Deutschland-Saga/ Woher wir kommen

Moderator: Barbarossa

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dieter
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Clarks Reise in die deutsche Frühzeit führt nach Niederdorla, heutiger Mittelpunkt Deutschlands. Vor über 2500 Jahren siedelten hier Angehörige von Stämmen, die in ihrer Gesamtheit sogar namensgebend für die Deutschen wurde - zumindest in de englischsprachigen Welt: The Germans. In Niederdorla haben sie eine Kultstätte angelegt und brachten ihren Gottheiten Menschenopfer dar. Doch wer waren diese Germanen eigentlich :?: Ein einheitliches Volk, das sich so nannte, hat nie existiert. Stattdessen gab es Cherusker, Chatten, Markomannen und viele andere, die eine ähnliche Kultur und Lebensweise aufwiesen und sich innerhalb großen Gruppen sprachlich verständigen konnten. Den Namen "Germanen" verdanken sie dem römischen Geschichtsschreiber Tacitus, der Germanien selbst nie betreten hat.
Land der Stämme
Weil es den Römern nicht gelang, die wilden Waldbewohner zu unterwerfen, wurde der größere des späten Deutschland nicht romanisiert. Und noch etwas gehört zum Erbe jener Epoche, die bis zur Völkerwanderung andauert: das spätere Deutschland blieb ein Land der Stämme, der Alemannen, Franken, Bajuwaren, Hessen, Friesen, Sachsen und anderer, die immer wieder auf ihre Eigenständigkeit pochten - und das gelegentlich auch heute noch.
Quelle: http://www.zdf.de/
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Lia

Immer noch besser als gar nichts, und dem vermuteten Zuschauer- Bedürfnis angepasst.
(Meinem allerdings nicht, doch das ist eben nicht der Maßstab. Wer weiß, wo er sich profundere Informationen beschaffen kann,bzw. über solche verfügt, ist auch nicht
"Zielpublikum".)
Bedauerlich, dass der zu weiterem Wissensdrang angeregte Zuschauer keine weiteren Informationen zu Quellen, Museen etc. bekommt, die er abrufen könnte.
Solche Sätze, wie im schon an anderen Stellen holprigen Text entzücken mich allerdings immer wieder:
Quelle:
http://www.zdf.de/terra-x/deutschland-s ... 95900.html
Weil es den Römern nicht gelang, die wilden Waldbewohner zu unterwerfen, wurde der größere Teil des späteren Deutschland nicht romanisiert.
PR- Notwendigkeit, weiß ich, dennoch mag ich solche "Plakate" nicht, nirgendwo.
Quelle siehe oben:
Und noch etwas gehört zum Erbe jener Epoche, die bis zur Völkerwanderung andauert: das spätere Deutschland blieb ein Land der Stämme, der Alemannen, Franken, Bajuwaren, Hessen, Friesen, Sachsen und anderer, die immer wieder auf ihre Eigenständigkeit pochten – und das gelegentlich auch heute noch.
Die Diskussion haben wir a.a.O.
Abgesehen von der Inkongruenz zwischen Praeterritum "pochten" und dem "und das gelegentlich heute auch noch",
dass der deutsche Föderalismus ein direktes Erbe der Vor- Völkerwanderungszeit dazu Konsequenz und der Nicht-Romanisierung ist, halte ich für eine zu oberflächlich gehaltene Information. Oder erwünschte Assoziation....
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Agrippa
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dieter hat geschrieben: Land der Stämme
Weil es den Römern nicht gelang, die wilden Waldbewohner zu unterwerfen, wurde der größere Teil des späteren Deutschland nicht romanisiert.
Das ist korrekt. Nicht nur im Vergleich zu den Römern, sondern auch gegenüber den Kelten, waren die germanischen Stämme zivilisatorisch äußerst unterentwickelt.

Insgesamt ist die Sendung von Christopher Clark zwar populärwissenschaftlich, jedoch weitaus informativer und historisch korrekter, als beispielsweise Beiträge von Hape Kerkeling in der Sendereihe Terra X.

