Wie entstand die germanische Sprache?

Moderator: Barbarossa

james
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Willst du eine Diskussion führen oder mit unbestimmten Standartformulierungen jemanden erschlagen? :wink:
"Die Ausgliederung der indoeuropäischen Sprachen in regionale Gruppierungen mit einer unterschiedlichen Zahl von Einzelsprachen war ein langwieriger Prozess, der im 3. Jahrtausend v. Chr. begann."
(Harald Haarmann, Lexikon der Sprachen, München 2001/2002, S. 172)
Das ist ziemlich nebulös neutral formuliert und das wusste man auch schon vorher.
Dabei ist das erstmalige Auftauchen einer Schriftquelle nicht identisch mit der Entstehung einer Sprache.
Sehr richtig, Schriftquellen beweisen nicht wann eine Sprache entstand, nur wann sie aufgeschrieben wurde.

Wie wir wissen hatten die Germanen erst sehr spät eine rudimentäre Schriftkultur.
Da sie aber zweifellos griechische Städte kannten (Handelskontakte sind unbestreitbar),
stellt sich die Frage warum sie Urbanisierung und Schrift nicht übernahmen.
Lehnten sie sie ab? Ähnlich wie Sarmaten, Skythen, Wolgafinnische Völker?
Stattdessen haben Sarmaten, Skythen, und später auch Hunnen, Alanen, Mayaren und Bolgaren
alle erst extrem spät oder nie rudimentär mit der Schrift angefangen.
Es gibt im Norden nicht nur ein Volk sondern mehrere die nie mit Schrift angefangen haben, manche bis heute nicht...
Die germanischen und keltischen Sprachen haben sich vermutlich erheblich später entwickelt, jedoch mi Sicherheit vor dem erstmaligen Auftreten schriftlicher Quellen.
Und warum genau soll sich germanisch (natürlich in der Frühform) "vermutlich erheblich später entwickelt" haben?
Weil das alle glauben? Das sind Theorien, keine Fakten.
Nenn mir eine Sprache die besser als mitteleuropäische Sprache (lingua franca) der Bronzezeit geeignet wäre?

Was du hier erzählst stand schon vor 20 Jahren in Büchern, das ist nichts Aktuelles.
Natürlich halten sich die Wissenschaftler schön nebulös allgemein, da kann man auch keine Fehler machen.

Aber wenn man verstehen will, was wirklich geschah, (und das ist Forschung) muss man z.b. Scenarien entwickeln,
wie es geschah und warum.
Haarmann hat das getan und eine Vinca-Minoer-Karier Theorie entwickelt, wofür er viel Prügel bezog.
Doch es setzt sich so nach und nach die Erkenntnis durch das da mehr dran ist.
Man hatte sie bis dahin nur als Donaukulturen und Vorläufer der LBK betrachtet, man hatte sie nicht so auf dem Schirm.

Und Mitteleuropa geht es genauso, man hat es nicht auf dem Schirm.
Deswegen werden da lauter Germanen herbei fantasiert denen gehilft werden musste,
wobei Gott sei Dank die blonden Kelten und die gescheiten Römer vorbei kamen, die den armen Barbaren
Kultur beibrachten, damit er nicht länger in Höhlen leben muss.
Und weil der so dumm war, ließ er sich überreden den Limes gegen seine Nachbarstämme
zu verteidigen. Denken liegt ihm nicht, deswegen profitiert Deutschland eigentlich nur von den
als Germanen bezeichneteten Rheinkelten. Und eigentlich gehört alles östlich der Elbe nicht dazu,
die sind also gar nicht "richtige" Germanen.

Wann fängst du an selber zu denken? Versuch doch mal zu spekulieren!
Darüber kann man diskutieren, über nebulöse Verallgemeinerungen nicht.
Damit kann man Diskussionen nur erschlagen und kommt der oben formulierten Frage kein Stück näher.
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Barbarossa
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Und du meinst, spekulieren bringt uns da weiter?
Kann man sich da vielmehr nicht allzuleicht verrennen?
Und wäre es deswegen nicht vielleicht doch besser, auf weitere Forschungsergebnisse zu warten?

Allerdings weiß man tatsächlich ziemlich wenig über die Germanen - für meinen Geschmack doch etwas zu wenig.

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Dietrich
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james hat geschrieben:
"Die Ausgliederung der indoeuropäischen Sprachen in regionale Gruppierungen mit einer unterschiedlichen Zahl von Einzelsprachen war ein langwieriger Prozess, der im 3. Jahrtausend v. Chr. begann."
(Harald Haarmann, Lexikon der Sprachen, München 2001/2002, S. 172)
Das ist ziemlich nebulös neutral formuliert und das wusste man auch schon vorher..
Anscheinend hast du das nicht gewusst, sonst hättest du die Ausgliederung indoeuropäischer Einzelsprachen ab dem 3. Jtsd. v. Chr. nicht in deinem letzten Post bestritten.

Was Harald Haarmann angeht, so hat er selbstverständlich über das obige Zitat hinaus noch einiges mehr zu diesem Thema veröffentlicht.
james hat geschrieben:Und warum genau soll sich germanisch (natürlich in der Frühform) "vermutlich erheblich später entwickelt" haben?
Weil die Forschung die Entstehung der Germanen erheblich später ansetzt als die anderer indoeuropäischer Völker wie z.B. der Hethiter, mykenischen Griechen oder der Indo-Arier. Als diese Völker auf der Bildfläche erschienen, war an Germanen überhaupt noch nicht zu denken.
james hat geschrieben:Was du hier erzählst stand schon vor 20 Jahren in Büchern, das ist nichts Aktuelles.
Natürlich halten sich die Wissenschaftler schön nebulös allgemein, da kann man auch keine Fehler machen.
Diese Hypothesen findest du genauso in aktuellen Publikationen wie z.B. beim oben zitierten Harald Haarmann und anderen.
james hat geschrieben:Haarmann hat das getan und eine Vinca-Minoer-Karier Theorie entwickelt, wofür er viel Prügel bezog.
Doch es setzt sich so nach und nach die Erkenntnis durch das da mehr dran ist.
Man hatte sie bis dahin nur als Donaukulturen und Vorläufer der LBK betrachtet, man hatte sie nicht so auf dem Schirm.
Haarmann geht zunächst von einem altmediterranen Kulturraum aus, der den Balkan und Kleinasien umfasste. Im Hinblick auf die neolithische Donaukultur hat er nichts Neues entdeckt, sondern sich auf den Standpunkt gestellt, es würde sich um eine Hochkultur handeln, die auch über Schriftlichkeit verfügte. Ebenso wie viele andere Forscher teile ich diese Einschätzung Haarmanns nicht. Die Schriftlichkeit ist nicht erwiesen und der Status einer Hochkultur kaum erreicht.

