Wie entstand die germanische Sprache?

Moderator: Barbarossa

Paul
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Es gibt ja verschiedene Vorstellungen über die Entstehung der germanischen Sprache.
-Es gibt die Theorie, das bei der räumlichen Ausbreitung der Indogermanen Dialektunterschiede entstanden, die später zu Sprachunterschieden wurden. Eines der neuen Sprachgebiete soll das Germanische in Norddeutschland, Dänemark und Südskandinavien gewesen sein.
Relativ unbestritten ist, das die Vermischung der Indogermanen mit anderen Völkern meist diese als Substrat solche Sprachentstehungen begünstigten.
Bezüglich des Germanischen ist die Substrattheorie stark verbreitet. Indogermanen hätten mit den Nachkommen der Menschen der ehemaligen Erteböllekultur so starke Kontakte aufgebaut, so das ihre Sprachen zur germanischen Sprache verschmolzen.
Die Archäologen unterschieden mehrere Kulturgebiete, in denen die Germanische Sprache ursprünglich entstand o. sich sehr früh dorthin ausbreitete.
Meist wird die Jasdorf-Kultur und die Nordische Kultur als ursprüngliche Sprachgebiete nach der Verschmelzung vor etwa 1400 vor Chr. genannt.
Andere Autoren schließen auch die Nachbarregionen wie die heutigen Niederlande und Nordhessen/Nordrhein-Westfalen.... als ursprüngliches Entstehungsgebiet mit ein.
Das hieße in Nord- u. Mittelhessen hätten die Ubier und westliche Sugambrer... als ursprüngliche Bevölkerung Germanisch gesprochen, aber in vielen materiellen Hinterlassenschaften zur Hallstatt und Latene Kultur gehört.
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Paul

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Spätestens 2000 vor Chr. war die räumliche Differenzierung der Indogermanen so weit fortgeschritten, so das spätestens ab diesem Zeitpunkt die indogermanischen "Prägermanen" einen eignen Siedlungsraum hatten, welcher z.B. von dem der Baltoslawen getrennt war.
Die Bevölkerung im heutigen Dänemark, der Norddeutschen Küste u. Südskandinavien wird von Stefan Jakob als arktische Ureinwohner bezeichnet. Es handelt sich um die Nachkommen der Menschen der Erteböllekultur, deren Gebiet später als Gebiet der nordischen Kultur bezeichnet wurde. Diese verschmolzen mit den indogermanischen "Prägermanen" zu einer Sprachgruppe.
Nach Stefan Jakob war dieser Verschmelzungsprozeß um 1200 bis 1000 vor Chr. abgeschlossen. Andere Autoren sehen den Abschluß schon um 1400 vor Chr.
Die Entstehung der Germanischen Sprache hat also 2 Hauptfaktoren. Ein Faktor sind Lautverschiebungen im indogermanischen Teil des Prägermanischen/Urgermanischen/Germanischen, der andere wichtige Faktor ist die Sprachverschmelzung. Diese hat sich sicherlich stark auf Lautverschiebungen ausgewirkt.
Über den Zeitpunkt des Endes der Verschmelzung wird sicherlich auch deswegen unterschiedlich disskutiert, weil die "Germanen" bei der räumlichen Expansion weitere indogermanische Bevölkerungen integrierten, z.B. die Menschen der Nienburg-Harpstedt Kultur, sowie Bevölkerungen im heutigen Nordrhein-Westfalen u. Hessen, deren Hinterlassenschaften bisher oft als keltisch angesehen wurden, welche also der Hunsrück-Eifel-Kultur, der Hallstadt-Kultur und der Latene-Kultur zugeordnet wurden.

http://www.stefanjacob.de/Geschichte/Un ... en/Idg.php

Zitat von Barbarossa in Feedback:

"Ich würde den Germanenbegriff vor allem sprachlich definieren, denn als "germanische Stämme" bezeichnen wir Stämme mit einer gemeinsamen Sprache. Und die entstand so um 500 v. Chr. (oder kurz danach) bei der 1. Lautverschiebung:"

