Krimgoten

Moderator: Barbarossa

Paul
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Die Krimgoten siedelten sich im Jahr 257 auf der Krim an. Dies geschah im Zusammenhang mit einer größeren Besiedlung durch Goten, Heruler, Skiren, Bastarnen in der ganzen Region.
Es gibt Sprachproben des Krimgotischen, welche eine Nähe zum Plattdeutschen zeigen. Sie wurden durch De Busbecq und den Erzbischof von Mogilew festgehalten. Es könnte sich also um eine Bevölkerung z.B. von der heutigen Halbinsel Jütland gehandelt haben z.B. Heruler o. Euten.
Die Krimgoten waren später Verbündete von Byzanz und unterstützten Ostrom gegen die Hunnen.
Im Jahr 887 wurde der größte Teil der Krim durch die Chasaren erobert. Ein kleinerer Teil blieb als Teil des griechischen Reiches Trapezunt autonom.
Es gab mehrere vergebliche Aufstände gegen die Chasaren.
1475 wurde das Krimkhanat ein Vasallenstast des Osmanischen Reiches.
Bis 1592 war der flämische Gesandte De Busbecq Gesandter in Konstantinopel. Er traf dort auf Gesandte der Krimgoten, die Untertanen des Osmanischen Reiches waren. Sie gaben ihm Informationen über ihre Sprache und berichteten, das sie noch eine zahlreiche Bevölkerung auf der Krim sind. Sie müßten dem Osmanischen Reich im Kriegsfall 800 Soldaten stellen.
1780 reiste der Erzbischof von Mogilev auf die Krim. Er beherrschte muttersprachlich Plattdeutsch und konnte sich mit den noch zahlreichen Krimgoten unterhalten.
1774 begann Russland mit einer Aussiedlung von 31000 Christen. Diese wurden am Asowschen Meer angesiedelt. Darunter waren wahrscheinlich viele Krimgoten.
1783 begann die Ansiedlung von Deutschen auf die Krim und im ganzen Schwarzmeergebiet.
Da der Bischof von Mogilew von seiner Mutter Plattdeutsch gelernt hatte und die Beschreibung von De Busbecq unabhängig von diesem bestätigt hat, hat auch dieser Recht. Beide sind sicherlich Respektpersonen gewesen, die keinen Grund hatten Phantastereien zu verbreiten. Ich werde die Ähnlichkeit mit dem Plattdeutschen, bei diesen glaubwürdigen Zeugen nicht in Frage stellen. Für mich stellt sich nur die Frage, wie diese Konservierung möglich war.
Eine nachträgliche Beeinflussung durch spätere Plattdeutsche Siedler ist unwahrscheinlich. Mit den Wikingern sind wahrscheinlich kaum Norddeutsche bzw. Jüten mitgezogen und es wäre unwahrscheinlich, das sie sich in so großer Zahl dann gerade auch noch auf der Krim niedergelassen hätten. Das gleiche gilt für die Kreuzzüge. Auch ein verirrtes Hanseschiff hätte nicht diesen Einfluß haben können. Über eine intensive Handelsverbindung über Hansekaufleute auf die Krim wird nirgendwo berichtet.
viele Grüße

Paul

aus dem mittelhessischen Tal der Loganaha
Paul
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Auch nach dem Ende des Attila-Reiches z.B. im Jahre 480 lebten auch außerhalb der Halbinsel Krim noch Goten. Diese waren aber den kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen hunnischen und anderen tatarischen Gruppen stärker ausgesetzt, als die Goten auf der Krim.
Krimgoten ? Wikipedia
Im Jahr 860 kam es wahrscheinlich zu Kontakten zwischen Warägern und Krimgoten. Die Waräger eroberten mehrere Städte auf der Krim und hielten die Stadt Tmutorakan längere Zeit besetzt. Hier könnte es zu realen Sprachbeziehungen und auch einer gewissen Zuwanderung gekommen sein.
Später verwüsteten die Mongolen auch die Krim. Die Goten konnten sich von ihrer Herrschaft erholen und bildeten 1403 bis 1475 z.B. unter Fürst Alexios wieder einen selbständigen Staat, das Fürstentum Theodoro.
1436 bis 1452 hielt sich der Venezianer Iosafat Barbaro in der Region auf. Dessen deutscher Diener unterhielt sich mit den Goten auf deutsch, d.h. er sprach deutsch und sie Krimgotisch und sie verstanden sich.
1475 wurde Theodoro durch die Osmanen erobert, so das sie ihre Selbständigkeit wieder verloren.
Die letzten Goten. Eine Geschichte ihres Staates auf der Krim ("The last Goths. A history of their state on the Crimea"/ Communicating Science to the Public) (Johannes Preiser-Kapeller) - Academia.edu
Hier ist eine Karte des Fürstentums Theodoro auf der Halbinsel Krim. Es lag zwischen tatarischen Gebieten und der Genuesischen Küste im Süden.
Datei:Caffa and Theodoro.PNG ? Wikipedia
viele Grüße

