propaganda findet sich bei jedem Herrscher – und natürlich auch bei Karl dem Großen, der seine Zeitgenossen ja schon mächtig beeindruckt haben muss.

Es ist nur verständlich, dass sich in den Werken mittelalterlicher Autoren sehr viele positive Aussagen über ihn finden lassen. Manches wird einfach Propaganda gewesen sein, einiges wird ihm einfach nur angedichtet worden sein, weil der Biograph Sachkundigkeit vortäuschen wollte oder nicht auf Wahrheitsgehalt achtete (dies besonders bei Autoren, die nach Karl dem Großen lebten). Menschen wie Alkuin schließlich, die diesem ja ihre hohe Stellung verdankten, hatten verständlicherweise die Absicht, sich bei ihrem Herrscher und Arbeitsgeber einzuschmeicheln (dies natürlich vorrangig zu Lebzeiten Karls des Großen).

Legenden sind da noch einmal eine andere Geschichte, die gleichen wohl eher Märchen als Sachbüchern und entstehen auch nicht in der Schreibstube eines Gelehrten, sondern im Volksmund, auf dem Dorfplatz, im Gasthaus oder auf dem Feld. Dass die nicht der historischen Wahrheit entsprechen, sollte unter diesen Umständen sowieso gar nicht erst zur Debatte stehen. Legenden und Mythen, die sich um Karl den Großen ranken, sind eine andere Sache.
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Als Geschichtsschreiber hatte man sich der offiziellen Lehrmeinung – nämlich der Meinung des Reichs- oder Landesherrschers – anzupassen. Und nicht zuletzt war man als Karolinger natürlich stolz darauf, von einem solchen Mann abzustammen (was ja angeblich 80 % aller Deutschen heute tun, aber das ist Off topic), man brauchte ein Vorbild – und als solches eignete sich Karl der Große schon wegen seiner langen und erfolgreichen Regierungszeit. Da mussten die Historiker einfach schreiben, was man hören wollte, sonst wären sie weg vom Fenster gewesen.

Trotzdem bin ich der Meinung, dass ein Großteil der Karl dem Großen angedichteten Eigenschaften der Wahrheit entsprechen.

Um bei Karls außergewöhnlich gutem Körperbau und seiner Kraft anzufangen: Als Herrscher, der sich sein Leben lang nirgendwo richtig niederließ, sondern immer auf dem Weg durch das Reich zu den Pfalzen war, musste man schon eine gute Kondition haben – und nicht zuletzt war Karl der Große, als er starb, für seine Zeit ein echter Methusalem: Zu Zeiten, als die Lebenserwartung für Männer bei zweiunddreißig, für Frauen sogar nur bei fünfundzwanzig Jahren lag, erreichte dieser Frankenkönig das selbst für das einundzwanzigste Jahrhundert normale Alter von einundsiebzig Jahren! Deshalb kann man bei Karl dem Großen schon einen außergewöhnlichen Körperbau, eine außergewöhnliche Vitalität annehmen.

Dass Karl der Große noch nicht einmal richtig schreiben konnte, ist zwar keine Glorifizierung, entspricht jedoch – wahrscheinlich gerade deshalb – der Wirklichkeit. Alkuin musste das ja wissen, schließlich hat Karl den Großen an den Hof geholt, um die Hofschule zu leiten. Und schreiben mussten im Mittelalter nur die Schreiber – das waren Menschen, deren Beruf das Schreiben war, nämlich Mönche und Berater. Das Schreiben war also auch in den höheren Schichten nicht Allgemeinbildung, sondern berufsbedingte Spezialisierung. In diesem Falle ging bei den mittelalterlichen Königen, Kaisern und Adeligen Körperbau über ein geschicktes Händchen.
Was ich sagen möchte: Karl der Große war wohl in diesem Bereich ein Kind seiner Zeit.

Allerdings versuchte er auch, seine und die Bildung seiner Untertanen zu verstärken: Er richtete eine Hofschule und eine Hofbibliothek ein, berief Gelehrte aus fernen Ländern an diese, lernte im hohen Alter noch lesen und schreiben (nun gut, zumindest versuchte er es) und regte die Klöster zur Gründung neuer Schulen an. Auch die Muttersprache förderte Karl der Große, er ließ eine Grammatik des Fränkischen erstellen.