Du solltest das einmal nachlesen im Kapitel "Die Symbiose mit Kultur und Sprachen Alteuropas" in Haarmanns Publikation "Die Indoeuropäer", S- 54-58.
james hat geschrieben:Und Mitteleuropa geht es genauso, man hat es nicht auf dem Schirm.
Deswegen werden da lauter Germanen herbei fantasiert denen gehilft werden musste,
wobei Gott sei Dank die blonden Kelten und die gescheiten Römer vorbei kamen, die den armen Barbaren
Kultur beibrachten, damit er nicht länger in Höhlen leben muss.
Und weil der so dumm war, ließ er sich überreden den Limes gegen seine Nachbarstämme
zu verteidigen.
Was soll dieses unqualifizierte Gerede? Das ist doch keine Diskussionsgrundlage.
james hat geschrieben:Wann fängst du an selber zu denken? Versuch doch mal zu spekulieren!
Darüber kann man diskutieren, über nebulöse Verallgemeinerungen nicht.
Damit kann man Diskussionen nur erschlagen und kommt der oben formulierten Frage kein Stück näher.
Ich habe überhaupt nichts dagegen, mögliche historische Szenarien zu entwerfen. Allerdings kann man dabei Erkenntnisse der Geschichtswissenschaft nicht völlig außer Acht lassen, die das Ergebnis oft jahrzehntelanger intensiver Forschungsarbeit sind.
Ruaidhri
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Barbarossa hat geschrieben:Allerdings weiß man tatsächlich ziemlich wenig über die Germanen - für meinen Geschmack doch etwas zu wenig.
Da geht es mir ähnlich, aber es gibt neue Ansätze, sich den Proto-Germanen zu nähern- und dann auch "den Germanen", so es die denn in der früher postulierten Geschlossenheit je gab.

Wer sich akutuellen Veröffentlichungen von Linguisten wie Archäologen beliest, muss damit leben, dass noch keine Deckungsgleichheit besteht, was Entstehungsräume und Zeiträume betrifft und in welchem Zusammenhang das wieder mit unterschiedlichen Kulturen steht.

Ein lesenswerter Aufsatz, der sich der Semiotik auf Artefakten widmet, die auch "Sprache" sein könn(t)en:
Martin Furholt/ Phillipp Stockhammer . Wenn stumme Dinge sprechen sollen: Gedanken zu semiotischen Ansätzen in der Archäologie.
https://www.google.de/url?sa=t&rct=j&q= ... GQ&cad=rja
Oder auch hier:
https://uni-kiel.academia.edu/MartinFurholt
Muttersprache: Deutsch Vaterland: Keins. Heimat: Europa
LG Ruaidhri
Dietrich
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Ruaidhri hat geschrieben:
Barbarossa hat geschrieben:Allerdings weiß man tatsächlich ziemlich wenig über die Germanen - für meinen Geschmack doch etwas zu wenig.
Da geht es mir ähnlich, aber es gibt neue Ansätze, sich den Proto-Germanen zu nähern- und dann auch "den Germanen", so es die denn in der früher postulierten Geschlossenheit je gab.
Es gibt immerhin einige Eckpunkte, über die in der Forschung weitgehend Einigkeit herrscht:

1. Ab wann sich aus dem indoeuropäischen Sprachkontinuum ein Vorläufer des Germanischen herausbildete, ist ungewiss. Ein so genanntes "Urgermanisch" wird ab etwa 600 v. Chr. im Bereich der Jastorfkultur angenommen. Ein "Prägermanisch" - also den vorangehenden Sprachzustand - setzen manche bereits Mitte des 2. Jahrtausends v. Chr. an.
Es ist offensichtlich, dass ein auch nur annähernd genauer Zeitraum, in dem sich die Ausgliederung des Germanischen aus dem Indoeuropäischen vollzogen hat, nicht genannt werden kann. Als relativ gesichert kann lediglich gelten, dass etwa um 500 v. Chr. in Norddeutschland und Südskandinavien ein frühes Germanisch gesprochen wurde.

2. Der Ursprung der Jastorf-Kultur liegt im norddeutschen Raum und sie setzt etwa um 600 v. Chr. ein. Aus ihr ging nach Überzeugung der meisten Wissenschaftler die germanische Kultur hervor. Anregungen erhielt die Jastorf-Kultur besonders von der südlich benachbarten keltischen Hallstatt- und späteren La Tène-Kultur.

3. Im 6. Jh. v. Chr. bzw. am Ende der Hallstattzeit standen sich in Mitteleuropa zwei große, kulturell unterschiedliche Bereiche gegenüber: der der wirtschaftlich und sozial hochentwickelten Hallstattkultur im süddeutsch-österreichischen Alpenraum bis hin an den Rand des Thüringer Waldes, der später von den Trägern der Latène-Kultur, den Kelten, eingenommen wurde; und der nördlich daran anschließendend bis zur Nord- und Ostsee verbreitete und stark von den Kelten beeinflusste aber wirtschaftlich nicht so weit fortgeschrittene Bereich, in dem sich die Jastorfkultur herausgebildet hatte, deren Träger sicher die Germanen waren und die bis in das letzte Jahrhundert v. Chr. hinein unmittelbare Nachbarn der Kelten blieben.

4. Die Siedlungsgebiete im Norden standen unter dem Einfluss der Hallstatt- und später der Latènekultur. Vermittelt wurde nachweislich Kulturgut des persönlichen Bedarfs wie Nadeln und Fibeln. Das ästhetische Empfinden der Bevölkerung im Jastorfkulturbereich und darüber hinaus wurde dadurch maßgeblich mitbestimmt. Auch am Niederrhein findet man in der so genannten Grabhügelkultur Hallstattelemente. Über diesen Raum hinaus wurde das Gebiet westlich der Ems und das bis zur Weser und Aller beeinflusst.

