Runen etc.: Interessante archäologische Funde

Moderator: Barbarossa

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Barbarossa
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Eine nicht mehr so ganz neue Meldung, aber besser spät als nie:
Freitag, 13. April 2012
Fundsache, Nr. 1100
Runenschrift auf einem Kamm

Ein Kamm auf dem das Wort Kamm steht, ist keine Besonderheit. Wenn die Buchstaben jedoch zur Runenschrift aus dem 3. Jahrhunderts nach Christi gehören, dann handelt es sich um eine archäologische Sensation. Der aus Hirschgeweih gefertigte Kamm stammt aus einer Ausgrabungsstelle in Frienstedt, in der Nähe von Erfurt...
hier: weiterlesen

Mit der Runenschrift habe ich mich selbst einmal befasst. Ich kann auch die Runenschrift lesen.
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Paul
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Das 3. Jh. nach Chr. ist ja der typische Zeitrahmen, in welchem besonders viele Inschriften in der Runenschrift verfasst wurden. Ihr Verschwinden ist durch die Durchsetzung der lateinischen Schrift leicht zu erklären.
Was ich mich am meisten frage ist, warum nicht mehr Inschriften z.B. in Runenschrift gefunden wurden. Es muß doch ein großes Bedürfnis gegeben haben zu schreiben. Die Schrift wurde aber kaum für private Bedürfnisse verwendet o. für die Wirtschaft, meist für religiöse Zwecke, wie z.B. Dankschriften an die Muttergottheiten. Dabei unterschieden sich Germanen und Kelten nicht.
Bekannt wurde die private Inschrift einer Frau, mit der sie einem Mann ihre Liebe gestand und dies in den Fels ritzte:

"Birg liebt(leib) Seibrade"

http://www.altmuehltal.de/essing/geschi ... gravur.htm
viele Grüße

Paul

aus dem mittelhessischen Tal der Loganaha
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Peppone
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Paul hat geschrieben:Was ich mich am meisten frage ist, warum nicht mehr Inschriften z.B. in Runenschrift gefunden wurden. Es muß doch ein großes Bedürfnis gegeben haben zu schreiben.
Die von dir zitierte Runeninschrift ist nicht nur deshalb sensationell, weil sie so weit südlich gefunden wurde, sondern auch, weil sie von einer Frau geschrieben wurde.
Die Runen waren nämlich magische, heilige Schriftzeichen. Ergo konnten sie nur diejenigen schreiben, die sich mit Magie, Orakeln etc. befassten.
Deine Schreiberin müsste also so was wie eine "heilige Frau" gewesen sein, zumindest mit der Praxis der Runenschreiberei befasst sein. Dass sie dann noch die Runen für so einen auf den ersten Blick "profanen" Zweck verwendete, ist schon was Besonderes. Oder doch nicht? Handelte es sich etwa um einen Liebeszauber? (der dann auch nicht zwangsweise von einer Frau geschrieben sein müsste...)

Nachdem die Runen hauptsächlich im Norden des Germanen-Gebiets verwendet wurden, ist es naheliegend, Unterschiede in der religiösen Praxis des Nordens und des Südens anzunehmen. Das Aussterben der Runen lässt sich dann auch ganz leicht damit erklären, dass sich das Christentum immer weiter durchsetzte. Für die alten, heidnischen magischen Zeichen bestand dann keine Verwendung mehr bzw. sie wurden profanisiert. Nachdem aber viel mehr Menschen die lateinische Schrift beherrschten als die Runen, konnten sich die Runen auch im profanen Bereich nicht durchsetzen.

Die von Paul zitierte "Liebes-Inschrift" könnte auch ein Zeichen dafür sein, dass es zwischen dem nördlichen und dem südlichen Germanen-Bereich einen gewissen Austausch gab, entweder rein ideell oder auch ganz direkt personell, dass also Nordgermanen zu den südlicheren "Landsleuten" wanderten und dabei natürlich ihre Runenpraxis mitbrachten.

Beppe
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Barbarossa
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Ich stimme Beppe zu. Die meisten Leute waren Analphabeten (oder "Anfuþarken" :wink: ) - nur sogenannte "Runenmeister" oder eben Runenkundige waren imstande, Runen zu ritzen (schreiben wäre hier auch noch zu viel gesagt). Daß die Runen magische Bedeutung hatten, ist schon daran zu sehen, daß jeder Rune neben dem einzelnen Laut zusätzlich noch ein besonders magischer Begriff zugeordnet ist. Man konnte eine Rune also als normalen Buchstaben verwenden oder als ganzes Wort.
So ist im älteren Fuþark z. B. die "T"-Rune der Laut "t" aber auch die Gottheit "Tiwaz" (besser bekannt als Tyr aus der später niedergeschriebenen nordischen Mythologie) zugeordnet.

