Varus Schlacht

Moderator: Barbarossa

Cherusker
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In Kalkriese wurde jetzt ein römischer Lamellenpanzer (so wie sie die Römer bei Asterix tragen) gefunden. :shock: Bisher hatte man nur, vor einigen Jahren, eine Schließe entdeckt. Für die Varusschlacht wird es jetzt aber eng, da man bisher immer annahm, daß diese Lamellenpanzer erst wesentlich später, zu Claudius Zeiten, verwendet wurden. :wink: Da Varus über 3 etablierte Elite-Legionen verfügte, kann man eigentlich annehmen, daß diese noch die Kettenhemden trugen.
Beim Germanicus-Heer wurde die I. Legion neu ausgehoben. Frühstens da kann es gewesen sein, daß schon einige Römer diese neuen Lamellenpanzer hatten.

Was mich wundert sind die Funde der letzten Jahre. Hat man denn nicht alles schon mal abgesucht ? :shock: Anscheinend nicht und das nach ca. 30 Jahren !    :roll: :crazy:  
Marianne E.
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Hierzu gibt es einen weiteren interessanten Artikel auf
https://www.archaeologie-online.de/nach ... eckt-4767/

Es ist spannend und aufregend mit der Erfahrung, dass uns die Vergangenheit immer wieder einholt.
Das könnte auch als Warnung verstanden werden.
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Barbarossa
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Die Forschung zum Thema geht weiter und es gibt neue Ergebnisse:
https://www.welt.de/geschichte/article2 ... essen.html
Die Diskussion ist eröffnet!

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Gebirgsjäger
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Hallo, hier wurde schon lange nichts mehr geschrieben. Besteht noch Interesse an dem Thema?
Ich könnte dazu etwas beitragen.
Marianne E.
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Das Thema ist und bleibt interessant. Vor allem auch deshalb, weil es zu der "Varus-Schlacht" erhebliche Zweifel gibt.
Gebirgsjäger
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Obwohl der Ort der Varusschlacht unter Historikern, Archäologen und anderen Fachleuten nach wie vor umstritten ist, wird schon vor Jahrzehnten in Kalkriese ein Museum errichtet mit Namen „Varusschlacht-Museum“.

Allein durch diese Namensgebung wird suggeriert, Kalkriese wäre der Ort der Varusschlacht, und es wird diese These dort allgegenwärtig untergeschoben. Immerhin hat man Unterstützung durch das Schwergewicht Mommsen.

Es fällt auf, dass Kalkriese von Anfang an durch die großen Kommerzmedien und Rundfunk/TV als Ort der Varusschlacht favorisiert und hochstilisiert wird.

Dieses Narrativ wird der Öffentlichkeit durch beständige Wiederholung und „neue Erkenntnisse“ suggeriert.

Es ist interessant, darüber nachzudenken, wie viel Aufwand betrieben wird, es uns weismachen zu wollen. Das geht weit über regionale kommerzielle Interessen hinaus.

Auf der Website des Museums heißt es: „Die Dauerausstellung richtet sich insbesondere an Kinder und Jugendliche.“ Wie viele tausende Schulklassen wurden dort im Lauf der Jahre schon durchgeschleust und entsprechend indoktriniert?

Kalkriese ist allerdings Ort einer römisch-germanischen Schlacht, jedoch im Zusammenhang der Tiberius- oder Germanicusfeldzüge. Warum fixiert man sich dort so sehr auf die Varusschlacht?

Man weiß wohl um die Bedeutung dieser Schlacht mit der Vernichtung dreier römischer Elitelegionen – ohne nennenswerte germanische Verluste! Selbst wenn Germanicus danach bei seinen Feldzügen gegen Arminius wohl noch einmal doppelt so viele verloren hat, was weniger bekannt ist...


Kalkriese ist nicht Ort der Varusschlacht.


Doch dies zu sagen und andere Orte zu favorisieren, wird offenbar mittlerweile sogar durch bodendenkmalpflegerisches und anderes behördliches Personal der westfälisch-lippischen Region mit Unwillen quittiert, ja es wird sogar behauptet, das bringe der Wissenschaft nichts mehr.

Interessant. Man soll hier also endlich Ruhe geben!