5. Die Beziehungen der Germanen zu den Kelten wirkten sich anders aus als die der Kelten zu den Völkern des Mittelmeerraums. Abgesehen von der Grenzzone zwischen Germanen und Kelten, die eine Sonderstellung in kultureller Hinsicht durch die starke Aneignung hochwertiger keltischer Erzeugnisse aus Metall und scheibengetöpferter Keramik einnahm, tauchte im Kerngebiet des Jastorfkreises, das in NO-Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Mecklenburg, der Altmark, der Priegnitz und dem Havelgebiet zu suchen ist, eine Reihe von Schmuckstücken, Trachtbestandteilen und Gebrauchsgegenständen auf, die eindeutig dem Formengut der Halstatt- und Latènekultur entlehnt worden sind (Schmucknadeln, Fibeln, Gürtelschließen, Arm- und Halsringe, Bekleidung).

Abgekommen ist man von der Vorstellung eines "germanischen Volks". Dafür gibt es es keine hinreichende Begründung, wie auch eine "pangermanische Identität" zweifelhaft ist. Aus diesem Grund wird heute hinsichtlich der Germanen von einer "Sprach- und Kulturgemeinschaft" gesprochen, was unsere vielfach rudimentären archäologischen und linguistischen Erkenntnisse besser beschreibt.
james
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Danke Ruaidhri, das sind hervorragende Links.
Dietrich hat geschrieben: Anscheinend hast du das nicht gewusst, sonst hättest du die Ausgliederung indoeuropäischer Einzelsprachen ab dem 3. Jtsd. v. Chr. nicht in deinem letzten Post bestritten.
Das ist falsch, ich habe nicht Ausgliederung generell bestritten, nur die Ausgliederung von Familien deren Menschen schlicht und einfach noch nicht indogermanisch gesprochen haben, was eine Ausgliederung aus dem Indogermanischem doch sehr erschwert. :wink:
Dietrich hat geschrieben:
james hat geschrieben:Und warum genau soll sich germanisch (natürlich in der Frühform) "vermutlich erheblich später entwickelt" haben?
Weil die Forschung die Entstehung der Germanen erheblich später ansetzt als die anderer indoeuropäischer Völker wie z.B. der Hethiter, mykenischen Griechen oder der Indo-Arier. Als diese Völker auf der Bildfläche erschienen, war an Germanen überhaupt noch nicht zu denken.
Aha, und "weil es so da steht" muss es natürlich richtig sein, das ist doch dein Standpunkt, gelle?
Und welche "die Forschung" meinst du, jene die man unter einer Jahrzehnte alten Staubschicht findet?
(Einige diese Vorstellungen sind ähnlich zäh wie Gesetze, sind sie einmal in Kraft wird man sie nie wieder los.)

Diesbezüglich lass mich mal aus einer Doktorarbeit von 2006 zitieren:
"Das Pferd wurde verhältnismäßig spät durch den Menschen domestiziert. Die ersten Spuren
der Domestikation finden sich in Form von Wandmalereien bei den Ägyptern zum Zeitpunkt
des Überganges vom neuen thebatischen Reich zur saitischen Periode. Dienten Pferde
zunächst nur der Ernährung und der Bekleidungsherstellung des Menschen, so wurden sie
später zu einem wichtigen Mittel der Zivilisation. Déchelette (CARNAT, 1953) schreibt in
diesem Zusammenhang: „Dank der Zähmung der Tiere sind die Sitten sanfter geworden
und ist der Unterhalt des Menschen gesichert. Er braucht ihn nicht mehr der Jagd, der
Fischerei und dem Abenteuer abzuringen. Dem herumschweifenden Jäger sind der Hirte und
der Ackerbauer gefolgt. Die in der Landwirtschaft beschäftigten Bewohner hatten nicht mehr
die Muße der höhlenbewohnenden Jäger."


Also das Pferd tauchte in der 26. Dynastie der Ägypter auf. Zu dieser Zeit als diese Arbeit geschrieben
wurde, stand der Streitwagen des Tutanchamun bereits seit Jahrzehnten im Museum von Kairo und Internet
gab es auch schon. Aber so sieht die ganze Arbeit aus, mit der Krönung eines Zitates von 1793.

Übrigens sind auch nicht alle Forscher der gleichen Meinung, genauer gesagt reichen die Schätzungen wann sich Germanisch vom Indogermanisch löste von 500 bis 2000 v. Chr. und liegen damit recht weit auseinander.
Wenn du unter Germanen das verstehst was die Römer definieren, also die dokumentierten Germanen - mag 500 v. Chr. stimmen. Es stimmt aber nicht wenn du unter Germanen jene Menschen verstehst die im Germanischsprachigem Raum lebten. Und die Frage war ja, wie germanisch entstand?
Das du das nur auf die Jastorf-Kultur beziehst ist schon dadurch zu widerlegen, das bestimmte Urnengestaltung von der Saale über Jütland bis Schweden und gleichzeitig über Ostdeutschland Polen und bis Kujawien und dem Prussengebiet (mit Ausläufer bis zum Kurland) reichen (die Wikipedia nennt es Westbaltischen Hügelgräberkultur). Das entspricht neben der Jastorfer Kultur auch den Kulturraum östlich davon, bis rauf ins westliche Baltikum und zeigt deutlich das sie massiv kooperieren. Dieser Einfluss stammt aus dem Nordadriatischem Raum und etablierte sich erstmal an der Saale, bevor dessen Weiterentwicklung sich ausbreitete.
Der Keltische Einfluss ist erst mit der Zeit zunehmend dominanter je weiter sie nach Norden wandern und führt auch zur Verdrängung einiger Stämme nach Osten. Diese wurden früher mit der Einwanderung eines Nordwestblock verbunden. In den nachfolgenden Jahrhunderten werden daraus die Westgermanen oder Rheingermanen und die Belger-Stämme. Davon mal abgesehen zeigen auch Halsringe eine weite Verbreitung an der Ostseeküste bis ins westl. Baltikum.
Wie ich schon sagte, sie scheinen die keltischen Dinge geschätzt und vieles übernommen zu haben. Aber auch die Kelten haben so einiges aus dem alten Europa übernommen.
Dietrich hat geschrieben:
james hat geschrieben:Was du hier erzählst stand schon vor 20 Jahren in Büchern, das ist nichts Aktuelles.
Natürlich halten sich die Wissenschaftler schön nebulös allgemein, da kann man auch keine Fehler machen.
Diese Hypothesen findest du genauso in aktuellen Publikationen wie z.B. beim oben zitierten Harald Haarmann und anderen.
Wenn man nichts genaues schreibt, schreibt man immer den Standart, den hast du ja gut zitiert. Damit ist man auf der sicheren Seite. Haarmann hat über Nordeuropa gar nicht geforscht, er hat sich auf Donaukulturen und deren Weiterentwicklung spezialisiert, beziehungsweise die Erforschung ihrer Symbolik.
Dietrich hat geschrieben: Haarmann geht zunächst von einem altmediterranen Kulturraum aus, der den Balkan und Kleinasien umfasste. Im Hinblick auf die neolithische Donaukultur hat er nichts Neues entdeckt, sondern sich auf den Standpunkt gestellt, es würde sich um eine Hochkultur handeln, die auch über Schriftlichkeit verfügte. Ebenso wie viele andere Forscher teile ich diese Einschätzung Haarmanns nicht. Die Schriftlichkeit ist nicht erwiesen und der Status einer Hochkultur kaum erreicht.
Das war doch meine Rede. Ich halte Haarmanns These für innovativ und für Südeuropa auch für richtig. Wobei der Terminus Hochkultur und Schrift durchaus zu diskutieren wäre. Das kann man eventuell unter "sehr optimistisch" einreihen,je nachdem wie man Hochkultur und Schrift definiert. Ich sehe es eher als eine Art Symbolismus auf dem Weg zur Schrift. Ähnlich war es ja auch in Ägypten.

