Wehrpflicht ausgesetzt - wie gehts weiter?

Bundeswehr und deren Einsätze, Rüstung, Wehrpflicht

Moderator: Barbarossa

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dieter
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Triton hat geschrieben:
Karlheinz hat geschrieben: Das beste Mittel dagegen war damals: Lange studieren, früh heiraten und noch andere Tricks.
Also das muss eine andere Zeit gewesen sein. Also ich eingezogen wurde, wurde jeder dringend gebraucht, so schien es. Die Wehrpflicht sollte sogar wieder verlängert werden, weil nicht genug Soldaten vorhanden waren. Die Bundeswehr hatte damals fast eine halbe Mio Mann und es war die Bundeswehr der 11 alten Bundesländer, also völlig andere Verhältnisse als später.

Ich war zusammen mit Hochschulabsolventen, Verheirateten mit (ganz kleinen) Kindern, Verheirateten mit schwangeren Frauen, Unverheirateten mit Kindern, Studenten mitten im Studium, Selbstständigen usw. Auf die private Situation wurde nicht die Bohne Rücksicht genommen. Da wurden Verheiratete länger als ein Monat am Stück einkaserniert, dann wieder eine gute Woche frei usw., dann wieder über einen Monat Dienst...

Solche Zeiten werden ganz sicher nicht mehr wiederkehren. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass die Jugendlichen von heute, die Generation Playstation und Smartphone, das mitmachen würde. Genausowenig wie wir damals eine Woche Grabenkrieg 1916 ausgehalten hätten.

Eine Wehrpflicht ist Unsinn, aber gegen eine Dienstpflicht aller gesunden Staatsbürger hätte ich nichts. Allein schon, damit man versteht, dass zwischen dem Staat und dem Bürger ein Verhältnis auf Gegenseitigkeit besteht.

Beste Grüße
Joerg
Lieber Joerg,
Du hast recht. :wink:
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Barbarossa
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Triton hat geschrieben:... Eine Wehrpflicht ist Unsinn, aber gegen eine Dienstpflicht aller gesunden Staatsbürger hätte ich nichts. Allein schon, damit man versteht, dass zwischen dem Staat und dem Bürger ein Verhältnis auf Gegenseitigkeit besteht.

Beste Grüße
Joerg
Diese Gegenseitigkeit ist doch aber schon da. Man zahlt Steuern und dafür wird man vom Staat gegen Straftäter beschützt und so. Oder auch der Katastrophenschutz nicht zu vergessen. Da muß man nicht junge Leute zwangsrekrutieren, wobei das für den einen oder anderen auch einen Karriereknick bedeuten kann.
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Triton
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"Rekrutiert" werden nur Rekruten, ich bin gegen eine Pflicht zum Wehrdienst, soviele Soldaten brauchen wir gar nicht. Es soll eine Dienstpflicht sein, man kann zur Bundeswehr, aber genauso einen zivilen Ersatzdienst ableisten oder zum Beispiel beim Umweltschutz aktiv werden. Auch würde mir ein halbes Jahr oder 9 Monate genügen.

Wenn alle einen Dienst leisten müssten (Ausnahme nur noch bei anerkannten körperlichen oder geistigen Behinderungen), dann hat niemand dadurch einen Karrierenachteil, nicht wahr.

