Woher kamen die Seevölker?

Sparta, Mykene, Stadtstaaten, Seevölker

Moderator: Barbarossa

Menander
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eine interessante theorie findet sich unter diesem link (letzter absatz):
http://de.wikibooks.org/wiki/Wikijunior ... %C3%B6lker
dass das zusammenspiel von klimatischen veränderungen in kombination mit der langen friedenszeit als folge des friedensvertragens zwischen ägyptern und hethitern (und der daraus resultierenden "arbeistlosigkeit" der söldner, die in dienst der ägypter, hethiter, der kanaäischen kleinstaaten etc. gestanden sind) auslöser des "seevökersturms" war, scheint mir plausibel! und würde auch den militärischen erfolg der seevölker besser erklären!
Dietrich
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Menander hat geschrieben:eine interessante theorie findet sich unter diesem link (letzter absatz):
http://de.wikibooks.org/wiki/Wikijunior ... %C3%B6lker
dass das zusammenspiel von klimatischen veränderungen ...!
Ja ja, immer wieder die Sache mit dem "Klima", wenn man nicht so recht weiter weiß. Das lässt sich kaum jemals seriös nachprüfen und hat dazu einen ganz "modernen" Anstrich.

Ich halte es nach wie vor mit einer Kombination von Systemzusammenbruch und Aufstandsbewegungen, wozu noch möglicherweise Anstöße von außen (Nordbalkan?) gekommen sein könnten. Die Implosion von Mykene zog auch das Reich der Hethiter in Mitleidenschaft und nachdem erst einmal das gefallen war, machten sich neben vertriebenen mykenischen Migranten auch anatolische Bevölkerungsgruppen auf den Weg - z.B. die "Lukka", sicherlich identisch mit den Lykiern in Südanatolien.
Menander
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nun...klimaforscher haben aber für den fraglichen zeitpunkt (um 1200 v.chr.) zahlreiche indizien für eine deutlichen rückgang der jährlichen niederschläge festgestellt (http://environment.yale.edu/envy/storie ... -collapse/)! das klimaveränderungen die geschichte beeinflussen ist für mich ein eindeutiges faktum. ein rückgang der ressourcen hat nachhaltige wirkung auf gesellschaften und damit auf die einzelnen individuen. ist die zentralgewalt nicht in der lage, das probem zu lösen, führt das unweigerlich zu radikalen veränderungen innerhalb des systems bzw. beeinflusst es nachhaltig die benachbarten!
Dietrich
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Die Seevölkerbewegung und die "ägäische Wanderung" sind ein komplexes Problem und sicher nicht allein mit klimatischen Veränderungen zu erklären. Das Bündel möglicher Ursachen umfasst Systemzusammenbruch, Aufstände, Missernten und Seuchen, Einbruch kriegerischer Bevölkerungsgruppen in Griechenland usw.

Dass "Seevölker" etwa um 1200 v. Chr. tatsächlich im Raum des östlichen Mittelmeers "wanderten", ist gegenwärtig Stand der Diskussion.

Sicher ist der ägyptische Bericht von Ramses III. nicht eine neutrale und unmittelbare historische Quelle. Doch gibt es inzwischen Ausgrabungen in Süd- und Westanatolien, Zypern, Syrien und Israel, die eine Präsenz ägäischer Einwanderer zu Beginn des 12. Jh. v. Chr. nachweisen. Die ägäischen Artefakte zeigen allerdings, dass die Migration ägäischer Einwanderer nicht immer mit einer Zerstörung der lokalen Kultur einherging, sondern dass man vielfach von einer friedlichen Koexistenz mit der lokalen Bevölkerung ausgehen kann, die später zu einer Verschmelzung von Autochthonen und Zuwanderern geführt haben wird. Lediglich im Fall der Philister, d.h. der in den Quellen genannten Peleset/Pelischtim, ist ein autonomer Staat mit ethnisch benannter Bevölkerung entstanden.

Der US-Professor Assaf Yaser-Landau sagt dazu in einem Aufsatz über die "Seevölker":
Die Wanderung der "Seevölker", unter ihnen auch die Philister, von der Ägäis in die Levante während des frühen 12. Jh. v. Chr., ist eines der faszinierendsten Ereignisse in der Geschichte des Ostmittelmeerraums. Aus kulturgeschichtlicher Sicht ist es ein Wendepunkt, an welchem die Kluft zwischen dem Zusammenbruch der spätbronzezeitlichen Zvilisationen und dem Beginn der Ära der Nationalbewegungen überbrückt wird.