Aber gegen eine Einwanderung von Indogermanen spricht eine Menge und da stimme ich ihm nicht zu. Es sei denn man bezeichnet die im 7. Jahrtausend eingewanderten Farmer aus Anatolien als Indogermanen wie es z.B. Atkinson und Renfrew sieht.
Dietrich hat geschrieben: Du solltest das einmal nachlesen im Kapitel "Die Symbiose mit Kultur und Sprachen Alteuropas" in Haarmanns Publikation "Die Indoeuropäer", S- 54-58.
Dort schreibt er wörtlich "lange bevor die Indoeuropäer dahin migrierten". Das heisst er geht noch von der These aus, das Indoeuroäer eingewandert seien und bezieht sich dabei auf Gimbutas These aus den 60igern. Vieles aus dieser Theorie ist jedoch wiederlegt worden, genauer gesagt gibt es da zwei Lager die dafür und dagegen argumentieren.
Es war wohl eher eine Wechselwirkung. Das es dabei auch Einwanderung gab ist ja unbestritten, doch es war wohl nicht so massiv, wie es die Kurgantheorie impliziert. Und das es am Pontus eine Weiterentwicklung der Sprache gab, dürfte eigentlich auf der Hand liegen. Ich glaube aber, es ist der Geburtsort für Indoiranisch. Das würde Sinn machen, zumal ja Asien quasi nebenan liegt.
Dietrich hat geschrieben: Was soll dieses unqualifizierte Gerede? Das ist doch keine Diskussionsgrundlage.
Ich wollte nur überspitzt formulieren was die meisten Leute für Vorstellungen haben. Das nennt man "schwarzen Humor".
Fakt ist das Mitteleuropa als Ursprungsgebiet aus historischen Gründen (Arierwahn der Nazis) schlichtweg
nicht mehr in Frage kam - jahrzehntelang.
In den folgenden Jahrzehnten haben sich ganze Forschergenerationen damit überschlagen,
die Germanen auf das Allergeringste zusammen zu stutzen und die Ostgermanen zu Protoslawen umzudeuten.
Gimbutas These kam also genau zur rechten Zeit denn nun hatte man auch ein glaubwürdiges Szenario für
die Bronzezeit und deshalb steht das auch so in allen Büchern drin. Danach kamen die anatolischen Bauern groß in Mode.
Ansonsten forschte man in Deutschland viel an der Steinzeit und den Neandertalern herum,
da konnte man nichts verkehrt machen. Der Begriff Germanen wurde gewissermaßen inakzeptabel,
selbst die Goten und Teutonen wurden als Germanen strittig.
Wie heisst es so schön, man redet einen schwarzen Mann weiß. Ist sehr beliebt bei jenen die gern
und oft präsentieren wie gut sie doch sind.

Du redest von 2 PEI-Thesen, nun es gab/gibt viel mehr Thesen, die kaum bekannt und noch seltener
diskutiert werden. Dabei zeigt sich das insbesondere für die Norddeutsche Tiefebene/Germanischer
Sprachraum und die Donaukulturen auch so einiges spricht.
In den letzten 25 Jahren forscht man nun vermehrt in diesen Regionen, nicht zuletzt
weil Osteuropa zugänglich geworden ist. Und die Funde belegen ja, da war richtig was los.
Um das abzuklären grasen sie systematisch Osteuropa und Südwesteuropa ab.
Man fand neue Methoden der Migrationsforschung und ist dabei zu vielen neuen Erkenntnissen
gelangt, die das bisherige Bild total verändern:
Krause, Müller, Brandt, Furholt, Keyser, Kristiansen, Burmeister, Hansen, Terberger, Kneisel usw.
haben die Chronologie und komplexen Zusammenhänge gründlich neu datiert, überarbeitet und
entwerfen so nach und nach ein völlig neues Neolithisches und Bronzezeitliches Europa.
Bei ihnen laufen die Ergebnisse vieler Einzelgrabungen der Heerscharen von Forscher zusammen.
Dazu kommt die internationale Forschung, z.b. von Klyosov ein brillianter Russe. Auch die Ergebnisse
von Parzinger und die These von Dierk, sowie die Darstellung Haarmanns sind gut damit verknüpfbar.
Die Resultate von Fu und Li (chinesische Wissenschaftler), Brotherton, Allentoft, Haak, Malmström,
Naumann und Skoglund sind ebenfalls zu berücksichtigen.
All diese Leute haben in den letzten 10 Jahren enorm viel geschaffen und veröffentlicht.
Das Puzzle wird immer detailreicher und Projekte wie der Atlas der Innovationen wird für so
manchen Geschichtsinteressierten Überraschungen eröffnen.
Es bleibt also hochspannen...

Die Linguistik veröffentlicht relativ wenig und meist geht es um extrem spezielle Bereiche.
Udolph ist da recht innovativ, insbesondere im Hinblick auf Karthago und er widerlegt mit
starken Argumenten Vennemanns vaskonische Theorie. :wink:
Udolph hat in Bezug auf die Namenskunde auch wirklich viel gemacht, wobei ihm Ramge für Hessen folgt.
Leider hat sich noch niemand so richtig für Ostdeutschland erwärmt.

