Woher kamen die Seevölker?

Sparta, Mykene, Stadtstaaten, Seevölker

Moderator: Barbarossa

Dietrich
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Bis heute ungeklärt ist die Frage, woher die "Seevölker" kamen, die um 1200 v. Chr. das östliche Mittelmeer und alle Küsten beunruhigten. Es gibt zahlreiche Hypothesen über ihre Herkunft, die mit der großen Ägäischen Wanderung um 1200 v. Chr. zusammenhängen oder identisch sein soll.

Vielfach begnügt man sich mit der Feststellung, die Seevölker kämen aus der "Ägäis". Nun ist die Ägäis aber ein überschaubares Meer mit vielen kleinen Inseln, das unmöglich die Heimat einer so großen Völkerwoge sein kann, die - nach einer Hypothese - das Hethiterreich und Mykene zum Einsturz brachte, Vorderasien überschwemmte und dem Pharao die gewaltige Schlacht im Nildelta lieferte. Wo also kamen die Seevölker her?

Eine häufig zu findende Hypothese geht von einem Dominoeffekt aus: Von der Donau aus schoben sich Völker über den Balkan und stießen damit eine Wanderung Richtung Süden an. Es ist bemerkenswert, dass das mykenische Griechenland vermutlich das erste Opfer dieser "ägäischen Wanderung" war, was zeigt, dass der Völkerstoß von Norden erfolgte. Er ging dann über die Ägäis hinaus und spaltete sich in zwei Zweige: einer verlief über Kreta und Zypern, die beide erobert wurden, nach Palästina und Vorderasien hinein. Der andere Zweig stieß nach Kleinasien hinein, wo das Hethiterreich unterging (vielleicht auch Troja?), und verlief von dort aus entlang der Mittelmeerküste über Syrien weiter nach Süden. Dass es an Ägyptens Grenzen um 1200 v. Chr. zu Auseinandersetzungen mit wandernden Volksgruppen kam, ist, sunter Historikern unumstritten. Ob es nun zu Koalitionen kam und wie weitreichend die gewesen könnten, ist heute nicht mehr zu entscheiden.

Interessant sind die Namen der beteiligten Seevölker wie z.B. Akawa, Turus, Lukku, Schardin oder Sakalus, in denen man die späteren Tyrsener (Etrusker), Lykier sowie die späteren Besiedler Sardiniens und Siziliens erkennen möchte. Zu den Seevölkern zählen auch die "Pulsate" (auch: Peluschtim), die als "Philister" in Palästina ansässig wurden.

Es gibt freilich auch die Hypothese, dass es überhaupt keine Wanderung gegeben hätte und die postulierten Seevölker ein Mythos seien. Das Reich der Hethiter sei danach allein durch innere Wirren oder einen Bürgerkrieg zugrunde gegangen, Mykene und die mykenische Kultur seien lediglich durch Naturkatastrophen oder einen Bürgerkrieg oder die Implosion des feudalen Systems ausgelöscht worden. Dem stehen allerdings die ägyptischen Quellen entgegen. Auch wenn dort lobpreisend geschrieben wird, so ist die Seeschlacht im Nildelta nicht ins Reich der Fanatasie zu verweisen. Was für die Ägypter nach Koalitionen ausgesehen hat, war vermutlich ein Dominoeffekt, in dessen Verlauf weitere Bevölkerungsgruppen mitgerissen wurden.

Ob und inwieweit diese Hypothesen und Spekulationen zutreffen, ist umstritten. Auf jeden Fall gab es in der Zeit zirka um 1200 v. Chr. Umwälzungen und Verschiebungen im östlichen Mittelmeerraum. In deren Verlauf ging um 1200 v. Chr. die mykenische Palastkultur unter, ferner das Reich der Hethiter, in Palästina wurden die Peleset/Philister als eines der Seevölker angesiedelt und in Palästina erscheinen die landnehmenden Hebräer.