Es gab vor allem 2 Prägermanische Sprachen. Ein indogermanischer Dialekt u. die Sprache der "arktischen Ureinwohner".
Urgermanisch ist dann ab dem Abschluß der Sprachverschmelzung anzusetzen, also spätestens 1000 vor Chr. .
Die Germanische Lautverschiebung muß entweder früher angesetzt werden o. es ist ein Entwicklungsschritt, als die Urgermanische Sprache schon bestand.
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Paul hat geschrieben:...Zitat von Barbarossa in Feedback:

"Ich würde den Germanenbegriff vor allem sprachlich definieren, denn als "germanische Stämme" bezeichnen wir Stämme mit einer gemeinsamen Sprache. Und die entstand so um 500 v. Chr. (oder kurz danach) bei der 1. Lautverschiebung:"
siehe zu diesem Thema auch den Abschnitt "Wer waren die Germanen?" im von mir bereits ausgearbeiteten Artikel: "Die Germanen - Einführung"
aus dem Artikel:
Wer waren die Germanen?

Zunächst zum Namen selbst:
Das antike Volk, das wir heute als Germanen bezeichnen, nannte sich ursprünglich nicht selbst so. Der Begriff Germanen war also nach heutiger Lehrmeinung ursprünglich keine Eigenbezeichnung und sie verstanden sich nicht einmal als ein einheitliches Volk, sondern sahen sich als das, was sie in Wahrheit waren: Als eine Vielzahl von unabhängigen Einzelstämmen, die jedoch, von Unterschieden im Dialekt abgesehen, eine gemeinsame Sprache hatten.

Wer prägte den Begriff?
Laut den uns bekannten schriftlichen Überlieferungen, kann man davon ausgehen, daß der Begriff Germanen vor allem von Römern geprägt wurde. Es gibt hier eine ganze Reihe von Überlieferungen, die sich aber z. T. widersprechen:...
weiter lesen: http://geschichte-wissen.de/antike/90-d ... hrung.html

Sicher ist es schwer nachzuweisen, seit wann die urgermanische Sprache nun tatsächlich bestand, da es keine Schriftquellen aus dieser Zeit gibt und die Veränderung einer Sprache einen fließenden Prozess darstellt, der sich ganz langsam von Generation zu Generation vollzieht.
Paul hat geschrieben:Es gab vor allem 2 Prägermanische Sprachen. Ein indogermanischer Dialekt u. die Sprache der "arktischen Ureinwohner".
Urgermanisch ist dann ab dem Abschluß der Sprachverschmelzung anzusetzen, also spätestens 1000 vor Chr. .
Die Germanische Lautverschiebung muß entweder früher angesetzt werden o. es ist ein Entwicklungsschritt, als die Urgermanische Sprache schon bestand.
Das ist eine These, die ich so noch nicht gelesen habe. In meiner Ausarbeitung schrieb ich ja:
Es gibt viele verschiedene Theorien darüber, woher die Ur-Indoeuropäer oder wissenschaftlich ausgedrückt - Proto-Indoeuropäer kamen oder wie sie sich ausbreiteten. Es scheint jedoch festzustehen, daß sie erst recht spät (hier ist eine Zeitangabe von ca. 3000 v. Chr. im Gespräch) nach Europa einwanderten und sich nachgewiesenermaßen östlich bis Ost-Turkestan (ausgestorbenes Tocharisch), westlich bis zum Atlantik, nördlich bis fast zum Polarkreis (Island), südwestlich bis zum Mittelmeer und südöstlich bis zum Indischen Ozean (einschließlich Indiens - daher der Name Indo-Europäer) ausbreiteten. Überall stießen sie dabei auf andere Völker, mit nicht indoeuropäischen Sprachen, z. B. auf das bis heute noch im Grenzgebiet zwischen Frankreich und Spanien an der Atlantikküste gesprochene Baskische oder auf die bis ins frühe Mittelalter noch nachweisbaren Sprachen der Pikten in Schottland, Iberer in Spanien, Etrusker in Italien, Räter in den Alpen, Minoer, Pelasger und Lemnier in Griechenland sowie Hattier in Kleinasien und vermischten sich mit ihnen. Dabei übernahmen sie zumeist die Sprache der Proto-Indoeuropäer, meist unter Beibehaltung von einzelnen vor-indoeuropäischen sprachlichen Eigenheiten...
Im Laufe des 1. Jt. v. Chr. entstanden dann auf Grund der gerade erläuterten Umwälzungen die meisten indoeuropäischen Sprachen: so z. B. Griechisch, Lateinisch, Keltisch, Germanisch, Baltisch und Slawisch, um nur die wichtigsten Sprachen in Europa zu nennen, aber auch z. B. Persisch.
Dabei bin ich bisher davon ausgegangen, daß sich diese Umwälzungen im gesamten indeuropäischen Sprachgebiet vollzogen, allerdings mit einer zeitlichen Differenz. Dies könnte erklären, warum die "arktischen Ureinwohner" ihre Sprache länger beibehielten, irgendwann aber doch die indoeuropäische Sprache übernahmen. Ureinwohner gab es nach der These, die ich gelesen habe, überall und die einwandernden Proto-Indoeuropäer überlagerten die Sprachen der Ureinwohner nur.