Er ließ eine neue Buchschrift entwickeln, die karolingische Minuskel und ließ in dieser Schrift viele antike Texte abschreiben. Diese wurden gesammelt, das im sechsten und siebten Jahrhundert auseinander geschwemmte Wissen der Antike teilweise zusammengefasst. Die Bibel, das Sakramentar und die Benediktinerregel wurden in eine einheitliche Fassung gebracht und verbreitet.

Was außerdem sowieso historisch belegbar ist: Karl der Große eroberte große Gebiete in Mittel- und Westeuropa, die für das Frankenreich einen bedeutenden Machtzuwachs bedeuteten: Die bretonische und die spanische Mark, Sachsen, Bayern, Norditalien wurden erobert, die Bretagne, Benevent in Mittelitalien, Böhmen, das Land zwischen Elbe und Oder und einige weitere Gebiete in Abhängigkeit vom Frankenreich gebracht. Schon das wäre eigentlich Grund genug, ihm den Beinamen „der Große“ zu verpassen.
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Dieses von ihm bedeutend vergrößerte Reich sicherte Karl der Große, indem er eine geregelte Nachfolge sicherte (Mitkaisertum Ludwigs des Frommen, die Niederschlagung des Aufstandes seines illegitimen Sohnes Pippin des Buckligen etc.) und Aufstände niederschlug. Durch seine Persönlichkeit brachte er die Bevölkerung auf seine Seite, was ihm schon bald fast den Status eines Volksheiligen eintrug. Die Anwesenheit des Kaisers in vielen Gebieten des Reiches (natürlich nicht gleichzeitig), die das Reisekönigtum mit sich brachte, trug auch ihren Teil zur Sicherung der Herrschaft bei. Die Stammesherzogtümer wurden abgeschafft und ein einheitliches Reich somit quasi erst begründet. Auch hier tat sich Karl der Große hervor. Da dieser Staat jedoch wieder auseinanderbrach, sehe ich das zwar nicht als Grund, Karl den Großen als „Vater Europas“ zu bezeichnen, doch trotzdem waren dies große Taten, die seine positive Bewertung in der Geschichtsschreibung gerechtfertigt.

Die Verwaltung des Reiches wurde festgelegt und organisiert, dazu wurde der Dienstadel geschaffen. Zur Sicherung der Reichsgrenzen führte Karl der Große die Marken mit ihren Landesherren, den Markgrafen ein. Dieses Grenzsystem sorgte dafür, dass die europäische Kultur und das Reich (später Heiliges Römisches Reich) expandieren konnten und schuf die Vorraussetzung für die Ostsiedlung.

Die „Kapitularien“ führten ein geregeltes, moderneres Rechtssystem ein. Das Reichskirchentum wurde auch in diesen Jahren gefestigt. Es war zwar schon nach vier Jahrhunderten unmodern, aber im neunten, zehnten Jahrhundert nach Christus viel eher ein stabilisierender Faktor. Auch das Geldwesen wurde reformiert.

Die Regierungszeit Karls des Großen war eine Ruhephase für das Reich, das in dieser Zeit so richtig aufblühte, nicht nur durch die Reformen, sondern auch durch die friedliche Entwicklung, die es nehmen konnte. Auch die Architektur gewann wieder an Bedeutung. Zahlreiche kunstvolle Bauten wurden errichtet, so die Pfalzkapelle in Aachen. Viele Klöster erlebten ein goldenes Zeitalter. Die Krongüter wurden einheitlich verwaltet, dies wurde festgelegt im „capitularis de villis“.

All diese Reformen schwappten auch auf andere Länder über, die Karl der Große nicht erobert hatte. Dies ist die Tatsache, der der Beiname „Vater Europas“ zugrunde liegt. Nicht die politische Macht, sondern die reformerische Tätigkeit ist es, die ihn rechtfertigt. Denn die erstere hat Grenzen, die gesichert werden müssen, zweitere hingegen breitet sich aus und überwindet Grenzen.

Abschließend fasse ich meine Meinung zusammen: Den Beinamen „der Große“ hat Karl der Große nicht nur körperlich verdient: Reform des Rechtswesens, Reform des Finanzwesens, Reform des Grenzschutzes, Reform des Aufbaus des Reiches, Reform des Bildungswesens… Ich sehe das schon als ausreichend für eine positive Bewertung und all diese Reformen hat auch noch keiner hier bestritten. Das Vorbild, das er damit gab, rechtfertigt auch die Bezeichnung „Vater Europas“. Natürlich ist manches, was Alkuin, Einhard und Co berichten, nicht ganz richtig. Aber das Gesamtbild von Karl dem Großen entspricht der Wirklichkeit.