Hier die Nachricht der Ägypter über ihre Begegnung mit den Seevölkern:
Die Völker der Meere schlossen sich auf ihren Inseln zu einer Verschwörung zusammen. Sie hatten den Plan, die Hand auf alle Länder der Erde zu legen. Kein Land hielt ihren Angriffen stand. Von Hatti an wurden zu gleicher Zeit vernichtet: Qadi, Karkemiš, Arzawa und Alašija. Ihr Lager schlugen sie an einem Ort in Amurru auf. Sie zerstörten die Länder so, als ob sie nie existiert hätten. Sie kamen, bereiteten ein Feuer vor ihnen und sagten: „Vorwärts nach Ägypten”. Verbündet waren mit ihnen die Peleset, Tjeker, Šekeleš, Danu und Wašaš. Ihre Herzen waren voller Vertrauen: „Unsere Pläne gelingen” sagten sie zuversichtlich.“

(Übersetzung der Inschrift (Zeilen 16-17): John Wilson In: James B. Pritchard: Ancient Near Eastern: Texts relating to the Old Testament (3. Auflage), Universal Press, Princeton 1969, S. 262)
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dieter
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Lieber Dietrich,
den Text der Ägypter kannte ich. Du kannst aber über Vermutungen auch nicht hinausgehen. Insofern kannst Du leider keine neuen Tatsachen bringen. :roll:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
Dietrich
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dieter hat geschrieben:Lieber Dietrich,
den Text der Ägypter kannte ich. Du kannst aber über Vermutungen auch nicht hinausgehen. Insofern kannst Du leider keine neuen Tatsachen bringen. :roll:
Kein Althosriker kann über Vermutungen hinausgehen. Dennoch ist es interessant, die verschiedenen Hypothesen zu diskutieren und sie im Hinblick auf ihre Wahrscheinlichkeit zu untersuchen. Da wirst du mir doch zustimmen?
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dieter
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Dietrich hat geschrieben:
dieter hat geschrieben:Lieber Dietrich,
den Text der Ägypter kannte ich. Du kannst aber über Vermutungen auch nicht hinausgehen. Insofern kannst Du leider keine neuen Tatsachen bringen. :roll:
Kein Althosriker kann über Vermutungen hinausgehen. Dennoch ist es interessant, die verschiedenen Hypothesen zu diskutieren und sie im Hinblick auf ihre Wahrscheinlichkeit zu untersuchen. Da wirst du mir doch zustimmen?
Natürlich lieber Dietrich, kann man über alles diskutieren. :wink:
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Lia

Die wissenschaftliche Diskussion über Möglichkeiten und Wahrscheinlichkeiten auf der Basis aller vorhandenen Quellen, Artefakte samt neuester Ergebnisse der naturwissenschaftlichen Seite eröffnet mehr und mehr neue Perspektiven und neue, andere Fragestellungen.
Sicherlich prallen Lehrmeinungen aufeinander, bei aller gebotetenen Objektivität sind auch die Geschichtswissenschaften nie frei von menschlichen Eitelkeiten und Zeitgeist.
Erlese ich gerade intensiv in meinem ureigensten Fachgebiet, in dem Aspekte auftauchen, neue Zusammenhänge aus bekannten Quellen hergestellt werden, die - international gesehen- auch eine neue Freiheit der Wissenschaften zeigen. Nicht, dass Nachkriegs- Generationen Denkverbote hatten, so nicht, doch mehr als mir klar war, wurden Ur- und Frühgeschichte, Antike und die Mediaevistik in der Fragestellung und Erwartungshorizont vom Zeitgeist geprägt. Überall.
Dietrich
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Lia hat geschrieben:Die wissenschaftliche Diskussion über Möglichkeiten und Wahrscheinlichkeiten auf der Basis aller vorhandenen Quellen, Artefakte samt neuester Ergebnisse der naturwissenschaftlichen Seite eröffnet mehr und mehr neue Perspektiven und neue, andere Fragestellungen.
Im Hinblick auf die Seevölker hat sich die Perspektive in den letzten 20 Jahren stark gewandelt. Früher ging die Forschung sehr einvernehmlich davon aus, dass die mykenische Kultur und das Reich der Hethiter durch wandernde Seevölker zerstört wurden, die vom nördlichen Balkan her einbrachen. Heute ist vielfach die Meinung verbreitet, dass das nicht monokausal zu erklären ist. Bei Mykenes Untergang sollen demnach Missernten, Naturkatastrophen, Aufstände und/oder Kämpfe der mykenischen Dynastien untereinander eine zentrale Rolle gespielt haben. Das Hethiterreich ist vermutlich nicht durch Einwirkung von außen, sondern durch innere Wirren und dynastische Kämpfe untergegangen. So wurde z.B. die Hauptstadt Hattusa nicht durch Plünderung zerstört, sondern lediglich verlassen. Die Forschung sagt: "Die Grabungsbefunde aus der Endzeit Hattusas unterstützen die gängige Vorstellung von einem feindlichen Angriff mit Eroberung, Zerstörung und Niederbrennen der voll funktionstüchtigen Stadt nicht." http://books.google.de/books?id=bmKZsGH ... ng&f=false

