Varus Schlacht

Moderator: Barbarossa

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Agrippa
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Cherusker hat geschrieben:
Agrippa hat geschrieben:... Die literarische Quelle (Tac. I, 63 ff.) beschreibt die topographische Situation bei der Schlacht an den Pontes Longi exakt so, wie sie in Kalkriese vorliegt. ...
Und das paßt sogar so gut, daß es in Kalkriese im Außengelände eine Tafel mit diesem Tacitus Text gibt. :shock: Man hat das mal so für sich und die Varusschlacht genutzt. :evil:
Auf der offiziellen Kalkriese homepage steht zum „Weg der Römer“:

„Einige Platten sind mit Zitaten antiker Texte versehen, die einen kurzen Augenblick der Varusschlacht beschreiben.“


Auf einer der Platten steht allerdings folgendes Tacitus-Zitat:

„In der Nacht kam es aus verschiedenen Ursachen zu keiner Ruhe: die Talmulden und die wiederhallenden Bergwälder waren erfüllt von dem fröhlichen Gesang oder dem wilden Lärmen der Barbaren, die festliche Gelage feierten; bei den Römern glimmten nur schwache Lagerfeuer, hörte man nur abgebrochene Laute, während sie selbst zerstreut an dem Wall herumlagen, in den Zelten umherirrten, mehr weil sie nicht schlafen konnten, als weil sie wachen wollten.“

(Tac. I, 65)

Hierbei beschreibt Tacitus keineswegs die Varusschlacht, sondern schildert eine Szene am Vorabend der Schlacht an den Pontes Longi.

Handeln die Kalkrieser Forscher bei der wissenschaftlichen Beratung der Ausstellung wider besseres Wissen oder versucht man, die Besucher bewusst zu veräppeln :?:
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Agrippa
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Nicht schlecht.
Cherusker
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So gibt es in Kalkriese soviele Ungereimtheiten, die die vorschnelle Festlegung als Ort der Varusschlacht erheblich in Zweifel ziehen. Alle Erklärungsversuche, um diese Ungereimtheiten zu erklären, enden meist in merkwürdigen und weithergeholten Erklärungen. Nach deren Methode könnte man notfalls auch erklären, daß die Wikinger in Australien waren. :wink: :mrgreen:
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Agrippa
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Dass ausgerechnet Prof. Schlüter, zusammen mit Tony Clunn der "Entdecker" des Fundortes Kalkriese, jüngst einen Beitrag veröffentlichte, indem er die Unzulänglichkeiten seiner Kalkrieser Kollegin Wilbers-Rost bei der Bewertung des Walles am Oberesch offen darlegt, zeugt für sein Bestreben nach einer wissenschaftlichen Forschung außerhalb jeglicher Vermarktungsstrategien.
Dieser wichtige Beitrag wurde und wird bereits in mehreren wissenschaftlichen Symposien diskutiert.
Was allerdings fehlt und zu Denken gibt, ist die Rezension von Wilbers-Rost zu Schlüters Beitrag. Immerhin wirft er ihr methodologische Fehler und eine gewisse Ignoranz vor.
Vor dem Hintergrund, dass Prof. Schlüter nicht irgendein Heimatforscher aus dem Lipperland ist, wäre doch eine offizielle Stellungnahme aus Kalkriese zu erwarten.
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Agrippa
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Cherusker hat geschrieben:So gibt es in Kalkriese soviele Ungereimtheiten, die die vorschnelle Festlegung als Ort der Varusschlacht erheblich in Zweifel ziehen.
In aktuellen Veröffentlichungen wird nicht mehr von der "Varusschlacht" sondern nur noch vom "Kampfplatz Kalkriese" geschrieben. Im Angesicht der breiten Kritik ist man offensichtlich vorsichtiger geworden. Wilbers-Rost und ihr Gatte Rost betonen nun ausdrücklich , dass es in Kalkriese nicht um die Varusschlacht ginge, sondern darum, die noch junge Disziplin der "Schlachtfeldforschung" voran zu bringen.

Das hörte sich vor einiger Zeit noch ganz anders an!
Wolfgang Lippek hatte sich die Mühe gemacht, die Nachrichten und Neuigkeiten aus Kalkriese über die Jahre hinweg zusammen zu tragen. Bereits 1992 wurde verkündet, man habe das lange gesuchte Varusschlachtfeld in Kalkriese bei Bramsche gefunden! Hurra! Danach folgten beinahe halbjährlich neue Meldungen, nun habe man den endgültigen Beweis. Lippek stellte die berechtigte Frage, wie man eine Nachricht verbreiten kann, um dann in den Folgejahren den end-, end-, endgültigen Beweis zu vermelden... Das war zumindest seltsam.