Kann das jemand bestätigen oder widerlegen? Kann ja sein, daß es neue Thesen gibt, die ich noch nicht gelesen habe.
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Paul
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Die germanische Substrattheorie gibt es eigentlich schon lange und wurde auch immer archäologisch unterstützt. Der Anteil nicht-indogermanischer Worte im Germanischen ist besonders hoch. Indogermanische Überlagerung ist also eigentlich hier eine Übertreibung. Hier sind 2 Sprachen miteinander verschmolzen.
Warum ein Teil sogar der Sprachwissenschaftler den nichtindogermanischen Sprachanteil bei der Schilderung der Entstehung der germanischen Sprache übergeht, kann ich nicht nachvollziehen.

http://de.wikipedia.org/wiki/Germanisch ... thypothese

Sogar ein Laie kann die Fussion beider Prägermanischer Sprachen nachvollziehen.
Ich spreche etwas polnisch und ich kann feststellen, das ein Teil der deutschen Worte mit dem Polnischen eng verwandt also indogermanisch ist, der andere Teil hat gar keine Ähnlichkeit mit den entsprechenden Worten im Polnischen. Oft haben wir auch mehr Worte für einen Begriff, einer ist Indogermanisch, der andere nicht.
Selbst die germanische Mythologie deutet die Verschmelzung zweier Völker an, indem die 2 Göttergeschlechter der Asen und Wanen geschildert werden.
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Paul hat geschrieben:...Selbst die germanische Mythologie deutet die Verschmelzung zweier Völker an, indem die 2 Göttergeschlechter der Asen und Wanen geschildert werden.
Das ist ein interessantes, aber auch komliziertes Thema, das wir aber lieber an anderer Stelle einmal ausdiskutieren können - vielleicht hier: http://geschichte-wissen.de/forum/viewt ... 450#p11450

