Varus Schlacht

Moderator: Barbarossa

Cherusker
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Harald hat geschrieben:
Mag sein, daß nicht 100%ig sicher ist, ob Kalkriese der Ort der Varusschlacht, die nunmal eine sehr untypische war, gewesen ist, aber solange man keinen besseren bieten kann muß es dabei bleiben.
Na, das ist aber merkwürdig. Man findet eine Germanen-Römer-Schlacht und erklärt diese zur Varusschlacht, nur weil man keine weitere gefunden hat. :shock:
Das wäre so, als ob man in 2000 Jahren in Oschersleben eine Rennstrecke ausgräbt und diese zur Nordschleife (=Nürburgring) erklärt, weil sie im Norden liegt und man bis dahin noch keine weitere Rennstrecke gefunden hat. :wink: Da würde man sich dann auch wundern, daß in den historischen Texten von einer langen Rennstrecke die Rede ist und von einem hügeligen Gebiet die Rede ist. Und dies Schriften mit den vorgefundenen Realitäten nicht übereinstimmen.
Und genauso sieht es z.Zt. in Kalkriese aus....
Fr. Wilbers-Rost hat den Wall als germanisches Bauwerk erklärt. Schlüter sieht dagegen ein römisches Werk. Wilbers-Rost meint anhand des Walles müsse ein Defilee-Gefecht stattgefunden haben. D.h. die Römer wären schön brav am Wall langmarschiert, obwohl die Engstelle hier eine Breite von 1km aufweist. :shock: Ihre Erklärung geht dahin, daß die Germanen den Wall getarnt hätten. :shock: Da muß man sich aber fragen, wie es möglich ist, daß auf einer "antiken Autobahn" und sowas ist der Hellweg vor dem Santforde, so ein Bauwerk ungesehen verrichtet werden konnte.
Die Errichtung so eines Walls, wie der in Kalkriese, ist für römische Legionen kein Problem und zwar auch unter Kampfbedingungen. Merkwürdigerweise wurde unter dem Wall eine dolabra (römisches Grabgerät) gefunden. Und in Hedemünden hat man diese Gegenstände auch einzeln unter den römischen Wällen gefunden. So als ob sie als Opfergabe dem Wall beigelegt wurden.
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Agrippa
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Harald hat geschrieben:Arminius und die von ihm direkt befehligten Cherusker hatten in Pannonien auf römischer Seite an der Niederschlagung des Aufstands mitgewirkt und man kann davon ausgehen, daß sie sehr wohl gelernt hatten, wie man römische Wälle baut.

Auch dieses ist wieder eine Ableitung, die als äußerst ungesichert gilt.

Sie bezieht sich auf Velleius Paterculus, II.Buch, 118:

"Er hieß Arminius und war der Sohn des Segimer, eines Fürsten jenes Volkes. (...) Im letzten Feldzug hatte er beständig auf unserer Seite gekämpft und hatte mit dem römischen Bürgerrecht auch den Rang eines römischen Ritters erlangt."

Lange Zeit ging man davon aus, dass mit dem "letzten Feldzug" jener in Pannonien gemeint war (der allerdings zur Varusschlacht noch andauerte).
Heute nimmt man an, Velleius Paterculus meint mit dem "letzten Feldzug" jenen des Tiberius in Germanien in den Jahren 4 /5 n.Chr. In dieser Kampagne in Germanien hat wahrscheinlich Arminius seine Dienste auf römischer Seite getan.

Ganz abgesehen davon ist nicht auszuschließen, dass Arminius wusste, auf welche Weise Römer Gräben anlegen. Das ist in diesem Zusammenhang allerdings nicht mehr relevant.
Der neueste Beitrag von Prof. Schlüter zeigt sehr anschaulich,dass der Wall in Kalkriese von Römern angelegt wurde.
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dieter
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Lieber Agrippa,
welchen Grund sollten die Römer gehabt haben diesen Wall anzulegen :?: Wann geschah das und wielange brauchten sie dazu :?:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
RedScorpion

Erstmal danke für die Ausführungen;

was aber nicht in meine Birne hineingeht, ist, warum man ausgerechnet Leuten wie Tacitus und Velleius Paterculus auch nur ein einziges Wort glauben sollte.

Da könnten wir gleich Jesus, den Allmächtigen, selbst fragen. :wink: :mrgreen:



LG
Harald
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Die Engstelle hatte eine Breite von 1 km, aber leider waren 990 m davon Sumpf. Bei ständigem Regen in den Sumpf zu marschieren ist eine sehr unschöne Angelegenheit.
Den Wall haben die Römer angelegt um heutige Geschichtforscher zu irritieren. Einen vernünftigen Grund hatte er nicht. Die Germanen brauchten den Weg nicht, sie liefen einfach durch den Wald.

