Germanische Städte in Vorrömischer Zeit

Moderator: Barbarossa

Paul
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Hallo Babylon5,
hast du dafür Belege, das der Taunus nicht zum Stammesgebiet der Ubier gehörte?

Alle Quellen die ich dazu finden konnte schildern das Siedlungsgebiet, wie auch bei Wikipedia, als im Süden bis zum Main reichend.

http://de.wikipedia.org/wiki/Ubier

Damit würde die Stadt im Oppidum Heidetränke, wie der gesamte Taunus und die Wetterau zum Siedlungsgebiet der Ubier gehört haben. Die Helvetier sind sowieso schon etwa 100 vor Chr. abgezogen. Danach ist eine Inbesitznahme des südhessischen Gebiets südlich des Mains durch verschiedene germanische Siedler belegt. Die Entvölkerung dieser Stadt passt doch auch zeitlich zu der Umsiedlung vieler Ubier ins Rheinland.

Die Ubier waren die Bewohner des größten Teils Hessens und des Westerwalds bis 50 vor Chr..
Eine Besiedlungskontinuität würde bedeuten, das sie von Anfang an die Träger der Hallstatt und Latene-Kultur in diesem Raum waren. Es gab also weder eine keltische Eroberung und dann auch keine Eroberung durch die Ubier.

In deinem Beitrag bezweifelst du doch eigentlich, ob Treverer und Helvetier sprachliche Kelten waren.
viele Grüße

Paul

aus dem mittelhessischen Tal der Loganaha
Babylon5
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Hallo, Paul

nun, Wikipedia würde ich jetzt nicht heranziehen, um deine Theorie zu belegen- nach Wikipedia war das Heidetränkoppidum keltisch.

Ich will ja auch gar nicht behaupten, daß die Heidetränke auf gar keinen Fall von Ubiern errichtet wurde, aber ich finde es nicht wirklich schlüssig.
Du hast mir auch noch nicht erklärt, inwiefern es Sinn macht, daß sich die Ubier mitten in die Heidetränke zwischen die altkeltischen Anlagen von Bleibiskopf und Altkönig setzten. Ich meine, es sind schließlich nicht die einzigen drei Stellen im Vordertaunus, die einen geeigneten Standort für eine Stadt hergeben. Warum also platziert sich ein neuer Stamm zwischen den beiden altkeltischen Festungen?

Dann stellt sich als nächstes die Frage, wie die Trennung zwischen Germanen und Kelten genau verlief. Das ist noch keineswegs geklärt. Vielleicht waren die Erbauer der Heidetränke die Vorläufer der Ubier- aber waren sie dann wirklich schon Germanen? Das ist doch höchst spekulativ. Und wenn sie keine Germanen waren, was waren sie dann?

Und was das sprachliche anbetrifft- so mißtraue ich einfach den Römern als Sprachwissenschaftlern. Wenn ich mir heute vorstelle, daß sagen wir einmal ein Däne einen Schleswig-Holsteiner und einen Bayern reden hört- würde er dann wirklich auf den Gedanken kommen, daß beides Dialekte der gleichen Sprache sind? Oder würde er es vielleicht für zwei verschiedene Sprachen halten?
Von den Sprachen ist doch viel zu wenig überliefert worden, als daß wir jetzt sagen könnten, welche Sprache welcher Stamm zur Zeit des gallischen Krieges gesprochen haben. Und den Römern traue ich in der Beziehung einfach nicht...
Paul
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Hallo Babylon 5, nur in meinem Eingangsbeitrag habe ich die Möglichkeit eingeräumt, die frühen Oppida könnten von Kelten errichtet worden sein, so wie es teilweise dargestellt wird. In den weiteren Beiträgen erläutere ich doch meine gewonnene Meinung, das wohl die Ubier von Anfang an die Oppida errichtet haben.
Deine Argumente, das alles auf eine Siedlungskontinuität hindeutet, bestätigt diese Annahme. Zuletzt sind die Ubier als Siedler der Oppida nachgewiesen. Wenn sie niemals eine andere Bevölkerung ersetzten, dann waren sie die Begründer dieser Kultur.
Natürlich haben Kultureinflüsse auf verschiedenste Art auf sie eingewirkt, so wie sie wiederum andere Bevölkerungen beeinflußt haben.
viele Grüße