Oder ein eigenes Thema, das genau diesen speziellen Punkt beleutet?
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Dietrich
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Paul hat geschrieben:Es gibt ja verschiedene Vorstellungen über die Entstehung der germanischen Sprache.
-Es gibt die Theorie, das bei der räumlichen Ausbreitung der Indogermanen Dialektunterschiede entstanden, die später zu Sprachunterschieden wurden. Eines der neuen Sprachgebiete soll das Germanische in Norddeutschland, Dänemark und Südskandinavien gewesen sein.
Relativ unbestritten ist, das die Vermischung der Indogermanen mit anderen Völkern meist diese als Substrat solche Sprachentstehungen begünstigten.
Indoeuropäische Sprachträger überschichteten vermutlich im 3. Jahrtausend die autochthone alteuropäische Bevölkerung und setzten ihr indoeuropäisches Idiom durch. Die regionalen Besonderheiten und die unterschiedlichen Sprachen der altansässigen Bevölkerung, die auf die indoeuropäischen Sprachen einwirkten, führten zur Ausgliederung der verschiedenen indoeuropäischen Sprachen. Die vom Indoeuropäischen überschichteten Sprachen verschwanden nicht ganz, sondern blieben in manchen Begriffen oder geographischen Namen erhalten. Diese untere Sprachschicht bezeichnet man als Substrat.
Paul hat geschrieben:Bezüglich des Germanischen ist die Substrattheorie stark verbreitet. Indogermanen hätten mit den Nachkommen der Menschen der ehemaligen Erteböllekultur so starke Kontakte aufgebaut, so das ihre Sprachen zur germanischen Sprache verschmolzen.
Die Archäologen unterschieden mehrere Kulturgebiete, in denen die Germanische Sprache ursprünglich entstand o. sich sehr früh dorthin ausbreitete.
Ob sich in den germanischen Sprachen ein vorgermanisches Substrat erhalten hat, ist umstritten. Der Sprachwissenschaftler Theo Vennemann behauotet, dass etwa 20% einem vorindoeuropäischen Substrat zuzuordnen sind. Das wird von anderen bestritten. Sie sagen, dass die angeblich vorindoeuropäischen Begriffe ebenfalls indoeuropäische Wurzeln haben.
Paul hat geschrieben:Meist wird die Jasdorf-Kultur und die Nordische Kultur als ursprüngliche Sprachgebiete nach der Verschmelzung vor etwa 1400 vor Chr. genannt.
Andere Autoren schließen auch die Nachbarregionen wie die heutigen Niederlande und Nordhessen/Nordrhein-Westfalen.... als ursprüngliches Entstehungsgebiet mit ein.
Das hieße in Nord- u. Mittelhessen hätten die Ubier und westliche Sugambrer... als ursprüngliche Bevölkerung Germanisch gesprochen, aber in vielen materiellen Hinterlassenschaften zur Hallstatt und Latene Kultur gehört.
Die Forschung ist sich einig, dass die Germanen aus der so genannten Jastorf-Kultur hervorgingen, die um 500 v. Chr. ungefähr den Raum des heutigen Niedersachsen, Mecklenburg und Holstein umfasste. Zu dieser Zeit waren Süddeutschland und Ostfrankreich Kernraum der keltischen Latènekultur, die im Norden den hessischen Raum einschloss und ungefähr bis zu den Mittelgebirgen reichte. Seit etwa dem 3. Jh. v. Chr. expandierten die Germanen nach Süden und verdrängten die Kelten. Man nimmt an, dass Hessen im 1. Jh. v. Chr. vollständig in germanischer Hand war. Wie finden dort also Ubier, Chatten, Main- und Neckarsueben sowie andere germanische Stämme.
Paul
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Nach Krywalski war die Verschmelzung mit den Nachkommen der Menschen der Erteböllekultur 1500 vor Chr. beendet. Die Germanische Lautverschiebung setzt er zwischen 2000 u. 1000 vor Chr. als längeren Prozeß an.
Den Substratanteil beziffert er bei 30 %.
Hierbei muß man natürlich bedenken, das die Entlehnungen der letzten 2000 Jahre fast nur aus indogermanischen Sprachen wie Latein, Französisch, Englich... erfolgte. Der nichtindigermanische Sprachanteil war vorher deutlich höher als 30 %.

http://www.karinthy.hu/pages/teacher/nemet/dtvorg~1.htm
viele Grüße

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Paul hat geschrieben:Nach Krywalski war die Verschmelzung mit den Nachkommen der Menschen der Erteböllekultur 1500 vor Chr. beendet. Die Germanische Lautverschiebung setzt er zwischen 2000 u. 1000 vor Chr. als längeren Prozeß an.

Im 2. Jahrtausend v. Chr. finden wir in Mitteleuropa die Aunjetitzer-Kultur, die Hügelgräberkultur und ab 1300 v. Chr. die Urnenfelderkultur. Welche Völker sich dahinter verbergen ist uns absolut unbekannt.