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Cherusker
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RedScorpion hat geschrieben:Erstmal danke für die Ausführungen;

was aber nicht in meine Birne hineingeht, ist, warum man ausgerechnet Leuten wie Tacitus und Velleius Paterculus auch nur ein einziges Wort glauben sollte.

Da könnten wir gleich Jesus, den Allmächtigen, selbst fragen. :wink: :mrgreen:



LG
Warum nicht? Schließlich gab es noch andere römische Historiker, die sich über das Thema Germanenkriege geäußert haben. Nach Aussage des jüngeren Plinius hat sein Onkel eine heute verlorene Geschichte der Germanenkriege in 20 Büchern verfaßt (Epistulae II,5,4). Velleius Paterculus hat auch als Zeitzeuge andere Quellen genutzt, z.B. die verlorene Autobriographie des Augustus, De vita mea, sowie ebenfalls nicht mehr vorhandene Passagen über die Varusschlacht aus dem Geschichtswerk von Livius Ab urbe condita.

D.h. mehrere unabhängige Römer haben sich über das Thema geäußert. Sowas kann man dann nicht erfinden, weil das jederzeit einem Vergleich standhalten mußte. Es ist also keine "Herr der Ringe"-Geschichte.... :wink:
Cherusker
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Harald hat geschrieben:Die Engstelle hatte eine Breite von 1 km, aber leider waren 990 m davon Sumpf. Bei ständigem Regen in den Sumpf zu marschieren ist eine sehr unschöne Angelegenheit.
Den Wall haben die Römer angelegt um heutige Geschichtforscher zu irritieren. Einen vernünftigen Grund hatte er nicht. Die Germanen brauchten den Weg nicht, sie liefen einfach durch den Wald.

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Natürlich hat ein Wall an einer Engstelle eine Funktion. Hiermit kann man Angriffe aus dem Wald heraus abwehren, um dann den langsamen Troß durch die Engstelle zu führen.
RedScorpion

Cherusker hat geschrieben: ...
Es ist also keine "Herr der Ringe"-Geschichte.... :wink:
Schlimmer.
"Herr der Ringe" ist offensichtlich Fiktion, d.h. man kann sich dann in aller Ruhe der Zuordnung und Interpretation dessen, was damit nix zu tun hat, widmen.

Das genau geht bei Kalkriese nicht, wenn man ausgerechnet der altsenatorischen Schlange Tacitus und Konsorten wie Velleius Paterculus, bis zum Hals persönlich in Palastintrigen verwickelt, uneingeschränkt Glauben schenkt.

Cherusker hat geschrieben: ...
Velleius Paterculus hat auch als Zeitzeuge andere Quellen genutzt, z.B. die verlorene Autobriographie des Augustus, De vita mea, sowie ebenfalls nicht mehr vorhandene Passagen über die Varusschlacht aus dem Geschichtswerk von Livius Ab urbe condita.

D.h. mehrere unabhängige Römer haben sich über das Thema geäußert.
...
Unabhängig?

Da könnte man auch bei Merkel nachfragen, wie sie ihre Politik beurteilt.
Oder ihre Grossneffen in 50 Jahren.

Cherusker hat geschrieben: ...
Sowas kann man dann nicht erfinden, weil das jederzeit einem Vergleich standhalten mußte.
...
Wieso?
Kam sehr drauf an, wer für wen schrieb, wann, und ob er dann noch (über)lebte.
Notfalls werden militärische Niederlagen noch in Echtzeit zu wahren Siegen umgedichtet und propagandistisch ausgeschlachtet - und andersherum, wenn's gerad' in den Kram passt, z.B., um die Abgründe des Prinzipats aufzuzeigen, weil man der vergangenen Republik nachtrauert.

Ich tät' das Kind allerdings nicht mit dem Bade ausschütten,

aber nun im Gteil alles für bare Münze zu nehmen, weil es alt ist (oder scheint), noch dazu von sehr kompromittierten Quellen ausgehend, kann's auch nicht sein.



LG
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dieter
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Cherusker hat geschrieben:
Harald hat geschrieben:Die Engstelle hatte eine Breite von 1 km, aber leider waren 990 m davon Sumpf. Bei ständigem Regen in den Sumpf zu marschieren ist eine sehr unschöne Angelegenheit.
Den Wall haben die Römer angelegt um heutige Geschichtforscher zu irritieren. Einen vernünftigen Grund hatte er nicht. Die Germanen brauchten den Weg nicht, sie liefen einfach durch den Wald.