Eine Inschrift aus dem achten Regierungsjahr von Ramses III. in Medinet Habu (ca. 1175 v. Chr.) zeichnet ein dramatisches Bild der Ankunft der fremden Eroberer, die von "Inseln" (offenbar im ägäischen Raum) stammen und auf ihrem Weg durch Anatolien und Syrien in Richtung Ägypten eine Spur der Zerstörung hinter sich ließen. [...]

Während der ägyptische Bericht nicht als unparteiisches und unmittelbares Dokument akzeptiert werden sollte, haben Ausgrabungen in West- und Südanatolien (z.B. Bademgedigi Tepe und Tarsus), Zypern (z.B. Enkomi und Maa Palaeokastro), Syrien (z.B. Ras Ibn Hani) und Israel (z.B. Aschdod, Askalon und Ekron) einen dramatischen Anstieg in der Menge der lokal entstandenen ägäisch geprägten materiellen Kultur zu Beginn des 12. Jh. v. Chr. aufgedeckt.

Die Präsenz ägäischer Einwanderer kann aus dem Auftauchen ägäischer häuslicher Verhaltensmuster geschlossen werden: Essen wurde in Kochtöpfen ägäischer Art gekocht, Wein in Krateren mykenischen Stils gemischt und aus Skyphoi (schüsselartigen Gefäßen) getrunken. Auch die Textilherstellung änderte sich mit der Einführung des Webgewichts ohne Öse zum Aufhängen. Sogar die Wohnarchitektur wandelte sich, und Häuser in Zypern und Israel wurden mit rechteckigen Herdstellen ausgestattet - ein gemeinsamer Zug traditionller ägäischer Architektur der mykenischen Nachpalastzeit (Späthelladisch IIIC). Diese neuen ägäischen Merkmale gingen aber immer Hand in Hand mit dem Fortbestand der jeweils lokalen materiellen Kultur. Nur selten erscheinen sie in der unmittelbaren Folge der Zerstörung eines Ortes der Einheimischen.

Daher ist es wahrscheinlich, dass die ägäische Ansiedlung zumeist nicht gewaltsam verlief, wie von Ramses III. beschrieben, sondern dass sie hauptsächlich durch friedliche Koexistenz mit der lokalen Bevölkerung des Ostmittelmeerraums gekennzeichnet war.

Der genaue Grund für den Aufbruch einer beträchtlichen Zahl an Bewohnern der ägäischen Welt zur Kolonisierung des Ostens wird möglicherweise für immer im Dunkeln liegen. Möglich ist, dass innere Rivalität und Streit in der nachpalastzeitlichen Gesellschaft kulturelle Mobilität ermöglichte und Ansporn für Einzelne wie auch Gruppen bedeutete, ihr Glück auswärts zu versuchen. Die Ost- und Südbewegung wurde zweifellos durch den Untergang des Hethiterreichs und seiner Vasallenstaaten entlang der anatolischen und syrischen Küste kurt nach 1200 v. Chr, bedeutend vereinfacht.

Rückblickend stellt sich das Phänomen "Seevölker" als Erscheinung des unmittelbaren Beginns der Dark Ages Griechenlands dar und es beleuchtet die frühesten Anfänge der Wiederherstellung gesellschaftlicher Strukturen nach dem Ende der mykenischen Paläste. [...]

(Assaf Ysur-Landau, Die Seevölker, in: Zeit der Helden. Die "dunklen Jahrhunderte" Griechenlands 1200-700 v. Chr, Ausstellungskatalog, Karlsruhe 2008, S. 56 f.)
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Barbarossa
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Berner » 06.02.2015, 16:04

Ich habe gerade eine Doku gesehen, die ich sehr interessant und wesentlich informativer als andere deutsche Produktionen fand:

https://www.youtube.com/watch?v=ZQykroaMGx8

Spoiler:

Darin kommt zu Wort Erc Cline von der George Washington University und es geht um die Ausgrabungen von Krzysztof Nowicki auf Kreta und seine daraus gewonnenen Erkenntnisse. Nowicki hat eine große Zahl von Bergsiedlungen entdeckt, die zur Zeit des Seevölkersturms an den unwirtlichsten und verstecktesten Orten auf Kreta, auf felsigen Klippen und Gipfeln errichtet wurden, während zeitgleich zahlreiche Siedlungen an der Küste verlassen wurden. Ausserdem wurde eine Festung an der Küste entdeckt, die zu dieser Zeit nur von äußerst wehrhaften Kriegern hätte verteidigt werden können, von der man annimmt, dass sie Kriegern der Seevölker als Stützpunkt diente, um Kreta von dort aus zu kontrollieren oder um zu Kriegszügen aufzubrechen. Natürlich geht es daneben auch um andere weithin bekannte Quellen über die Seevölker.

Besonders interessant fand ich den Zusammenhang zwischen dem Friedensvertrag zwischen Ägypten und dem Hethiterreich und dem daraufhin ausbrechenden Seevölkersturm und Erkenntnisse über Veränderungen in der Kriegsführung, die mit dem Seevölkersturm einhergehen.
Daraus ergibt sich eine These. Mit dem Friedensvertrag verliert die große Zahl von Söldnern, hauptsächlich einfache Fußsoldaten aller Herren Länder, die vormals auf Seiten der Ägypter oder Hethiter kämpften, ihre Lebensgrundlage. Es ist ja allgmein bekannt, dass eine vielzahl ägyptischer oder hethitischer Söldner aus anderen Gegenden des Mittelmeers, etwa der Ägäis oder Lybien stammten. Es ist von daher nicht weiter abwegig, dass diese zahlreichen entlassenen Söldner, nun erhebliche Spannungen und Umwälzungen auslösten. Der Gegensatz der streitwagenbewährten Eliten und der einfachen Fußtruppen tritt nun offen zu Tage. Mit der Einführung einer neuen Waffe kippt die herausragende Stellung des Streitwagens in der Kriegsführung. Mit dem Seevölkersturm, erhält der Speer, der vormals vor allem bei der Jagd Verwendung fand, Einzug in die Kriegsführung und eine große Bedeutung, die er noch lange behalten sollte. Der Krieger der Seevölker ist leich gepanzert und trägt einen Speer, ein Hiebschwert und einen Rundschild. Ist das Pferd eines Streitwagens erstmal verwundet (z.B. durch einen Speerwurf) und das Gefährt kommt zum stehen, sind die schwergepanzerten, behäbigen Elitekrieger beinahe wehrlos den wendigen, ungepanzerten Fußsoldaten ausgeliefert. Die Einführung neuer Strategien in der Kriegsführung hätte damit auch soziale Umwälzungen zur Folge.
Cline vermutet, dass die gut vernetzten und über Informanten in vielen Ländern verfügenden Ägypter, bereits frühzeitig über die aufkommende Gefahr informiert waren. Die Entscheidung der Ägypter, die Seevölker bereits auf dem Meer in einer Seeschlacht zu stellen, erschiene damit als eine wohl überlegte, durchdachte Strategie, die darin besteht, das Anlanden der zu Lande überlegenden Fußkämpfer zu verhindern. Wenn auch schwer gebeutelt, verdankt das Ägyptische Reich dieser klugen Entscheidung und seinem fortschrittlichen Spionagenetzwerk möglicherweise sein Überleben.

Grundsätzlich führt der Versuch einen Erklärungsansatz gegen den anderen auszuspielen meiner Meinung nicht weit. Ich finde sogar das verschiedene Thesen sehr gut zueinander passen. Nimmt man etwa die Theorie, dass vom Balkan einwandernde Völker in der Ägäis zu weiteren Wanderbewegungen und Unruhen führten, so kann man sich gut vorstellen, das die Auswirkungen umso größer waren, je instabiler die Verhältnisse in den Reichen der Mykener oder Hethiter ohnehin schon waren. Auch die Veränderungen des Klimas oder die Erdbebenphase, der über Jahrzehnte viele Städte im ganzen Mittelmeerraum zum Opfer fielen, stellen keinen Widerspruch dar, sondern erscheinen eher als ein perfekter Närboden für soziale Unruhen, Völkerwanderungen und Konflikte. Die Theorie von ehemaligen Söldnern in prekären Verhältnissen, die sich vermutlich in großer Zahl auch der Seeräuberei betätigten, erklärt für mich besonders gut die Unklarheit, was die Heerkunft der Seevölker betrifft, bzw. die Nennung so vieler unterschiedlicher Völker, sie erklärt auch Widersprüche wie etwa - wenn man den trojanischen Krieg vor dem Hintergrund des Seevölkersturms betrachten möchte - dass Larisa sowohl als Herkunftsort des Achilles als auch als verbündete Stadt der Trojaner genannt wird.