Allerdings trifft es nicht zu, dass die Sammelbezeichnung "Germanen" erst von Tacitus um 100 n.Chr. eingeführt wurde. Bereits Caesar beschrieb die rechts des Rheins siedelnden Stämme als "Germanen", um sie von den linksrheinischen Galliern zu unterscheiden.
Heute weiß man, dass dieses nicht zutrifft. Die Trennung ist eher in Nord-Süd statt in West-Ost-Richtung zu sehen.

Als Literatur kann ich empfehlen:

Micheal Zelle (Hrsg.): Terra incognita? Die nördlichen Mittelgebirge im Spannungsfeld römischer und germanischer Politik um Christi Geburt, 2004
Reinhard Wolters: Die Schlacht im Teutoburger Wald. Arminius, Varus und das römische Germanien, 2008
Lia

Agrippa hat geschrieben:Das ist korrekt. Nicht nur im Vergleich zu den Römern, sondern auch gegenüber den Kelten, waren die germanischen Stämme zivilisatorisch äußerst unterentwickelt.
Das eine mag korrekt sein, nämlich das die Germanen etwas anders lebten als Römer und Kelten.
Dennoch sind solche Bildzeitungs-Lockmittel nicht in Ordnung, bezieht man ein, wie die Nachricht bei vielen Empfängern( unbewusst) aufgenommen wird
Insgesamt ist die Sendung von Christopher Clark zwar populärwissenschaftlich, jedoch weitaus informativer und historisch korrekter, als beispielsweise Beiträge von Hape Kerkeling in der Sendereihe Terra X.
Das sehe ich genauso. Wissen an den TV-Zuschauer von heute zu bringen, bedarf nunmal einer bunten Glitzer-Verpackung, und nur nicht allzu profunder Informationen.
Im Widerspruch dazu sollte im Schulunterricht das "Abenteuer" Geschichte hinter Statistiken versteckt werden. Nicht immer so ganz altersgemäße Motivation, da helfen dann solche bunten Bilder und einfachen Formeln doch mehr.
Insgesamt tue ich mi die Wiederholungen nicht an.
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Agrippa
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Lia hat geschrieben:
Agrippa hat geschrieben:Das ist korrekt. Nicht nur im Vergleich zu den Römern, sondern auch gegenüber den Kelten, waren die germanischen Stämme zivilisatorisch äußerst unterentwickelt.
Das eine mag korrekt sein, nämlich das die Germanen etwas anders lebten als Römer und Kelten.
Ja, in der Tat lebten die Germanen etwas "anders".

Ich halte „wilde Waldmenschen“ noch für untertrieben. Ich würde sie eher als ein „Volk von Hooligans“ beschreiben, wenn man den „Bild-Zeitung-Jargon“ verwenden will.
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Barbarossa
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Nur, dass von der Bild-Zeitung selten was gescheites kommt. Auch deine Darstellung der Germanen ist ja wohl lange nichrt mehr zeitgemäß, Agrippa.
Die Diskussion ist eröffnet!

Jedes Forum lebt erst, wenn Viele mitdiskutieren.
Schreib auch du deine Meinung! Nur kurz registrieren und los gehts! ;-)
Lia

Agrippa hat geschrieben:Ich halte „wilde Waldmenschen“ noch für untertrieben. Ich würde sie eher als ein „Volk von Hooligans“ beschreiben, wenn man den „Bild-Zeitung-Jargon“ verwenden will.
Das magst Du gern so ausdrücken und als Deine Meinung äußern.
Dass sie so nicht richtig ist, ist meine.
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Agrippa
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Barbarossa hat geschrieben:Nur, dass von der Bild-Zeitung selten was gescheites kommt.
Stimmt.
Barbarossa hat geschrieben: Auch deine Darstellung der Germanen ist ja wohl lange nicht mehr zeitgemäß, Agrippa.