Paul

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Die Krimgoten stammten wohl überwiegend von Herulern ab, deswegen ähnelte ihr Dialekt dem Plattdeutschen, während das Gotische der Wulfilla Biebel dem althochdeutschen ähnelte.

http://eeo.uni-klu.ac.at/index.php?title=Goten_(Krim)
viele Grüße

Paul

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Peppone
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Paul hat geschrieben:Die Krimgoten stammten wohl überwiegend von Herulern ab, deswegen ähnelte ihr Dialekt dem Plattdeutschen, während das Gotische der Wulfilla Biebel dem althochdeutschen ähnelte.

http://eeo.uni-klu.ac.at/index.php?title=Goten_(Krim)
Leider funzt der Link nicht (mehr), deshalb musxs ich dich fragen, wie du denn zu der steilen These kommst?!?

Das Althochdeutsche stellt eine Sprachstufe dar, die mit dem Gotischen die gleichen Ursprünge teilt, das ist richtig. Aber das Plattdeutsche (= Niederdeutsche) hat sich erst aus dem Althochdeutschen heraus entwickelt, Jahrhunderte, nachdem die Heruler untergegangen sind; und zwar nicht nur die "gotischen" heruler, die am Schwarzen Meer, später in Pannonien siedelten, sondern auch die von diesen Herulern vollständig unabhängigen "West-Heruler", die aber weder zeitlich noch räumlich in den Dunstbereich der Sachsen (= erste Sprecher von Vorläufern des Plattdeutschen) zu passen scheinen...

Beppe
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Das Krimgotische hat mit dem Plattdeutschen keine Berührungspunkte gahabt. Einige krimgotische Wörter haben genauso Ähnlichkeit mit altenglsschen, altfriesischen und altsächsischen Wörtern, weil sie einen gemeinsamen Ursprung haben. Krimgotisch gilt als ein gotischer Dialekt.
Beispiel: das Wort schlafen : krimgotisch :schlipen , gotisch :slepan, altfriesisch:slepa, altsächsisch: slapan, altenglisch:slaep,
plattdeutsch :schlaapen,
Paul
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Peppone hat geschrieben:
Paul hat geschrieben:Die Krimgoten stammten wohl überwiegend von Herulern ab, deswegen ähnelte ihr Dialekt dem Plattdeutschen, während das Gotische der Wulfilla Biebel dem althochdeutschen ähnelte.

http://eeo.uni-klu.ac.at/index.php?title=Goten_(Krim)
Leider funzt der Link nicht (mehr), deshalb musxs ich dich fragen, wie du denn zu der steilen These kommst?!?

Das Althochdeutsche stellt eine Sprachstufe dar, die mit dem Gotischen die gleichen Ursprünge teilt, das ist richtig. Aber das Plattdeutsche (= Niederdeutsche) hat sich erst aus dem Althochdeutschen heraus entwickelt, Jahrhunderte, nachdem die Heruler untergegangen sind; und zwar nicht nur die "gotischen" heruler, die am Schwarzen Meer, später in Pannonien siedelten, sondern auch die von diesen Herulern vollständig unabhängigen "West-Heruler", die aber weder zeitlich noch räumlich in den Dunstbereich der Sachsen (= erste Sprecher von Vorläufern des Plattdeutschen) zu passen scheinen...
Beppe
Es wird berichtet, das die Heruler auf den heute dänischen Inseln siedelten, bevor die Dänen aus dem heutigen Südschweden kamen, also doch regionaler Dunstkreis.
Ich habe Sprachproben im Internet verglichen, also mit dem was ich vom heutigen Plattdeutsch mitbekommen habe und mit heutigem Hochdeutsch. Für mich ist das sehr eindeutig.
viele Grüße