Die erste germanischer Lautverschiebung erfolgte in der zweiten Hälfte des 1. Jahrtausends v. Chr., also frühestens ab etwa 500 v. Chr. Erst ab dieser Zeit kann man überhaupt von frühen Germanen sprechen.
Die erste Lautverschiebung bewirkte in der zweiten Hälfte des ersten Jahrtausends v. Chr. eine deutliche Differenzierung zwischen dem (Vor-)Germanischen und den übrigen indogermanischen Sprachen. Innerhalb des frühen Germanischen markiert sie den Übergang vom Prä- zum Urgermanischen. Der Begriff „germanische Lautverschiebung“ ist ein Synonym für „Erste Lautverschiebung“; die Bezeichnung „Erste Germanische Lautverschiebung“ ist insofern redundant, als die „Zweite (= hochdeutsche) Lautverschiebung“ keine allgemein „germanische“ Lautverschiebung mehr war.
http://de.wikipedia.org/wiki/Erste_Lautverschiebung

Paul hat geschrieben:Den Substratanteil beziffert er bei 30 %.
Hierbei muß man natürlich bedenken, das die Entlehnungen der letzten 2000 Jahre fast nur aus indogermanischen Sprachen wie Latein, Französisch, Englich... erfolgte. Der nichtindigermanische Sprachanteil war vorher deutlich höher als 30 %.
Ob und welche vorindoeuropäischen Substrate die germanischen Sprachen enthalten, ist umstritten und ungeklärt. Die germanische Substrathypothese gilt heute als widerlegt. Wiki sagt dazu:
Der Hauptgrund dafür, dass die Germanische Substrattheorie heute als widerlegt gilt ist, dass für sehr viele der vermeintlich nicht-indogermanischen Wörter im rekonstruierten urgermanischen Lexikon inzwischen doch etymologische Vergleichspunkte in anderen indogermanischen Sprachen gefunden worden sind. Einige Beispiele dafür in der oben genannten Wortliste sind:
[/quote]

http://de.wikipedia.org/wiki/Germanisch ... thypothese
Paul
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Ich halte die Substrattheorie nicht für widerlegt. Ich habe ja auch schon 2 von vielen weiteren Sprachwissenschaftlern genannt, welche die Substrattheorie mit guter Begründung weiter vertreten.
Das der betreffende indogermanische Dialekt im heutigen Norddeutschland sich mit der Sprache der Bevölkerung der Ertebölle-Kultur verbunden hat, ist doch wirklich logisch. Das Germanische entstand auf dem Verbreitungsgebiet dieser beiden Bevölkerungen. Es stimmt nicht, das man keine Silbe aus der Sprache der Menschen der Ertebölle Kultur kennt. Ein bedeutender Anteil dieser Sprache ließe sich aus den Germanischen Sprachen z.B. dem Deutschen rekonstruieren.
Ich weis, das das Polnische bis zu 20 % Worte direkt aus dem Deutschen entlehnt hat und die meisten Entlehnungen aus dem Lateinischen entsprechen den Entlehnungen, die auch das Deutsche und das Englische aus dem Lateinischen übernommen hat. Die direkten Entlehnungen unterscheiden sich von den gemeinsamen indogermanischen Worten. Das Kaschubische und der gemischte Schlesische Dialekt haben noch einen wesentlich höheren deutschen Wortanteil, als das Polnische.
Die Art der Gemeinsamkeit eines großen Teils des Wortschatzes zwischen z.B. dem Deutschen und dem Polnischen ist nicht von der Art, wie sie bei Lehnwörtern ist.
Das Deutsche Bruder oder Sonne ähnelt dem polnischen Bratt o. Sonze auf indogermanische Art.
Das schlesische Rathus(Rathaus) o. Fußsäckel(Socken) sind direkte Übernahmen hier mittelalterlicher Formen deutscher Worte. Bei diesen beiden Beispielsregionen kann man natürlich auch anders herum argumentieren, das die schlesische o. kaschubische Bevölkerung bei diesen Worten nicht die polnische Form entlehnt hat, denn die Deutschen Siedler haben ja die deutschen Worte nicht entlehnt. Polnische Entlehnungen aus dem Deutschen erfuhren oft eine bestimmte Anpassung. Der Maler wurde in Malarsch verändert, Urlaub in Urlob, Auto in Auta. Als ich mal nach Polen gefahren bin habe ich meine Sprachlücken durch Improvisation gefüllt, indem ich deutsche Worte entlehnt und auf typische Art angepasst habe. Das wurde verstanden. Die Leute haben mich gefragt, ob ich ein Tscheche wäre.