Allerdings setzte der Untergang Mykenes und der Hethiter Völkerbewegungen in Gang, die als "Seevölker" den gesamten Nahen Osten beunruhigten und stellenweise verheerten.

So ungefähr lautet die gegenwärtig zumeist vertretene Hypothese, was nicht ausschließt, dass sich die Forschung in 20 Jahren noch etwas Neues einfallen lässt.
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Peppone
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Ich hab im Nachschlagewerk mal einige Artikel zu den verschiedenen Seevölkern verfasst. Fasst man diese Artikel zusammen, so kommt heraus, dass die Seevölker aus dem Ägäisraum UND aus Anatolien kamen und sich zeitlich mit und nach dem Zusammenbruch des Hethiterreichs in Bewegung setzten.
Zu den Seevölkern gehörten auch Ekwesch, Danuna und Teresch. Wie im Seevölker-3d schon geschrieben:
Die Ekwesch können Achäer gewesen sein, die Danuna Danäer und die Teresch Trojaner.

Die Schardana waren entweder Ägäis-Anrainer oder Anatolier, die Gegend um Sardis ist naheliegend als Heimatort. Die Peleset sind vermutlich Kreter (vgl. die "Pleti" der Bibel, die mit den "Kreti" zusammen genannt werden), eventuell sogar Pelasger. Die Lukka waren vermutlich Lykier.

Sieht man sich die politische Situation an, die vor dem Aufbruch der Seevölker im anatolisch-ägäischen Raum herrschte, hat man im Grunde schon einen bedeutsamen Hinweis darauf, warum diese Völker ins politisch (noch) stabile Ägypten aufbrachen:
Troja war besiegt (noch so einer "krachenden" Niederlage brechen öfters ganze Bevölkerungsteile auf, weil die Region dann normalerweise auch wirtschaftlich zusammenbricht bzw. von Invasoren ausgebeutet wird), die Hethiter so mit ihren Thronstreitigkeiten beschäftigt, dass das Chaos ausbrach, die Mykener ebenfalls uneins (Homer könnte in dieser Hinsicht vielleicht mehr Recht haben, als uns bisher bewusst war: Möglich, dass die mykenischen Teilkönige daheim tatsächlich auf solche Widerstände trafen wie in der Ilias und der Odyssee geschildert).
In Küre: die ganze Region befand sich im politischen Chaos und in Folge davon auch im wirtschaftlichen Chaos. Babylon5 hat schon öfter darauf hingewiesen, dass das Ende der Bronzezeit vom Zusammenbruch der Wirtschaftsbeziehungen eingeläutet wurde. Politisches und wirtschaftliches Chaos gehören zusammen. Einzig die Ägypter, relativ abgelegen und relativ autark, könnten diesem Chaos getrotzt haben und deshalb bei den Ägäis- und Anatolien-Völker quasi als "Hort der Sicherheit" gegolten haben, wohin man vor dem heimischen Chaos entfliehen wollte.

Hat doch was, die These, oder?