Paul

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Peppone
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Paul hat geschrieben:Zuletzt sind die Ubier als Siedler der Oppida nachgewiesen. Wenn sie niemals eine andere Bevölkerung ersetzten, dann waren sie die Begründer dieser Kultur.
Du verkürzt mal wieder sträflicherweise.
Denn du ignorierst die Tatsache, dass sowohl Kelten als auch Germanen (bzw. deren Kultur) sich in die Gegend der historischen Ubier erst mal ausbreiten mussten. Dann müssten die Ubier also eigentlich Vorkelten oder Vorgermanen gewesen sein, die nachträglich keltisiert und/oder germanisiert worden sind.
Das kann ich mir persönlich nu aber gar nich vorstellen...

Peppo
Paul
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Peppone hat geschrieben:
Paul hat geschrieben:Zuletzt sind die Ubier als Siedler der Oppida nachgewiesen. Wenn sie niemals eine andere Bevölkerung ersetzten, dann waren sie die Begründer dieser Kultur.
Du verkürzt mal wieder sträflicherweise.
Denn du ignorierst die Tatsache, dass sowohl Kelten als auch Germanen (bzw. deren Kultur) sich in die Gegend der historischen Ubier erst mal ausbreiten mussten. Dann müssten die Ubier also eigentlich Vorkelten oder Vorgermanen gewesen sein, die nachträglich keltisiert und/oder germanisiert worden sind.
Das kann ich mir persönlich nu aber gar nich vorstellen...

Peppo
Peter Paul Schweitzer definiert die Vorfahren der Ubier als Indogermanen, deren Sprache wie im Gebiet der Jasdorf-Kultur die Entwicklung zur Germanischen Sprache genommen hat. Dies würde die Entwicklung z.B. der Gewässernamen zeigen. Ich persönlich halte es für möglich, das die Entwicklung der Sprache in Hessen sich mit einer gewissen Verzögerung zu den nördlicheren germanischen Regionen vollzog.
In der materiellen Kultur wurden sie von der Hunsrück-Eifel-Kultur, der Hallstatt-Kultur und dann durch die Latene-Kultur so beeinflußt, so das sie den Archäologen von ihrer Hinterlassenschaft früher als Kelten erschienen. Wie auch Babylon5 bemerkt hat, fanden aber gerade die Archäologen keine Siedlungsumbrüche, so das sie nun auch immer mehr zu der Auffassung kommen, das die Ubier die Träger dieser "materiell keltischen Kultur" waren. Oft werden die Ubier deshalb bei den keltischen Stämmen aufgezählt, obwohl sie ja germanisch sprachen.
Übrigens ähnelte die Frauentracht der Ubier der Tracht der germanischen Frauen am Niederhein. Hier kann man auf die Darstellung der Frauentrachten auf den vielen Weihesteinen zurückgreifen, auf denen Schutzgöttinen dargestellt wurden. Das wäre auch Teil der materiellen Kultur und nicht keltisch.
Für die germanische Sprache der Ubier gibt es viele Hinweise.:
- die Weihesteine u. andere schriftliche Hinterlassenschaften der Ubier sind meist in germanischer Sprache geschrieben. Natürlich gab es später auch romanische Stifter, die noch die Religion ihrer Vorfahen pflegten.
- Die Römer schildern die Ubier als Germanen. Sie haben auch intensive Kontakte zu den Ubiern, von denen sie ja auch viele in ihrem Reich aufgenommen haben.
- Die Ubier besiedeln die linke Rheinseite z.B. bei Köln und Bonn, wahrscheinlich aber auch bis Trier. Daraufhin werden diese Gebiete germanisch. Nicht nur die von den Römern entvölkerten ehemaligen Eburonischen Siedlungsgebiete, auch das Treverer Land wird teils romanisch, teils germanisch.
viele Grüße

Paul

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Nafets
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Paul hat geschrieben: Peter Paul Schweitzer definiert die Vorfahren der Ubier als Indogermanen, deren Sprache wie im Gebiet der Jasdorf-Kultur die Entwicklung zur Germanischen Sprache genommen hat. Dies würde die Entwicklung z.B. der Gewässernamen zeigen.