Nur weil man einen Teil der Worte im Germanischen, die man für Nichtindogermanisch hielt doch als Indogermanisch identifiziert hat, macht die Substrattheorie nicht unlogisch. Die im Wiki-Artikel aufgeführten Gruppen von Worten sind auch plausibel.
Meine Beispiele für deutsche Ertebölle-Ursprungsworte wären z.B. Polnische o. Russische Worte in Klammern:
Hundert(Sto), neun(tschewienz), Messer(Nosch), Schwert(Mjätsch), tragen(nositsch), Welt(Schwiat), Mensch(Tschwofjek), Sprache(jensik), Hand(Renki), Fleisch(Mienszo), Axt(Tapore), Bein(Noga), Haus/Hus(Dom), sterben(umiratsch), leben(schitsch), sehen(wischitsch), Berg/Höhe(Gura),Mark(Granitza), Butter(maswo), Hund(pies), Stein(Kamin)
Welche Worte vielleicht aus dem Uralischen stammen kann man sicher leicht abgrenzen.
viele Grüße

Paul

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Paul hat geschrieben:Ich halte die Substrattheorie nicht für widerlegt. Ich habe ja auch schon 2 von vielen weiteren Sprachwissenschaftlern genannt, welche die Substrattheorie mit guter Begründung weiter vertreten.
Wie du dem von mir verlinkten Wiki-Artikel entnehmen kannst, gibt es kaum noch Vertreter der germanischen Substrathypothese. Sie ist also zumindest sehr umstritten.
Paul hat geschrieben:Das der betreffende indogermanische Dialekt im heutigen Norddeutschland sich mit der Sprache der Bevölkerung der Ertebölle-Kultur verbunden hat, ist doch wirklich logisch. Das Germanische entstand auf dem Verbreitungsgebiet dieser beiden Bevölkerungen. Es stimmt nicht, das man keine Silbe aus der Sprache der Menschen der Ertebölle Kultur kennt. Ein bedeutender Anteil dieser Sprache ließe sich aus den Germanischen Sprachen z.B. dem Deutschen rekonstruieren.
Es gibt keinen indogermanischen Dialekt in Norddeutschland, sondern höchstens einen niederdeutschen. Am Anfang stand das Ur- oder Gemeingermanische, das sich etwa um 500 v. Chr. aus einem indogermanischen Sprachkontinuum ausgliederte. Daraus entwickelten sich etwa um 100 v. Chr. die einzelnen germanischen Sprachen, die in Mitteleuropa um 750 v. Chr. ins Althochdeutsche übergingen.

Was du mit deiner steten Erwähnung der Erteböllekultur bezweckst, ist mir schleierhaft. Diese Kultur verschwand bereits um 4000 v. Chr. und wurde abgelöst von der Bandkeramischen Kultur und später von diversen bronze- und eisenzeitlichen Kulturen. Aus welchem indogermanischen Dialekt sich das Germanische entwickelte, ist total unbekannt und nicht rekonstruierbar. Seit Neolithikum und Bronzezeit gab es in Europa vielfältigste Wanderungen.
Paul hat geschrieben:Die Art der Gemeinsamkeit eines großen Teils des Wortschatzes zwischen z.B. dem Deutschen und dem Polnischen ist nicht von der Art, wie sie bei Lehnwörtern ist.
Das Deutsche Bruder oder Sonne ähnelt dem polnischen Bratt o. Sonze auf indogermanische Art.
Polnisch und Deutsch sind indogermanische Sprachen, sodass gemeinsame Elemente völlig natürlich sind.
Paul hat geschrieben: Nur weil man einen Teil der Worte im Germanischen, die man für Nichtindogermanisch hielt doch als Indogermanisch identifiziert hat, macht die Substrattheorie nicht unlogisch.
Doch, es macht sie unlogisch! Ohne vorgermanische Begriffe oder Wörter keine Substrathypothese.
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Hallo Dietrich,
weil einige Worte noch als indogermanisch identifiziert werden konnten von denen man dies zuerst nicht annahm, bedeutet das nicht das dies für alle Worte gilt. Du hast den Substratanteil selbst mit 20 % angegeben. Du bist also auch ein Anhänger der Substrattheorie. Die meisten Sprachwissenschaftler nehmen aber einen heutigen Substratanteil von 30 % an. Ohne die späteren Lehnworte z.B. aus dem Lateinischen, lag der Substratanteil nach der Sprachverschmelzung also eher über 40 %.
Die Frage ist ja auch, ob der Begriff Sprachsubstrat hier überhaupt der richtige Begriff ist. Wahrscheinlich sollte man einfach nur von Sprachvermischung sprechen. 2 Sprachen verschmolzen zu einer neuen Sprache.
viele Grüße

