Himmelsscheibe und "Astronomie" in der Bronzezeit

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Agrippa
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Die Himmelsscheibe von Nebra zeigt die älteste bekannte konkrete Darstellung von Himmelskörpern, die uns überliefert ist. Ihr Alter wird auf 3600 bis 4100 Jahre geschätzt.

Es sind insgesamt 32 "Sterne" dargestellt, eine Mondsichel und eine Sonne (bzw. Vollmond). Sieben der Sterne sind eindeutig in einer zusammen hängenden Gruppe angeordnet (Plejaden).


Der Archäologe Meller und der Astronom Schlosser haben aus den Darstellungen der Scheibe interpretiert, dass es sich um ein "Instrument" handelte, das bedeutenden Führungspersonen dazu diente, durch astronomische Beobachtungen der damaligen bäuerlichen Gesellschaft wichtige Termine zur Aussaat bzw. Ernte zu ermitteln.

Auch sog. Kreisgrabenanlagen wie jene im nahen Goseck seien "Kalenderbauten" oder "Observatorien", die in ähnlichem Zusammenhang zu verstehen sind.

Der Archäologe Andreas Northe ist da skeptisch.
Er meint, dass die damalige bäuerliche Gesellschaft eher die Natur beobachtete, als die Gestirne. Das Aufkommen von bestimmten Pflanzen oder die Rückkehr bestimmter Tierarten habe den Menschen das intuitive Gefühl für die richtige Zeitspanne zur Aussaat und Ernte gegeben. Es kam, anders als heute, nicht auf einen Tag an.

Ein bestimmter Tag, wie die Winter-oder Sommersonnenwende, hatte eher kultischen Charakter im Sinne eines "Lichtkultes". An einem bestimmten Tag drang die Sonne durch eine festgelegte Öffnung in die Anlage und es begann eine kultische Handlung, die wahrscheinlich nur einem begrenzten Kreis von Priestern vorbehalten war.

Die Himmelsscheibe von Nebra sollte deshalb nicht als "astronomisches Instrument" betrachtet werden, sondern als Kultobjekt, da wahrscheinlich Mond, Sonne und Plejaden (Siebengestirn) als Gottheiten verehrt wurden.

Begriffe wie Winkel oder gar eine 360-Grad Einteilung des Kreises sind sehr viel später, ab dem 7. Jh. v.Chr. in Babylon und Griechenland, aufgekommen. Die Himmelsscheibe von Nebra wie ein astronomisches Messinstrument irgendwie auszurichten ist schon deshalb sinnlos, da der Polarstern, als fixe Nordmarkierung, nicht auftaucht.
Ruaidhri
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Registriert: 06.05.2015, 18:09

Der Archäologe Andreas Northe ist da skeptisch.
Er meint, dass die damalige bäuerliche Gesellschaft eher die Natur beobachtete, als die Gestirne. Das Aufkommen von bestimmten Pflanzen oder die Rückkehr bestimmter Tierarten habe den Menschen das intuitive Gefühl für die richtige Zeitspanne zur Aussaat und Ernte gegeben. Es kam, anders als heute, nicht auf einen Tag an.
Das eine wie das andere- und daraus ließen sich Zusammenhänge ableiten.
Dass das Wissen um die Bewegung der Gestirne ganz sicher dazu genutzt wurde, das Image von wissenden Eliten zu sichern und in kultischen Handlungen zu betonen, ist ziemlich sicher. Scheibe wie Kultkreise und ihre Nutzung dienten sicherlich zur Erhöhung einer Kaste.
Die Himmelsscheibe von Nebra sollte deshalb nicht als "astronomisches Instrument" betrachtet werden, sondern als Kultobjekt, da wahrscheinlich Mond, Sonne und Plejaden (Siebengestirn) als Gottheiten verehrt wurden.
Stimmt.: Das Fehlen des Polarsterns als navigatorischem Fixpunkt am Himmel fällt jedem auf, der noch weiß, wie man sich in sternenklarer Nacht ohne GPS orientiert.
Die Interpretationen andere mit der Himmelsscheibe befasster Wissenschaftler geben dafür auch wieder Erklärungen.
Diese wieder stehen nicht unbedingt in Widerspruch zu Lichtkult und Verehrung bestimmter Sternbilder. Nicht entweder- oder, sondern sowohl- als auch scheint mir einstweilen angebrachter Standpunkt.
Begriffe wie Winkel oder gar eine 360-Grad Einteilung des Kreises sind sehr viel später, ab dem 7. Jh. v.Chr. in Babylon und Griechenland, aufgekommen. Die Himmelsscheibe von Nebra wie ein astronomisches Messinstrument irgendwie auszurichten ist schon deshalb sinnlos, da der Polarstern, als fixe Nordmarkierung, nicht auftaucht.
Die Begriffe wie Grad und Winkel mögen ja erst später gefunden oder besser aus späteren Zeiten überliefert sein. Dass es auch ohne diese uns geläufige Systematisierung ein Verständnis dafür gegeben hat, halte ich für sicher.
Wer treffsichere Waffen konstruieren und erfolgreich nutzen kann, hat eine Vorstellung von Abhängigkeiten schon bei der Herstellung, erst Recht bei der Nutzung.
Als gelöst betrachte ich beim derzeitigen Stand der Forschung aber längst nicht alle Fragen zu Nebra.
Muttersprache: Deutsch Vaterland: Keins. Heimat: Europa
LG Ruaidhri
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