Woher kamen die Seevölker? (siehe: 23:30)

Ich denke wie auch Professor Cline diese Frage lässt sich nicht eindeutig beantworten, weil die Seevölker vermutlich auch unterschiedlicher Herkunft waren. Es stellen sich Fragen wie: Kamen die Serdana aus Sardinien oder gingen sie schließlich dort hin (schließlich wurden die ägyptischen Inschriften und Stelen ja vermutlich auch erst im Nachhinein angefertigt)? Man weiß es nicht. Es ist nicht ungewöhnlich, dass Völker im nachhinein nach Völkern bennant wurden, in deren Gebiet sie einwanderten, wie auch Beispiele bekannt sind, wo der Name von Eroberern auf die von ihnen eroberten Gebiete übertragen wurden. Ich finde wie auch die Erklärung am plausibelsten, dass der Seevölkersturm sowohl aus den betroffenen Ländern selbst erwuchs (mykenische, karische, hethitische, ägyptische, lybische etc Söldner und Bevölkerungsgruppen), als auch durch einwandernde Völker und Stämme gespeist wurde. So kann ich mir gut vorstellen, dass örtliche Piraten oder Aufständische, sich mit äußeren Feinden/ einwandernden Völkern zusammen schlossen, um die eigene Anzahl und Schlagkraft gegenüber einer immer noch wehrhaften Elite und herrschenden Klasse der bronzezeitlichen Großreiche zu erhöhen. Sie wären damit naheliegende Verbündete, mit dem gemeinsamen Ziel, am Wohlstand und Reichtum der Eliten in den großen Reichen des Mittelmeerraums teilzuhaben. Vor dem Hintergrund klimatischer Umwälzungen, Naturkatastrophen und Dürren, erscheint dieses Anliegen nur noch dringlicher.

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Dietrich » 07.02.2015, 14:20
Berner hat geschrieben:I
Grundsätzlich führt der Versuch einen Erklärungsansatz gegen den anderen auszuspielen meiner Meinung nicht weit. Ich finde sogar das verschiedene Thesen sehr gut zueinander passen. Nimmt man etwa die Theorie, dass vom Balkan einwandernde Völker in der Ägäis zu weiteren Wanderbewegungen und Unruhen führten, so kann man sich gut vorstellen, das die Auswirkungen umso größer waren, je instabiler die Verhältnisse in den Reichen der Mykener oder Hethiter ohnehin schon waren. Auch die Veränderungen des Klimas oder die Erdbebenphase, der über Jahrzehnte viele Städte im ganzen Mittelmeerraum zum Opfer fielen, stellen keinen Widerspruch dar, sondern erscheinen eher als ein perfekter Närboden für soziale Unruhen, Völkerwanderungen und Konflikte. Die Theorie von ehemaligen Söldnern in prekären Verhältnissen, die sich vermutlich in großer Zahl auch der Seeräuberei betätigten, erklärt für mich besonders gut die Unklarheit, was die Heerkunft der Seevölker betrifft, bzw. die Nennung so vieler unterschiedlicher Völker, sie erklärt auch Widersprüche wie etwa - wenn man den trojanischen Krieg vor dem Hintergrund des Seevölkersturms betrachten möchte - dass Larisa sowohl als Herkunftsort des Achilles als auch als verbündete Stadt der Trojaner genannt wird.

Das Problem der Seevölker bleibt eine komplexe und ungelöste Frage. Im Verlauf der letzten Jahrzehnte sind immer wieder Hypothesen aufgetaucht, die eine zeitlang diskutiert, und dann von neuen Hypothesen abgelöst wurden. Am Anfang stand eine Invasion von Völkern aus dem Balkanraum, die in Griechenland einfielen. Diese Hypothese hielt sich viele Jahrzehnte, bis Archäologen erklärten, eine solche Invasion lasse sich nicht nachweisen. Es gäbe keine archäologisch feststellbare Spur von Norden nach Griechenland hinein, vor allem auch keine Waffen, die darauf hindeuten könnten. Alle in Griechenland gefundenen Schwerter, Dolche oder Schilde kämen aus dem ägäischen Raum. Später dann wurden zusätzlich genannt: Erdbeben, Dürreperioden, Klimaverschlechterung, Bürgerkrieg, Kampf der Kriegeraristokratie, Implosion des Systems.

