Heinrich der Löwe und Barbarossa

Heraldik, Jagd, Pest, Kriegsführung, Ritter, Feuerwaffen, Burgen, Könige, Königreiche

Moderator: Barbarossa

Dietrich
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In prekärer Lage, vor dem unglücklichen Italienfeldzug von 1176, erlebte Barbarossa die Grenzen seines persönlichen Verhältnisses zu Heinrich dem Löwen. Als er bei seinem Treffen in Chiavenna, vermutlich im Januar 1176, den Löwen dringlich um Hilfe bat, und diese ihm verweigert wurde, offenbarte sich die für das staufische Königtum gefährlich gewordene Machtballung in der Hand des Welfen.

Lange genug hatte der Kaiser seinen Vetter gedeckt, sodass er jetzt den Sturz Heinrichs des Löwen betrieb. Da eine formelle Verpflichtung zur Heeresfolge in Italien für den Löwen nicht bestand, musste Barbarossa einen anderen Weg finden. Er schenkte daher den Klagen sächsischer Fürsten über einen Friedensbruch des Welfen Gehör und forderte ihn auf, sich auf dem Hoftag in Worms im Januar 1179 für sein aggressives Vorgehen gegen den sächsischen Adel zu verantworten.

Bekanntlich erschioen Heinrich der Löwe nicht und als er auch nicht zum Hoftag im Juni 1179 nach Magdeburg kam, eröffnete Barbarossa auf dem Hoftag in Gelnhausen ein land- und lehnsrechtliches Verfahren, durch das der Welfe seine Reichslehen, die Herzogtümer Sachsen und Bayern, verlor, ferner seinen fürstlichen Stand und schließlich ins Exil nach England gehen musste.

Barbarossa hatte damit gleich zwei Ziele erreicht: Die übermäßige Macht des welfischen Herzogs war zerschlagen, zudem schloss der Kaiser auf dem Hoftag in Worms 1179 ein spektakuläres Geschäft ab: der Vertrag über die süddeutschen Welfengüter, die Barbarossa Ende 1178 Heinrichs Onkel Welf VI. abgkauft hatte, wurde förmlich bestätigt.

Die Neuordnung des Reichs bestätigte allerdings auch Eingrenzungen der Königsgewalt. Die Aufspaltung der alten Herzogtümer Sachsen und Bayern gelang nur durch die Begünstigung von regional bereits verankerten Dynastenfamilien oder Herrschaftsträgern: die Erzbischöfe von Köln und die Askanier im Norden, die Wittelsbacher und die steirischen Ottokare im Südosten des Reichs. Dem Kaiser blieb, neben dem süddeutschen Welfenerbe, eine offenere und darum leichter gegeneinander auszuspielende Welt von Fürsten.

Immerhin gingen die Fürsten letztlich als Sieger aus den Auseinandersetzungen des 12. Jahrhunderts hervor. Mit ihrem Politikverständnis prägten sie die spätmittelalterliche Reichsgeschichte, die ihre entscheidende Weichenstellung im 12. Jh. erfuhr. An einen Einzug und Einbehalt großer Reichslehen durch die Königsdynastie war künftig nicht mehr zu denken. Solche Lehen mussten erneut ausgetan werden, ganz anders, als das im hochmittelalterlichen Frankreich der Fall war.
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dieter
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Die Macht des Löwen war zu stark geworden. Er hatte auch seinen Besitz gewaltig nach Mitteldeutschland erweitert. Da Heinrich ihm die Heeresfolge verweigerte und er bei Legnano die Schlacht gegen die Lombardischen Städte verlor, war es aus mit der Freundschaft von Barbarossa und den Löwen. Die macht der Welfen hat Barbarossa zerschlagen. :wink:
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Dietrich
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dieter hat geschrieben:Die Macht des Löwen war zu stark geworden. Er hatte auch seinen Besitz gewaltig nach Mitteldeutschland erweitert. Da Heinrich ihm die Heeresfolge verweigerte und er bei Legnano die Schlacht gegen die Lombardischen Städte verlor, war es aus mit der Freundschaft von Barbarossa und den Löwen. Die macht der Welfen hat Barbarossa zerschlagen. :wink:
Die Welfen stellten in der Tat eine zunehmde Bedrohung für die herrschende Dynastie der Staufer dar. Insofern konnte Barbarossa nach der Verweigerung seines Hilfeersuchens zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Er brach die Macht der Welfen und verteilte ihre Herzogtümer Bayern und Sachsen endgültig an andere Dynastien. Genutzt hat das unter anderem den Wittelsbachern, die damals neue Herzöge von Bayern wurden, das sie immerhin über 700 Jahre bis 1918 behaupteten.