VG
Der Maxdorfer
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Natürlich muss man zu dem bisher von mir geschriebenen einwerfen, dass all diese Reformen Karls Verdienst sind. Aber es ist sicherlich Verdienst Karls des Großen,
1. solchen Menschen den Aufstieg zu ermöglichen oder sie sogar einzuladen (Alkuin kam ja aus Schottland oder Irland)
2. dem fränkischen Reich die Ruhe und den Frieden gegeben zu haben um solche Reformen durchzuführen.
Und die Vergrößerung des Frankenreiches und die anderen Punkte kommen noch hinzu.
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Dietrich
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Nafets hat geschrieben:
Dennoch glaube ich, dass diese Maßnahmen und Reformen, die du angesprochen hast, Alkuin und später Einhard zugeschrieben werden müssen.
Man darf nicht vergessen, Alkuin ist zu seiner Zeit einer der größten Denker und Gelehrten gewesen, Einhard auch ein universal gebildeter Gelehrter und ein begnadeter "Schriftsteller", was seine 'Vita Karoli Magni' zeigt.
Natürlich hat Karl seine Karolingische Renaissance nicht selbst durchgeführt. Seine Leistung besteht darin, dass er sich zu solchen Maßnahmen und Reformen bereit erklärte, sie begleitete und ideell unterstützte. Mehr kann man von einem Herrscher nicht verlangen, vor allem wenn man bedenkt, dass nur wenige die richtigen Reformatoren zur richtigen Zeit finden. Der Aspekt liegt also auf dem Fördern und dem Willen, die geforderten Maßnahmen seiner Hofkapelle auch konsequent durchzusetzen.
Nafets hat geschrieben:Mir ist schon klar, dass Herrscher, besonders die ganz Großen, sehr gute Berater brauchen, um so groß zu werden, nur ist es mir im Fall KdG etwas zu viel. Dann auch noch die großartige schreiberische Fähigkeit Einhards. Er hat aus einer vielleicht einigermaßen guten Bilanz, eine überzogen positive, heroische Gestalt Karl I. gemacht und ihn verherrlicht.
Wie man es auch dreht und wendet: Unter Karl erlangte das Frankenreich einen Höhepunkt, der von seinen Nachfahren nicht mehr erreicht wurde. Er erwies sich als ein starker Herrscher, ganz im Gegensatz zu den Merowingern des 7. Jh., unter denen die Königsmacht zerfiel, oder seinen karolingischen Nachfahren, die ebenfalls abstiegen.
Nafets hat geschrieben:Ob Karl tatsächlich tausende Sachsen beim "Blutgericht von Verden" abgeschlachtet hat, ist fraglich. Es steht zwar geschrieben, doch sind diesbezügliche archäologische Belege absolute Mangelware - marginal, wäre zu viel gesagt.
Wenn ich von Zwangstaufen, religiösem Terror und dem Tod vieler sächsischer Krieger sprach, so meinte ich keineswegs allein das ominöse "Blutgericht von Verden". Ich spreche von mehreren Jahrzehnten Sachsenkrieg, die viele Opfer forderten sowie Mord und Brand hinterließen - und das vor allem auf altsächsischer Seite. Das sind die Schatten, die auf Karl fallen.
Lia