In späterer Zeit nahm die magische Bedeutung aber offensichtlich ab und die Runen wurden auch dazu verwendet, um z. B. an einen Gegenstand den Namen des Besitzers einzugravieren.

Offenbar hatten Könige oder sonst. Adlige noch ziemlich lange Zeit kein Interesse an schriftlichen Hinterlassenschaften. Selbst nach der Christianisierung der Germanen übernahmen oft Geistliche die Anfertigung von Chronologien.
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Peppone
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Barbarossa hat geschrieben:Offenbar hatten Könige oder sonst. Adlige noch ziemlich lange Zeit kein Interesse an schriftlichen Hinterlassenschaften. Selbst nach der Christianisierung der Germanen übernahmen oft Geistliche die Anfertigung von Chronologien.
Einschränkung:
Das wichtigste nordische "Geschichts"-Werk, die "Snorri-Edda" (= "die" Edda), wurde erst sehr spät geschrieben (im 13.Jh.), aber nicht von einem Gesitlichen, sondern "nur" unter dem Gesichtspunkt, dass der Autor Snorri Sturluson als einer der mächtigsten isländischen Adligen seine lokale Machtposition stärken wollte.

Beppe
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Elisabeth Barbarossa
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Mit der Runenschrift habe ich mich selbst einmal befasst. Ich kann auch die Runenschrift lesen.[/quote]

Hallo,
ich war vor drei Jahren etwa dort mit einer Schulklasse. Dort haben wir auch ein paar Funde besichtigt und den Archäologen bei der Arbeit zu gesehen. Damals wurde eine riesige Figur ausgegraben...weiß du vielleicht oder jemand anderes, ob die schon komplett freigelegt ist? Ich kann außerdem Runenschrift auch lesen und sogar selber schreiben. Es ist wahrlich eine Kunst finde ich. :) Finde ich schön das sich mehr Menschen daran versuchen.
Freue mich über Antworten.
Elisabeth
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Paul
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Der älteste in einer Inschrift in Runenschrift bezeugte Name eines Germanen ist wohl Harigasti. Es war vermutlich ein germanischer Söldner der sich etwa 300 vor Chr. als Söldner in Norditalien aufhielt. Er ließ seinen Namen in Runenschrift auf seinem Helm anbringen. Ich weis nicht, ob es eine ältere Runeninschrift gab?

http://skandinavistik.univie.ac.at/filea...gau-zf.pdf

Über seine Stammeszugehörigkeit kann man natürlich nur spekulieren. Sehr wahrscheinlich wäre die Zugehörigkeit zu einem bevölkerungsreichen Stamm im Süden des damaligen Germaniens, also z.B. Vorfahren der Ubier, Usipeter, Tenkterer im heutigen Hessen, mit guten Kontakten in den Süden.

Sehr gerne ritzten Warägische Söldner im heutigen Istanbul, damals Konstantinopel ihren Namen in Runenschrift ein.
viele Grüße

Paul

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Barbarossa
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Im Herbst 2021 haben norwegische Archäologen bei der Freilegung eines Grabes in der Nähe von Tyrifjord westlich von Oslo einen interessanten Fund gemacht. Es handelt sich u. a. dabei um einen 31 mal 32 Zentimeter großen bräunlichen Sandstein, auf dem einige Runen eingeritzt sind. Das Alter dieser Runeninschrift wird auf zwischen 1 und 250 n. Chr. datiert und könnte laut der Wissenschaftler „einer der ersten Versuche gewesen sein, Runen in Skandinavien auf Stein zu verwenden“.
.
Die Runen werden gemäß ihres Alters dem sogenannten ,,älteren Futhark'' zugeordnet - ein Alphabet mit 24 Buchstaben, das zwar auf die damalige germanische Sprache abgestimmt war, deren Ursprung oder zumindest Vorbild im Mittelmeerraum vermutet wird.
Auch ein erster Versuch, die nun gefundenen Runen auf dem Stein zu entziffern, wurde bereits gewagt. Es soll „idiberug“ heißen, was der Name einer Frau, eines Mannes oder einer Familie gewesen sein könnte.
.

Seit 21. Januar 2023 wurde der Fund einen Monat lang im Kulturhistorischen Museum in Oslo ausgestellt, das Norwegens größte Sammlung historischer Artefakte von der Steinzeit bis zur Neuzeit beherbergt.
Quelle: https://www.welt.de/geschichte/article2 ... etsel.html
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Barbarossa
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Einer der jüngsten Funde in Dänemark ist eine Goldscheibe mit Runeninschrift. Diese belegt den Glauben an den Gott Odin im 5. Jh. n. Chr. - also mindestens 150 Jahre früher, als bisher angenommen.
Ohnehin ist die nordische Gottheit Odin aus dem gesamtgermanischen Wotan hervorgegangen und der ist noch deutlich älter.
Quelle: https://m.facebook.com/story.php?story_ ... 2193427930
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