Paul

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Paul hat geschrieben:
Peppone hat geschrieben:
Paul hat geschrieben:Die Krimgoten stammten wohl überwiegend von Herulern ab, deswegen ähnelte ihr Dialekt dem Plattdeutschen, während das Gotische der Wulfilla Biebel dem althochdeutschen ähnelte.

http://eeo.uni-klu.ac.at/index.php?title=Goten_(Krim)
Leider funzt der Link nicht (mehr), deshalb musxs ich dich fragen, wie du denn zu der steilen These kommst?!?

Das Althochdeutsche stellt eine Sprachstufe dar, die mit dem Gotischen die gleichen Ursprünge teilt, das ist richtig. Aber das Plattdeutsche (= Niederdeutsche) hat sich erst aus dem Althochdeutschen heraus entwickelt, Jahrhunderte, nachdem die Heruler untergegangen sind; und zwar nicht nur die "gotischen" heruler, die am Schwarzen Meer, später in Pannonien siedelten, sondern auch die von diesen Herulern vollständig unabhängigen "West-Heruler", die aber weder zeitlich noch räumlich in den Dunstbereich der Sachsen (= erste Sprecher von Vorläufern des Plattdeutschen) zu passen scheinen...
Beppe
Es wird berichtet, das die Heruler auf den heute dänischen Inseln siedelten, bevor die Dänen aus dem heutigen Südschweden kamen, also doch regionaler Dunstkreis.
Ich habe Sprachproben im Internet verglichen, also mit dem was ich vom heutigen Plattdeutsch mitbekommen habe und mit heutigem Hochdeutsch. Für mich ist das sehr eindeutig.
Mag sein, aber krimgotisch hat mit plattdeutsch wenig Gemeinsamkeiten. bzw. die lassen sich auch auf andere Sprachen ableiten wie das altenglische, altsächsiche usw.
Paul
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[quote="Spartaner"
Mag sein, aber krimgotisch hat mit plattdeutsch wenig Gemeinsamkeiten. bzw. die lassen sich auch auf andere Sprachen ableiten wie das altenglische, altsächsiche usw.[/quote]

Die Ähnlichkeit mag auch zu anderen ähnlichen Dialekten ähnlich sein, schließlich stammen die Jüten direkt aus der Nachbarregion. Angelsachsen und Jüten (und Heruler?)sind allerdings erst später nach Brittanien ausgewandert, da sind schon viele Goten Richtung Westen geflohen und die Krimgoten zurückgeblieben. Diese Übereinstimmung würde die Herulerthese eher untermauern.
viele Grüße

Paul

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Da ist gar nichts untermauert. Krimgotisch ist eine Sprache, die nicht mehr gesprochen wird. Es sind nur wenige Wörter bekannt. Wenn du Ähnlichkeiten in der Phonetik herbeireden willst, kannst du sie deshalb nicht beweisen, da man nicht weiß wie die Wörter bei den Krimgoten ausgesprochen worden sind. Es gibt außerdem auch zufällige Gemeinsamkeiten zwischen Sprachen und Mundarten, die sich ergeben. Wenn dann müsstest du die engere Sprachverwandschaft an Wörtern konkret beweisen und nicht einfach etwas in den Raum stellen.
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Peppone
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Paul hat geschrieben:Angelsachsen und Jüten (und Heruler?)sind allerdings erst später nach Brittanien ausgewandert, da sind schon viele Goten Richtung Westen geflohen und die Krimgoten zurückgeblieben. Diese Übereinstimmung würde die Herulerthese eher untermauern.
Nein, denn du sprichst von zwei völlig unterschiedlichen Heruler-Stämmen/-Völkern.
Die "norddeutschen" Heruler haben mit den Schwarzmeer-Herulern rein gar nichts zu tun, also auch nicht sprachlich.