Paul

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Paul hat geschrieben:Du bist also auch ein Anhänger der Substrattheorie.
Ich bin zwar ein Anhänger der Substrattheorie, muss aber zugeben, dass diese Hypothese sehr umstritten ist. Im übrigen fehht mir die Grundlage um beurteilen zu können, wer von den Sprachwissenschaftlern nun die besseren Belege hat.
Paul hat geschrieben:Die Frage ist ja auch, ob der Begriff Sprachsubstrat hier überhaupt der richtige Begriff ist. Wahrscheinlich sollte man einfach nur von Sprachvermischung sprechen. 2 Sprachen verschmolzen zu einer neuen Sprache.
Wenn eine Sprache von einer anderen überschichtet wird, bildet die untere Sprachschicht ein Substrat, auch wenn nur wenige Begriffe oder Wörter übriggeblieben sind. Wo also eine indoeuropäische Sprache eine autochthone Sprache überschichtet hat, von der Sprachreste erhalten blieben, ist das ein klassisches Beispiel für ein Substrat. So ist z.B. im Griechischen ein vorindoeuropäisches Substrat erhalten geblieben, was in der Sprachwissenschaft ganz unstrittig ist.
Paul
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Eine wichtige Frage bei der Entstehung der germanischen Sprache ist z.B. inwieweit sehr südliche Gebiete wie das spätere Ubien, Hermundurien(Thüringen), Lugien/Wandalien schon ursprünglich an der Entstehung der germanischen Sprache teilnahmen o. die Bevölkerung durch Südwanderung von Germanen assimiliert wurden. Früher nahm man eher Assimilierung durch Einwanderung an. Jetzt vermutet man eher eine ursprüngliche Einbeziehung in das Sprachgebiet.
Goten und Lugier lebten als Nachbarn der Baltoslawen. Das als Entstehungsgebiet der Slawen vermutete Gebiet östlich der Weichsel soll dem Gebiet der Lugier benachbart gewesen sein. Die Goten hätten es bei ihrer Südwanderung zumindest teilweise erobert. Die Goten könnten dabei den Anstoß zur Trennung des Slawischen vom Baltischen gegeben haben, verwunderlicherweise ohne das ein größerer germanischer Wortschatz in das slawische eingeflossen ist.
Kurz danach soll das dicht besiedelte Lugien/Wandalien slawisch geworden sein, obwohl nur wenige Wandalen nach Westen wanderten. Es ist rätzelhaft, wie das funktioniert hat. Das Lugische Gebiet mit intensiver Landwirtschaft und gut bewaffneter kriegerischer Bevölkerung wird dichter bevölkert gewesen sein, als die slawischen Gebiete östlich der Weichsel. Normalerweise hätte Lugien den Bevölkerungsüberschuß gehabt, um andere Gebiete zu besiedeln und ihre Bevölkerung zu assimilieren.
viele Grüße

Paul

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Jetzt kann man bei Wiki lesen, das auch diese südlichen Kulturen 2000 bis 3000 vor Chr. ein "Prägermanisch" gesprochen haben müssen, welche sich aus dem westlichen Urindogermanischen entwickelt hat. Es war also ein sehr großes Gebiet in welchem sich die germanische Sprache entwickelt hat.

http://de.wikipedia.org/wiki/Pr%C3%A4germanisch
viele Grüße

Paul

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Das kann man wohl so sagen. Ich hatte wohl schonmal gelesen, dass das Germanisch viel gesprochen wurden, aber in einem so großen Gebiet? Krass . . .
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