Im Gegenteil.
In „2000 Jahre Varusschlacht- Konflikt“ von 2008 schreibt Reinhard Wolters im Kapitel „Krieg als Lebensform“:

„Krieger zu sein war bei den Germanen kein Beruf, den man wählte oder nicht. Die Bereitschaft zum Kampf ging jeden etwas an. Von den antiken Autoren werden die Germanen geradezu als ein Volk in Waffen beschrieben: Mit der feierlichen Übergabe von Schild, Speer, der Frame, begann für den germanischen Jüngling das Mannesalter.(...) Waffen sollen auch die Hochzeitszeremonie bestimmt haben: Der Gatte brachte demnach ein gezäumtes Ross, Schild und Frame sowie ein Kurzschwert in die Ehe ein, im Gegenzug erhielt auch er von seiner Braut eine Waffe.(...) Um seinen Rang in der Gesellschaft zu fixieren, bedurfte es nach den antiken Autoren des fortwährenden Kampfes. Nachbarschaftskämpfe und Raubzüge hätten mehr noch als dem Gewinn von Beute der Erlangung von Prestige gedient.(...) Raubzüge seien keine Schande gewesen und hätten der Jugend zur Übung gedient.(...) Um eine Gefolgschaft länger beisammenhalten zu können, wurden Raub und Krieg zu Voraussetzungen. Im Römischen Reich, wo der Staat das Gewaltmonopol besaß, waren derartige Verhältnisse undenkbar.“


Als Drusus 12 v.Chr. in das Innere Germaniens eindrang, traf er auf Stämme, deren männliche Mitglieder Kampf und Krieg gegenüber keineswegs abgeneigt waren.

Allerdings waren die Germanen taktisch der römischen Kriegskunst in jenen Jahren noch unterlegen.
Spätestens unter Arminius ab 9 n.Chr. ist nachweisbar, dass die germanischen Heere auch taktisch dazulernten. Scheinangriffe und Scheinrückzüge gehörten fortan zum Repertoire sowie das Zurückhalten von Reserven. Arminius erkannte auch, dass die Befehlskette während einer Schlacht aufrecht erhalten werden muss, um nach dem Beginn der Kampfhandlungen noch reagieren zu können.
Das führte dazu, dass selbst in Feldschlachten und an Verteidigungslinien (Idistaviso und Angrivarierwall, jeweils 16 n.Chr.) eine römische Heeresmacht von 8 Legionen das etwa gleich starke Heer mehrerer germanischer Stämme nicht besiegen konnte.
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dieter
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Barbarossa hat geschrieben:Nur, dass von der Bild-Zeitung selten was gescheites kommt. Auch deine Darstellung der Germanen ist ja wohl lange nichrt mehr zeitgemäß, Agrippa.
Lieber Barbarossa,
dass finde ich auch. Die Germanen waren ein Bauernvolk, die versuchten mit ihren geringeren Mitteln den Boden bei diesem kalten Klima eine Ernte abzuringen, deshalb auch in der Völkerwanderungszeit und schon vorher bei den Kimbern und Teutonen die Bitte an Rom, ihnen Land zuzuweisen. :wink:
Die moralischen Prinzipien bei den Germanen war besser als die der Römer. Ich erinnere an die Moorleichen, die man gefunden hat, wo Ehebrechern mit eindeutig obszönen Haltungen der Hände bestattet wurden. :roll: Durch Ihre moralische Haltung konnten sie den Kampf gegen Rom gewinnen. Bedenke, die Schlacht im Teutoburger Wald/Kalkriese, welche die Römer vernichtend verloren, fand nicht in der Spätzeit Roms statt, sondern 9 nach Chr., als Augustus Kaiser war in der Blühte Roms. :)
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Lia