Jedoch z.B. die Historikerin Iris Schäferjohann-Bursian aus Bad Lippspringe glaubt, „dass ältere Hinweise auf römische Funde und Varusschlacht nicht konsequent verfolgt worden seien. Sie mutmaßt, die nationalistische Vereinnahmung des Hermann-Mythos habe nach dem Krieg zu einer Gegen­reaktion geführt: Die Suche nach den Resten dieses sagenumwobenen Gefechts sei quasi zum Tabu erklärt worden.
In einem Aufsatz für die Zeitschrift des „Lippischen Heimatbundes" fragte Iris Schäferjohann-Bursian deswegen: „Was ist los in Lippe?" Wie könne es sein, dass in Kalkriese mit einer wackligen Hypothese ein derartiger Wirbel um die Varusschlacht veranstaltet werde? Und dass in Lippe offiziell so getan werde, als sei dieses Ereignis, das die europäische Geschichte maßgeblich geprägt hat, nicht weiter von Bedeutung. Die Antworten auf diesen Artikel kamen prompt - und heftig. Der aggressive Ton dieser Schreiben zeige nur, dass sie ins Schwarze getroffen, sagt sie.“
Quelle: https://www.roemerfreunde-weser.info/va ... orben.html

Eine sehr gute detaillierte Zusammenfassung, warum es nicht Kalkriese sein kann, findet sich hier: https://www.roemerfreunde-weser.info/di ... hlacht.pdf
wobei ich allerdings der vom Verfasser weiter hinten im Beitrag vorgeschlagenen Örtlichkeit der Varusschlacht nicht folge, sondern diese hier noch vorstellen werde.
Marianne E.
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Danke für die Ausführungen, die bestätigen, dass es zum einen Zweifel am Austragungsort der Varusschlacht gibt aber zum anderen, ob es diese Schlacht in der geschichtlich überlieferten Form überhaupt gegeben hat.
andreassolar
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Die Websites beispielsweise des Deutschen Bergbaumuseums Bochum, an welchem Annika Diekmann ihre bekannte metallurgische Dissertation über römerzeitliche Funde im Rahmen eines Forschungsprojektes zu Kalkriese erstellte, und des Kalkriese-Museums behaupten dies nicht so oder so apodiktisch, wie in Deinem Beitrag suggeriert.

Aus der Website des Kalkriese-Museums:
Seit 1989 wird die Region Kalkriese systematisch archäologisch erforscht; seit 1998 erfolgt die Forschung in Kooperation mit der Universität Osnabrück. Auf 50 km² geht das Kalkrieser Archäologie-Team auf Spurensuche. Tausende von römischen Funden sprechen eine klare Sprache: Hier sind römische Truppen vernichtend geschlagen worden. Vieles spricht dafür, dass dies in der Varusschlacht geschah.

Nun gibt es erstmals einen konkreten Ort, an dem sich über die Varusschlacht diskutieren lässt.

Kalkriese ist heute ein national und international renommierter Forschungsstandort. Wir arbeiten und forschen vor Ort, in Kooperation mit zahlreichen anderen Forschungseinrichtungen. Wissenschaft ist in einem ständigen Wandel, alte Gewissheiten sind immer wieder zu hinterfragen, neue Methoden bieten neue Forschungsmöglichkeiten. Die Forschung in Kalkriese ist in Bewegung – und bleibt spannend.
Titel der entsprechenden Site des Deutschen Bergbau-Museums:

Kalkriese als Ort der Varusschlacht? – eine anhaltende Kontroverse

Die Site mit dem Titel 'Mythos Varusschlacht' des Lippischen Landesmuseum Detmold des Landesverbands Lippe spricht lediglich vom Teutoburger Wald als Ort der Varusschlacht, Kalkriese wird nicht mal genannt.

Jedoch z.B. die Historikerin Iris Schäferjohann-Bursian aus Bad Lippspringe glaubt, „dass ältere Hinweise auf römische Funde und Varusschlacht nicht konsequent verfolgt worden seien. Sie mutmaßt, die nationalistische Vereinnahmung des Hermann-Mythos habe nach dem Krieg zu einer Gegen­reaktion geführt: Die Suche nach den Resten dieses sagenumwobenen Gefechts sei quasi zum Tabu erklärt worden.

