Wie entstanden die Franken?

Heraldik, Jagd, Pest, Kriegsführung, Ritter, Feuerwaffen, Burgen, Könige, Königreiche

Moderator: Barbarossa

Dietrich
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Der Entstehung der Franken nachzuspüren ist ein interessantes Thema, zumal vieles archäologisch und hinsichtlich der Quellenlage gut erschlossen ist. Da die Franken europäische Geschichte schrieben, ist die Frage nach ihren Wurzeln unvermeidlich.

Die Franken sind in den ersten nachchristlichen Jahrhunderten im Gebiet zwischen Weser und Mittel- und Niedrrhein aus einem gegen die Römer gerichteten Zusammenschluss mehrerer verwandter germanischer Einzelstämme zusammengewachsen. Der Mitte des 3. Jh. erstmals genannte Name ist in seiner Deutung schwierig und knüpft vermutlich an die Begriffe "kühn, mutig, ungestüm" an, während die Synonymsetzung "Franke = Freier" wohl erst sekundär nach der Etablierung der fränkischen Herrschaft in Nordgallien erfolgte.

Wichtige Grundlage der fränkischen Geschichte war in der römischen Kaiserzeit die Existenz einer Reihe germanischer Völkerschaften im Bereich des niedergermanischen Limes . Diese konnten ihre Unabhängigkeit bewahren und bildeten ein politisches Gemeinsamkeitsbewusstsein aus, gefestigt durch eheliche Verbindungen der Herzogs- bzw. Königsfamilien.

Konkret wurden so in römischen Quellen seit dem 3. Jh. Kleinstämme der Istwäonengruppe (Chamaven, Brukterer, Chattuarier) und die ursprünglich ingwäonischen Amsivarier unter der Bezeichnung "Franken" zusammengefasst.

Gleichzeitig mit den Alemannen griffen diese Kleinstämme von ihren Wohngebieten an Weser, Mittel- und Niederrhein gegen Ende des 3. Jh. auf die rechtsrheinischen Gebiete der Tubanten, Usipier, Chasuarier und evtl. auch der Tenkterer über. In der Forschung ist kontrovers, ob auch diese in Klientelverhältnissen zum Römischen Reich stehenden Gruppen den Franken zuzurechnen sind, doch spricht wohl einiges dafür.

Das Fortbestehen der Namen der Einzelstämme neben der gemeinsamen Bezeichnung "Franken", das Fehlen einer einheitlichen monarchischen Verfasstheit bis zum Ende des 5. Jh. und die auch schon für die Frühzeit erschließbare Unterschiedlichkeit der Stammesrechte zeigen den langsamen Vorgang der Konzentration und Vereinigung an. Daher nimmt die Forschung für die Frühzeit nicht einen einheitlich organisierten Stammesverband an, sondern verwendet Termini wie "Stammesschwarm" oder allenfalls "Stammesbund".

Seit der Mitte des 3. Jh. gingen die Franken offensiv gegen das Römische Reich vor, nach Ausweis der Münzdepotfunde insbesondere gegen den belgisch-moselländischen Raum (275: Maasgebiet, Einnahme von Trier). Fränkische Piraten bedrohten weite Teile der nordgallischen Küstengebiete. Ende des 3. Jh. drangen fränkische Verbände in das Bataverland an der unteren Maas, andere an der Rheinlinie auf Reichsgebiet vor. Auf diese Vorstöße reagierten römische Kaiser und Usurpatoren mit der Aufnahme von Franken in das Heer und ihrem Einsatz gegen innere Gegner. Die römische Politik gegenüber den Franken wurde seit dem 3. Jh. aktiver, so z.B. ein Vertragsschluss von Kaiser Maximinian mit dem fränkischen König Gennobaudes, Ansiedlung fränkischer Gruppen um Trier und Ansiedlung gefangener Franken als Laeten in Nordgallien.

Unter Kaiser Konstantin scheint den Römern noch einmal die Stabilisierung der Rheingrenze gelungen zu sein, denn im wesentlichen verlautet nichts mehr über fränkische Vorstöße bis Mitte des 4. Jh. in den Quellen.