Dieter hat geschrieben:Die Germanen waren ein Bauernvolk, die versuchten mit ihren geringeren Mitteln den Boden bei diesem kalten Klima eine Ernte abzuringen,
Das ist ein Aspekt, der oft zu kurz kommt. So ganz kulturlos waren sie nicht, dass der Vergleich zu Rom natürlich schlecht für die Germanen ausgehen muss, ist klar.
Agrippa hat geschrieben:Die Bereitschaft zum Kampf ging jeden etwas an. Von den antiken Autoren werden die Germanen geradezu als ein Volk in Waffen beschrieben:
Das ist, auch wenn man die antiken Quellen kritisch betrachtet, allerdings richtig, was aber nicht konträr zum "Bauernvolk" stehen muss, das die Germanen waren. Kämpferisches Bauernvolk, und so mancher Germane trat sicherlich aus Kampfeslust in den bezahlten Dienst der Römer.
Dieter hat geschrieben:Die moralischen Prinzipien bei den Germanen war besser als die der Römer.
Ähm, na ja, das ist nun wieder eine historisch mehr als zweifelhafte Verklärung, deren Quellen man in ihrer Absicht kritisch betrachten muss. ( Die Originalquellen wie die durch die Zeitläufte, die sich aus dem Quellwasser ihr eigenes Süppchen kochten.)
Mal gar in Zusammenhang mit Folgendem:
Dieter hat geschrieben: Ich erinnere an die Moorleichen, die man gefunden hat, wo Ehebrechern mit eindeutig obszönen Haltungen der Hände bestattet wurden.
Da kann ich sogar mal Wikipedia zum aktuellen Stand der Forschung zu Moorleichen empfehlen, da passt vieles nicht in das Bild, das hier gemalt wird. ( Das Mädchen von Windeby war ein Junge, keine wegen Ehebruchs bestrafte junge Frau, wie so gern von Tacitus-Lesern antizipiert.). )
http://de.wikipedia.org/wiki/Moorleiche
Durch Ihre moralische Haltung konnten sie den Kampf gegen Rom gewinnen.
Hm, da wird Agrippa trefflich etwas zu sagen. Ach, hatte er ja schon.
Cherusker
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dieter hat geschrieben: Die Germanen waren ein Bauernvolk, die versuchten mit ihren geringeren Mitteln den Boden bei diesem kalten Klima eine Ernte abzuringen, deshalb auch in der Völkerwanderungszeit und schon vorher bei den Kimbern und Teutonen die Bitte an Rom, ihnen Land zuzuweisen. :wink:
Die moralischen Prinzipien bei den Germanen war besser als die der Römer. Ich erinnere an die Moorleichen, die man gefunden hat, wo Ehebrechern mit eindeutig obszönen Haltungen der Hände bestattet wurden. :roll: Durch Ihre moralische Haltung konnten sie den Kampf gegen Rom gewinnen. Bedenke, die Schlacht im Teutoburger Wald/Kalkriese, welche die Römer vernichtend verloren, fand nicht in der Spätzeit Roms statt, sondern 9 nach Chr., als Augustus Kaiser war in der Blühte Roms. :)
Das stimmt alles nicht. :wink: Die Germanen waren kein Bauernvolk, sondern eher Rinderzüchter, die diese als Prestige und zur Anerkennung hielten. Je größer die Rinderherde desto höher das Ansehen. Schon DELBRÜCK schrieb, daß die Germanen in erster Linie nur Krieger waren und dann erst je nach Fähigkeit in der Sippe noch andere Tätigkeiten (z.B. Schmied) ausführten. Und auch moderne Wissenschaftler vertreten heutzutage diese Ansichten.

Auch kannten die Germanen keine Städte, sondern lebten in einzelnen Gehöften bzw. Siedlungen. Sie kannten nicht die Jahreszeit des Herbst und die Landwirtschaft war im Gegensatz zu den Kelten sehr rudimentär. Sie pflanzten nur wenige Getreidesorten und die dann in für sie ausreichender Menge. Für die Feldarbeit waren Frauen, Sklaven, Alte und Wehrhäftige zuständig. Eine Vorratshaltung für größere Mengen kannten sie nicht. So hatten die Römer enorme Probleme sich aus dem Land zu ernähren. Sie mußten alles aus dem Imperium herbeischaffen.