Beppe
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Ich spreche nicht von verschiedenen Herulern. Von den heute dänischen Inseln sind Heruler mit den Goten südwärts gewandert und haben sich im gotischen Reich angesiedelt. Dies kann auch auf der Krim gewesen sein. Der Dialekt auf der Krim würde dazu passen. Jütland liegt direkt neben den dänischen Inseln. Die Jüten werden also einen ähnlichen Dialekt wie die Heruler gesprochen haben. Sie sind aber später nach Britannien gewandert. Dem Zug können sich auch Heruler angeschlossen haben, insbesondere da die Dänen Besitz von den Inseln ergriffen.
viele Grüße

Paul

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Paul hat geschrieben:Ich spreche nicht von verschiedenen Herulern. Von den heute dänischen Inseln sind Heruler mit den Goten südwärts gewandert und haben sich im gotischen Reich angesiedelt. Dies kann auch auf der Krim gewesen sein. Der Dialekt auf der Krim würde dazu passen. Jütland liegt direkt neben den dänischen Inseln. Die Jüten werden also einen ähnlichen Dialekt wie die Heruler gesprochen haben. Sie sind aber später nach Britannien gewandert. Dem Zug können sich auch Heruler angeschlossen haben, insbesondere da die Dänen Besitz von den Inseln ergriffen.
"Die ältere Forschung ging von einer Herkunft der Heruler aus Skandinavien aus. Diese Annahme beruhte jedoch wohl auf einer fehlerhaften Lesung einer Passage in den (um 551/52 veröffentlichten) Getica des romanisierten Goten Jordanes, der eine Ursprungsgeschichte der Heruler (Origo gentis) erzählt. Demnach seien diese von den Dänen aus ihren Stammsitzen vertrieben worden, doch ist die Erzählung historisch nicht glaubhaft.[2] Die Ethnogenese der Heruler fand vielmehr sehr wahrscheinlich auf dem Kontinent statt, möglicherweise sogar erst in der Region, in der die Römer sie erstmals wahrnahmen, an der Nordküste des Schwarzen Meeres."
"Ähnlichkeit der Funde der Sösdalagruppe in Südschweden, wo zerbrochenes Sattel- und Zaumzeug in der Nähe von Begräbnisstätten flach unter der Erde vergraben gefunden wurde, mit entsprechenden Funden in Untersiebenbrunn und Pannonhalma wurde von einigen Forschern als Beleg für Prokops Bericht gewertet, was aber umstritten ist.
Die auch für andere germanische gentes oft in Anspruch genommene Herkunft aus Skandinavien muss als Topos (Geisteswissenschaft) angesehen werden; gleiches gilt für die eben erwähnte Annahme einer Rückkehr in die „Urheimat"".
http://de.wikipedia.org/wiki/Heruler
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Peppone
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Paul hat geschrieben:Ich spreche nicht von verschiedenen Herulern. Von den heute dänischen Inseln sind Heruler mit den Goten südwärts gewandert und haben sich im gotischen Reich angesiedelt. (...) Jütland liegt direkt neben den dänischen Inseln. Die Jüten werden also einen ähnlichen Dialekt wie die Heruler gesprochen haben.
Du wirfst mal wieder völlig verschiedene Epochen in einen Topf, rührst einmal kräftig um und schon hast du eine "Wahrheit".

Vergiss bitte den Wiki-Artikel zu den Jüten, der ist vollkommener Schmarrn.

Die Jüten erst im 5.Jh. greifbar, nachdem die Heruler längst am Schwarzen Meer urkundlich geworden sind (sie sind dort seit dem 3.Jh. bezeugt). Als die Heruler aus Skandinavien abzogen - wenn sie es denn je taten - war von den Jüten noch lange keine spur zu sehen. Das muss noch zu Zeiten gewesen sein, als die letzten Kimbern und Teutonen (die "Fußkranken", die nicht gegen die Römer zogen) im späteren Jütland lebten.