Eine Führungsstellung nahm der Teilstamm der Salier südlich der Ijssel ein, deren zum Synonym für die Franken gewordener Name nach dem 5. Jh. nur noch in Rechtsquellen vorkommt. Nach der Unterwerfung der Bataver Anfang des 4. Jh. im Rheindelta gewannen die Salier 357 als römische Föderaten Toxandrien (Nordbrabant), drangen seit 406 zum Kohlenwald zwischen Lüttich und Tournai vor und eroberten bis Ende des 5. Jh. Gallien. Der weitere historische Verlauf gehört nicht mehr zu dieser Themenstellung.

Andere Teile der Franken, die später Ripuarier genannt wurden, gewannen um 459 das Kölner Gebiet und drangen von hier aus ins Moselgebiet vor. Vielleicht im 6. Jh. schlossen sich die Hessen im Rhein-Main-Gebiet weitgehend den Franken an.

Die archäologischen Quellen zur Geschichte der Franken bestehen für die Zeit vom 4.-8.Jh. überwiegend aus Grabfunden bzw. Grabbeigaben. Siedlungsfunde oder Reste des Siedlungsinventars sind demgegenüber selten und gewinnen erst für die karolingische Zeit des 8.-9. Jh. größere Bedeutung. Charakteristisch für den Beisetzungsbrauch der Franken im frühen MA sind die über Generationen hinweg belegten Reihengräberfriedhöfe. Die Toten wurden unverbrannt und nach Osten ausgerichtet beerdigt und zwar durchweg in ihrer im Leben getragenen Tracht und mit weiteren Beigaben versehen. In der jüngeren Merowingerzeit gibt es abweichende Besonderheiten im Grabbrauch wie z.B. Pferde- und andere Tierbestattungen, Brandbestattungen, Grabhügel, Kreisgräber usw. In diesem Zusammenhang wurde vor mehreren Jahren ein besonders prächtiges (merowingisches?) Königsgrab gefunden, doch sind mir Zeit und Ort leider nicht mehr erinnerlich.
Paul
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Es gibt auf jedenfall mehrere Gruppen, die nicht ganz deckungsgleich sind, welche als Franken bezeichnet werden. Deshalb kam es in Foren schon wiederholt zu Mißverständnissen. Ich kann immer nur den Kopf schütteln, wenn einer schreibt, die Franken hätten Köln angegriffen und erobert. Köln war ein fränkisches Gebiet, welches von Sugambrern erobert wurde, was dann immer mehr zur Großstammbildung führte, als dann auch die Bataver, Chatten, westrheinische Ubier....dazukamen. Das waren alles Stämme die schon vorher fränkische Dialekte sprachen. Interessant wäre es herauszufinden, ob in Franken schon vorher ein fränkischer Dialekt gesprochen wurde o. ob so massiv fränkische Siedler ins Land kamen, um den Dialekt umzuformen, was man eigentlich kaum glauben könnte. Wenn schon vor der "Fränkischen" Eroberung in Franken fränkisch gesprochen wurde, heist dies, das die vorherige Einwanderung in der "Suebenzeit" und in der "Allemannenzeit" schon überwiegend aus dem Norden aus Hessen erfolgte.
-Es gibt die fränkische Dialektgruppe, die schon vor der Großstammbildung entstand und mit dem politischen Großstamm oder dem fränkischen Herzogtum und den Fränkischen Reichen nicht identisch ist.
-Der Fränkische Großstamm, welcher mit der Zeit durch Anschluß benachbarter Stämme, mit ähnlichem Dialekt wuchs.
-Das Fränkische Herzogtum.
-Das Fränkische Reich bzw. das Westfränkische und das Ostfränkische Reich.
viele Grüße