Die Darstellung, daß die Germanen ein Bauernvolk waren, wurde u.a. in der Nazizeit verbreitet. Da versuchte man den Germanen als wehrhaften Bauern darzustellen, der das Erntedankfest feierte und fleißig auf dem Felde war.
Es ist naiv zu glauben, daß ein germanischer Bauer auf seiner Scholle saß und dann der böse Römer kam um ihn zu knechten. Sodaß er zu seinem angerosteten Schwert und Frame griff um Familie, Haus und Hof zu verteidigen. Unter diesen Umständen hätten die Germanen nicht als Gegner gegen die Germanicus Legionen auftreten können. Wer glaubt denn, daß innerhalb von 6 Jahren (von 9-15 n.Chr.) aus Bauerntölpeln Berufskrieger wurden? :wink:

P.S.
Und die obzöne Geste wurde nachträglich bei der Entdeckung der Moorleiche (übrigens ein Junge) angebracht. :shock: :shock: Es ist auch nie ein Beweis gefunden worden, daß die Germanen so sittlich waren, wie manche es glaubten. Ehebruch war seitens der Frau verwerflich, aber die Männer konnten sich an Mägden, Sklavinnen etc. bedienen und das war anscheinend nicht unüblich. Bei den Kelten war z.B. auch die Homosexualität nicht strafbar....bei den Germanen konnte KEHNE keinen Beweis dafür finden, daß Homosexuelle im Moor versenkt wurden.
Cherusker
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Lia hat geschrieben: Das ist, auch wenn man die antiken Quellen kritisch betrachtet, allerdings richtig, was aber nicht konträr zum "Bauernvolk" stehen muss, das die Germanen waren. Kämpferisches Bauernvolk, und so mancher Germane trat sicherlich aus Kampfeslust in den bezahlten Dienst der Römer.
Wie ich im anderen Beitrag schon geschrieben habe, waren die Germanen keine Bauern, die Landwirtschaft betrieben. Eine Sippe konnte nur überleben, wenn sie sich mit mehreren zu einem Stamm zusammenschloß. Und da es damals keine Polizei bzw. kein stehendes Berufsheer (außer bei Marbod und seinen Markomannen) gab, war jeder wehrfähige Mann ein Krieger. Bei den Chatten hat Tacitus überliefert, daß es Männer gab, die nur für den Krieg lebten. D.h. sie hatten keine Familie und auch kein Haus. Sie lebten in der Sippe und wurden von dieser versorgt.
Für die Germanen war die Sommerzeit keine Zeit für die Landarbeit und Erntezeit, sondern die Zeit der Kriegszüge ! Es war nicht die Frage ob es einen Kampf gibt, sondern nur wann und gegen wen? :mrgreen:
Drusus zog ungehindert durch Norddeutschland und wunderte sich, daß er auf keine Gegner traf. Konnte er auch nicht, da diese wieder auf einen Kriegszug gegen einen anderen Stamm waren. :mrgreen:
Die Landwirtschaft war schlichtweg, im Vergleich zu den Römern und Kelten, eine Katastrophe. Hungersnöte waren im Winter an der Tagesordnung.
Der Begriff "antike Hooligans" trifft schon zu. Wenn es vorkam, daß ein Stamm keine Auseinandersetzung hatte, dann haben sich die Krieger anderen Kriegsherrn angeboten und dort gekämpft. Gallien wurde zur Kelten- und Römerzeit andauernd angegriffen und geplündert. Es galt als verwerflich irgendetwas mit Arbeit zu erreichen, wenn man es doch durch Kampf und Raub erlangen könnte. :wink:
Wie WOLTERS schon schreibt (siehe TACITUS), gab es fast immer nur Waffen zum Geschenk (z.B. Hochzeit). Das entspricht überhaupt nicht dem Verhalten eines Bauernvolks.
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Agrippa
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dieter hat geschrieben:
Barbarossa hat geschrieben:Nur, dass von der Bild-Zeitung selten was gescheites kommt. Auch deine Darstellung der Germanen ist ja wohl lange nichrt mehr zeitgemäß, Agrippa.
Lieber Barbarossa,
dass finde ich auch. Die Germanen waren ein Bauernvolk, die versuchten mit ihren geringeren Mitteln den Boden bei diesem kalten Klima eine Ernte abzuringen.
Das trifft nicht zu.
Das Gebiet, das damals die Germanen besiedelten, verfügt über äußerst fruchtbare Böden und ist zudem sehr wasserreich. Beste Voraussetzungen für eine blühende Landwirtschaft!
Unglücklicherweise waren diese Flächen in jener Zeit bewaldet.
Die Germanen hätten, wenn sie ein strebsames Bauernvolk gewesen wären, diese Wälder gerodet, um neue Ackerflächen zu gewinnen. Tatsächlich sahen sie jedoch dazu keine Veranlassung. Es widersprach ihrer Lebensweise.