Keinen Gefallen taten sich die Kalkrieser Forscher, in dem sie das 1992 gefundene Mundblech einer Schwertscheide (mit der Inschrift der 1. Legion) klammheimlich für 12 Jahre (!) im Archiv verschwinden ließen. Damit hatten die Kalkrieser einen erheblichen Teil ihrer Glaubwürdigkeit in wissenschaftlichen Kreisen verloren.
Dass Schlüter 2011 auch noch einen Beitrag veröffentlicht, in dem er die Forschungsergebnisse zum Wall ebenfalls als nicht korrekt entlarvt, reicht, um das Fass zum Überlaufen zu bringen.
Harald
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Ja, da müßt ihr eine neue Schlacht erfinden ähh finden, auf die die Fundergebnisse von Kalkriese zutreffen. Schlachten, bei denen in den ersten 20 Jahren des 1. nachchr. Jahrhunderts drei römische Legionen komplett vernichtet wurden, sind eigentlich ziemlich selten.

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Agrippa
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Irrtum, mein Lieber.
Während des alle zwei Jahre stattfindenden Kongresses "Fields of Conflict", der sich der Schlachtfeldarchäologie widmet, wurde 2004 festgehalten, dass auf dem Schlachtfeld von Kalkriese KEINE Vernichtungsschlacht stattfand. Man kam zu dem Schluss, dass ein größeres römisches Heer unter Kampfhandlungen die Engstelle am Oberesch unter Verlusten passierte. Die Dauer des Gefechts konnte aufgrund der Fundverteilung und den Ausmaßen des Fundfeldes auf mehrere Stunden bis zu einem Tag geschätzt werden.
Für die Schlacht an den Pontes Longi im Jahr 15 n.Chr. treffen diese Bedingungen zu.
Cherusker
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Agrippa hat geschrieben:Irrtum, mein Lieber.
Während des alle zwei Jahre stattfindenden Kongresses "Fields of Conflict", der sich der Schlachtfeldarchäologie widmet, wurde 2004 festgehalten, dass auf dem Schlachtfeld von Kalkriese KEINE Vernichtungsschlacht stattfand. Man kam zu dem Schluss, dass ein größeres römisches Heer unter Kampfhandlungen die Engstelle am Oberesch unter Verlusten passierte. Die Dauer des Gefechts konnte aufgrund der Fundverteilung und den Ausmaßen des Fundfeldes auf mehrere Stunden bis zu einem Tag geschätzt werden.
Für die Schlacht an den Pontes Longi im Jahr 15 n.Chr. treffen diese Bedingungen zu.
Dem stimme ich zu. In Kalkriese hat es keine Vernichtungsschlacht gegeben. Das wurde auch von den Kalkrieser Wissenschaftlern so gesehen. Anhand der Fundsituation hat man angenommen, daß ein römischer Heereszug durch eine Engstelle zieht und sich dann in zwei Richtungen aufteilt. D.h. Römer haben einen Engpaß unter Verlusten passiert. Und genau das ist 15 n.Chr. an den Pontes Longi in den historischen Quellen von Tacitus berichtet worden. :!:

Dann kann man im nächsten Jahr in Kalkriese wieder eine 2000Jahrfeier abhalten: 2000 Jahre Pontes Longi.

P.S.
Und Caecina hatte in der Schlacht an den LANGEN BRÜCKEN sogar 4 Legionen (das untere Heer: 1., 5., 20. und 21.Legion) zur Verfügung. :mrgreen: Da hätte Varus mit seinen 3Legionen neidisch werden können. :mrgreen: :wink:
Harald
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Germanicus und Caecina besuchten den Ort der Varusschlacht und begruben (vergeblich) die Knochen der Gefallenen. Noch was?

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Cherusker
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Harald hat geschrieben:Germanicus und Caecina besuchten den Ort der Varusschlacht und begruben (vergeblich) die Knochen der Gefallenen. Noch was?

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Und was soll damit gesagt werden? :shock: Während der Bestattungen der Knochen kann man aber nicht diese Gegenstände verlieren. Das ist unwahrscheinlich und daher ist der Verlust nur aufgrund von Kampfhandlungen zu erklären.
Andernfalls wären nur die Legionäre der I. Legion solche Trottel gewesen, daß sie ihre Schwerter und Schienenpanzer verlieren. Schließlich war ein Legionär für seine Ausrüstung selbst verantwortlich und Ersatz wurde vom Lohn abgezogen.
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Agrippa
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Spartaner hat geschrieben: ...auch ein – allerdings nicht verfälschter -Münzhorizont in Köln/ara Ubiorum scheint den Arbeiten von Heinrischs germanicuszeitlich zu sein.
Ich komme noch einmal darauf zurück, weil in einem anderen Forum genau dieses Thema diskutiert wurde.