Die heutige Forschung stellt die Sache so dar, wie sie ist. Sie sagt, dass der Seevölkersturm und der Untergang von Mykene und dem Hethiterreich komplexe Ursachen haben und nicht monokausal erklärbar sind. Allerdings ist man sich ziemlich sicher, dass durch den Untergang Mykenes und der Hethiter Bevölkerungsverschiebungen erfolgten und es zu Migrationen und Wanderungen von Bevölkerungsgruppen kam. Immerhin gab es in ganz Griechenland Zerstörungen und Brandkatastrophen, die Einwohnerzahl verminderte sich rapide und es entstanden siedlungsarme und sogar entvölkerte Gebiete. Man kann also einen Dominoeffekt vermuten: Die Implosion der ägäischen Staaten setzte eine Völkerlawine in Bewegung, die andere mitriss. Wenn wir auch nicht die eigentlichen Ursachen kennen, so kennen wir immerhin die Auswirkungen. Wanderzüge entlang der Südküste Kleinasiens und der Levante (Syrien, Palästina) bis hin zur historisch gut dokumentierten Seeschlacht im Nildelta zwischen Ägyptern und Kriegern der Seevölker.

Über die Identität und Herkunft der Seevölker ist man bis heute im unklaren. Ob nun die Sardana wirklich aus Sardinien kommen, die Turesch Etrusker sind oder die Sekelesh aus Sizilien stammen, ist fraglich. Die Lukka werden mit ziemlicher Gewissheit mit den Lykern gleichgesetzt, die an der Südküste Kleinasiens siedelten und die Peleset sind als einzige mit den Philistern zu identifizieren.
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james
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Also um mal auch meinen Senf dazu zu geben. Ich hab mich auch schon gefragt wer die Seevölker genau sind.
Ich hab die Doku auch mal gesehen und fand es ganz interessant.

Die Ägypter beschreiben die Angreifer als Völker die im Meer lebten, worin ich die Ägais und die vielen griechischen Inseln sehe. Man muss auch unterscheiden wer welche Seevölker nennt. Ich versuch das mal chronologisch zu ordnen, obwohl Dieter das ja schon gut zusammengefasst hat.
Und ich hab da auch noch die eine oder andere Anregung dazu.

Ich denke Teresh könnte was mit dem indoiranischen/indoarisch Wort Tirish zu tun haben, das wohl soviel wie Zimmermann heisst, könnten z.B. Reste der Mitanni sein. Turus steht in Zusammenhang mit einem Proto-Latein und bedeutet Berg (ist z.b. auch im Tur Abdin enthalten), das könnten also Bergbewohner bedeuten, vielleicht Taurus oder so.

Die Šardanu oder Scherden sind daher ganz sicher Fremde aus einer Region die mit der 18. Dynastie Handel trieb,
da wäre Sardis/Seha oder Minoer/Mykener schon ganz gut. Minoer sind im 14. Jhd. belegt aufgrund von Malereien in Qatna.
Es wäre auch logisch das Konkurrenten von Ugarit Verbündete unter den Seevölkern suchen. So behinderten z.b. die Hethiter den Handel der Griechen/Minoer/Sarden und Ionier mit den Assyrern, weil sie den über Ugarit abwickeln wollten um ordentlich zu kassieren. Alalach und auch andere Häfen dagegen wollten die Schiffe bei sich anlanden um die Vorherrschaft von Ugarit als Hafen zu brechen. Deswegen setzen die Hethiter auch einen Fürsten in Tarhuntašša ein, womit sie ihn eigentlich abspeisen wollen, der aber stattdessen mit den Seevölkern (z.B. einem Pijama-radu t z.b. während der Zeit von Hattušili III. und Tuthallia IV.) paktiert um auf den hethitischen Thron zu kommen. Der Fürst von Amurru in Ugarit sollte schliesslich ganz den Handel zwischen Assyrien und Griechen verhindern, während Tuthallia IV. sich gegen den Westen Anatoliens (Troja) vorging. Sein erster Sohn war nur kurz auf dem Thron und mit seinem zweiten Sohn ging das Großreich unter. Übrig blieben lauter Kleinreiche in der sich die lokalen Fürsten zu Königen erklärten.
https://de.wikipedia.org/wiki/Kurunta