Die keltische Sprache, wenn man überhaupt von einer einzelnen Sprache sprechen kann bzw. keltische Dialekte, gehören auch zur indogermanischen Sprachfamilie. Das ist doch klar und das weißt du.

Gewässernamen z.B., genau wie andere Flurnamen, kann man zu einem großem Teil auf die Sprecher einer vorindogermanischen Sprachkultur zurückzuführen.
Fürchte nicht jene, die nicht mit dir übereinstimmen, sondern die, welche zu feige sind es dir zu sagen.
(Napoleon I. Bonaparte)
Paul
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Nafets hat geschrieben:
Die keltische Sprache, wenn man überhaupt von einer einzelnen Sprache sprechen kann bzw. keltische Dialekte, gehören auch zur indogermanischen Sprachfamilie. Das ist doch klar und das weißt du.

Gewässernamen z.B., genau wie andere Flurnamen, kann man zu einem großem Teil auf die Sprecher einer vorindogermanischen Sprachkultur zurückzuführen.
Ich weis jetzt nicht genau, was du damit sagen wolltest?

In ganz Hessen wurden, wie du auch festgestellt hast, indogermanische Dialekte gesprochen. Nördlich des Mains scheinen diese Sprecher sich zu sprachlichen Germanen entwickelt zu haben u. südlich des Mains zu sprachlichen Kelten. In vielerlei Hinsicht glichen sich aber ihre materiellen Hinterlassenschaften, so das der Irrtum entstand, im nördlichen Hessen hätten auch Kelten gelebt. Das hätte dann eine zweifache Überschichtung der einheimischen Bevölkerung erforfdert, erst durch die Kelten und dann später nochmal durch die Ubier.
Wenn die Ubier diese einheimische Bevölkerung darstellte, so wie es jetzt vertreten wird, dann war das nicht notwendig.
So entstand das Vorurteil, Germanen hätten vor den Römern keine Städte gebaut und sehr wenig Arbeitsteilung gekannt.
viele Grüße

Paul

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Peppone
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Paul hat geschrieben:In ganz Hessen wurden, wie du auch festgestellt hast, indogermanische Dialekte gesprochen. Nördlich des Mains scheinen diese Sprecher sich zu sprachlichen Germanen entwickelt zu haben u. südlich des Mains zu sprachlichen Kelten.
Sorry: Blödsinn.
Das würde ja heißen, dass die Ubier nördlich des Mains einen germanischen Dialekt quasi aus sich selber heraus "erfunden" hätten, unabhängig von den Germanen Norddeutschlands, die zur Zeit der Entstehung der (Proto?)"Ubier" noch weit davon entfernt waren, in Hessen zu siedeln. Südlich des Mains wäre dann ein keltischer Dialekt entwickelt worden. Hört sich fast an wie die multiregionale Theorie zur Entwicklung des Menschen...

Die Kelten waren etwa 200 Jahre vor irgendwelchen Germanen in Hessen. Wenn die Ubier also Ureinwohner = vorkeltische Bevölkerung waren, wurden sie damals keltisiert.
Als im 1.Jh.v.Chr. die Germanen von Norden her nach Hessen kamen, wurden die keltisierten Ubier germanisiert.
So würde das auch zeitlich Sinn machen.
WENN die Ubier vorkeltische Bevölkerung waren!

Beppe
Paul
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Peppone hat geschrieben:
Paul hat geschrieben:In ganz Hessen wurden, wie du auch festgestellt hast, indogermanische Dialekte gesprochen. Nördlich des Mains scheinen diese Sprecher sich zu sprachlichen Germanen entwickelt zu haben u. südlich des Mains zu sprachlichen Kelten.
Sorry: Blödsinn.
Das würde ja heißen, dass die Ubier nördlich des Mains einen germanischen Dialekt quasi aus sich selber heraus "erfunden" hätten, unabhängig von den Germanen Norddeutschlands, die zur Zeit der Entstehung der (Proto?)"Ubier" noch weit davon entfernt waren, in Hessen zu siedeln. Südlich des Mains wäre dann ein keltischer Dialekt entwickelt worden. Hört sich fast an wie die multiregionale Theorie zur Entwicklung des Menschen...