Beppe
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dieter
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Lieber Beppe,
wenn Ägypten der einzige Ort der Sicherheit gewesen sein soll, warum baten dann diese Völker nicht einfach die Aufnahme in dieses Reich, wie es Germanen auch schon beim Römischen Reich getan haben, sondern griffen Ägypten an :?: Denn mit einer Zerstörung Ägyptens wäre den Seevölkern nicht gedient gewesen. :roll:
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Dietrich
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Peppone hat geschrieben:Ich hab im Nachschlagewerk mal einige Artikel zu den verschiedenen Seevölkern verfasst. Fasst man diese Artikel zusammen, so kommt heraus, dass die Seevölker aus dem Ägäisraum UND aus Anatolien kamen und sich zeitlich mit und nach dem Zusammenbruch des Hethiterreichs in Bewegung setzten.
Woher die Seevölker kamen, ist bis heute umstritten. Es ist allerdings naheliegend, dass der Zusammenbruch Mykenes und des Hethiterreichs und die damit verbundenen Zerstörungen Teile der dortigen Bevölkerung zur Abwanderung veranlassten. Ob das allerdings die primäre Ursache war oder ob von Norden (Balkan?, Zentraleuropa?) eindringende Völker den eigentlichen Anstoß der Völkerbewgegungen bildeten, bleibt ungeklärt.
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Peppone
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Dietrich hat geschrieben:oder ob von Norden (Balkan?, Zentraleuropa?) eindringende Völker den eigentlichen Anstoß der Völkerbewgegungen bildeten, bleibt ungeklärt.
Scheint nach den mir vorliegenden Informationen eher unwahrscheinlich. Für fast jedes "Seevöler-Volk" findet sich eine Herkunft aus dem Ägäisraum oder aus Anatolien, abzüglich der Völker, die eindeutig aus Libyen stammen. Zumindest im südlichen Balkanraum sind auch keine Völker durch andere ersetzt worden - die Thraker sitzen noch in historischer Zeit da, wo sie Homers Ilias verortet (ja, ich weiß, die Ilias ist mitten in der Eisenzeit geschrieben, sie enthält jedoch ältere Informaitonen). Allenfalls die Illyrer kämen noch in Frage, aber die sind erst nach dem Seevölkersturm bzw. nach dem Zusammenbruch der mykenischen Zentren greifbar; laut Wiki ist ihre Sprache zudem autochthon entstanden, die Illyrer waren also wohl keine Zuwanderer.
Woher hätten die auch kommen sollen? In Mitteleuropa ging die Hügelgräberzeit bruchlos in die Urnenfelderzeit über. Die baute auch in ihren Ausläufern m.W. im Balkanraum (Siebenbürgen) ebenfalls auf ihrer Vorgängerkultur auf. Ich sehe hier keinen Raum für größere Völkerverschiebungen.

Beppe
Dietrich
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Peppone hat geschrieben: Scheint nach den mir vorliegenden Informationen eher unwahrscheinlich. Für fast jedes "Seevöler-Volk" findet sich eine Herkunft aus dem Ägäisraum oder aus Anatolien, abzüglich der Völker, die eindeutig aus Libyen stammen.
Die Herkunft der Seevölker ist umstritten und ungeklärt. Weiter oben habe ich entsprechende Vermutungen angeführt:

"Interessant sind die Namen der beteiligten Seevölker wie z.B. Akawa, Turus, Lukku, Schardin oder Sakalus, in denen man die späteren Tyrsener (Etrusker), Lykier sowie die späteren Besiedler Sardiniens und Siziliens erkennen möchte. Zu den Seevölkern zählen auch die "Pulsate" (auch: Peluschtim), die als "Philister" in Palästina ansässig wurden."

Doch belibt das alles Hypothese und nicht zweifelfsfrei geklärt.
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dieter
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Peppone hat geschrieben:
Dietrich hat geschrieben:oder ob von Norden (Balkan?, Zentraleuropa?) eindringende Völker den eigentlichen Anstoß der Völkerbewgegungen bildeten, bleibt ungeklärt.
Scheint nach den mir vorliegenden Informationen eher unwahrscheinlich. Für fast jedes "Seevöler-Volk" findet sich eine Herkunft aus dem Ägäisraum oder aus Anatolien, abzüglich der Völker, die eindeutig aus Libyen stammen. Zumindest im südlichen Balkanraum sind auch keine Völker durch andere ersetzt worden - die Thraker sitzen noch in historischer Zeit da, wo sie Homers Ilias verortet (ja, ich weiß, die Ilias ist mitten in der Eisenzeit geschrieben, sie enthält jedoch ältere Informaitonen). Allenfalls die Illyrer kämen noch in Frage, aber die sind erst nach dem Seevölkersturm bzw. nach dem Zusammenbruch der mykenischen Zentren greifbar; laut Wiki ist ihre Sprache zudem autochthon entstanden, die Illyrer waren also wohl keine Zuwanderer.
Woher hätten die auch kommen sollen? In Mitteleuropa ging die Hügelgräberzeit bruchlos in die Urnenfelderzeit über. Die baute auch in ihren Ausläufern m.W. im Balkanraum (Siebenbürgen) ebenfalls auf ihrer Vorgängerkultur auf. Ich sehe hier keinen Raum für größere Völkerverschiebungen.

