Der Cherusker Inguimero

Moderator: Barbarossa

Cherusker
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Es gibt eine Person in der Geschichte der Cherusker, die bei Tacitus häufiger genannt wurde und doch ziemlich in Vergessenheit geraten ist. Es ist der Onkel von Arminius, mit dem Namen Inguimero. Neben Segestes muß er einer der Anführer des Cheruskerstammes gewesen sein, der über eine gewisse Macht im Stamm verfügt hat.
Inguimero hat sich anfangs der Germanicus-Feldzüge neutral verhalten. 15 n.Chr. hatte Germanicus nach dem Chatten-Feldzug kehrt gemacht und in einem Eilmarsch den römerfreundlichen Segestes aus der Belagerung der Germanen befreit. Hierbei kam auch die schwangere Tochter Thusnelda von Segestes und gleichzeitige Frau des Arminius in römische Gefangenschaft. Über das Ereignis erbost, rief Arminius im Lande der Cherusker zum Kampfe auf. Hier muß auch Inguimero sich auf die Seiten Arminius gestellt haben. In der folgenden Schlacht an den Langen Brücken (PONTES LONGI) war Inguimero mit seinen Truppen beteiligt. Er fiel aber eher durch Unbeherrschtheit auf. Statt abzuwarten bis die Römer ihr notdürftiges Lager verließen, so wie es Arminius geplant hatte, griff Inguimero vorher an und die Römer unter dem Befehl des Caecina konnten sich erfolgreich im Lager verteidigen und durch einen Gegenangriff den Weg zum Rhein freikämpfen.
Auch bei der Schlacht bei Idistavisio (16 n.Chr.) kamen die Cherusker zu früh aus dem Hinterhalt hervorgestürmt und verursachten so ein Chaos unter den Germanen. Das trägt eigentlich auch eher wieder die Handschrift von Inguimero und nicht von Arminius, der bei Idistavisio sich dann befreien mußte und verletzt den Rückzug antrat.
Am Angrivarierwall muß Inguimero allein die Führung der Cherusker und deren verbündeter Germanen gehabt haben. Arminius war aufgrund seiner Verletzung nur bedingt einsatzfähig.
Es muß danach zu massiven Streitereien zwischen Arminius und Inguimero gekommen sein. Im Jahre 17 n.Chr. als es zum Kampf zwischen Arminius und den Markomannen unter dem Befehl von Marbod kam, war Inguimero auf die Seite von Marbod übergetreten. Marbod hat in einer Rede die Erfolge der Germanicus-Feldzüge nur dem Inguimero zugeschrieben, während Arminius nur drei planlos daherziehende Legionen mit einem arglosen Befehlshaber Varus vernichtet habe.
Der Kampf zwischen Cheruskern und Markomannen hatte nach der ersten Schlacht noch keinen klaren Sieger gesehen. Aber Marbod zog sich danach zurück und immer mehr Markomannen liefen zu Arminius über. Somit wurde es als Sieg für Arminius gewertet. Was machte jetzt Inguimero? Darüber schweigt sich die römische Geschichtsschreibung aus. Es ist zu vermuten, daß er dann wieder versucht hat im Cheruskergebiet zu Einfluß zu kommen.
Arminius hat, nach dem Sieg gegen die Römer und Markomannen, versucht im Stamme der Cherusker die alleinige Herrschaft zu erlangen. Er kämpfte mit wechselndem Glück und wurde schließlich durch die Hinterlist seiner Verwandten getötet. Da Inguimero sein Onkel war, könnte dieser die Finger im Spiel gehabt haben.... :shock:
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dieter
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Lieber Cherusker,
die Germanen waren noch nicht so weit, sich unbedingt einer Führung unterzuordnen. Die Uneinigkeit der Germanen war die Hoffnung für die Römer. :wink:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
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dieter hat geschrieben:Lieber Cherusker,
die Germanen waren noch nicht so weit, sich unbedingt einer Führung unterzuordnen. Die Uneinigkeit der Germanen war die Hoffnung für die Römer. :wink:
Obwohl das konnten die Römer auch gut. Man bedenke z.B. die Machtkämpfe bevor sich Augustus durchsetzen konnte oder der Bataveraufstand, der nur aufgrund der römischen Machtkämpfe nach Nero entstehen konnte. :wink: :mrgreen: Andersum ging es also auch... :wink:
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dieter
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Lieber Cherusker,
so sind die Menschen. :wink:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
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Peppone
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Cherusker hat geschrieben:Da Inguimero sein Onkel war, könnte dieser die Finger im Spiel gehabt haben.... :shock:
Und hätte damit die Herrschaft bei den Cheruskern an sich gerissen gehabt...wenn Arminius noch der Herzog der Cherusker gewesen wäre.
doch seine staatsmännische Art war bei den Cheruskern nicht auf Gegenliebe gestoßen, und die Nachbarstämme, von Arminius als Verbündete umworben, fürchteten wohl eine Oberherrschaft der Cherusker. Bzw. des Teils der Cherusker, die von Arminius beherrscht wurden.
Nach dem Tod des Arminius hätte Inguimeros Partei die Herrschaft auch über Arminius´ Teil des Stammes übernommen. Nur, leider, leider...schon 20 Jahre nach dem Tod des Arminius waren die Cherusker so weit, dass sie bei den Römern um einen geeigneten Fürsten nachfragen mussten. Arminius Neffe namens Italicus (germanischer Name unbekannt) wurde geschickt, ohne die zutiefst zerstrittenen Cherusker einen zu können. Um 100n.Chr. schrieb Tacitus, dass die Cherusker als Stamm eigentlich nicht mehr existent waren. (wobei immer zu beachten ist, dass Tacitus seinen eigenen Römern einen Spiegel vorhalten wollte. Im Senat stritt man sich ja auch ständig, von den Streitereien unter den Kaiser-Nachfolgern ganz zu schweigen; mit dem Schicksal der Cherusker führte Tacitus eine mögliche Folge ihrer inneren Uneinigkeit vor Augen...)

