27. Oktober 2019: Landtagswahl in Thüringen

Landtagswahlen, Ministerpräsidenten, Regierungen und deren Entscheidungen

Moderator: Barbarossa

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Barbarossa
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Ja, es wurde ein Ministerpräsident gewählt und sogar einer aus einer demokratischen Partei. Das feiere ich eigentlich jetzt noch, ganz offen gesagt.
Aber aufgrund der Sitzverteilung im Landtag wäre dieser MP ohnehin zur Handlungsunfähigkeit verdammt gewesen, da sich eine Zusammenarbeit mit den beiden demokratiefeindlichen Parteien verbietet.

Ich muss zugeben, mich beschäftigen die Vorgänge in Thüringen sehr, aber das geht wohl nicht nur mir so. Ich habe auch diese Nacht bei meiner Arbeit darüber nachgedacht und komme immer wieder zu folgendem Ergebnis:

1.) Die Demokratie ist durch diesen Vorfall tatsächlich stark beschädigt worden. Die Beschädigung ist sogar landesübergreifend bis in die Spitzen der Bundesparteien erfolgt. Die eifrigen Aktionen in der FDP und der CDU machen die Erschütterung deutlich.

2.) Ich erkenne aber die Gründe für diese Beschädigung der Demokratie nicht in der Wahlannahme durch Kemmerich, sondern durch den darauffolgenden Sturm der Entrüstung in den Medien und von offensichtlich linksradikalen Protestierern.
Ich hätte einen derartigen Sturm der Entrüstung verstanden, wenn auch nur ein Abgeordneter von CDU oder FDP für den Kandidaten der AfD gestimmt hätte. Aber es war ja genau umgekehrt. Die AfD hat für einen Demokraten mitgestimmt und hat dabei Ramelow mit abgegewählt, den ich eben nicht für einen Demokraten halte. Dafür hat die AfD sogar ihren eigenen Kandidaten fallen gelassen.

Alle, die sich gegen die Wahl von Kemmerich ausgesrochen haben, muss ich leider Vorwurf machen, dass sie anscheinend gar nicht merken, welchen fatalen Fehler sie begehen. Natürlich ist Höcke mit seiner Gefolgschaft in Thüringen rechtsradikal - keine Frage. Aber durch diese heftigen Proteste und das ständige Diskutieren darüber, wie man sich möglichst deutlich von der AfD distanziert, wertet man diese Partei völlig übertrieben und unzulässig auf. Es wird ja über nichts anderes mehr gesprochen, als von der AfD. Mehr Werbung kann selbst die AfD für sich selbst nicht machen. Die werden sich jetzt gerade so richtig ins Fäustchen lachen.

So. Und wenn ich dann überlege, wie das bei künftigen Wahlen aussehen soll, wird mir auch nicht besser.
Und nun kommt nämlich mein Hauptargument: Was soll eigentlich passieren, wenn die AfD ab jetzt bei jeder Wahl für die gewählte Regierung stimmt? Dann hat jede künftige Landes- und auch Bundesregierung den vermeintlichen Makel, auch mit den Stimmen der AfD gewählt worden zu sein. Soll dann jede Regierung in Zukunft zurücktreten oder die Wahl gar nicht erst annehmen?
Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass genau das zur Taktik der AfD auch bei künftigen MP-Wahlen werden könnte. Denn natürlich versuchen sie, die Demokratie und die Parteien in Deutschland zu beschädigen. Und der jetzige Vorfall in Thüringen dürfte ihnen aufgezeigt haben, wie das am besten geht.
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Marianne E.
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Hallo Barbarossa,
Danke für Deinen ausgewogenen Bericht.
Auch ich habe über Nacht immer wieder Nachrichten gelesen und mir so einige Gedanken gemacht.

Die Situation im Thüringer Landtag ist nicht nur verworren, sie ist vergiftet.

Ich meine, die Parteien sollten versuchen, eine honorige Persönlichkeit zu finden, die dann mit großer Zustimmung das Amt des Ministerpräsidenten übernimmt.
Von den bisherigen Akteuren in diesem "Spiel" kommt meines Erachtens keiner in Frage. Es müsste sich um eine unbelastete Person handeln.

Unbelastete honorige Personen gibt es z.B. in der FDP, ohne den derzeitigen Ministerpräsidenten, denn der ist ja ein Akteur im Spiel. Außerdem hat er ja gesagt, er hätte gewissermaßen aus Versehen die Wahl überhaupt angenommen, er wäre "übermannt" gewesen.
Aber, die FDP hat sich ja nun selbst verbrannt.