Beppe
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Aufschlussreich ist auch die Übersetzung des Berichtes von Busbecqs über die Krimgoten - ( Goten ) :
Deutsche Übersetzung des lateinischen Textes nach Scardigli 1973
"An dieser Stelle kann ich nicht unerwähnt lassen, was ich über das Volk in Erfahrung gebracht habe, das bis heute die taurische Chersones bewohnt. Ich hatte oft gehört, dass es durch Sprache, Sitten, Geschichtsbildung und schließlich durch die ganze körperliche Erscheinung seine germanische Abstammung verrate. Deshalb hatte ich schon seit geraumer Zeit das Verlangen, einen Angehörigen dieses Volkes zu sehen und, wenn möglich, ein schriftliches Zeugnis ausfindig zu machen; es galang mir jedoch nicht. Der Zufall hat es aber doch in etwa meinen Wunsch erfüllt. Als nämlich zwei Männer von dort hierher geschickt wurden, um im Namen dieses Volkes irgendwelche Klage dem Sultan vorzutragen, und meine Dolmetscher mit ihnen zusammentrafen, da erinnerten sich diese an meine für einen solchen Fall gegebenen Anweisungen und brachten sie mit zum Mittagstisch. Der eine war hochgewachsen und trug in seinen ganzen Gesichtsausdruck eine Art angeborene Gutmüdigkeit zur Schau, so dass man ihn für einen Flamen oder Holländer hätte halten können; der andere war ziemlich klein, untersetzt und dunkelbraun, der Abstammung und Sprache nach ein Grieche; es besaß jedoch eine nicht zu verachtende Gewandtheit des Ausdrucks in dieser Sprache, da er häufig dort weilte. Der erstgenannte hingegen hatte, weil er in der Nähe von Griechen wohnte und viel mit ihnen zusammenkam, sich deren Sprache so zu eigen gemacht, dass ihm die Sprache seines Volkes verloren gegangen war. Auf meine Fragen über die Art und Sitte jener Völker gab er recht angemessene Antworten. Er sagt, es sei ein kriegerisches Volk, das heute noch mehrere Gaue bewohne. Der Stammesführer der Tataren würde, wenn er zum Kriegszug rüste, aus ihnen 800 mit Büchsen bewaffnete Fusssoldaten ausheben, die die Kerntruppe des Heeres ausmachten. Ihre bedeutendsten Städte hießen Mankup und Schiwarin. Außerdem berichtete er viel von den Tataren und ihrer babarischen Art; er wies aber auch darauf hin, dass es unter ihnen nicht wenige Männer von außergewöhnlicher Weissheit gebe. Denn auch wenn man ihnen wichtige und bedeutende Fragen vorlege, antworteten sie kurz und angemessen. Deshalb sagten die Türken nicht zu unrecht, die übrigen Nationen besäßen ihre Weisheit in Büchern, die Tataren hätten deshalb die Weisheit in ihrer Brust. Daraus holten sie sie hervor, so oft es nötig sei, und gäben sie von sich wie göttliche Orakelsprüche. Was die Tischsitten angehe, seien sie in höchsten Maße unreinlich; wenn so etwas wie eine Brühe bei Tisch vorgesetzt werde, nähmen sie keinen löffel dazu, sondern schlürften die Brühe aus der hohlen Hand. Sie äßen das Fleisch geschlachteter Pferde, ohne es im Feuer zuzubereiten; sie legten nur Fleischbrocken unter den Sattel, bis sie durch die Körpertemperatur des Pferdes angewärmt sind, und verzehrten sie dann, als seien sie ganz vorzüglich gewürzt. Der Stammesfürst speise von einer Tafel aus Silber; als ersten Gang bringe man einen Pferdekopf, ebenso als letzten, gerade wie man bei uns als Vor- und Nachspeise Butter gibt. Nun teile einige wenige ausder großen Menge deutscher Wörter mit, die er verwendete. denn ebenso viele lauteten völlig anders als bei uns, sei es, dass es in der Art dieser Sprache liegt, oder auch, dass sein Gedächtnis ihn im Stiche ließ und er Wörter einer anderen Sprache identisch waren oder sich von ihr nur geringfügig unterschieden., waren die folgenden:
Broe - Brot, Tag - Tag, Plut - Blut, Stul - Stuhl, Bars - Bart, Hus - Haus, Handa - Hand, Vvingart - Weinstock, Boga - Bogen,
Reghen - Regen, Miera -Ameise, Bruder - Bruder, Rinck oder Ringo - Ring, Schuuester - Schwester, alt - alt, Brunna - Brunnen, Vvintsch - Wind, Vvaghen - Wagen, Siluir - Silber, Apel - Apfel, Gultz - Gold, Schiete - schießen, Kor - Korn, schlipen - schlafen,
Salt- Salz, kommen - kommen, Fisct - Fisch, singhen - singen, Hoef - Haupt, lachen - lachen, Thuru - Tür, eriten- weinen,
Stein - Stern, geen - gehen, Sune - Sonne, breen - braten, Mine - Mond, Schuualth - Tod,