Aber ich versuch mal ne ganz andere Deutung der Seevölker:
In Schardana, Sherden könnte man die Scharon-Ebene mit der phönizischen Stadt Dor sehen, Danu könnte z.B. der "Stamm Dan" der Israeliten sein, Tjeker würde ich mit Byblos in Verbindung bringen, die sollen aber auch in Dor gesiedelt haben, Shekelesh könnte mit Schekel oder Sidon zusammen hängen (die Währung benutzten die Phönizier und Kanaaniter bereits) und Sikil (Sikeler) könnte mit Sichem zusammen hängen. Akawa mit Arwad oder Akko, Peleset mit Philister, Ekwesch mit dem Stamm Ascher oder vielleicht Ekron/Akron.
Das wäre dann eine Phönizisch-kanaaitische Kooperation um sich von der Herrschaft der Pharaonen zu lösen und würde daher Sinn machen, z.b. im Zusammenhang mit der Schlacht von Kadesh 1274 v. Chr., Ramses II gegen Hethiter Muwatalli II. das ja mit einem Friedensvertrag endete. In diesem Zusammenhang sei erwähnt das das frühe Kanaan zahlreiche Bündnisse mit Phönizischen Städten schloss.
Phönizier: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/ ... es.svg.png
Israel-Stämme https://upload.wikimedia.org/wikipedia/ ... sraels.png

Wie wir wissen steht in der Bibel das Ramses die Juden verfolgte, die teilten das Meer und flüchteten über das Rote Meer während Ramses und sein Heer versank. Ramses II. geriet im Krieg gegen den Hethiter in einen Hinterhalt und hat sich dabei so verkalkuliert das er über den Orontes flüchten musste, wobei es zum Pat und damit zum Friedensvertrag kam, was er zuhause als "Sieg" verkaufte. Die Sicht der Juden ist also zu der Zeit der 19. Dynastie Ramses-feindlich, was eine Kooperation mit Nachbarn wie Phöniziern sehr viel warscheinlicher macht.

Und hier mal die chronologische Folge des Auftretens der Seevölker:

Die Šardanu sind schon in der 18. Dynastie bekannt. Wie erwähnt sind Minoer in Qatna nachweisbar.

Ramses II. (19. Dynastie) rekrutiert die hörnertragenden Šardanu auf ägyptischer Seite auf dem Weg zur Schlacht und lässt sie in der Schlacht von Kadesch bekämpfen, die müssen also südlich von Kadesh besiegt und rekrutiert worden sein. Dardunu (d3rdnjj), Meša (m3s3), Mawuna oder Yaruna (jrwn), Pidasa (pt3s3) und Kelekeš werden bei Ramses II als Verbündete der Hethiter genannt. Yaruna könnte mit Yamshad/Jamshad zusammen hängen. Kelekeš ist wohl Karkemish.

Im 5. Jahr des Merenptah (März 1208 v. Chr. ,19. Dynastie) kommt eine Koalition aus Libyer und Seevölkern, die würd ich mal als "international" bezeichnen.
Dem libyschen Herrscher Meria (Mrjj) folgten die Hilfstruppen der Šardana (oder Scherden), Šekeleš (Schekelesch), Aqi-waša (Ek-wesh), Mešweš (Mesh-wesh), Luka, Turiša, Tje-henu (Nordostlibyen/Cyrene) und Tje-mehu (Nordwestlibyen/Tripolitanien).
"Die Länder der Hethiter fallen, wie beim Anblick nahender Windhunde, auf die Knie. Bleibende Angst für die Herzen der Mešweš, zerbrochen ist das Land Tjemhu (Tje-mehu)." Das ergibt sich aus der libyschen Palette des Scorpion-Königs
Kyrene war wohl auch Teil des Minoischen Handelsnetzes, könnten also auch Minoer sein.