Hochgeholt, weil es in den aktuellen Thread nicht ganz passt, ein neuer zuviel wäre.
http://geschichte-wissen.de/forum/viewt ... =54&t=5033
Geschichtliche Fakten und Mythos sind nicht immer kongruent. Dass Karls Wirken je nach Zeitgeist instrumentalisiert wurde- in beiden Teilen seines einstigen Reiches, wissen wir auch.
Beide Seiten seines Wirkens und Nachwirkens wurden hier und im aktuellen Thread schon dargestellt.
Brauchen wir den Mythos Karl der Große/ Charlemagne heute noch für Europa?
Ist es richtig, wenn in Kenntnis und einigermaßen objektiver Bewertung der Fakten bis heute ein Preis für für Einheit Europas nach ihm benannt ist?
http://www.karlspreis.de/de/
Idee und Zielsetzung des Karlspreises
Die Idee des Karlspreises wurde am 19. Dezember 1949 aus der Aachener Bürgerschaft heraus geboren. Der Initiator, Dr. Kurt Pfeiffer, hat Idee und Zielsetzung der Auszeichnung wie folgt formuliert: „Der Karlspreis wirkt in die Zukunft, er birgt gleichsam eine Verpflichtung in sich, aber eine Verpflichtung von höchstem ethischem Gehalt. Er zielt auf freiwilligen Zusammenschluss der europäischen Völker, um in neu gewonnener Stärke die höchsten irdischen Güter – Freiheit, Menschlichkeit und Frieden – zu verteidigen, den unterdrückten und Not leidenden Völkern wirksam zu helfen und die Zukunft der Kinder und Enkel zu sichern.“
Die aktuelle Verklärung- mit einiger Ironie:
Selbst meine an Geschichte interessierten SchülerInnen und andere juge Leute hatten wenig bis gar nichts über Karl und die allmähliche Enstehung Deutschlands und Frankreichs gehört. Ihnen war nicht mal klar, warum Frankeich Frankreich/ France heißt.
Wichtig ist er im Geschichtsunterricht an deutschen Schulen nicht mehr, wie insgesamt das Mittelalter fast ausfällt.
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Barbarossa
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Lia hat geschrieben:Hochgeholt, weil es in den aktuellen Thread nicht ganz passt, ein neuer zuviel wäre.
http://geschichte-wissen.de/forum/viewt ... =54&t=5033
Geschichtliche Fakten und Mythos sind nicht immer kongruent. Dass Karls Wirken je nach Zeitgeist instrumentalisiert wurde- in beiden Teilen seines einstigen Reiches, wissen wir auch.
Beide Seiten seines Wirkens und Nachwirkens wurden hier und im aktuellen Thread schon dargestellt.
Brauchen wir den Mythos Karl der Große/ Charlemagne heute noch für Europa?
Ist es richtig, wenn in Kenntnis und einigermaßen objektiver Bewertung der Fakten bis heute ein Preis für für Einheit Europas nach ihm benannt ist?
http://www.karlspreis.de/de/
Idee und Zielsetzung des Karlspreises
Die Idee des Karlspreises wurde am 19. Dezember 1949 aus der Aachener Bürgerschaft heraus geboren. Der Initiator, Dr. Kurt Pfeiffer, hat Idee und Zielsetzung der Auszeichnung wie folgt formuliert: „Der Karlspreis wirkt in die Zukunft, er birgt gleichsam eine Verpflichtung in sich, aber eine Verpflichtung von höchstem ethischem Gehalt. Er zielt auf freiwilligen Zusammenschluss der europäischen Völker, um in neu gewonnener Stärke die höchsten irdischen Güter – Freiheit, Menschlichkeit und Frieden – zu verteidigen, den unterdrückten und Not leidenden Völkern wirksam zu helfen und die Zukunft der Kinder und Enkel zu sichern.“
Und da muss ich dann schon schmunzeln, denn Karl hat sein Reich ja nun alles andere als friedlich vergrößert. Hat also eigentlich wenig mit der EU und seinen Idealen zu tun. M. E.
Lia hat geschrieben:Die aktuelle Verklärung- mit einiger Ironie:
Selbst meine an Geschichte interessierten SchülerInnen und andere juge Leute hatten wenig bis gar nichts über Karl und die allmähliche Enstehung Deutschlands und Frankreichs gehört. Ihnen war nicht mal klar, warum Frankeich Frankreich/ France heißt.
Wichtig ist er im Geschichtsunterricht an deutschen Schulen nicht mehr, wie insgesamt das Mittelalter fast ausfällt.
Das erschüttert mich jetzt aber äußerst. Geht eigentlich gar nicht finde ich.
Unglaublich...
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Dietrich
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Lia hat geschrieben: Die aktuelle Verklärung- mit einiger Ironie:
Selbst meine an Geschichte interessierten SchülerInnen und andere juge Leute hatten wenig bis gar nichts über Karl und die allmähliche Enstehung Deutschlands und Frankreichs gehört. Ihnen war nicht mal klar, warum Frankeich Frankreich/ France heißt..
Das erstaunt mich sehr, denn ich kenne unter den Bundesländern keinen Lehrplan für Geschichte, der das Thema "Karl der Große" nicht enthalten würde. Es mag aber sein, dass deine Schüler diese Unterrichtsepisode längst vergessen haben. Was ebenfalls ein Trauerspiel wäre - sowohl für Schüler als auch für Lehrer.