Sachsen zerfiel hingegen in vieleTeile, die von Welfen, Askaniern sowie verschiedenen Fürstbistümern und Grafschaften beherrscht wurden. Erst im Verlauf einiger Jahrhunderte hatte das welfische Herzogtum Braunschweig-Lüneburg nahezu den Umfang des alten Stammesherzogtums Sachsen erreicht, auch wenn der westfälische Westen ein für allemal verloren blieb und auch die Hochstifte Magdeburg und Halberstadt im Osten nicht mehr zu bezwingen waren.
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dieter
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Lieber Dietrich,
da hatte Heinrich der Löwe überzogen. Hochmut kommt vor dem Fall. :wink:
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Ruaidhri
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Dieter hat geschrieben:Lieber Dietrich,
da hatte Heinrich der Löwe überzogen. Hochmut kommt vor dem Fall.
Zu hoch gepokert, ob allein aus Hochmut, darf man diskutieren.
In jedem Fall ist die Konstellation HdL und FB ( einst Studentenkürzel :mrgreen: ) im persönlichen wie im politisch- historischen Kontext hoch interessant.
Klug und machtbewusst war der Löwe, sein Landesausbau und auch seine Beteiligung an der Neugründung und Förderung Lübecks im norddeutschen Raum sollte weit über seinen Sturz hinaus nachwirken.
Lange hielt er Barbarossa den Rücken frei, fühlte sich ihm aber nicht unberechtigt ebenbürtig.
Inzwischen wird Friedrich Barbarossa kritischer gesehen- ob der Welfe der bessere König/ Kaiser gewesen wäre, allerdings lässt sich auch nicht sagen.
Lesenswert zum Löwen u.a.:
Karl Jordan
Heinrich der Löwe
Verlag: Dtv (Dezember 2002)
(brochierte Ausgabe)

Joachim Ehler:
Heinrich der Löwe. Eine Biographie
Verlag: Siedler Verlag; Auflage: 3 (22. Februar 2008)
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LG Ruaidhri
Dietrich
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Ruaidhri hat geschrieben: Zu hoch gepokert, ob allein aus Hochmut, darf man diskutieren.
Legt man heutige Maßstäbe an, so trieb Heinrich der Löwe Realpolitik, der Staufer Barbarossa hingegen eine werteorientierte Symbolpolitik. Die slawischen Stämme saßen unmittelbar an der Ostgrenze des sächsischen Herzogtums und ihre Unterwerfung bedeutete die sofortige und direkte Ausdehnung des welfischen Machtbereichs. Somit sah der Löwe seine Zukunft im Osten und konnte den kräftezehrenden Feldzügen Barbarossas in Oberitalien nichts abgewinnen. Als logische Folge dieser interessegeleiteten Machtpolitik verweigerte er dem staufischen Kaiser seine Hilfe in Oberitalien, was zu den bekannten Konsequenzen führte.

Heinrich dem Löwen ist der Vorwurf zu machen, dass er die Folgen seines Handelns nicht richtig einschätzte, seine eigene Machtposition durchaus überschätzte. Er sah sich mit seinen beiden großen Herzogtümern Sachsen und Bayern als unangreifbar und unterschätzte die Möglichkeiten des Kaisertums. Er unterschätzte ferner die hochadelige Opposition im eigenen Herzogtum, die von Heinrich dem Löwen oft unterdrückt und gedemütigt geworden war. Die sahen nun ihre Chance gekommen und verklagten den Löwen vor Kaiser und Reich. Somit erging der Spruch wegen Landfriedensbruchs und als der Herzog trotz mehrfacher Aufforderung nicht vor dem Fürstengericht erschien, verlor er 1180 seine Herzogtümer und wurde geächtet.