Beppe
Lieber Beppe,
wenn es so wäre, wie Du schreibst. Wieso schreiben die Ägypter, dass Inseln untergegangen sind, von wo die Seevölker stammten :?: Die Inseln in der Ägäis sind nach wie vor da. Wie kommt es zu der Schifffahrt der Seevölker :?: In Anatolien werden sie diese Schifffahrt nicht erlernt haben. Wie konnte alles bis zu den Hethitern weggespült werden :?: Woher kamen die Völker, die in Libyen saßen :?:
Fragen über Fragen. :roll: Ein Angriff, der mindestens drei Kulturen wegfegte, kann nicht nur ein örtliches Ereignis gewesen sein. :wink:
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Dietrich
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Peppone hat geschrieben: Scheint nach den mir vorliegenden Informationen eher unwahrscheinlich. Für fast jedes "Seevöler-Volk" findet sich eine Herkunft aus dem Ägäisraum oder aus Anatolien, abzüglich der Völker, die eindeutig aus Libyen stammen. Zumindest im südlichen Balkanraum sind auch keine Völker durch andere ersetzt worden - die Thraker sitzen noch in historischer Zeit da, wo sie Homers Ilias verortet (ja, ich weiß, die Ilias ist mitten in der Eisenzeit geschrieben, sie enthält jedoch ältere Informaitonen). Allenfalls die Illyrer kämen noch in Frage, aber die sind erst nach dem Seevölkersturm bzw. nach dem Zusammenbruch der mykenischen Zentren greifbar; laut Wiki ist ihre Sprache zudem autochthon entstanden, die Illyrer waren also wohl keine Zuwanderer.
Die Dominotheorie geht davon aus, dass es zur Spätbronze- und Urnenfelderzeit (etwa 1400-900 v. Chr.) starke Wanderungen und Völkerverschiebungen in Zentraleuropa gab. Dieser Druck wirkte auch auf die Völker der Balkanregion mit der Folge, dass einzelne Bevölkerungsgruppen nach Süden auswichen. Das wären - nach dieser Hypothese - dann die Scharen, die nach Griechenland vordrangen, die mykenische Kultur vernichteten und sich mit anderen Gruppen zusammentaten, die aus Anatolien kamen. Ursache dort war das durch Bürgerkrieg und Thronwirren zusammengebrochene Hethiterreich.

Welche Völker um 1200 v. Chr. im nördlichen Balkan siedelten, wissen wir nicht. Später werden dort die illyrischen Stämme und die Thraker fassbar, auch die Phryger, die erst um etwa 1100 v. Chr. vom Balkan nach Kleinasien migriert sein sollen - falls die diesbezüglichen zwei antiken Schriftquellen verlässlich sind.

Ein Einbruch von Völkern aus dem Norden wird heute von den meisten Althistorikern verneint. Zum einen werden Völkerwanderungen zur Urnenfelderzeit bestritten, zum anderen hat man im gesamten Bereich der mykenischen Kultur keine Waffen gefunden, die aus Mitteleuropa stammen.