Jetzt initiiert Udolph gerade ein schönes Projekt an der Uni Göttingen, bei der nun endlich
mal die Verbindungen des niedersächsischen Franken/der Sachsen und Wikinger zum Baltikum und dem
slawischem Osteuropa linguistisch durch Ortsnamen genauer untersucht werden.
Das war nur möglich weil die Genetik in Nowgorod Einfluss aus Niedersachsen zeigt. Das muss ja irgendwie
dahin gelangt sein? Das dürfte also sehr interessant werden, wird aber wohl seine Zeit dauern.
http://www.uni-goettingen.de/de/109429.html
Dietrich hat geschrieben: Ich habe überhaupt nichts dagegen, mögliche historische Szenarien zu entwerfen. Allerdings kann man dabei Erkenntnisse der Geschichtswissenschaft nicht völlig außer Acht lassen, die das Ergebnis oft jahrzehntelanger intensiver Forschungsarbeit sind.
Na dann fang mal an damit die Erkenntnisse der letzten Jahre in deine Überlegungen mit einzubeziehen.
Ich würd dir das hier für den Anfang empfehlen: G. Brandt: Neolithikum – neu erforscht!
Diese Überschrift deutet schon an worum es geht. Der alte Standart wird überarbeitet. Doch gerade für
Deutsche Wissenschaftler ist das ein heikles Thema, sie müssen ganz besonders sicher sein, andernfalls
unterstellt man ihnen alles mögliche. Das könnte also noch eine Weile dauern.
Daher les ich die neue Studien und so kannst du dir auch eine Meinung bilden. :shh:

Den alten Standart hast du übrigens schön zusammengefasst. :clap:
Aber nun reicht es auch mit dem Thema. Das ist für mich gegessen.

Wenn du unbedingt weiter diskutieren willst oder Fragen hast, schick mir ein Posting.
Renegat
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Registriert: 29.04.2012, 19:42

james hat geschrieben: Den alten Standart hast du übrigens schön zusammengefasst. :clap:
Aber nun reicht es auch mit dem Thema. Das ist für mich gegessen.

Wenn du unbedingt weiter diskutieren willst oder Fragen hast, schick mir ein Posting.
Es gibt Themen, die lese ich nur mit und freue mich darüber, wenn jemand frischen Wind in die alten Lexikonbeiträge bringt.
Neue Ansätze bringen die Diskussion in einem Forum voran, was in Wikipedia oder einem Lexikon steht, kann dort jeder selbst nachlesen. Und dass man sich, gerade in der schriftlosen Frühgeschichte, spekulative Gedanken über die Zusammenhänge von archäologischen Funden, wissenschaftlichen Auswertungen, Mythen macht, ist doch legitim, solange man seine Gedanken nicht als Fakten "verkauft".

Also diskutiert bitte öffentlich weiter.
Dietrich
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Wohnort: Ostfalen

james hat geschrieben: Das ist falsch, ich habe nicht Ausgliederung generell bestritten, nur die Ausgliederung von Familien deren Menschen schlicht und einfach noch nicht indogermanisch gesprochen haben, was eine Ausgliederung aus dem Indogermanischem doch sehr erschwert.
Dialekte, die sich aus einem indoeuropäischen Sprachkontinuum ausgliederten, blieben selbstverständlich indoeuropäische Idiome. Was denn sonst? Die Vermischung mit regionalen Sprachen alteingesessener Völker führte dann zu den bekannten indoeuropäischen Sprachen. Einige davon haben Reste der assimilierten vorindoeuropäischen Idiome bewahrt, d.h. also ein sogenanntes Substrat. Besonders im Griechischen finden sich zahlreiche Begriffe einer überschichteten altmediterranen Vorbevölkerung.
james hat geschrieben:Aha, und "weil es so da steht" muss es natürlich richtig sein, das ist doch dein Standpunkt, gelle?
Und welche "die Forschung" meinst du, jene die man unter einer Jahrzehnte alten Staubschicht findet?
Die Erkenntnisse der Geschichtswissenschaft auf diesem Gebiet kannst du in unzähligen Publikationen nachlesen. Es bleibt dir natürlich unbenommen, deine eigenen Theorien aufzustellen.
james hat geschrieben:Diesbezüglich lass mich mal aus einer Doktorarbeit von 2006 zitieren:
Die Domestizierung des Pferdes ist gut erforscht. Sie erfolgte im 3. Jahrtausend v. Chr. in den Steppen nördlich des Schwarzen- und Kaspischen Meers. Du kannst das u.a. bei der alten Tante Wiki nachlesen wo es heißt: "Eine neuere Arbeit datiert die Domestizierung des Hauspferds nach DNA-Analysen von Pferdehaarproben unter der Vermutung, dass die gefundene Farbvielfalt sich erst in der Zucht herausgebildet hat, in das 3. Jahrtausend v. Chr. [31], und zwar im heutigen Nordkasachstan."
james hat geschrieben:Übrigens sind auch nicht alle Forscher der gleichen Meinung, genauer gesagt reichen die Schätzungen wann sich Germanisch vom Indogermanisch löste von 500 bis 2000 v. Chr. und liegen damit recht weit auseinander.
Du solltest meine Beiträge besser lesen, denn genau das sagte ich bereits weiter oben und zwar: "Es ist offensichtlich, dass ein auch nur annähernd genauer Zeitraum, in dem sich die Ausgliederung des Germanischen aus dem Indoeuropäischen vollzogen hat, nicht genannt werden kann. Als relativ gesichert kann lediglich gelten, dass etwa um 500 v. Chr. in Norddeutschland und Südskandinavien ein frühes Germanisch gesprochen wurde."
james hat geschrieben:Wenn du unter Germanen das verstehst was die Römer definieren, also die dokumentierten Germanen - mag 500 v. Chr. stimmen. Es stimmt aber nicht wenn du unter Germanen jene Menschen verstehst die im Germanischsprachigem Raum lebten. Und die Frage war ja, wie germanisch entstand?
Unter "Germanen" verstehen Historiker und Sprachwissenschaftler alle Stämme, von denen sie annehmen, dass sie eine germanische Sprache sprachen.
james hat geschrieben:Das du das nur auf die Jastorf-Kultur beziehst ist schon dadurch zu widerlegen, das bestimmte Urnengestaltung von der Saale über Jütland bis Schweden und gleichzeitig über Ostdeutschland Polen und bis Kujawien und dem Prussengebiet (mit Ausläufer bis zum Kurland) reichen (die Wikipedia nennt es Westbaltischen Hügelgräberkultur). Das entspricht neben der Jastorfer Kultur auch den Kulturraum östlich davon, bis rauf ins westliche Baltikum und zeigt deutlich das sie massiv kooperieren. Dieser Einfluss stammt aus dem Nordadriatischem Raum und etablierte sich erstmal an der Saale, bevor dessen Weiterentwicklung sich ausbreitete. Der Keltische Einfluss ist erst mit der Zeit zunehmend dominanter je weiter sie nach Norden wandern und führt auch zur Verdrängung einiger Stämme nach Osten.
Der Ursprung der Jastorf-Kultur liegt im norddeutschen Raum und sie setzt etwa um 500 v. Chr. ein. Aus ihr ging nach Überzeugung der meisten Wissenschaftler die germanische Kultur hervor. Anregungen erhielt die Jastorf-Kultur besonders von der südlich benachbarten keltischen Hallstatt- und späteren La Tène-Kultur.

