Die 8 Legionen des Germanicus

Das römische Reich war maßgebend für die weitere Entwicklung Europas: Republik, Kaiserreich, Caesar, Augustus

Moderator: Barbarossa

Cherusker
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In den Jahren 14-16 n.Chr. versuchte Germanicus einen Wiedergewinnungskrieg gegen die Germanen unter der Führung von Arminius, um die verlorenen Gebiete der Varusschlacht zurückzuerobern.
Sein römisches Heer bestand aus 8 Legionen, die wiederum in zwei Heere zu 4 Legionen aufgeteilt wurden. Das obere Heer stand unter der Leitung von C. Silius und bestand aus der 2.,13.,14. und 16.Legion. Während das untere Heer von A.Caecina befehligt wurde. Hier waren es die 1., 5., 20. und 21.Legion. Caecina geriet mit seinen 4 Legionen bei "pontes longi" in schwere Kämpfe mit den Cheruskern, die Caecina nur knapp entkam.
Für den Feldzug gegen die Chatten hatte L.Apronius die Leitung des oberen Heeres. Caecina hat zeitgleich die Cherusker mit seinen 4 Legionen beschäftigt und gegen die Marser gekämpft.
Für die großen Schlachten bei Idistaviso und am Angrivarerwall hat Germanicus dann seine 8 Legionen und seine Verbündeten (z.B. Bataver, keltische Kontigente) zusammengezogen. Germanicus hatte erkannt, daß gegen die gemeinsame Streitmacht der gegnerischen Germanen nur ein großes römisches Heer bestehen kann. Er versuchte mit einzelnen Angriffen gegen die Marser, Brukterer und Chatten den Gegner zu schwächen. Der Erfolg war allerdings recht bescheiden, da Germanicus nach der Schlacht am Angrivarierwall seinen Feldzug einstellen mußte. Der Verbrauch an Material, Tieren und Menschen muß für die Römer enorm gewesen sein. So soll es in Gallien kaum noch Pferde für den Transport gegeben haben.
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Triton
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Ach, den Germanicus gabs wirklich. Ich kannte bisher nur den hier:
https://www.youtube.com/watch?v=XkiqvPsaKAQ
"Tatsachen schafft man nicht dadurch aus der Welt, in dem man sie ignoriert." (Aldous Huxley)
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Barbarossa
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Ein gewaltiger Aufwand - und letztlich doch erfolglos.
Auch in den folgenden Jahrhunderten gab es anscheinend immer wieder Angriffe der Römer, bei denen sie teilweise tief in germanisches Gebiet eindrangen und sogar siegriech waren. Aber das alles führte nicht mehr zu deren Unterwefung. Ich denke da z. B. an das Harzhornereignis: http://de.m.wikipedia.org/wiki/Harzhornereignis
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Cherusker
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Heute habe ich einen Vortrag von Prof. Dr. CALLIES über die Ereignisse am Harzhorn mir angehört. Im Beitrag über die "Schlacht am Harzhorn" berichte ich darüber.
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Barbarossa
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Ah ja ok, danke.

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dieter
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Triton hat geschrieben:Ach, den Germanicus gabs wirklich. Ich kannte bisher nur den hier:
https://www.youtube.com/watch?v=XkiqvPsaKAQ
Lieber Joerg,
der hat sich so genannt in seinem Übermut, weil ergemeint hatte, dass er Germanien schon unterworfen hätte. :wink: :mrgreen:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
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Bei den Römern war es beliebt, wenn man irgendwann in Germanien gekämpft hatte, sich den Namen GERMANICUS zu geben. Auch Maximinus Thrax hatte nach seiner "Schlacht an den Sümpfen" das Bedürfnis. :mrgreen:
Man kann es auch anders ausdrücken: wenn man lebend aus Germanien wieder herauskam, dann war man GERMANICUS. :wink:
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dieter
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Lieber Cherusker,
toll Deine Ironie. :wink: :mrgreen:
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Germanicus hat in seinen Feldzügen 14-16 n.Chr. in Germanien, höchstwahrscheinlich die Stämmer angegriffen, die sich an der Varusschlacht beteiligten. Zuerst ging er gegen die Marser vor, dann Brukterer und Chatten. Es werden bei Tacitus die Verwüstungen deren Gebiete geschildert. Aber was fehlt, die Verwüstung der Cherusker Gebiete. D.h. Germanicus war nicht im Kernland der Cherusker. Er ist nur kurzfristig zur Befreiung des Segestes in das südliche Cheruskergebiet gezogen. Aber die angestrebte Vernichtung der Cherusker und somit auch Zerstörung ihrer Siedlungen hat Germanicus nicht erreicht. Vielmehr schaffte er es mit seinen 8 Legionen nur bis zur Grenze zwischen Cherusker und Angrivarer, dem sogenannten Angrivarierwall.
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Agrippa
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Das ist ein sehr wichtiger Hinweis.
Römische Chronisten liebten es, Vergeltungsaktionen gegen Feinde auszuschmücken, selbst wenn sie noch so unbedeutend waren. Das zieht sich wie ein Leitfaden durch die gesamte römische Geschichtsschreibung. Jeder Niederlage folgte irgendein Sieg auf dem Fuß. Dabei gibt es sogar einige zweifellos erfundene Siege, die eine Schmach tilgen sollten.

Dass in den Annalen des Tacitus nicht von der Verwüstung des Cheruskerlandes berichtet wird, ist auffallend. Schließlich galt der Cherusker Arminius als einer der Anführer des Krieges, zunächst gegen Varus, später gegen Germanicus.