Beste Grüße
Joerg
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Barbarossa
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Triton hat geschrieben:... Wenn alle einen Dienst leisten müssten (Ausnahme nur noch bei anerkannten körperlichen oder geistigen Behinderungen), dann hat niemand dadurch einen Karrierenachteil, nicht wahr...
Doch, gegenüber denen, die schon "gedient" haben. Von solchen Auswüchsen habe ich gehört, bevor die Wehrpflicht ausgesetzt wurde, daß es für mache Chefs ein Hinderungsgrund war jemanden einzustellen, der noch nicht "gedient" hatte. Das war allerdings auch noch vor dem "Fachkräftemangel".
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dieter
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Barbarossa hat geschrieben:
Triton hat geschrieben:... Wenn alle einen Dienst leisten müssten (Ausnahme nur noch bei anerkannten körperlichen oder geistigen Behinderungen), dann hat niemand dadurch einen Karrierenachteil, nicht wahr...
Doch, gegenüber denen, die schon "gedient" haben. Von solchen Auswüchsen habe ich gehört, bevor die Wehrpflicht ausgesetzt wurde, daß es für mache Chefs ein Hinderungsgrund war jemanden einzustellen, der noch nicht "gedient" hatte. Das war allerdings auch noch vor dem "Fachkräftemangel".
Lieber Barbarossa,
und mit dem "Fachkräftemangel" dürfte das noch schlimmer ein. :wink:
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ehemaliger Autor K.

Barbarossa:
Doch, gegenüber denen, die schon "gedient" haben. Von solchen Auswüchsen habe ich gehört, bevor die Wehrpflicht ausgesetzt wurde, daß es für mache Chefs ein Hinderungsgrund war jemanden einzustellen, der noch nicht "gedient" hatte.


Das ist richtig. Hinzu kam, dass früher auch „gediente“ Soldaten später immer wieder zu Reserveübungen eingezogen wurden, die oftmals 4 Wochen dauerten. In dieser Zeit fielen sie als Arbeitskräfte aus. Das System, nach dem man zu solchen Übungen eingezogen wurde, blieb ziemlich unklar. Mein Schwager wurde alle 2 Jahre dazu geholt, sein Freund, der in der gleichen Einheit gedient hatte, nie. Hatte man in der Bundeswehr einen höheren Rang während der Dienstzeit erreicht, war die Chance größer, zu einer solchen Übung geholt zu werden.

Überhaupt war das Einziehungsverfahren schwer zu durchschauen. Dieter schrieb ja, dass er als Halbwaise nicht eingezogen wurde. Ich hingegen war mit 15 Jahren Vollwaise geworden, aber das interessierte offensichtlich nicht. In unserem Heim waren alle Jungen Vollwaisen oder Halbwaisen, doch deshalb wurden sie trotzdem einberufen.
Später lernte ich Leute kennen, die man einfach „vergessen“ hatte, nach der Musterung einzuberufen. Die Bundeswehr folgte einer eigenen, nicht nachvollziehbaren Logik.
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Triton
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Karlheinz hat geschrieben: Die Bundeswehr folgte einer eigenen, nicht nachvollziehbaren Logik.
Das stimmt absolut. Es war auch von Jahrgang zu Jahrgang verschieden.
Ich denke, da wurde einfach kurzfristig gemacht, was gerade in den Kram passte. Fehlten noch ein paar tausend Rekruten, wurde einfach ein Student aus dem Studium heraus einberufen. Gab es zuviele, wurde jemand mit Beziehungen einfach mal gerne übersehen.
Dieser ungerechte Unfug, der in einem Rechtsstaat nichts verloren hat, der den Gleichheitsgrundsatz in seiner Verfassung führt, darf natürlich nie wieder eingeführt werden.

Beste Grüße
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Barbarossa
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Da die Bundeswehr nun auf dem Arbeitsmarkt nach Rekruten suchen muss und ein stärkeres militärisches Engagement Deutschlands in der Welt immer wahrscheinlicher wird, wirbt das Verteidigungsministerium im großen Stil 16-jährige Mädchen und Jungen an, um den Bedarf zu decken. Sie werden auch an der Waffe ausgebildet. Im Jahre 2012 wurden 1216 freiwillig Wehrdienstleistende und Zeitsoldaten mit unter 18 Jahren eingestellt.
Als Begründung gibt das Verteidigungsministerium in einer Stellungnahme an, dass Berufsentscheidungen von Jugendlichen auch nicht erst mit dem 18. Geburtstag fallen, so dass "personalwerbliche Maßnahmen auch auf den Personenkreis der Jugendlichen abgestimmt" werden.