Erst 1235 wurde der Welfe Otto das Kind mit dem neuen Herzogtum Braunschweig-Lüneburg belehnt, das lediglich einen kleinen Teil des alten Stammesherzogtums ausmachte.
Ruaidhri hat geschrieben:Klug und machtbewusst war der Löwe, sein Landesausbau und auch seine Beteiligung an der Neugründung und Förderung Lübecks im norddeutschen Raum sollte weit über seinen Sturz hinaus nachwirken.
Er war klug, machtbewusst aber durchaus skrupellos. Vermutlich musste man in damaliger Zeit so sein, wenn man machtpolitisch überleben wollte. Denn die Konkurrenz war groß, da damals die Territorialiserung einsetzte und Herren, Grafen, Herzöge, Bischöfe und Äbte eifrig bestrebt waren, ihre zerstückelten Gebiete zu vereinen und auszudehnen. Das erfolgte vielfach mit Gewalt und List, oftmals auch ducrh Heirat einer Erbtochter. Wer besiegt war wurde landsässig und unterstand nun der Herrschaft eines anderen - für die meisten keine erstrebenswerte Option.
Ruaidhri
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Legt man heutige Maßstäbe an, so trieb Heinrich der Löwe Realpolitik, der Staufer Barbarossa hingegen eine werteorientierte Symbolpolitik. Die slawischen Stämme saßen unmittelbar an der Ostgrenze des sächsischen Herzogtums und ihre Unterwerfung bedeutete die sofortige und direkte Ausdehnung des welfischen Machtbereichs. Somit sah der Löwe seine Zukunft im Osten und konnte den kräftezehrenden Feldzügen Barbarossas in Oberitalien nichts abgewinnen. Als logische Folge dieser interessegeleiteten Machtpolitik verweigerte er dem staufischen Kaiser seine Hilfe in Oberitalien, was zu den bekannten Konsequenzen führte.
Gut beschrieben, denn dem Löwen verdankt man ganz konkret wesentlich mehr Nützliches und Reales als dem Staufer.
Sowohl Bayern als auch nord- und (nord)ostdeutsche Regionen haben dem Tatendrang und der Klugheit Löwen bis heute einiges zu verdanken.
Heinrichs Förderung der Städte, von der seine der seine eigene Kasse kräftig ebenso profitierte wie die Sicherung seiner Macht, erwiesen sich als positiv nachhaltig, das kaiserliche Fernweh mit dem Ziel, die oberitalienischen Städte wieder unter kaiserliche Macht zu bringen, zahlte sich am Ende nicht aus. Weder real noch in Symbolwerten.
Er war klug, machtbewusst aber durchaus skrupellos. Vermutlich musste man in damaliger Zeit so sein, wenn man machtpolitisch überleben wollte. Denn die Konkurrenz war groß, da damals die Territorialiserung einsetzte und Herren, Grafen, Herzöge, Bischöfe und Äbte eifrig bestrebt waren, ihre zerstückelten Gebiete zu vereinen und auszudehnen.
Wofür wieder die Ereignisse um Lübeck, die Grafschaften Holstein und Storman ein plastisches Beispiel sind, dass Heinrich der Löwe sich einstige Lehns- und Gefolgsleute zu Feinden machte, die letztlich auch zu seiner Niederlage beitrugen.
Er griff nicht immer zu sauberen Mitteln, das aber gehörte zum Zeitgeist und war nicht allein des Welfen Methode im Kampf um Macht und Status.

