Platons Kritik der attischen Demokratie

Sparta, Mykene, Stadtstaaten, Seevölker

Moderator: Barbarossa

Wallenstein

Platon ( 427-347 v.Chr.)) gehört zu den größten griechischen Philosophen. Sein Lehrmeister war Sokrates, sein begabtester Schüler Aristoteles. Alle drei waren sich einig in der Ablehnung der Demokratie.

Ich habe sein Hauptwerk, der Staat, noch einmal überflogen. Platons Philosophie ist natürlich sehr komplex, aber vielleicht kann man kurz zusammenfassen, warum er die direkte Demokratie in Athen ablehnte:

Die Menschen sind dafür einfach zu dumm. Die Masse der Bürger ist zu ungebildet und nicht in der Lage, kompetente Beschlüsse zu fassen. Deshalb sollte eine Schicht von Gebildeten, die Philosophen, den Staat lenken.

Platon zeichnet ein düsteres Bild von der Volksversammlung in Athen. Sie wird beherrscht von machtgierigen Politikern, er nennt sie Drohnen, die mit ihren Anhängern, das so genannte Drohnenvieh, die Macht an sich ziehen und verhängnisvolle Beschlüsse durchsetzen. Diese Drohnen bilden eine neue Oligarchie: (Alle Zitate stammen aus Platon, Der Staat, München 1955, S. 392 ff)

„Teilen wir in Gedanken die Bürgerschaft einer Demokratie in drei Klassen, in die sie bekanntlich auch in der Wirklichkeit zerfällt: die erste, die eben erwähnte Drohnenklasse, wächst in der Demokratie infolge der übermäßigen Freiheit in nicht geringerer Zahl empor als in dem von einer Oligarchie regierten Staate.
Ja, so ist's.
Aber in ersterer ist sie weit leidenschaftlicher als in letzterer.
Wieso?
Weil sie in der Oligarchie nicht im Besitze der Bürgergeltung ist und von der Staatsregierung ausgeschlossen wird, kann sie dort ihre Geisteskraft nicht entwickeln und kommt zu keiner durchdringenden Kraft: in der Demokratie dagegen ist diese Klasse diejenige, die die ganze Bürgerschaft derselben, mit Ausnahme weniger, bevormundet: der leidenschaftlichste Teil davon spielt die tätige Rolle der Politik in Wort und Tat, der übrige Schwarm umlagert passiv mit Gesumse die Rednerbühne und läßt niemanden eine andere Meinung vortragen, so daß bei einer solchen Verfassung alle Geschäfte des Staates, mit Ausnahme weniger, von der genannten Klasse abgemacht werden.“

Die zweite Klasse sind für Platon die vermögenden Schichten, die von den Drohnen zur Kasse gebeten werden, die sogenannte Drohnenweide.

„Diese zweite Klasse, die Reichen, führen bekanntlich den Namen »Drohnenfutter«.
Ja, sagte er, so ungefähr."

Die dritte Klasse ist die arme Bevölkerung, die den Drohnen hinterherläuft.

„Die dritte Klasse der Demokratie aber wäre das niedere Volk, worunter alle gehören, die von eigner Handarbeit leben, die keine Freunde von Staatsgeschäften sind, die keinen großen Landbesitz haben, und dieser Teil ist der zahlreichste und zugleich der entscheidendste, wenn er ganz versammelt ist.
Ja, sagte er, das ist er freilich; aber er hat keine sonderliche Lust, eine solche vollständige Versammlung zu bilden, wenn er keine Aussicht hat, Anteil am Honig zu bekommen.
Nun, sagte ich, er bekommt immer, wenn die rädelsführenden Volksführer imstande sind, die besitzende Klasse zu berauben und den Raub unter das Volk so zu verteilen, daß er den größten Teil davon behalten kann.
Ja freilich, sagte er, so bekommt das Volk seinen Anteil.“

Diese Drohnen entwickeln sich zu Volksführern, aus denen eine neue Tyrannis entsteht.

„Nicht wahr, daher die bekannte Gewohnheit des niederen Volkes, vorzugsweise irgend einen sich als Volksanwalt an seine Spitze zu stellen, ihn dick und mächtig groß zu füttern?
Ja, freilich ist das seine bekannte Gewohnheit.
Dies wäre also, sagte ich, erstlich außer Zweifel, daß ein Tyrann, wenn er entsteht, nur aus dieser Wurzel der Volksanwaltschaft und nirgends anderswoher hervorkeimt?
Ja, ganz ohne Zweifel.
Wo ist nun der Anfang seiner Umwandlung aus einem Volksanwalt zu einem Tyrannen? Jener Herr Volksanwalt dagegen legt sich selbst verständlich nicht groß großmächtig hin, sondern steht nach Niederstreckung vieler anderer Thronkandidaten am Ruder des Staates und ist nun ein Tyrann in seiner Vollendung!
Ja, sagte er, das läßt er erwarten.“

Platon geht davon aus, das es zuerst eine Oligarchie der Reichen gab, die wurde durch eine Revolution gestürzt und es entsteht die Demokratie. Durch das Handeln der Drohnen und der Dummheit des Volkes entsteht dadurch später eine Tyrannis. Oligarchie, Demokratie und Tyrannis sind die drei schlechten Staatsformen. Die guten Staatsformen wären daher die Aristokratie oder die Monarchie, am besten aber eine Herrschaft der Philosophen.

„Wenn nicht entweder die Philosophen König werden in den Städten [...], oder die, die
man heute Könige und Machthaber nennt, echte und gründliche Philosophen werden, und
wenn dies nicht in eines zusammenfällt: die Macht in der Stadt und die Philosophie, und
all die vielen Naturen, die heute ausschließlich nach dem einen oder dem anderen streben,
gewaltsam davon ausgeschlossen werden, so wird es [...] mit dem Elend kein Ende haben,
nicht für die Städte und auch nicht [...] für das menschliche Geschlecht.“

Platon gehörte zur Athener Oberschicht und erlebte die attische Demokratie auf ihrem Tiefpunkt während des Peloponnesischen Krieges. 404. V. Chr. siegten die Spartaner, schafften in Athen die Demokratie ab und errichteten die Herrschaft der dreißig Tyrannen, die in der Stadt eine Schreckensherrschaft ausübten und etwa 1.500 Menschen ermorden ließen. Zu den dreißig Tyrannen gehörten auch Angehörige aus Platons Familie, so z. B. sein Onkel Kritias. Platon selbst distanzierte sich von diesen Herrschern. Kurze Zeit später kam durch eine neue Revolution die Demokratie wieder an die Macht, ergänzt durch neue Kontrollmechanismen, um frühere Missbräuche zu verhindern.

Platon ist sicherlich voreingenommen, auch wenn viele Kritikpunkte wahrscheinlich berechtigt sind. Unter anderem kritisierte er, dass die Exekutivorgane der Stadt nicht aufgrund von Qualifikation besetzt werden, sondern durch das Losprinzip. Deshalb gab es überall Inkompetenz und Willkür.

Platons alternative Vorstellung von Herrschaft wird vielfach interpretiert als reaktionäres Elitekonzept mit einem Hang zum Totalitarismus. So z.B. von Karl Popper in seinem Buch „Die offene Gesellschaft und ihre Feinde“.
james
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Kommt einem merkwürdig bekannt vor, nicht wahr? Allerdings hat Platon auch eine Freiheit dies zu sagen, da er selbst zur Oberschicht - also zu den Drohnen gehört.
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