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dieter
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Lieber Barbarossa,
ich bin zwar grundsätzlich gegen eine Wehrpflicht, aber die Argumentation des Verteidigungsministerium kann man nachvollziehen. :wink:
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Barbarossa
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Nachvollziehbar ist es zwar, aber ein bisschen erinnert mich das trotzdem so an Meldungen über Kindersoldaten in Afrika.
:?
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Barbarossa hat geschrieben:Nachvollziehbar ist es zwar, aber ein bisschen erinnert mich das trotzdem so an Meldungen über Kindersoldaten in Afrika.
:?
Lieber Barbarossa,
das wollen wir doch nicht hoffen. :roll:
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Triton
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Warum Afrika anführen?
Es gab in der Geschichte der deutschen Streitkräfte schon Zeiten, als 16jährige ihren "Dienst" ableisteten. Es war das sogenannte "Dritte Aufgebot" des Volkssturms. Nicht-Volljährige wurden aber zu Friedenszeiten nicht mal in Hitlers Wehrmacht genommen.
In der kaiserlichen Flotte fuhren allerdings 14jährige zur See ohne dass sich jemand etwas dabei dachte.

Das obige Argument (Einstiegsalter anderer Berufe) ist selten dämlich, das hätte Frank Ribéry auch aus dem Hut zaubern können, als er mit einer minderjährigen Prostituirten erwischt wurde. Es gibt Berufe, die eine gewisse menschliche Reife und die volle Verantwortlichkeit des Einzelnen erfordern.
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RedScorpion

Karlheinz hat geschrieben: ...
Überhaupt war das Einziehungsverfahren schwer zu durchschauen. Dieter schrieb ja, dass er als Halbwaise nicht eingezogen wurde. Ich hingegen war mit 15 Jahren Vollwaise geworden, aber das interessierte offensichtlich nicht. In unserem Heim waren alle Jungen Vollwaisen oder Halbwaisen, doch deshalb wurden sie trotzdem einberufen.
Später lernte ich Leute kennen, die man einfach „vergessen“ hatte, nach der Musterung einzuberufen. Die Bundeswehr folgte einer eigenen, nicht nachvollziehbaren Logik.
M.W. war das Kriterium nicht, Halb- oder Vollwaise zu sein, sondern, Sohn eines im Krieg Gefallen. Kleiner Unterschied.

Oder aber Bruder zweier Dienender oder gedient Habender.


LG
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Balduin
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Ich weiß auch nicht, was ich damit anfangen soll. Bei der Bundeswehr herrscht ja schon ein ziemlicher Drill: Geschrei, knallharte Disziplin, Schlafentzug.
Ob so etwas einem 16 jährigen wirklich ausgesetzt werden sollte? Eine mentale Reife kann man da ja noch in keiner Weise erwarten - so kann man Menschen im schlimmsten Fall brechen.
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He has called on the best that was in us. There was no such thing as half-trying. Whether it was running a race or catching a football, competing in school—we were to try. And we were to try harder than anyone else. We might not be the best, and none of us were, but we were to make the effort to be the best. "After you have done the best you can", he used to say, "the hell with it". Robert F. Kennedy - Tribute to his father
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Barbarossa
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Ich glaube auch, dass ein solcher Drill schon in der Jugend negative Auswirkungen auf die Psyche haben kann.

Aber einmal laut nachgedacht:
Was ich mir vorstellen könnte, wäre eine dem normalem Wehrdienst vorgeschaltete Berufsausbildung mit Facharbeiterbrief. Eine Berufsarmee, zu der die Bundeswehr nun wird, benötigt ohnehin verstärkt Fachkräfte. Da wäre es natürlich naheliegend, wenn sie ihre Fachkräfte auch selbst ausbildet. Auf die Schnelle habe ich nichts konkretes dazu gefunden, auch nicht hier: http://www.bmvg.de/portal/a/bmvg/!ut/p/ ... _AUpp7Q!!/
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