Heinrichs untersuchte einen geschlossenen Hort von 55 Münzen aus Köln, der zu 1/7 aus Münzen zwischen 10 und 14 n.Chr. bestand. Er wurde in einem Bezirk gefunden, der offensichtlich einem Brand zum Opfer fiel. Aufgrund des Münzbefundes datierte Heinrichs den Brand auf das Jahr 13/14 n.Chr. Da er nun einen vermeintlichen Germanicus-Horizont vor sich zu haben glaubte, meinte er auf Grundlage dessen , den Kalkriese-/Haltern-/Waldgirmes-Horizont auf 9 n.Chr. datieren zu können.
Das klingt zwar alles ganz gut, allerdings nennt man dieses in wissenschaftlichen Kreisen einen Zirkelschluss. Solange des Datum des Brandes (und damit der Münzhorizont) nicht bestimmt sind, kann keine weiterführende Aussage zu anderen Zusammenhängen getroffen werden. Der Brand in Köln kann genauso gut im Jahr 20, 21, 22 .....usw. n.Chr. stattgefunden haben. Man kann nicht auf der Grundlage der einen Spekulation eine andere belegen.

Es geht noch weiter:
Im anderen Forum entblödet sich ein „Ritter von der traurigen Gestalt“ nicht, eine Feindatierung des Kölner Brandes über die terra sigillata vorzunehmen. :crazy: Das ist zwar rührig, aber sinnfrei. Wenn schon eine Feindatierung über die Münzen nicht möglich ist, so ist sie es über Tonwaren erst recht nicht. Man sollte nicht annehmen, die Römer hätten jedes Jahr ein neues spezielles Tafelservice herausgegeben, anhand dessen man jahrweise datieren könnte.... :mrgreen:

Um sich einmal ein Bild davon zu verschaffen, mit welchen Toleranzen eine Datierung über terra sigillata zu versehen ist, kann man diese Seite besuchen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_wich ... efäßformen
Für "Haltern 1, 4 und 7" glattwandig wird als Datierung "frühes 1. Jh. n.Chr." angegeben.

Im übrigen wurde in Kalkriese sehr wenig terra sigillata gefunden. Das weist eher auf einen reinen Kampfverband hin, der vorzugsweise Metallgeschirr verwendete.
Harald
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Während der Bestattung der Varuslegionärsknochen wurden die Caecinalegionäre von den Germanen angegriffen. Das kann man nachlesen.

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Agrippa
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Harald hat geschrieben:Während der Bestattung der Varuslegionärsknochen wurden die Caecinalegionäre von den Germanen angegriffen. Das kann man nachlesen.
Nein, anschließend.
Bei Tac. I, 63 steht im Anschluss an die Bestattungsaktion: Aber Germanicus folgte dem Arminius, der sich in unwegsame Gegenden zurückzog, und befahl der Reiterei, sobald sich Gelegenheit dazu bot, vorzustürmen und dem Feind ein freies Feld, das er besetzt hatte, zu entreißen.
Cherusker
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Harald hat geschrieben:Während der Bestattung der Varuslegionärsknochen wurden die Caecinalegionäre von den Germanen angegriffen. Das kann man nachlesen.

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Und auch vor der Bestattungsaktion haben keine Caecina-Legionen gegen die Germanen gekämpft. :wink: Caecina hatte die Aufgabe den Weg zum Schlachtort passierfähig zu machen, d.h. Brücken und Dämme über sumpfiges und mooriges Gelände zu bauen.
Und wie AGRIPPA hier schon schrieb, folgte Germanicus erst nach der Bestattungsaktion dem Arminius in unwegsames Gelände, das kann dann schon wieder etliche Kilometer vom Schlachtort entfernt gewesen sein, da Germanicus es bei der ersten Auseinandersetzung nicht schaffte die Legionen rechtzeitig eintreffen zu lassen.

Woher hast Du denn die Information, daß die Caecina-Legionen bei der Bestattungsaktion angegriffen wurden? :shock:
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Agrippa
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Die Wahrscheinlichkeit, dass die genannten militärischen Ausrüstungsgegenstände (Kettenpanzerschließen, Schwertscheide) während eines Kampfes verloren wurden ist erheblich höher, als dass sie während einer Begräbniszeremonie den Besitzern abhandenkamen.
Die Legio I war an den Pontes Longi in heftigste Kämpfe verwickelt, so dass es nicht verwundert, dass solche Funde am Wall in Kalkriese auftreten.
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