Die Kelten waren etwa 200 Jahre vor irgendwelchen Germanen in Hessen. Wenn die Ubier also Ureinwohner = vorkeltische Bevölkerung waren, wurden sie damals keltisiert.
Als im 1.Jh.v.Chr. die Germanen von Norden her nach Hessen kamen, wurden die keltisierten Ubier germanisiert.
So würde das auch zeitlich Sinn machen.
WENN die Ubier vorkeltische Bevölkerung waren!

Beppe
Wieso hätten die Proto-Ubier aus sich heraus die Germanische Sprache erfinden müssen? Sie waren schon ursprünglich ein Teil des Protogermanischen indogermanischen Dialektkontinium und hatten immer räumlichen Kontakt zu den Regionen die auch weiter im Norden die Entwicklung zum Germanischen machten. Das bedeutet einfach, das die Entwicklung zur germanischen Sprache großräumiger erfolgte, als man das früher dachte. Es waren mehr "Kulturgebiete" an dieser Sprachentwicklung beteiligt.
Übrigens ordnen einige Archäologen ihre Funde schon in Nordhessen nördlich der Eder (dem ursprünglichen Chattengebiet) der Jasdorf Kultur zu.
Viele Handelskontakte der Ubier erfolgten wahrscheinlich über Lahn und Rhein.
Die Frauentrachten der Ubier und ihre Ingaveonische Konfession weist auf enge kulturelle Kontakte mit den niederrheinischen Germanen hin.
viele Grüße

Paul

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Peppone
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Paul hat geschrieben:Übrigens ordnen einige Archäologen ihre Funde schon in Nordhessen nördlich der Eder (dem ursprünglichen Chattengebiet) der Jasdorf Kultur zu.
Viele Handelskontakte der Ubier erfolgten wahrscheinlich über Lahn und Rhein.
Die Frauentrachten der Ubier und ihre Ingaveonische Konfession weist auf enge kulturelle Kontakte mit den niederrheinischen Germanen hin.
"Auf niedersächsischem Gebiet lassen sich besonders zwei solcher Gruppierungen erkennen:
im Nordosten das eigentliche Jastorf-Gebiet (Lüneburger Heide, untere Elbe),
an der Aller und an der mittleren Weser die sog. Nienburger Gruppe mit mehr keltischem Sachgut und mit besonderen Trachtsitten." (http://www.urgeschichte.de/artikel/eisen/eisen1.htm)
So viel zu den "Jasdorf"-Funden im nördlichen Hessen.
Überdies erschließt sich mir noch immer nicht, wie das gehen sollte, dass eine gerade erst keltisierte Kultur zur ursprünglichen Schicht der Germanen gehören sollte? Stellt man die zeitlichen Zusammenhänge in Betracht, ergibt sich nämlich ein sehr enges Zeitfenster, in dem beides möglich gewesen sein könnte...

Beppe
Babylon5
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Paul hat geschrieben: Wieso hätten die Proto-Ubier aus sich heraus die Germanische Sprache erfinden müssen? Sie waren schon ursprünglich ein Teil des Protogermanischen indogermanischen Dialektkontinium und hatten immer räumlichen Kontakt zu den Regionen die auch weiter im Norden die Entwicklung zum Germanischen machten.
Sprachliche Entwicklung hängt immer eng mit kultureller Entwicklung zusammen. Bisher erklärte man ja auch die Trennung von Germanen und Kelten z.T. dadurch, daß die Kelten es einfach leichter hatten, schneller Kultur entwickeln zu können- weil sie leichter Nahrungsmittelüberschüsse erzielten, mehr Zeit für das Anfertigen von Kunst und dergleichen hatten. Dies hat sich auf jeden Fall in der Sprache niedergeschlagen.

Es macht jetzt aber für mich definitv keinen Sinn anzunehmen, daß eine Sippe oder ein Stamm, der um 300 v. Christus erhebliche Überflüsse erwirtschaftete (um eine Großstadt errichten zu können), sprachlich einer Kultur zuzuordnen ist, die eben diese Überflüsse nicht kennt. Insbesondere dann nicht, wenn direkt nebenan eine Kultur sitzt, für die diese Überflüsse nachgewiesen sind...