Im 6. Jh. v. Chr. bzw. am Ende der Hallstattzeit standen sich in Mitteleuropa zwei große, kulturell unterschiedliche Bereiche gegenüber: der der wirtschaftlich und sozial hochentwickelten Hallstattkultur im süddeutsch-österreichischen Alpenraum bis hin an den Rand des Thüringer Waldes, der später von den Trägern der Latène-Kultur, den Kelten, eingenommen wurde; und der nördlich daran anschließendend bis zur Nord- und Ostsee verbreitete und stark von den Kelten beeinflusste aber wirtschaftlich nicht so weit fortgeschrittene Bereich, in dem sich die Jastorfkultur herausgebildet hatte, deren Träger sicher die Germanen waren und die bis in das letzte Jahrhundert v. Chr. hinein unmittelbare Nachbarn der Kelten blieben.

Die Siedlungsgebiete im Norden standen unter dem Einfluss der Hallstatt- und später der Latènekultur. Vermittelt wurde nachweislich Kulturgut des persönlichen Bedarfs wie Nadeln und Fibeln. Das ästhetische Empfinden der Bevölkerung im Jastorfkulturbereich und darüber hinaus wurde dadurch maßgeblich mitbestimmt. Auch am Niederrhein findet man in der so genannten Grabhügelkultur Hallstattelemente. Über diesen Raum hinaus wurde das Gebiet westlich der Ems und das bis zur Weser und Aller beeinflusst.
james hat geschrieben:Wenn man nichts genaues schreibt, schreibt man immer den Standart, den hast du ja gut zitiert. Damit ist man auf der sicheren Seite. Haarmann hat über Nordeuropa gar nicht geforscht, er hat sich auf Donaukulturen und deren Weiterentwicklung spezialisiert, beziehungsweise die Erforschung ihrer Symbolik.
Da weder du noch ich Archäologen oder Linguisten sind, müssen wir uns auf die Forschungsergebnisse seriöser Wissenschafler verlassen.

Was denn sonst?

Was Harald Haarmann betrifft, so ist er in erster Linie Sprachwisenschaftler und hat auf diesem Gebiet zahlreiche Publikationen veröffentlicht.
james hat geschrieben:Das war doch meine Rede. Ich halte Haarmanns These für innovativ und für Südeuropa auch für richtig. Wobei der Terminus Hochkultur und Schrift durchaus zu diskutieren wäre. Das kann man eventuell unter "sehr optimistisch" einreihen,je nachdem wie man Hochkultur und Schrift definiert. Ich sehe es eher als eine Art Symbolismus auf dem Weg zur Schrift. Ähnlich war es ja auch in Ägypten.
Haarmann hat hier eine Hypothese entwickelt, der man folgen kann oder nicht. Belegbar ist weder die vermutete Schriftlichkeit der Donaukulturen noch die Einschätzung als "Hochkuktur". Ich folge ihm bei beiden nicht, was auch für nahezu alle mit diesem Thema befassten Wissenschaftler gilt. Die meisten Archäologen und Linguisten stimmen der Interpretation der vor einiger Zeit verstorbenen Archäologin Marija Gimbutas und Harald Haarmanns nicht zu. Die so genannte "Vinca-Schrift" wird im allgemeinen als eine Aneinanderreihung von Symbolen gesehen. Somit sind sie vielleicht ein Übergang zur Schrift.
james hat geschrieben:Dort schreibt er wörtlich "lange bevor die Indoeuropäer dahin migrierten". Das heisst er geht noch von der These aus, das Indoeuroäer eingewandert seien und bezieht sich dabei auf Gimbutas These aus den 60igern. Vieles aus dieser Theorie ist jedoch wiederlegt worden, genauer gesagt gibt es da zwei Lager die dafür und dagegen argumentieren.
Es war wohl eher eine Wechselwirkung. Das es dabei auch Einwanderung gab ist ja unbestritten, doch es war wohl nicht so massiv, wie es die Kurgantheorie impliziert. Und das es am Pontus eine Weiterentwicklung der Sprache gab, dürfte eigentlich auf der Hand liegen. Ich glaube aber, es ist der Geburtsort für Indoiranisch. Das würde Sinn machen, zumal ja Asien quasi nebenan liegt..
Die Herkunft der Indoeuropäer ist ein bis heute umstrittenes Thema. Wie du schon schreibst haben sich im wesentlichen zwei Fraktionen gebildet: Die eine postuliert eine Einwanderung indoeuropäischer Bevölkerungsgruppen ab dem 4./3. Jahrtausend v. Chr. aus dem Steppenraum nördlich des Schwarzen Meers nach Europa (Invasionstheorie). Die andere Fraktion postuliert eine ungestörte Entwicklung der Indoeuropäer in Mitteleuropa ab dem Mesolithikum - ohne jede Einwanderung oder "Invasion" aus asiatischen Steppengebieten.