Die Rodung der Wälder und Entwicklung einer nennenswerten Landwirtschaft fand in Germanien erst im 9. und 10. Jh. statt. Erst in dieser Zeit wurden Städte gegründet, eine Geldwirtschaft eingeführt, ein Verkehrsnetz angelegt und der Handel etabliert.
Cherusker
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Agrippa hat geschrieben:
dieter hat geschrieben:
Barbarossa hat geschrieben:Nur, dass von der Bild-Zeitung selten was gescheites kommt. Auch deine Darstellung der Germanen ist ja wohl lange nichrt mehr zeitgemäß, Agrippa.
Lieber Barbarossa,
dass finde ich auch. Die Germanen waren ein Bauernvolk, die versuchten mit ihren geringeren Mitteln den Boden bei diesem kalten Klima eine Ernte abzuringen.
Das trifft nicht zu.
Das Gebiet, das damals die Germanen besiedelten, verfügt über äußerst fruchtbare Böden und ist zudem sehr wasserreich. Beste Voraussetzungen für eine blühende Landwirtschaft!
Unglücklicherweise waren diese Flächen in jener Zeit bewaldet.
Die Germanen hätten, wenn sie ein strebsames Bauernvolk gewesen wären, diese Wälder gerodet, um neue Ackerflächen zu gewinnen. Tatsächlich sahen sie jedoch dazu keine Veranlassung. Es widersprach ihrer Lebensweise.

Die Rodung der Wälder und Entwicklung einer nennenswerten Landwirtschaft fand in Germanien erst im 9. und 10. Jh. statt. Erst in dieser Zeit wurden Städte gegründet, eine Geldwirtschaft eingeführt, ein Verkehrsnetz angelegt und der Handel etabliert.
Und zwar von den christlichen Franken. Wären die Sachsen weiterhin autark geblieben, dann wäre dieser Prozeß noch deutlich später erfolgt.
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Agrippa
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In diesem Zusammenhang fällt mir ein, dass im Mobberforum seit Wochen darüber gerätselt wird, was die Römer in Germanien überhaupt wollten? Und ob sie dieses Land überhaupt erobern wollten?

Zunächst zur zweiten Frage:

Selbstverständlich wollten die Römer seit Drusus 12 v.Chr. dieses Land (vorerst) bis zur Elbe erobern. Der beispiellose militärische Aufwand, der in den Jahren 12 v.Chr. bis 16 n.Chr. betrieben wurde, lässt nur diesen Schluss zu. Die Absicht einer bloßen Grenzsicherung nach Gallien scheidet somit aus. Diese defensive Politik betrieb man erst mit dem Bau des Limes in den 80er Jahren des ersten Jahrhunderts nach Christus.