Paul hat geschrieben:Die Frauentrachten der Ubier und ihre Ingaveonische Konfession weist auf enge kulturelle Kontakte mit den niederrheinischen Germanen hin.
Auch für 300 vor Chr? Denn wenn ich mich recht entsinne, hatten wir die Diskussion mit der Heidetränke begonnen. Und die entsand um 300 v. Chr...
Daß 160 n Chr. oder noch später auffällige Ähnlichkeiten zwischen Ubiern und Germanen auftreten, ist dann doch wenig verwunderlich...
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Peppone
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Babylon5 hat geschrieben:Bisher erklärte man ja auch die Trennung von Germanen und Kelten z.T. dadurch,
Wie? Was? Trennung? Die Germanen entwickelten sich in Norddeutschland, bis zu 1000 Jahre (wenn man die Hallstattkultur schon als Keltenkultur zählt) NACHDEM sich eine keltische Kultur entwickelt hatte, und um die 1000 Kilometer vom Entstehungszentrum der Kelten in den Ostalpen (oder auch Westalpen, wenn man die Latenekultur als erste keltische Kultur wertet) entfernt!!

Da kann man doch m.E. nicht von Trennung sprechen?!?

Das waren zwei voneinander getrennte, wenn auch nicht ganz unabhängige Entwicklungen!

VG
Christian
Paul
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Babylon5 hat geschrieben:
Paul hat geschrieben: Wieso hätten die Proto-Ubier aus sich heraus die Germanische Sprache erfinden müssen? Sie waren schon ursprünglich ein Teil des Protogermanischen indogermanischen Dialektkontinium und hatten immer räumlichen Kontakt zu den Regionen die auch weiter im Norden die Entwicklung zum Germanischen machten.
Sprachliche Entwicklung hängt immer eng mit kultureller Entwicklung zusammen. Bisher erklärte man ja auch die Trennung von Germanen und Kelten z.T. dadurch, daß die Kelten es einfach leichter hatten, schneller Kultur entwickeln zu können- weil sie leichter Nahrungsmittelüberschüsse erzielten, mehr Zeit für das Anfertigen von Kunst und dergleichen hatten. Dies hat sich auf jeden Fall in der Sprache niedergeschlagen.

Es macht jetzt aber für mich definitv keinen Sinn anzunehmen, daß eine Sippe oder ein Stamm, der um 300 v. Christus erhebliche Überflüsse erwirtschaftete (um eine Großstadt errichten zu können), sprachlich einer Kultur zuzuordnen ist, die eben diese Überflüsse nicht kennt. Insbesondere dann nicht, wenn direkt nebenan eine Kultur sitzt, für die diese Überflüsse nachgewiesen sind...

Paul hat geschrieben:Die Frauentrachten der Ubier und ihre Ingaveonische Konfession weist auf enge kulturelle Kontakte mit den niederrheinischen Germanen hin.
Auch für 300 vor Chr? Denn wenn ich mich recht entsinne, hatten wir die Diskussion mit der Heidetränke begonnen. Und die entsand um 300 v. Chr...
Daß 160 n Chr. oder noch später auffällige Ähnlichkeiten zwischen Ubiern und Germanen auftreten, ist dann doch wenig verwunderlich...
Die Ubier und auch westliche Sugambrer und Brukterer haben doch bewiesen, das auch ein germanischer Stamm die Kentnisse erwerben und entwickeln konnte, mit denen solche Überschüsse erzeugt werden konnten größere Städte zu entwickeln. Auch bei den Batavern konnte Münzprägung nachgewiesen werden.
Insbesondere die Eisenerzgewinnung und Verarbeitung zu hochentwickelten Eisenprodukten war die wirtschaftliche Grundlage für diesen Lebensstandart und die hohe Bevölkerungsdichte. Sie ermöglichte auch wiederum eine höhere Produktivität.
http://de.wikipedia.org/wiki/Ringwallanlage_Dünsberg
Im Ubierland konnten sich manche Bauern Eisenpflüge leisten statt ihren Pflügen nur Eisenschuhe anzuziehen.
Für die spezialisierten Bergleute, Köhler, Schmiede...lohnte es sich Dienstleistungen und Produkte einzukaufen, die in anderen Regionen die Bauern alles selbst leisten mußten z.B. Keramik, Textilien, Bauleistungen.... Die Produkte mußten natürlich auch durch Handel abgesetzt werden. Durch die Verkaufserlöse konnten andere Produkte eingekauft werden. Die Beziehungen der Ubier sollen zu den meisten Nachbarn, also z.B. den Treverern und Helvetiern friedlich und freundschaftlich gewesen sein. Dies mag ein Grund gewesen sein, das Ubier-Truppen die Treverer und Eburonen in ihrem Kampf gegen die Römer unterstützten.
Es erschließt sich mir nicht, warum die germanische Sprache der Ubier sie an der Aneignung solchen kulturellen Know-Hows hindern sollte. Sie werden wohl manches keltische Lehnwort in unsere Sprache integriert haben.
viele Grüße