Karl der Große ist jedenfalls der Entrümpelung vieler Lehrpläne nicht zum Opfer gefallen, wohl aber u.a. große Inhaltsbereiche des Römischen Reichs (z.B. römische Republik) oder schon bisher dürftige Themen wie Byzantinisches Reich, Frankreich und England in Mittelalter und früher Neuzeit. Allerdings ist das von Bundesland zu Bundesland etwas verschieden und natürlich davon abhängig, ob der LP für Haupt- oder Realschulen oder für Gynnasien erstellt wurde.
Lia

Das erstaunt mich sehr, denn ich kenne unter den Bundesländern keinen Lehrplan für Geschichte, der das Thema "Karl der Große" nicht enthalten würde. Es mag aber sein, dass deine Schüler diese Unterrichtsepisode längst vergessen haben. Was ebenfalls ein Trauerspiel wäre - sowohl für Schüler als auch für Lehrer.
Antike steht bei uns noch im Lehrplan, schicke Dir gleich den Link per pn.
Wäre ja schön, wenn es denn nur die Vergesslichkeit der Schüler wäre, aber leider sind es totale Lücken, insbesondere an Gesdamt- und Gemeinschaftsschulen.
Definitiv fand Karl an Gesamtschulen nicht statt, wie ich aus sehr korrekt geführten Heften zwischen den Klassenstufen 1-10. verfolgen konnte. Bei Gymnasiasten ist immerhin mehr Substanz, ich denke, bei einigermaßen interessierten SchülerInnen soviel wie einst zu meiner Zeit, wenn auch mit anderen didaktischen Vorgaben aufbereitet.
Sicher ist Personengeschichte und reine Epochengeschichte,, wie sie früher betrieben wurde, out, Mittelalter liegt vielen Kollegen und Kolleginnen eh nicht, wird allenfalls als Basis für gesellschaftskritische Betrachtungen benutzt.
(König und Adel: Böse. Bauern: Arm, aber gut. Kulturerbe: Fällt aus.
Wirklich, Dietrich, ich habe erlebt, dass meine Schützlinge (samt Eltern) entgeistert waren, was aus der Schule nicht kam, gekommen ist, das deutsche/ europäische Mittelalter betreffend, außer den groben Rastern wie oben.
Jetzt, in der Oberstufe wird es teilweise schwierig, diesen Teil der Allgemeinbildung nachzuholen, wenn in Sachtexten darauf Bezug genommen wird.
Oder auch, wenn die großen Dramen dran sind, antike und andere Vorbilder unbekannt sind.

Ein Beispiel von vielen, und es sind durchaus gute, interessierte Schüler. Weiter:
Angelsachsen? Darum heißt England England? Wie, die Römer waren auch da? Mutter wie ich wussten zwar, dass vieles im Unterricht nicht stattgefunden hatte, aber wie abgrundtief die Lücken sind, merkten wir erst, als es bei einer großen Hausarbeit mal in die ferne Geschichte gehen musste.
So ähnlich erlebe ch es oft, wenn ich mal Fächer- übergreifend irgendetwas voraussetze- und dann erklären, erzählen muss, was mit Anspielungen etc. in Texten auf sich hat.
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dieter
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Dietrich hat geschrieben:
Lia hat geschrieben: Die aktuelle Verklärung- mit einiger Ironie:
Selbst meine an Geschichte interessierten SchülerInnen und andere juge Leute hatten wenig bis gar nichts über Karl und die allmähliche Enstehung Deutschlands und Frankreichs gehört. Ihnen war nicht mal klar, warum Frankeich Frankreich/ France heißt..
Das erstaunt mich sehr, denn ich kenne unter den Bundesländern keinen Lehrplan für Geschichte, der das Thema "Karl der Große" nicht enthalten würde. Es mag aber sein, dass deine Schüler diese Unterrichtsepisode längst vergessen haben. Was ebenfalls ein Trauerspiel wäre - sowohl für Schüler als auch für Lehrer.