Beppe
Cherusker
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Ich glaube kaum, daß Inguimero die Herrschaft ,nach Arminius Tod, über den Stamm der Cherusker übernommen hat. Inguimero hatte sich auf die falsche Seite gestellt und für Marbod gegen den Rest der Cherusker gekämpft. Hätte er den Fehler nicht begangen, so hätte er durchaus Chancen auf einen Machtanspruch gehabt. Aber Marbod ist kläglich gescheitert und gen Rom geflüchtet. Inguimero wird auf einem Thing nicht mit seinen Heldentaten prahlen können, wenn die einstigen Gegner vor ihm sitzen.
Es wird zu etlichen Machtkämpfen gekommen sein, bei denen sich die adlige Führungsschicht dezimiert hat. Schließlich hat man sich an den Römerfreund und Bruder des Arminius mit Namen FLAVUS erinnert. Dieser hatte einen Sohn mit Namen Italicus und den wollte man dann als Stammesherrscher (47 n.Chr.). Da glaubte man wohl, daß die Blutsverwandschaft Erfolge garantiert. Aber der römische Geisteseinfluß war bei der germanischen Führungsschicht zurückgegangen (Segestes war wohl der letzte Verfechter). Und somit konnte der "Römer" Italicus keine Einigkeit in diesem Stamm erzielen.
Eine Ironie der Geschichte ist es, daß auch der Römer Germanicus in Ungnade fiel und 10.10.19 n.Chr. in Syrien gestorben ist (vielmehr vergiftet wurde).
P.S.
Der letzte Cheruskeranführer muß wohl Chariomer gewesen sein. Nach seinem Tod im Jahre 90 n.Chr. gab es keinen eigenen Stamm der Cherusker mehr. Es gab wohl noch Nachkommen, aber die spezielle Stammesidentität gab es wohl nicht mehr.
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