Ramses III.(20. Dynastie) in seinem 8. Regierungsjahr (1180 v. Chr.)
"Und die Länder von Ḫatti, Qadi, Qarqemiš, Arzawa, (17) und Alasia waren (nun) entwurzelt.
(alternativ Hatti, Kode, Carchemish, Yereth, and Yeres waren unfähig sie aufzuhalten.)
Es wurde ein Lager aufgeschlagen an einem Ort im Inneren von Amurru. Sie kamen nun, indem die Flamme vor ihnen bereitet war, vorwärts gegen Ägypten. (Klingt wie der brennende Dornbusch der Bibel). Die Peleset, Tjeker (Tjekker), Šekeleš (Shekelesh), Danuna (Danunäer) und Wašaš (Weshesh), verbündete Länder, legten ihre Hände auf alle Länder bis ans Ende der Welt."


1164 BC legt der Papyrus Harris dem Ramses III. folgendes in den Mund: "Ich schlug die Denyen auf ihren Inseln, während die Tjeker und Philistines wurden zu Asche. Die Sherden und die Weshesh waren auf der See nicht mehr zu finden, ich ergriff sie alle zusammen und brachte sie nach Ägypten wo sie wie Sand unter den Schuhen waren."

In der Darstellung tragen Peleset (plst), Tjeker (ṯkr), Danuna (dnjn) und die Waschasch (wšš) Helme mit Büschel,
Šardanu (Scherden) tragen Hörnerhelme. Šekeleš (šklš) tragen Stirnbänder. Parallelen gibts im mykenischem Enkomi auf Zypern. Alle zusammen werden als Dnjn (Dämonen), „die auf ihren Inseln sind“ bezeichnet.

Im Reisebericht des Wenamun nach dem Libanon ca. 1075 v. Chr (21. Dynastie der Libyschen Fremdherrschaft, dritte Zwischenzeit) werden die Tjeker in Byblos genannt (Prinz Tjeker-Baal von Byblos) und als Baal-Anhänger bezeichnet, das spricht für Phönizier. Die Šardanu werden als Leibwache beim König von Byblos ca. 1075 v. Chr genannt.
Ausserdem erzählt er von einem Hafen auf See in Hatiba (Alasiya). Dann erzählt er von einem Land Irsa (?vielleicht Ursa irgendwo bei Ugarit)
bnbene
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zum Text von "Dietrich", könnte seinen Hypothesen zustimmen. Jedoch stören mich die "landnehmenden Hebräer",
da inzwischen doch eindeutig nachgewiesen, es erfolgte keine Landnahme nach "Flucht oder Auszug aus Ägypten"!
Die Bibel ist kein Geschichtsbuch, aber voller Mythen und Geschichten.
siegfried lechler
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Hallo....
Ihr Beitrag ist interessant, den die Frage nach der Herkunft der Seevölker ist scheinbar noch nicht ganz gelöst. Ich sehe die Sache so: 
Die Seevölker kamen, so wie es beschrieben wird auch mit Ochsenkarren und mit Feuer. Es waren also auch Landvölker dabei. Weiter muss man bedenken, das zur gleichen Zeit das Hethiterreich von den " Seevölkern " vernichtet wurde. Man weiß aber, das es die Phrygier waren die das Hethiterreich  zerstörten. Also waren die Phrygier teil der Seevölker. Nun waren die Phrygier ein Volk der Aramäer,  Brüder der Syrer mit der Hauptstadt Damaskus. Das weißt auf den Namen Mash hin>>> Da mash kus.  Mash aber war ein Sohn Arams des Sohnes von Sem. Der Schluss ist, das ein Großteil der Seevölker Aramäer waren. Die Aramäer wiederum waren Verwandte von Abraham , den der Sohn von Abraham Issac heiratete einen Aramäerin , Rebekka. Und nun kommt der Hammer: Die Seevölker eroberten nur einen Teil Ägyptens, Oberägypten  blieb unter der Herrschaft der alten Dynastie.  Es herrschten also in Teil-Ägypten die Aramäer, Verwandte der Israeliten: Diese zogen wie es bekannt ist, wegen Hungersnot nach Ägypten. Denn dort regierten ja ihre Verwandten die Aramäer und Jakob wurde sogar der zweithöchste Mann Teil-Ägyptens, natürlich bei der Verwandtschaft. Solange die Seevölker in Ägypten regierten ging es die Israeliten gut, aber nachdem die Seevölker  von den Alt-Ägyptern besiegt waren ging es den Israeliten schlecht und sie wurden Sklaven.
tschüss siggi
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