Karl der Große ist jedenfalls der Entrümpelung vieler Lehrpläne nicht zum Opfer gefallen, wohl aber u.a. große Inhaltsbereiche des Römischen Reichs (z.B. römische Republik) oder schon bisher dürftige Themen wie Byzantinisches Reich, Frankreich und England in Mittelalter und früher Neuzeit. Allerdings ist das von Bundesland zu Bundesland etwas verschieden und natürlich davon abhängig, ob der LP für Haupt- oder Realschulen oder für Gynnasien erstellt wurde.
Lieber Dietrich,
wenn ich für mich spreche, wir sind bis zum Deutsch/Franz. Krieg von 1870/71 gekommen. Ich durfte sogar bei der Schulfeier unserer Mittelschule ein Gedicht über Karl den Großen vortragen. :wink:
Unser Sohn kam bis zur Rolle der Juden in einem Oberstufengymnasium ob dies auch die Nazizeit umfasste weiß ich nicht mehr :?:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
Dietrich
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Lia hat geschrieben: Definitiv fand Karl an Gesamtschulen nicht statt, wie ich aus sehr korrekt geführten Heften zwischen den Klassenstufen 1-10. verfolgen konnte. Bei Gymnasiasten ist immerhin mehr Substanz,
Ich sagte ja oben, dass die Lehrplansthemen abhängig sind von der Schulform, für die sie erstelltv wurden. Es gibt in Deutschland keinen Gymnasiallehrplan, der das Thema "Karl der Große" nicht enthalten würde. Wie das bei Haupt- oder Gesamtschulen aussieht, entzieht sich meiner Kenntnis.
Lia hat geschrieben:Sicher ist Personengeschichte und reine Epochengeschichte,, wie sie früher betrieben wurde, out, Mittelalter liegt vielen Kollegen und Kolleginnen eh nicht, wird allenfalls als Basis für gesellschaftskritische Betrachtungen benutzt.
(König und Adel: Böse. Bauern: Arm, aber gut. Kulturerbe: Fällt aus.
Generell wird heute im Geschichtsunterricht der Sozial-, Gesellschafts- und Wirtschaftsgeschichte breiterer Raum eingeräumt, als das früher der Fall war. Man kann das auch "Strukturgeschichte nennen. Dafür musste die Ereignisgeschichte Federn lassen, denn niemand wird - und kann angesichts der minimalen Stundenzahl - heute noch Antike. Mittelalter und Neuzeit lückenlos unterrichten. Das ist weder von der Stundenzahl her möglich, noch pädagogisch sinnvoll.

Stattdessen werden wichtige Kreuzpunkte der Geschichte beleuchtet, von denen aus neue Entwicklungen oder Umbrüche ihren Ausgang nahmen. Da können dann auch bestimmte historische Personen im Brennpunkt stehen, die das verkörpern: so z.B. Alexander der Große, Augustus, Dschinghis Khan, Ludwig XIV. oder Friedrich II. (immer noch). Personengeschichte alter Machart wird allerdings heute nicht mehr betrieben und vor allem auch keine Kriegsgeschichte mehr, wie noch vor 1945, wo entscheidende Schlachten im Detail analysiert oder sogar nachgestellt wurden. Aber: Viel von dem, was ich hier schreibe, gilt nur für das Gymnasium. In der Hauptschule sieht es da erheblich düsterer aus.
Lia hat geschrieben:Wirklich, Dietrich, ich habe erlebt, dass meine Schützlinge (samt Eltern) entgeistert waren, was aus der Schule nicht kam, gekommen ist, das deutsche/ europäische Mittelalter betreffend, außer den groben Rastern wie oben.
Jetzt, in der Oberstufe wird es teilweise schwierig, diesen Teil der Allgemeinbildung nachzuholen, wenn in Sachtexten darauf Bezug genommen wird.
In der Hauptschule erschöpft sich das Mittelalter in der Strukturgeschichte, wo es im LP heißt: "Menschen im Mittealter: Bauern - Ritter auf den Burgen - die Stadt. Das sieht aber im Gymnasium ganz anders aus, denn mit Büchern für diesen Schultyp habe ich mich intensiv beschäftigt.
Lia hat geschrieben:Ein Beispiel von vielen, und es sind durchaus gute, interessierte Schüler. Weiter:
Angelsachsen? Darum heißt England England? Wie, die Römer waren auch da? Mutter wie ich wussten zwar, dass vieles im Unterricht nicht stattgefunden hatte, aber wie abgrundtief die Lücken sind, merkten wir erst, als es bei einer großen Hausarbeit mal in die ferne Geschichte gehen musste.
So ähnlich erlebe ch es oft, wenn ich mal Fächer- übergreifend irgendetwas voraussetze- und dann erklären, erzählen muss, was mit Anspielungen etc. in Texten auf sich hat.
Man muss leider feststellen, dass das Fach Geschichte heute zu den Stiefkindern des Unterrichts gehört. Die Stundenzahl wurde im Verlauf der Jahrzehnte immer weiter herabgesetzt, sodass Geschichte oft nur noch rudimentär unterrichtet werden kann. Und wenn dann noch Unterricht ausfällt, fallen dem ganze historische Themenbereiche zum Opfer, was sich noch summieren kann.
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