Paul

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dieter
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Lieber Paul,
und somit Frankreich und Deutschland. :wink:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
Spartaner
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dieter hat geschrieben:Lieber Paul,
und somit Frankreich und Deutschland. :wink:
Das hat andere Gründe warum es sich in Frankreich und Deutschland unterschied. Der wichitigste Grund ist die unterschiedliche herausgebildete Sprache . Diese war zugelich der wichtigeste Sprengstoff, der das karolingische Imperium spaltete. Während am Hofe Karl des Grossen auch in Austrasien fränkisch - deutsch noch lange Zeit gesprochen wurde, gewann in Neustrien und übrigen Gallien immer mehr die romanische Sprache die Oberhand.
In Gallien sollte zudem auch immer mehr in Latein gepredigt werden.
http://de.wikipedia.org/wiki/Austrasien ... 814-de.svg
Dietrich
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Paul hat geschrieben: Ich kann immer nur den Kopf schütteln, wenn einer schreibt, die Franken hätten Köln angegriffen und erobert. Köln war ein fränkisches Gebiet, welches von Sugambrern erobert wurde, was dann immer mehr zur Großstammbildung führte, als dann auch die Bataver, Chatten, westrheinische Ubier....dazukamen.
Das ist aber ein wenig Haarspalterei, Paul. Natürlich wurde Köln Mitte des 5. Jh. von Franken erobert und zwar von den ripuarischen oder Rheinfranken. Erster fränkischer Kleinkönig in Köln war Sigibert mit dem schönen Beinamen "der Lahme". Die Geschichte der Sugambrer reißt eigentlich bereits im 1. Jh. n. Chr. ab, doch erhielt sich der Name in der fränkischen Stammestradition und vor allem bei der Dynastie der Merowinger. Aus welchem Teilstamm der Kleinkönig Sigibert von Köln stammte, ist ungeklärt. Im "Lexikon des MA" heißt es lapidar, dass er "die rheinischen Franken von Köln aus regierte".
Paul hat geschrieben:Interessant wäre es herauszufinden, ob in Franken schon vorher ein fränkischer Dialekt gesprochen wurde o. ob so massiv fränkische Siedler ins Land kamen, um den Dialekt umzuformen, was man eigentlich kaum glauben könnte.
Trotz seines Namens zählt (Ost)franken (Francia orientalis) nicht zum Ursprungsgebiet des gleichnamigen Stammes. Es wurde erst nach dem Sieg der Franken über die Alemannen und Thüringer ab dem 6./7. Jh. von fränkischen Siedlern in Besitz genommen. Die Vorbevölkerung - Alemannen, Thüringer und andere Restbevölkerungen - wurde assimiliert und ging in den Franken auf.
Lia

Spartaner hat geschrieben:Das hat andere Gründe warum es sich in Frankreich und Deutschland unterschied. Der wichitigste Grund ist die unterschiedliche herausgebildete Sprache . Diese war zugelich der wichtigeste Sprengstoff, der das karolingische Imperium spaltete. Während am Hofe Karl des Grossen auch in Austrasien fränkisch - deutsch noch lange Zeit gesprochen wurde, gewann in Neustrien und übrigen Gallien immer mehr die romanische Sprache die Oberhand.
So ist es, Sprache und Kultur entwickelten sich unterschiedlich, wobei die Westfranken im Alltag direkter mit dem römischen Erbe und den Resten der Kultur und der Sprache, die nun auch nicht mehr das klassische Latein war, in Berührung kamen. Dennoch sollte es noch ein Weilchen dauern, bis sich die Wege der beiden Teile des karolingischen Reiches trennten und so etwas wie Bewusstsein von von "Nation" entstand.
Das Thema ist schon woanders abgehandelt.
Paul
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Dietrich hat geschrieben: Trotz seines Namens zählt (Ost)franken (Francia orientalis) nicht zum Ursprungsgebiet des gleichnamigen Stammes. Es wurde erst nach dem Sieg der Franken über die Alemannen und Thüringer ab dem 6./7. Jh. von fränkischen Siedlern in Besitz genommen. Die Vorbevölkerung - Alemannen, Thüringer und andere Restbevölkerungen - wurde assimiliert und ging in den Franken auf.
Wer waren diese Allemannen? Normalerweise wird gesagt, das die Sueben den Kern der Allemannen stellten. Die Sueben wurden aber 54 v. Chr. weitgehend aus Hessen verdrängt. Die Allemannen, due den Limes stürmten waren also ubisch-chattische Hessen, die einen fränkischen Dialekt sprachen. Diese lebten aber auch zuvor schon südlich des Limes. Das heutige Franken mußte also nicht von Rheinfranken kolonisiert zu werden, damit sich der fränkische Dialekt dort ausbreiten konnte.
viele Grüße