Das Zitat stammt aus einen Artikel vom Juli 2005, aus der Tageszeitung 'Die Welt'. Also überholt und referiert entsprechend deutlich zurückliegende Positionen.

Eine sehr gute detaillierte Zusammenfassung, warum es nicht Kalkriese sein kann, findet sich hier: https://www.roemerfreunde-weser.info/di ... hlacht.pdf
wobei ich allerdings der vom Verfasser weiter hinten im Beitrag vorgeschlagenen Örtlichkeit der Varusschlacht nicht folge, sondern diese hier noch vorstellen werde.


Der Autor ist Arzt.....
Skeptik
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Niemand kann mir wohl sagen, wie diese überbordende Faszination an einer Varusschlacht vor 2000 Jahren zu erklären ist. In diesem Forum haben sich schon über 6.400 daran beteiligt. In einem anderen Forum sind es schon über 800.000. Und kein Ende ist in Sicht.
Auf uns gekommen sind Nachrichten davon unter anderen von Tacitus. Er selbst war nie in Germanien und in der ganzen Germania ist erkennbar, dass er das Bekannte seiner Welt in der Welt der Germanen sucht, um es für sein römisches Publikum zu beschreiben. Wie hier in den Annalen:
https://www.gottwein.de/Lat/tac/ann0159.php
Publius Cornelius Tacitus Annales 1, 60-61:

...Im Auftrag des Germanicus zerstreute Lucius Stertinius mit leichter Truppe die Brukterer, die ihre Wohngebiete abfackelten. Unter Morden und Beutemachen fand er den Adler der neunzehnten Legion, der mit Varus verloren gegangen war. In einem Zug ging das Heer von da bis zu der entlegensten Grenze der Brukterer; alles Land zwischen Ems und Lippe wurde verwüstet, nicht fern vom Teutoburger Wald, in dem, wie man sagte, die Überreste des Varus und der Legionen unbestattet lagen.
Deshalb kam den Caesar das Verlangen an, dem Heer und seinem Führer die letzte Pflicht zu erweisen. Wehmutsvolles Mitleiden erfüllte das ganze anwesende Heer wegen Verwandter, Freunde, der Unwägbarkeit des Kriegs und des menschlichen Loses. Caecina wurde vorausgeschickt, um die Verstecke der Wälder zu durchspähen und Brücken und Dämme über sumpfige Strecken und trügerische Moorgründe zu bauen. Dann betraten sie die Stätte der Trauer, schauerlich dem Auge und der Erinnerung.
Hier das erste Lager des Varus; der weite Umfang und die Raumverhältnisse des Feldherrnplatzes deuteten auf den tatkräftigen Einsatz dreier Legionen. In einiger Entfernung davon ein nur halb aufgeworfener Wall mit niederem Graben, sichtlich der Lagerplatz eines schon angeschlagenen Restes. Auf der Fläche zwischen beiden bleichende Gebeine, zerstreut liegend oder aufgehäuft, je nachdem sie flohen oder Widerstand leisteten.
Daneben Bruchstücke von Waffen, Gliedmaßen von Pferden, vorn an Baumstämme genagelte Köpfe. In den nahegelegenen Hainen Barbarenaltäre, an denen sie die Tribunen und Centurionen ersten Ranges geschlachtet hatten.
Hierzu berichteten solche, die dem Schwert und den Banden entgangen und von der Niederlage noch übrig waren, hier seien die Legaten gefallen, dort die Adler entrissen worden; zeigten, wo Varus die erste Wunde empfing, wo er von unseliger Hand durch das eigene Schwert den Tod fand, wo von der Bühne herab Arminius zur Versammlung redete, wie viele Galgen für die Gefangenen, wie die Gruben gewesen seien und wie er Feldzeichen und Adler übermütig verhöhnt habe.
Und so brachte das anwesende Römerheer sechs Jahre nach der Niederlage die Gebeine dreier Legionen - es wusste keiner, ob er fremde Überreste oder die der Seinigen mit Erde bedecke - allesamt als Nahverbundene, als Blutsverwandte mit wachsendem Rachedurst gegen den Feind, tief betrübt zugleich und erbittert, zur Ruhe.