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Natürlich hat ein Wall an einer Engstelle eine Funktion. Hiermit kann man Angriffe aus dem Wald heraus abwehren, um dann den langsamen Troß durch die Engstelle zu führen.
Lieber Cherusker,
nochmal meine Fragen, wann haben die Römer den Wall gebaut, :?: wielange brauchten sie dazu :?: und war das in Feindesland nicht äußerst gefährlich, :?: da das Gebiet bis zur Elbe keineswegs befriedet war. :wink:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
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Agrippa
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Hallo RedScorpion,


die Überlieferungen des Tacitus, Velleius Paterculus u.a. müssen selbstverständlich vor dem Hintergrund der Quellenkritik betrachtet werden. Das ist in der Diskussion doch deutlich zu erkennen.
Den römischen Autoren allerdings überhaupt keinen Glauben zu schenken wäre genauso falsch, als wenn man jedes ihrer Worte für bare Münze nähme.
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dieter hat geschrieben: Lieber Cherusker,
nochmal meine Fragen, wann haben die Römer den Wall gebaut, :?: wielange brauchten sie dazu :?: und war das in Feindesland nicht äußerst gefährlich, :?: da das Gebiet bis zur Elbe keineswegs befriedet war. :wink:
So ein Wall, in der Qualität wie er in Kalkriese bestand, konnten Legionen innerhalb kürzester Zeit (1Tag), sogar während Kampfhandlungen errichten.
Bei der Beschreibung von der Schlacht PONTES LONGI wird ein römischer Wall gebaut, obwohl die Germanen dabei kräftig stören und diesen mit Hilfe von umgeleiteten Bächen unterspülen. Ein Teil der Legionen grub, während der andere Teil kämpfte und sicherte.

Bei einem Vortrag in Detmold wurde auch daraufhingewiesen, daß der Kalkrieser Wall kurzfristig errichtet worden sein kann. Und nicht wie ursprünglich vermutet als eine Aktion von mehreren Tagen bzw. Wochen.
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Agrippa hat geschrieben:Hallo RedScorpion,


die Überlieferungen des Tacitus, Velleius Paterculus u.a. müssen selbstverständlich vor dem Hintergrund der Quellenkritik betrachtet werden. Das ist in der Diskussion doch deutlich zu erkennen.
Den römischen Autoren allerdings überhaupt keinen Glauben zu schenken wäre genauso falsch, als wenn man jedes ihrer Worte für bare Münze nähme.
Bis vor kurzer Zeit gingen die heutigen Wissenschaftler auch davon aus, daß die Römer übertrieben haben und eher ein Wunschdenken an den Tag legten. Hier wurden z.B. die Berichte von römischen Ansiedlungen und Lagern an Flüssen bei Tacitus und Cassius Dio in Zweifel gezogen. Bis halt Waldgirmes und Hedemünden gefunden wurden und diese "Überheblichkeit" widerlegt wurde.
Die römischen Historiker haben schon einseitig aus ihrer Sicht geschrieben. So haben sie alle Schlachten, die nicht in der Vernichtung endeten, als Siege umgemünzt. Paterculus läßt Tiberius als Besieger Germaniens in den Jahren 9-11 n.Chr. feiern, obwohl nur grenzsichernde Maßnahmen durchgeführt wurden. Sowas ist alles mit Vorsicht zu beurteilen. Aber die Erfindung von ganzen Schlachten ist nicht wahrscheinlich. Vielmehr sollte sich die heutige Archäologie auf die Suche machen..... :wink:
Harald
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Was ist denn die "Erfindung von Schlachten"? Drei Legionen vernichtet mit Mann und Maus ist keine Schlacht? Richtig, es war nur ein Schlachten.

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Cherusker
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Es soll ja Menschen geben, die bewzeifeln die Schlachten von Idistaviso und Angrivarierwall, weil sie nur von Tacitus erwähnt werden. Ferner gibt es auch wilde Theorien über die Varusschlacht, da gibt es auch welche, die meinen es wäre nur Meuterei der Legionen gewesen, die sich dann im germanischen Volk assimilierten.
Solche wilden und wenig glaubhaften Vermutungen gibt es genug. Fehlern nur noch die Außerirdischen.
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dieter
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Cherusker hat geschrieben:
dieter hat geschrieben: Lieber Cherusker,
nochmal meine Fragen, wann haben die Römer den Wall gebaut, :?: wielange brauchten sie dazu :?: und war das in Feindesland nicht äußerst gefährlich, :?: da das Gebiet bis zur Elbe keineswegs befriedet war. :wink:
So ein Wall, in der Qualität wie er in Kalkriese bestand, konnten Legionen innerhalb kürzester Zeit (1Tag), sogar während Kampfhandlungen errichten.
Bei der Beschreibung von der Schlacht PONTES LONGI wird ein römischer Wall gebaut, obwohl die Germanen dabei kräftig stören und diesen mit Hilfe von umgeleiteten Bächen unterspülen. Ein Teil der Legionen grub, während der andere Teil kämpfte und sicherte.

Bei einem Vortrag in Detmold wurde auch daraufhingewiesen, daß der Kalkrieser Wall kurzfristig errichtet worden sein kann. Und nicht wie ursprünglich vermutet als eine Aktion von mehreren Tagen bzw. Wochen.
Lieber Cherusker, Danke für Deine Ausführungen. :)
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