Paul

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Peppone
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Paul hat geschrieben:Es erschließt sich mir nicht, warum die germanische Sprache der Ubier sie an der Aneignung solchen kulturellen Know-Hows hindern sollte. Sie werden wohl manches keltische Lehnwort in unsere Sprache integriert haben.
Das Problem liegt, glaub ich, woanders:
Du postulierst, dass die Ubier selbstständig eine germanische Sprache entwickelt hätten.
Zu der Zeit, als sich das Germanische vom Indogermanischen abtrennte, waren die Ubier aber eindeutig keltisch geprägt. Erst 300 v.Chr. lassen sich germanisierte Menschen im Bereich, in dem später die Ubier lebten, festmachen - ob sie schon Ubier waren oder nicht, ist m.W. ungeklärt.
Warum sollte sie Jahrhunderte nach den norddeutschen Germanen, das Germanische ein zweites Mal erfinden?

Beppe
Paul
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Peppone hat geschrieben:
Paul hat geschrieben:Es erschließt sich mir nicht, warum die germanische Sprache der Ubier sie an der Aneignung solchen kulturellen Know-Hows hindern sollte. Sie werden wohl manches keltische Lehnwort in unsere Sprache integriert haben.
Das Problem liegt, glaub ich, woanders:
Du postulierst, dass die Ubier selbstständig eine germanische Sprache entwickelt hätten.
Zu der Zeit, als sich das Germanische vom Indogermanischen abtrennte, waren die Ubier aber eindeutig keltisch geprägt. Erst 300 v.Chr. lassen sich germanisierte Menschen im Bereich, in dem später die Ubier lebten, festmachen - ob sie schon Ubier waren oder nicht, ist m.W. ungeklärt.
Warum sollte sie Jahrhunderte nach den norddeutschen Germanen, das Germanische ein zweites Mal erfinden?

Beppe
Nein Beppe,
ich postuliere nicht, das die Ubier selbständig die Germanische Sprache entwickelt hätten. Ich glaube, das sie Teil des Raumes waren, in denen sich die Germanische Sprache insgesamt entwickelt hat. Ob es mal bei dem einen o. anderen Lautwandel zu einer Verzögerung kam ist nicht entscheidend. Auch im Niederdeutschen Sprachraum z.B. wurden manche Sprachentwicklungen etwas später nachvollzogen, als in anderen Regionen der Deutschen Sprache. Entscheident ist, das der Sprachraum nicht in Kleinräume zerfällt, die eine eigne getrennte Entwicklung nehmen. Die Germanische Sprache der Ubier hat keine getrennte Entwicklung genommen. Die kulturellen, politischen und wirtschaftlichen Kontakte waren intensiv genug, die Spracheinheit aufrecht zu erhalten.

Man kann immer wieder die zweifelnde Frage hören, ob überhaupt die Treverer Kelten gewesen sind. Dies ist eine Bevölkerung die wahrscheinlich gerade so noch unter stärkeren sprachlichen Einfluß der Kelten geriet. Natürlich würde ich hierzu gerne die Stellungnahmen von Sprachwissenschaftlern lesen können, welche Indizien dafür sprechen.
viele Grüße

Paul

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