Knauen Tag war für ihn soviel wie "Guten Tag"; kanuen hieß bei ihm "gut". Auch sonst verwendete er eine Reihe von Wörtern, die von unserer Sprache abweichen, z. B. :
Iel - Leben, Gesundheit, Ieltsch - lebendig, gesund, Iel vburt - sei es gesund, Marzus - Hochzeit, Schuos - Braut, Statz - Land,
Ada - Ei, Ano - Huhn, telich - töricht, Stap- Ziege, gadeltha - schön, atochta - böse, vvichtgata - weiß, Mycha - Schwert,
Baar - Knabe, Ael - Stein, Menus - Fleisch, Rintsch- Berg, Fers - Mann, lista - zu wenig, Schediit - Licht, Borrotsch - Wille,
Cardariou- Soldat, Kilemschkop - trink den Becher aus, tzo vvarthata - du machtest, ies varthata - er machte,
ich malthata - ich sage,
Auf meine Aufforderung hin zählte er : ita , tua, tria, fyder , fynf, seis, seuene, genau wie wir in Flandern. Denn ihr Brabanter, die ihr von euch behauptet, deutsch zu sprechen, tut euch gewöhnlich was darauf zugute, dass ihr Seuen sagt, und lacht uns aus, als sei unsere Aussprache dieses Wortes abscheulich. Dann fuhr er fort: athe, nyne, thiine, thiinita, thunetua, thunetria, usw.
Für zwanzig sagte er stega, für dreißig treithyen, für vierzig furdeithien, für hundert - sada, für tausend - hazer, Er trug sogar ein Lied in jener Sprache vo, das folgendermaßen anfing:
Vvara vvara ingdolou
Seu te gira Galtzou
Hæmisclep dorbitza ea.
Ob es sich um Goten oder Sachsen handelt, kann ich nicht entscheiden. Sind es Sachsen, dann wurden sie meines Erachtens zur Zeit Karl des Großen hier angesiedelt, der diesem Stamm über die verschiedensten Länder der Erde hin zerstreute. Dies beweisen die Städte Transsilvanniens, die noch heute von Sachsen bewohnt werden. Die wildesten von Ihnen wollte er vielleicht noch weiter entfernen, bis auf die tausrische Chersones, wo sie, obwohl von Feinden umgeben, immer noch am christlichen Glauben festhalten.
Handelt es sich aber um Goten, so denke ich, dass sie schon vor alters diese Wohnsitze in der Nähe der Geten eingenommen und beibehalten haben. Man wird auch nicht fehlgehen in der Annahme, dass der größere Teil des Raumes zwischen der Insel Gotland und der heutigen Krim einstmals von Goten besiedelt war. Von daher stammt die Differenzierung der Goten in West- und Ostgoten: von hier aus zogen sie siegreich über den ganzen Erdkreis und hier war der fruchtbare Nährboden für die zahllosen Babarenvölker.
Das war es, was ich über die taurische Chersones von diesen Leuten aus der Krim in Erfahrung bringen konnte."
Paul
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Die Sammlung ist jedenfalls sehr umfangreich. es können auch Einflüsse nichtgermanischer Sprachen dabei sein. Es ist auch möglich, das es auf der Krimm sogar mehrere germanische Dialekte gab. Die Wortsammlung des weisrussischen Bischofs, mit plattdeutscher Mutter von 200 Jahren später war eindeutig dem plattdeutschen ähnlicher, als diese Wortsammlung, welche auch slawische u.a. Worte enthält.
viele Grüße

Paul

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