Reiner Fantasie entspringt allerdings die Vorstellung, blonde Recken aus Mitteleuropa seien durchs Land bis Griechenland vorgestoßen und hätten den Kern der Seevölker gebildet. Für solche Science fiction gibt es keine Belege, auch wenn der gute Pfarrer Jürgen Spanuth in den 60er und 70er Jahren ein solches Szenario erfand. Nach seiner Meinung war Helgoland ein Überrest der alten Hauptstadt von Atlantis und das Gebiet der Nordischen Bronzezeit das Atlantische Reich. http://de.wikipedia.org/wiki/J%C3%BCrgen_Spanuth Es gibt immer wieder Leute, die derartigen Unsinn in die Welt setzen.
Spartaner
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Dietrich hat geschrieben:
Interessant sind die Namen der beteiligten Seevölker wie z.B. Akawa, Turus, Lukku, Schardin oder Sakalus, in denen man die späteren Tyrsener (Etrusker), Lykier sowie die späteren Besiedler Sardiniens und Siziliens erkennen möchte. Zu den Seevölkern zählen auch die "Pulsate" (auch: Peluschtim), die als "Philister" in Palästina ansässig wurden.
Hier die Nachricht der Ägypter über ihre Begegnung mit den Seevölkern:
Die Völker der Meere schlossen sich auf ihren Inseln zu einer Verschwörung zusammen. Sie hatten den Plan, die Hand auf alle Länder der Erde zu legen. Kein Land hielt ihren Angriffen stand. Von Hatti an wurden zu gleicher Zeit vernichtet: Qadi, Karkemiš, Arzawa und Alašija. Ihr Lager schlugen sie an einem Ort in Amurru auf. Sie zerstörten die Länder so, als ob sie nie existiert hätten. Sie kamen, bereiteten ein Feuer vor ihnen und sagten: „Vorwärts nach Ägypten”. Verbündet waren mit ihnen die Peleset, Tjeker, Šekeleš, Danu und Wašaš. Ihre Herzen waren voller Vertrauen: „Unsere Pläne gelingen” sagten sie zuversichtlich.“

(Übersetzung der Inschrift (Zeilen 16-17): John Wilson In: James B. Pritchard: Ancient Near Eastern: Texts relating to the Old Testament (3. Auflage), Universal Press, Princeton 1969, S. 262)
Diesen Eroberungszügen von einzelnen Völkern ging meistens eine gezielte Spinoage voraus. Die Spinoage erfolgte über den Handel und Warentausch an Küsten. Ägypten handelte zu dieser Zeit mit Weihrauch,Getreide, Gold, Silber, und anderen Edelmedallen und importierte auch Waren aus anderen Ländern. Somit bestimmte Ägypten auch die Preise für diese Waren. Wenn andere Völker die Preise nicht zahlen wollten, dann wurden sie nicht mehr beliefert und von den Händlern abgeschnitten. Die Preise für die Waren verdoppelten sich bei den betroffenen Völkern und brachten sie damit in Versuchung, das Warenmonopol gewaltsam zu brechen. Es wurden sicherlich in der Folgezeit Bündnisse geschlossen, die eine Invasion immer wahrscheinlicher werden lies.
Der Mangel an bestimmten Waren muss Beghrlichkeiten hervorgerufen haben. Küsten Piraterie waren wahrscheinlich die ersten Anfänge kleiner Raubzüge dieser Völker, die geschichtlich zwar keine Erwähnung fanden, aber später zu einer großen Invasion ausufern konnte.
Ähnlich kann es sich mit Troja zugetragen haben. Troja lag an einer strategisch günstigen Verbindung von Handelsrouten und konnte die Preise durch Wegezölle in die Höhe treiben.
Dietrich
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Spartaner hat geschrieben: Der Mangel an bestimmten Waren muss Beghrlichkeiten hervorgerufen haben. Küsten Piraterie waren wahrscheinlich die ersten Anfänge kleiner Raubzüge dieser Völker, die geschichtlich zwar keine Erwähnung fanden, aber später zu einer großen Invasion ausufern konnte.
Man muss sich allerdings davor hüten, in der Seevölkerbewegung reine "Piratenzüge" zu sehen. Die Wandmalereien der Ägypter in Medinet Habu zeigen ganz deutlich neben den Kriegern Trosszüge mit Ochsenkarren, Familien, Frauen und Kindern. Man muss sich das vielleicht wie die Stämme und Bevölkerungsgruppen vorstellen, die während der germanischen Völkerwanderung durch Europa zogen.
Spartaner hat geschrieben:Ähnlich kann es sich mit Troja zugetragen haben. Troja lag an einer strategisch günstigen Verbindung von Handelsrouten und konnte die Preise durch Wegezölle in die Höhe treiben.
Dass Troja durch einen Streifzug im Rahmen der Seevölkerbewegung zu Fall kam, ist durchaus möglich. Natürlich ist auch eine Unternehmung der mykenischen Achäer vom griechischen Festland aus nicht auszuschließen.
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