Paul

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Paul hat geschrieben: Die Allemannen, due den Limes stürmten waren also ubisch-chattische Hessen, die einen fränkischen Dialekt sprachen.
Aus welchen Bevölkerungsgruppen sich die Alemannen zusammensetzten, die im 3. Jh. n. Chr. den Limes überwanden und das heutige SW-Deutscland besetzten, wissen wir nicht. Die Historiker und Archäologen sind der Meinung, dass es sich um elbgermanische (suebische) Gruppen handelte, die überhaupt erst in ihren neuen Siedlungsgebieten zu einem Stamm mit eigener Identität zusammenwuchsen.
Paul
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Dietrich hat geschrieben:
Paul hat geschrieben: Die Allemannen, due den Limes stürmten waren also ubisch-chattische Hessen, die einen fränkischen Dialekt sprachen.
Aus welchen Bevölkerungsgruppen sich die Alemannen zusammensetzten, die im 3. Jh. n. Chr. den Limes überwanden und das heutige SW-Deutscland besetzten, wissen wir nicht. Die Historiker und Archäologen sind der Meinung, dass es sich um elbgermanische (suebische) Gruppen handelte, die überhaupt erst in ihren neuen Siedlungsgebieten zu einem Stamm mit eigener Identität zusammenwuchsen.
Wir wissen, das die Sueben sich 54 vor Chr. auf die Südseite des Mains zurückziehen mußten. Von dort aus haben sie das Elsaß und die Schweiz besiedelt und Zuzug aus Böhmen und Mähren erhalten. Nördlich des Mains lebten Ubier/Usipeter und eingewanderte Mathis, die zusammen als Chatten bezeichnet wurden. Es gibt keinerlei Hinweise auf eine spätere Einwanderung von Sueben nach Mittelhessen. Sie lebten also höchstens ganz im Süden von Hessen.
Die Frankisierung des heutigen Franken begann also spätestens mit dem sogenannten "Allemannensturm" auf den Limes, welcher in Wirklichkeit aus hessischen fränkisch sprechenden Menschen bestand.
viele Grüße

Paul

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Paul hat geschrieben: Die Frankisierung des heutigen Franken begann also spätestens mit dem sogenannten "Allemannensturm" auf den Limes, welcher in Wirklichkeit aus hessischen fränkisch sprechenden Menschen bestand.
Trotz seines Namens zählt (Ost)franken (Francia orientalis) nicht zum Ursprungsgebiet des gleichnamigen Stammes. Es wurde erst nach dem Sieg der Franken über die Alemannen und Thüringer ab dem 6./7. Jh. von fränkischen Siedlern in Besitz genommen. Die Vorbevölkerung - Alemannen, Thüringer und andere Restbevölkerungen - wurde assimiliert und ging in den Franken auf.
Paul
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hier ein Bild des Limes:

http://www.hessen-archaeologie.de/Welte ... limes.html

Nördlich des Mains lebten fränkisch sprechende "Chatten". Südlich des Mains Hermunduren und Sueben. Wahrscheinlich überquerten vor allem Sueben den Limes Richtung des heutigen Baden Würtemberg, so das im heutigen Franken vor allem Hermunduren zurückblieben, die durch südwärts nachrückende Chatten verstärkt wurden. Die heutige Dialektverteilung wurde schon vorgeprägt, nicht erst durch die spätere fränkische Eroberung. Die Franken haben das ganze Ostfrankenreich erobert, ohne das sie ihren Dialekt verbreiteten.
viele Grüße

Paul

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Paul hat geschrieben: Die heutige Dialektverteilung wurde schon vorgeprägt, nicht erst durch die spätere fränkische Eroberung. Die Franken haben das ganze Ostfrankenreich erobert, ohne das sie ihren Dialekt verbreiteten.
Das heutige Franken östlich des Rheins wurde erst im 6./7. Jh. von fränkischen Bauern besiedelt.

Die Franken haben nicht nur das Ostfrankenreich erobert, sondern ganz Gallien sowie die alemannischen, sächsischen und baierischen Siedlunggebiete. Fränkische Dialekte haben sich dagegen nur am Rhein und im heutigen Franken durchgesetzt.
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