Während der Schlacht am Angrivarierwall erließ Germanicus sogar den Befehl, den Stamm der Cherusker auszurotten:

Tacitus, Annalen II, 22:
"Germanicus hatte, um besser erkannt zu werden, seine Kopfbedeckung abgenommen und bat seine Leute, mit dem Morden nicht einzuhalten. Man brauchte keine Gefangenen zu machen, nur die Vernichtung des Stammes werde dem Krieg ein Ende setzen."

Wenn Germanicus am Angriavrierwall angeblich gesiegt hat, warum drang er danach nicht ins Siedlungsgebiet der Cherusker vor und verwüstete es? Weil er in der Schlacht am Angrivarierwall hohe Verluste erlitt (wahrscheinlich besonders bei der Reiterei) und zum Rückzug gezwungen wurde.
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Agrippa
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Nach dem Desaster am Angrivarierwall folgte der Schiffbruch auf der Nordsee (Tac, Ann. II, 23 f.).

Die wahrscheinlich erheblichen Verluste aus den vorherigen Schlachten konnte Germanicus in seiner Berichterstattung nun auf die Katastrophe in der Nordsee "verteilen". Die wahren Verluste aus den Kampfhandlungen konnte er offensichtlich nicht angeben, sonst wäre ihm im folgenden Jahr kein weiterer Feldzug mehr gestattet worden.

Tiberius aber kalkulierte kühl:
Wenn es Germanicus nicht mit acht Legionen gelang, das Heer der vereinten Germanenstämme in einer offenen Feldschlacht (Idistaviso) zu besiegen und er es auch nicht an einer festen Verteidigungsstellung (Angrivarierwall) vernichten konnte, was war dann noch zu erwarten?

Tiberius zog notgedrungen den einzig richtigen Schluss: Die sofortige Beendigung des Krieges und die Erklärung des Sieges.

Germanicus erhielt einen Triumphzug, später wurde unter seinem Sohn Caligula ihm zu Ehren ein Dupondius in Gedenken an den Sieg geprägt. Für das einfache Volk von Rom reichte das, bei den gebildeten Römern blieb allerdings ein ungutes Gefühl....
Cherusker
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Nach der Schlacht am Angrivarierwall kehrte Germanicus mit seinen Legionen in die Winterquartiere zurück und zwar teils mit Schiffen (da war er selbst dabei) und teils über den Landweg. Dabei kam es durch ein Unwetter zu einer Katastrophe. Zahllose Schiffe gingen schiffbrüchig und selbst bis Britannien sollen einige Schiffe gelangt sein. Germanicus selbst landete im Gebiet der Chauken. Einen romfreundlichen germanischen Stamm. Somit war er gerettet. Die damalige Nordseeküste war von den großen germanischen Stämme der Bataver im Westen (heute Niederlande), Friesen und Chauken besiedelt. Diese waren von Rom unterworfen und hatten somit mit ihnen ein Bündnis.

Jetzt steht aber noch was anderes in Tacitus seinen Annalen II: "Viele wurden auch durch die Angrivarier, die sich kürzlich unterworfen hatten, von den tiefer im Binnenland wohnenden Stämmen losgekauft und zurückgegeben."

Wie kann das denn geschehen? :shock: Die Schiffe stranden an der Nordseeküste und Römer werden von tief im Lande lebende Germanen gefangengenommen? Dieser Satz sagt doch eher aus, daß die Römer bei der Schlacht am Angrivarierwall erhebliche Verluste erlitten haben und etliche Römer in germanische Gefangenschaft gerieten. Die nun verbündeten Angrivarier haben diese römischen Gefangenen von den Cheruskern und deren Verbündete wieder freigekauft. So hat man einfach in der römischen Geschichtsschreibung die Verluste der Schlacht dem Schiffbruch zugeschoben. :wink: :mrgreen:

Auch steht über Germanicus Freigiebigkeit geschrieben: "er ersetzte jedem seinen Schaden in der Höhe, die er angegeben hatte." Hat Germanicus damit nicht das Wohlwollen seiner Legionäre erkauft? :eh: Durch dieses Geschenk hat er versucht sie für das nächste Jahr wiederzugewinnen und ist somit der Möglichkeit einer erneuten Meuterei vorgekommen. Da lief wohl in Germanien wieder einiges schief... :mrgreen:
Cherusker
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Ach, noch ein paar Infos: Forscher gehen davon aus, daß die Zahl der Legionäre und der Hilfstruppen ca. 100000 Mann betrug. KEHNE (Historiker) geht davon aus, daß 20-25 % von ihnen in den Kämpfen und den Katastrophen starben. Tiberius hatte durch die Germanicus-Feldzüge enorme Mengen an Mensch, Tier und Material "verbraucht". In ganz Gallien soll es keine überschüssige Pferde mehr gegeben haben. Somit hat Tiberius den Germanicus in den Orient "weggelobt".
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dieter
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Ihr Lieben,
auch wie in heutigen Kriegen bleibt die Wahrheit über den Krieg als ersters auf der Strecke, das war auch in Ägypten so mit ihren Auseinandersetzungen mit den Hethitern. :wink:
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Agrippa
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Richtig. Es ist anzunehmen, dass die tatsächlichen Verluste der Germanicusfeldzüge 14-16 n. Chr. in Rom nicht publik gemacht wurden. Schuld war einfach eine große Sturmflut, die die Flotte zerstörte. Germanicus konnte somit als großer Feldherr einen Triumphzug feiern und der römische Nimbus der Unbrsiegbarkeit blieb gewahrt. Aber wollte er nicht eigentlich das Land zurückgewinnen, das sein Vater Drusus einst unterworfen hatte ?

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