Beide Hypothesen haben sowohl plausible als auch weniger plausible Erklärungsmuster. Breite Anerkennung gibt es weder für die eine noch die andere Hypothese. Und so werden sich Archäologen und Linguisten auch noch weitere 100 Jahre über den Ursprung der Indoeuropäer streiten.
james hat geschrieben:In den folgenden Jahrzehnten haben sich ganze Forschergenerationen damit überschlagen,
die Germanen auf das Allergeringste zusammen zu stutzen und die Ostgermanen zu Protoslawen umzudeuten.
Diesen Eindruck habe ich ganz und gar nicht. Vor allem habe ich in keiner seriösen Publikation gelesen, dass die Goten "Protoslawen" gewesen sein sollen. Das ist - darüber sind wir uns sicher einig - kompletter Blödsinn. Als die Goten auf der Bildfläche erschienen, hat es längst slawische Völker gegeben.
james hat geschrieben:Gimbutas These kam also genau zur rechten Zeit denn nun hatte man auch ein glaubwürdiges Szenario für
die Bronzezeit und deshalb steht das auch so in allen Büchern drin. Danach kamen die anatolischen Bauern groß in Mode.
Ansonsten forschte man in Deutschland viel an der Steinzeit und den Neandertalern herum,
da konnte man nichts verkehrt machen. Der Begriff Germanen wurde gewissermaßen inakzeptabel,
selbst die Goten und Teutonen wurden als Germanen strittig.
Wie heisst es so schön, man redet einen schwarzen Mann weiß. Ist sehr beliebt bei jenen die gern
und oft präsentieren wie gut sie doch sind.
Dass Wissenschaftler Hypothesen aufstellen, ist ihr gutes Recht. Und dass manche Themen mal mehr mal weniger in Mode kommen, ist ein normaler Trend. Mit Colin Renfrew kam eine Hypothese groß in Mode, die die Indoeropäer mit den ersten Ackerbauern verband, die ab dem 7. Jahrtausend v. Chr. von Anatolien nach Europa kamen. Diese Hypothese wurde inzwischen widerlegr und ist außerhalb der Diskussion. Übriggeblieben sind die oben erläuterten zwei Hypothesen, die aber ebenfalls nicht belegbar sind. Vielleicht liest du mal einen Beitrag von Alexander Häusler, der eine Invasion von Indoeuropäern als "Mythos" bezeichnet. http://www.nomadsed.de/fileadmin/user_u ... eusler.pdf
james hat geschrieben:All diese Leute haben in den letzten 10 Jahren enorm viel geschaffen und veröffentlicht..
Und welche neuen Erkenntnisse sind das nun?
james hat geschrieben:Die Linguistik veröffentlicht relativ wenig und meist geht es um extrem spezielle Bereiche.
Udolph ist da recht innovativ, insbesondere im Hinblick auf Karthago und er widerlegt mit
starken Argumenten Vennemanns vaskonische Theorie. :wink:
Udolph hat in Bezug auf die Namenskunde auch wirklich viel gemacht, wobei ihm Ramge für Hessen folgt.
Leider hat sich noch niemand so richtig für Ostdeutschland erwärmt.
Mit Verlaub: Udolps Erkenntnise sind seit längerer Zeit bekannt und veröffentlicht und die Vennemann-Hypothese, die eine alteuropäische vasconische Bevölkerung postuliert, war seit eh und je kaum anerkannt.
james hat geschrieben:Den alten Standart hast du übrigens schön zusammengefasst.
Aber nun reicht es auch mit dem Thema. Das ist für mich gegessen.
Dann skizziere doch mal den angeblich "neuen" Standard und beschreibe, wo er sich von anderen Erkenntnissen unterscheidet.
Ruaidhri
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Bekenne mich schuldig, dem Forum den versprochenen Überblick über das Neolithikum in Norddeutschland/ Skandinavien schuldig zu sein.
Da die bösen Buben Dietrich und Spartaner mich aber animiert und motiviert haben, die Ur- und Frühgeschichte nun doch von der professionellen Seite anzugehen, sozuagen als neues Drittfach für ein altes Ziel, bleibt nicht so fürchterlich viel Zeit, Foren adäquate Zuammenfassungen der Flut an neuer, ungeheuer spannender Wissenschaftsliteratur zu produzieren.
So manches wurde und wird durch neue Funde, neue Fragen, neue Ergebnisse auf den Kopf gestellt, da hat James Recht.
Obendrein denn auch nicht zuletzt unter starker Beteiligung meiner Heimat-Uni und angeschlossener Forschungseinrichtungen.
Links:
Alte Seite:
http://www.jungsteinsite.uni-kiel.de/
Neue Seite:
http://www.jna.uni-kiel.de/index.php/jna

Die Publikationen ff des SPP 1400 der DFG
Frühe Monumentalität und soziale Differenzierung
Zur Entstehung und Entwicklung neolithischer Großbauten und erster komplexer Gesellschaften im nördlichen Mitteleuropa
Veröffentlichungen in einzelnen Titeln:
http://www.monument.ufg.uni-kiel.de/sch ... ikationen/

Online verfügbar:
https://www.academia.edu/1191135/MegaIi ... University
Academia.edu ist eine schier unerschöpfliche Quelle,
Hier der von James angesprochene Martin Furholt:
https://www.academia.edu/1191157/Die_ab ... andinavien

Zu Jastorf :
http://zs.thulb.uni-jena.de/receive/jpo ... e_00191611

https://www.academia.edu/3527934/Die_Si ... C3%9Fpolen
Inwieweit sich autochthone Entwicklungen und migrationsbedingte Einflüsse zu etwas Neuem, aber nicht im früheren Sinne "Germanischen" formten, wird endgültig und vielleicht nur die Zeit zeigen.
Muttersprache: Deutsch Vaterland: Keins. Heimat: Europa
LG Ruaidhri
james
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Danke,
ein Kroonen vertritt seit 2012 die Ansicht das es im Germanischem ein Substrat gibt das noch aus der Linearbandkultur stammt. Es handelt sich dabei um einen vorwiegend landwirtschaftlichen Wortschatz. Demnach muss Germanisch sehr viel älter sein, da es ja diesen Anteil behalten und an alle anderen germanischen Sprachen vererbt hat. Es hat dieses Substrat geringfügig auch ins Keltische, aber stark ins Baltische und Kirchenslawisch bzw. Frühslawisch vererbt und gelegentlich sogar wieder im Deutschen verloren.

Und ein weiterer Mensch beschäftigt sich mit der These ob Angelsächsisch überhaupt eine eingewanderte Sprache ist. Er steht auf dem Standpunkt das es keinerlei überlieferte Hinweise darauf gibt, das Englisch irgendwie angenommen wurde, da die Sachsen keinerlei Sprachbarriere zur einheimischen Bevölkerung in England hatten. Und als nächstes wirft er die Vorstellung über den Haufen, das die Kelten in Hallstatt keltisch gesprochen hätten. Das begründet er mit der Darstellung des Ursprungs der Inselkelten die überwiegend an Iberien und Amorika geknüpft seien, nicht an Hallstatt. Und er legt dar das die Region der Hallstätter Kultur sich überwiegend auf dem Gebiet der deutschsprachigen Schweizer, dem Elsaß, Luxemburg, Deutschland, Österreich und Tirol sowie geringfügig Böhmen liegt, womit er ja nicht unrecht hat. Die antiken Chronisten hätten daher die Germanen ursprünglich Kelten genannt.