Da scheint das Schlachtfeld von den Germanen in diesen vergangenen sechs Jahre doch einigermaßen in Ordnung gehalten worden zu sein. - Nicht schlecht!
andreassolar
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Niemand kann mir wohl sagen, wie diese überbordende Faszination an einer Varusschlacht vor 2000 Jahren zu erklären ist.

Mich hat das nie weiter beschäftigt und ich rätsle ebenso.
Jenes andere, von dir genannte Forum....auch ohne Varus-Kalkriese-TeutoburgerWald-Fäden überragt die Anzahl der Beiträge im Bereich Das Römische Reich sämtliche andere Geschichtsbereiche mit größtem Abstand.
andreassolar
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Nun wird sich vielleicht zeigen, dass bzw. ob @Gebirgsjäger substanzielle Neuigkeiten aus den letzten Jahren bieten kann, anstatt eines Zeitungstextes vom Juli 2005, der, wiederum in einer Zeitschrift abgedruckt, von ihm referiert worden war. Und in welchem wiederum ein Zeitschriften-Text von 2003 jener Historikerin kurz referiert wird.
Marianne E.
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Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen arbeiten mit den Texten anderer Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen, zitieren, analysieren, definieren sie und fügen ggf. eine eigene Lehrmeinung hinzu.
Das nennt man Wissenschaft.
Substantielle Neuigkeiten können anhand vorgestellter Zitate auch selbst recherchiert werden. Kostet Zeit und Geduld.
Das ist Wissenschaft.

Und woher stammen die unendlich vielen und langen Berichte, die hier unermüdlich veröffentlicht werden?
Eigenrechereche? Von wem und warum? Genaue Quellenangaben wären auch nicht schlecht.
andreassolar
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Die Ergebnisse von Annika Diekmanns bekannter metallurgischer Diss. wurden im November 2022 veröffentlicht: https://www.ndr.de/nachrichten/niedersa ... e498.html

Weitere Details vom 16. November 2022 auf der Website des Bochumer Bergbaumuseums:

https://www.bergbaumuseum.de/news-detai ... usschlacht
Marianne E.
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Das Bergbaumuseum Bochum leistet ausgezeichnete Forschungsarbeit, kann aber auch nicht so ganz die Zweifel an Kalkriese ausräumen.
Die Wahrscheinlichkeit spricht zwar für eine Schlacht in Kalkriese, aber war es die Varusschlacht oder eine andere?
Skeptik
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andreassolar hat geschrieben: 03.10.2023, 10:28 Weitere Details vom 16. November 2022 auf der Website des Bochumer Bergbaumuseums:

https://www.bergbaumuseum.de/news-detai ... usschlacht
Der metallurgische Fingerabdruck hat das Zeug viele Fragen um die Varusschlacht elegant zu lösen. Interessant ist schon mal, daß man anscheinend nur Material der XIX. Legion in Kalkriese fand und untersuchen konnte.
Wurde da in der Geschichtsschreibung gemogelt:
"Die heute erhaltenen unmittelbar zeitgenössischen Nachrichten berichten über das Ereignis der Niederlage der Legionen des Varus nur kurz. Hierzu zählen Ovid (Tristia III, 12, 45–48), Manilius(Astronomica I, 896–903) und Strabon (Geographica VII, 1, 4). Velleius Paterculus beschreibt 30 n. Chr. die Geschehnisse sehr knapp (Historiae Romanae II, 117–119). Erwähnt wird die Schlacht daneben von weiteren Autoren, wie zum Beispiel Seneca (Epistulae morales, Brief 47), Frontinus (Kriegslisten) und Sueton."
Die ausführlicheren Berichte zur Varusschlacht stammen von Tacitus Anfang des zweiten Jahrhunderts (Annalen) und von Cassius Dio Anfang des dritten Jahrhunderts (Römische Geschichte)."


Das erinnert mich an die vier Evangelien im Neuen Testament. Auch dort finden sich die ausführlicheren Schilderungen der Ereignisse in den späteren Evangelien.
Da wurde der größere Zeitabstand wohl in beiden Fällen kompensiert und mangelnde Fakten mit viel Fantasie ausgeglichen.
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