Zur ersten Frage:
Was interessierte die Römer an diesem angeblich trostlosen, öden Land?
War es Bernstein, Frauenhaar, Blei, Stoffe oder Felle? Sicher von allem etwas.
Aber vorrangig waren das Ziel der Begierde: Land und Menschen.

Zum Land:
Die Wirtschaft des römischen Staates war auf ständige Expansion ausgelegt. Zudem wurden jedes Jahr unzählige Veteranen aus dem Militärdienst entlassen, die als Pension eine Parzelle Land erhielten. Obwohl die Masse der Legionen nach den Bürgerkriegen reduziert wurde, gab es einen sehr hohen Bedarf an neuen Ländern.
Außerdem werden die Römer erkannt haben, dass das Land zwischen Rhein und Elbe über sehr fruchtbare Böden verfügt, die allerdings größtenteils von Wald bedeckt waren. Das Land war zudem sehr wasserreich und damit ideal für eine ausgeprägte Landwirtschaft. Die Eingeborenen, also die Germanen, nutzten dieses Potenzial des Landes nicht, da sie in ihrer Lebensweise anders ausgerichtet waren.

Nicht vergessen darf man, dass Holz nach dem Eisen der wichtigste Rohstoff der Antike war. Als Baustoff für Häuser und Schiffe, aber auch als Brennstoff. Die Wälder Germaniens waren ein nahezu unerschöpfliches Reservoir.

Anders als in Gallien, wo die Kelten das Land bereits vor dem Eintreffen Caesars weitgehend kultiviert hatten, musste man in Germanien sprichwörtlich bei „Null“ beginnen. Trotz allem, wenn Rom in Germanien militärisch erfolgreich gewesen wäre, hätten sie sich dieser Herausforderung gestellt. Ziel war es, Germanien zu einem „zweiten Gallien“ zu machen, einer Provinz, die ansehnliche Erträge für den römischen Staat einbrachte.
Warum gelang dieses nicht?

Damit sind wir beim zweiten Punkt: den Menschen.

Rom sah in den Menschen Germaniens günstige Arbeitskräfte. Das Roden der Wälder und Bestellen der Felder hätte man den Einheimischen aufgebürdet. Außerdem hätten sie Steuern entrichten müssen. Beides kannten und wollten sie nicht. Die Germanen wollten ihre alt hergebrachte Lebensweise „von der Hand in den Mund“ nicht aufgeben. Und schon gar nicht für andere arbeiten oder Abgaben leisten.
Eine andere Möglichkeit war der Kriegsdienst bei den Hilfstruppen, die schon größeres Interesse bei den Germanen fand und auch in Anspruch genommen wurde.

Vor allem waren die Germanen äußerst kriegerisch und störten somit jegliche zivilisatorische Entwicklung des Landes. Es nützte auch nichts, mit germanischen Stammesführern irgendwelche Verträge abzuschließen, da sich die Mitglieder des Stammes an derartige Abmachungen nicht gebunden fühlten und frei waren, sich einer Gefolgschaft zum Kriegszug anzuschließen. Aus Sicht der Römer hätte man das ganze widerspenstige Volk umerziehen oder ausrotten müssen.

Nachdem Varus auf die „weiche Tour“ gescheitert war, versuchte es Germanicus erneut mit der „harten Methode“, mit bekanntem erfolglosem Ausgang.

Erst im Nachhinein wurde Germanien von Rom als „uninteressant“ bewertet und seinem eigenen Schicksal überlassen.

Rückblickend bewertet ein schwerer Fehler. Wäre es gelungen, die germanische Gesellschaft zu entwaffnen und zu einem zivilen Leben innerhalb des Römischen Reiches zu bewegen, hätte es folglich keine germanischen Angriffe auf das römische Gallien im 3. Jh. n.Chr. gegeben. Die Geschehnisse, die sich später im Zuge der Völkerwanderungszeit abspielten und letztendlich zur Gründung germanischer Königreiche auf einst römischem Boden führten, hätte es so nicht gegeben.
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