Ein dritter Forscher namens Wiik glaubt das es Verbindungen zwischen Ugriern und Germanen gab, die sich sprachlich zeigen würden. Allerdings ist seine Darstellung der Frühgeschichte Europas falsch und sein Scenario daher unglaubwürdig. Allerdings wurde diese Sprachbrücke auch schon von Russen gefunden. Es scheint also was dran zu sein, nur die Scenarien sind falsch.
Offenbar gibt es einige Bewegungen in der Sprachforschung. Na mal sehen was da die nächsten Jahre noch so raus kommt.
Paul
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Wenn die Mehrheit der Bevölkerung der belgischen Stämme eine dem germanischen verwandte Sprachform gesprochen haben sollten, dann haben sie ihre Sprache auch nach Britannien mitgenommen. Es ist eigentlich schon plausibel, das sich das keltische nicht unbedingt auf die Belgier ausbreitete, selbst wenn es eine keltischsprachige Oberschicht gegeben haben sollte.
Die Frage ist auch, was sprachen die Helvetier denn nun, z.B. bevor sie in die Schweiz auswanderten?
viele Grüße

Paul

aus dem mittelhessischen Tal der Loganaha
Dietrich
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james hat geschrieben: ein Kroonen vertritt seit 2012 die Ansicht das es im Germanischem ein Substrat gibt das noch aus der Linearbandkultur stammt. Es handelt sich dabei um einen vorwiegend landwirtschaftlichen Wortschatz. Demnach muss Germanisch sehr viel älter sein, da es ja diesen Anteil behalten und an alle anderen germanischen Sprachen vererbt hat. Es hat dieses Substrat geringfügig auch ins Keltische, aber stark ins Baltische und Kirchenslawisch bzw. Frühslawisch vererbt und gelegentlich sogar wieder im Deutschen verloren.
Wer ist bitte "Kroonen", der diese Hypothese vertritt?

Die germanische Substrathypothese wurde 1932 von Sigmund Feist publiziert. Sie gilt heute als widerlegt und wird nur noch von wenigen Sprachforschern - wenn überhaupt- vertreten.

"Der Hauptgrund dafür, dass die germanische Substrattheorie heute als widerlegt gilt, ist, dass für sehr viele der vermeintlich nicht-indogermanischen Wörter im rekonstruierten urgermanischen Lexikon inzwischen doch etymologische Vergleichspunkte in anderen indogermanischen Sprachen gefunden worden sind. Einige Beispiele dafür in der oben genannten Wortliste sind:" https://de.wikipedia.org/wiki/Germanisc ... thypothese
james hat geschrieben:Und ein weiterer Mensch beschäftigt sich mit der These ob Angelsächsisch überhaupt eine eingewanderte Sprache ist. Er steht auf dem Standpunkt das es keinerlei überlieferte Hinweise darauf gibt, das Englisch irgendwie angenommen wurde, da die Sachsen keinerlei Sprachbarriere zur einheimischen Bevölkerung in England hatten.
Wie groß die Zahl der keltischen Einwanderer auf den Britischen Inseln war, ist ein seit langem umstrittenes Thema. Man erklärt den keltischen Einfluss anders als früher eher mit intensiven Kultur- und Handelskontakten statt mit einer massiven Einwanderung vom Festland. Dass Keltisch gesprochen wurde, dafür gibt es jedoch zahlreiche Belege. Die angelsächsische Sprache ist jedoch erst seit dem 8. Jh. schriftlich belegt.
james hat geschrieben:Und als nächstes wirft er die Vorstellung über den Haufen, das die Kelten in Hallstatt keltisch gesprochen hätten. Das begründet er mit der Darstellung des Ursprungs der Inselkelten die überwiegend an Iberien und Amorika geknüpft seien, nicht an Hallstatt. Und er legt dar das die Region der Hallstätter Kultur sich überwiegend auf dem Gebiet der deutschsprachigen Schweizer, dem Elsaß, Luxemburg, Deutschland, Österreich und Tirol sowie geringfügig Böhmen liegt, womit er ja nicht unrecht hat. Die antiken Chronisten hätten daher die Germanen ursprünglich Kelten genannt.
Fakt ist, dass die Hallstattkultur noch nicht als originär keltisch gilt, sondern erst die Latène-Kultur, die ca. 500 v. Chr. einsetzt. Welche Sprachen zur Hallstatt-Zeit im Raum Ostfrankreich/Süddeutschland neben dem Keltischen sonst noch gesprochen wurden, lässt sich nur vermuten.
james
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@Paul,
mit den Helvetiern hab ich mich noch nie befasst, von wo sollen sie denn ausgewandert sein oder meinst du die Wanderung
zu Zeiten Caesars?

@Dietrich
Das steht bestimmt in einem deiner alten Schinken die du so gerne zitierst.
Kroonen ist ein führender skandinavischer Linguist der indogermanischen Forschung und unterrichtet dies auch an Unis.
Im Grunde genomme ist es vollkommen egal, ob irgendwer eine von deiner Meinung abweichende Theorie aufstellt, da du jede Theorie ablehnst die neueren Datums ist und deinem Weltbild wiederspricht.
Insofern lohnt es sich nicht mit dir zu diskutieren.
Paul
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[quote="james"]@Paul,
mit den Helvetiern hab ich mich noch nie befasst, von wo sollen sie denn ausgewandert sein oder meinst du die Wanderung
zu Zeiten Caesars?[quote="james"]

Die Helvetier sollen aus dem Gebiet südlich des Mains stammen und spätestens 100 v. Chr von dort weggezogen sein.
Möglicherweise in mehreren Auswanderungsschüben der einzelnen Teilstämme. Da sie auch durch Gallien zogen verschwimmen die Angaben, von wo sie jeweils wann auszogen und wann es Kriegertruppen und wann Volksteile waren. Cäsar führte ja dann auch Kriege gegen Helvetier und verschiedenen germanischen Stämmen.
Insbesondere um die Teutonen/Toutonen gibt es Verwirrung.
viele Grüße

Paul

aus dem mittelhessischen Tal der Loganaha
Dietrich
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james hat geschrieben: @Dietrich
Das steht bestimmt in einem deiner alten Schinken die du so gerne zitierst.
Woher kennst du meinen Bücherschrank?
james hat geschrieben:
Im Grunde genomme ist es vollkommen egal, ob irgendwer eine von deiner Meinung abweichende Theorie aufstellt, da du
Es wäre hilfreich, wenn du die Aussagen der von dir angeführten Autoren mit Titel und Seitenangabe zitieren könntest.
Zuletzt geändert von Dietrich am 24.11.2015, 12:47, insgesamt 1-mal geändert.
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