Mit :mrgreen: und Yellow-Press-Ambitionen: Der Löwe war ein Welfe. Manche Charakterzüge treten bei den Abkömmlingen heute auch noch der wieder auf, könnte man denken.
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Dietrich
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Ruaidhri hat geschrieben:
Der Löwe war ein Welfe. Manche Charakterzüge treten bei den Abkömmlingen heute auch noch der wieder auf, könnte man denken.
Leider nur die negativen ... :(
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Leider nur die negativen ... :(
Scheint so, zumindest die bekannten deutschen Sprösslinge der Dynastie betrachtend. :mrgreen:
Bei der Liste der Vorfahren kann man allerdings durchaus mal schmunzelnd meinen, da schlüge fernes Erbe (doppelt)durch. :mrgreen:
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Ruaidhri hat geschrieben:
Leider nur die negativen ... :(
Bei der Liste der Vorfahren kann man allerdings durchaus mal schmunzelnd meinen, da schlüge fernes Erbe (doppelt)durch.
Welche erbbedingten Charakterzüge hast du da im Blickfeld? :D
Ruaidhri
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Ohne auch nur den geringsten Anspruch auf Ernsthaftigkeit, mal gar nicht Wissenschaftlichkeit:
Auf den ersten Blick in die Ahnentafel: (nicht Stammbaum, das ist etwas anderes, Rassehunde haben beides- das eine aus Papier, das andere aus dem Grundstoff für Papier).
In direkter Linie stammt der indirekt gemeinte Welfenprinz tatsächlich vom Löwen ab.
Dessen Verwandtschaft, bzw.Ahnenreihe hatte es schon in sich...
Der Löwe war wieder mit Mathilde verheiratet. Tochter Heinrich II. von England und damit Nachfahrin des Eroberers. Allein diese Ahnen sind schon berühmt- berüchtigt für ihr Temperament und- ob Charakterzug und aus der Not verstärkt, ihre Skrupellosigkeit, wenn es um Macht und Ego und Geltungsbedürfnis ging.
Mathildes Mutter war die viel diskutierte Eleonore, auch nicht gerade als zimperlich und still bekannt. :mrgreen:
Da man inzwischen weiß, dass Charakter eben doch nicht nur von der Sozialisierung abhängig ist, mag man sich die wilde Spekulation mal gönnen. :lol:
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dieter
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Dietrich hat geschrieben:
Ruaidhri hat geschrieben:
Der Löwe war ein Welfe. Manche Charakterzüge treten bei den Abkömmlingen heute auch noch der wieder auf, könnte man denken.
Leider nur die negativen ... :(
Lieber Dietrich,
ist der besagte Welfe, Prinz von Hannover, überhaupt noch mit der einen Prinzessin von Monaco verheiratet :?:
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dieter hat geschrieben: Lieber Dietrich,
ist der besagte Welfe, Prinz von Hannover, überhaupt noch mit der einen Prinzessin von Monaco verheiratet :?:
Ja, aber gemeinsam treten sie schon seit langem nicht mehr öffentlich auf. Angeblich soll er sich in London vergnügen, wo ohnehin ein Sammelplatz der ganzen Welfensippe existiert.
Dietrich
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Ruaidhri hat geschrieben: Da man inzwischen weiß, dass Charakter eben doch nicht nur von der Sozialisierung abhängig ist, mag man sich die wilde Spekulation mal gönnen. :lol:
Raff- und machtgierig waren sicher alle Adelssippen, die bis heute überlebt haben. Ohne solche Chrakterzüge hätten sie nicht 800 Jahre und mehr überdauern könnn; vor allem nicht angesichts der gewaltigen Konkurrenz anderer hochadliger Dynastien, die ihren Besitz ebenfalls mehren wollten.

Es mag allerdings sein, dass die raubtierähnlichen Züge durch den Einschlag bürgerlicher Frauen inzwischen stark verdünnt sind. :mrgreen:
Ruaidhri
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Unbeherrschtheit und aufbrausendes Temperament scheint aber seit Urzeiten in den Genen zu stecken.
Es mag allerdings sein, dass die raubtierähnlichen Züge durch den Einschlag bürgerlicher Frauen inzwischen stark verdünnt sind. :mrgreen:
Och, so manche uralte bürgerliche Familie, deren Vorfahren zu Zeiten des Löwen schon reiche Leute waren, muss dann ähnlich raubtierhafte Züge zeigen.
Wer nach oben will, hat die immer- insofern kann das Middleton-Erbe das nicht verdünnen, sondern eher beleben!
So, nun aber Ende mit Yellow-Press, heißt ja schließlich Geschichte Wissen hier!
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