Also um der Demokratie willen suchen, suchen, suchen.
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Das Problem hat sich schon gelöst. :mrgreen: Die Thüringer CDU wird auf Druck von oben jetzt die RRG-Regierung unterstüzen und auch dann tolerieren und somit wohl Ramelow eine weitere Regierungszeit schenken. :roll: Die "Kaiserin von Europa" hat durch ihre FDJ-Erfahrung im Bereich "Agitation und Propaganda" wieder ganze Arbeit geleistet und eine demokratische Wahl rückgängig gemacht ! :mrgreen: 
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Barbarossa
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Wenn das stimmt, dann wird mir wieder schlecht.
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Marianne E.
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Vorhin habe ich in den Nachrichten gelesen, dass die CDU einen Kandidaten von der SPD oder von den Grünen unterstützen würden.
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Balduin
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Barbarossa hat geschrieben:2.) Ich erkenne aber die Gründe für diese Beschädigung der Demokratie nicht in der Wahlannahme durch Kemmerich, sondern durch den darauffolgenden Sturm der Entrüstung in den Medien und von offensichtlich linksradikalen Protestierern.
Ich hätte einen derartigen Sturm der Entrüstung verstanden, wenn auch nur ein Abgeordneter von CDU oder FDP für den Kandidaten der AfD gestimmt hätte. Aber es war ja genau umgekehrt. Die AfD hat für einen Demokraten mitgestimmt und hat dabei Ramelow mit abgegewählt, den ich eben nicht für einen Demokraten halte. Dafür hat die AfD sogar ihren eigenen Kandidaten fallen gelassen.

Alle, die sich gegen die Wahl von Kemmerich ausgesrochen haben, muss ich leider Vorwurf machen, dass sie anscheinend gar nicht merken, welchen fatalen Fehler sie begehen. Natürlich ist Höcke mit seiner Gefolgschaft in Thüringen rechtsradikal - keine  Frage. Aber durch diese heftigen Proteste und das ständige Diskutieren darüber, wie man sich möglichst deutlich von der AfD distanziert, wertet man diese Partei völlig übertrieben und unzulässig auf. Es wird ja über nichts anderes mehr gesprochen, als von der AfD. Mehr Werbung kann selbst die AfD für sich selbst nicht machen. Die werden sich jetzt gerade so richtig ins Fäustchen lachen.

So. Und wenn ich dann überlege, wie das bei künftigen Wahlen aussehen soll, wird mir auch nicht besser.
Und nun kommt nämlich mein Hauptargument: Was soll eigentlich passieren, wenn die AfD ab jetzt bei jeder Wahl für die gewählte Regierung stimmt? Dann hat jede künftige Landes- und auch Bundesregierung den vermeintlichen Makel, auch mit den Stimmen der AfD gewählt worden zu sein. Soll dann jede Regierung in Zukunft zurücktreten oder die Wahl gar nicht erst annehmen?
Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass genau das zur Taktik der AfD auch bei künftigen MP-Wahlen werden könnte. Denn natürlich versuchen sie, die Demokratie und die Parteien in Deutschland zu beschädigen. Und der jetzige Vorfall in Thüringen dürfte ihnen aufgezeigt haben, wie das am besten geht.
Doch, die Wahlannahme durch Thomas Kemmerich hat an sich dessen charakterliche Ungeeignetheit für das Amt des Ministerpräsidenten bestätigt. Anscheinend wurden die Parteigremien in Thüringen bereits vor der Wahl vor der Möglichkeit gewarnt, dass die AfD die Chance nutzen könnte, einen anderen statt ihren Kandidaten zu unterstützen, um so die Wahl Ramelows zu verhindern und - das ist ein wichtiger Punkt - die „bürgerlichen“ Parteien vorzuführen. Es muss dann aber für einen Politiker in dieser Situation klar sein, dass er seiner politischen Verantwortung nicht gerecht wird, wenn er unter diesen Umständen in das höchste Landesamt gewählt wird. 
Man kann das auch nicht mit dem Argument abtun, dass man ja nichts für die Unterstützung der AfD könne: Es war hier gerade eine derartige Konstellation, dass die AfD das Zünglein an der Waage war. Ihr kam die Rolle der Königsmacherin zu. Nimmt man aber das in Kauf, spricht man der rechtspopulistischen Partei allerdings eine Rolle zu, die diese nicht haben sollte. Denn hier besteht dann schon die künftige Gefahr: Was ist bei einem Gesetzesprojekt, das CDU und FDP sehr wichtig, aber von SPD, Gründen und Linken abgelehnt wird? Nutzt man dann die AfD um das Projekt durchzusetzen? Es ist dann nur ein kleiner Schritt, die AfD salonfähig und Björn Höcke eine starke Rolle zuzuweisen. 
Ich habe mich zu wenig mit der Rolle Bodo Ramelows und seiner Politik in den letzten Jahren beschäftigt, allerdings dürfte unstreitig festzuhalten sein, dass er in Thüringen großes Ansehen und Beliebtheit genießt. Dass er aber doch keine Integrationsfunktion im Land ist, merkt man gerade. Es ist bei schwierigen Wahlergebnissen die Pflicht der gewählten Abgeordneten, Mehrheiten zu suchen und eine tragfähige Regierung bilden zu können. Mit Ramelow gelingt das nicht, das sollte auch er erkennen und die notwendigen Schlüsse ziehen.
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Balduin
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Zur Person Ramelows haben wir hier bereits ausführlich diskutiert: https://geschichte-wissen.de/foren/viewtopic.php?t=4902 

Auch das ist noch ein wichtiges Argument: RRG hat die Situation auch mitverursacht, indem sie trotz fehlender Mehrheit so weitermachen wollten wie bisher - mit einer Person an der Spitze, die für eine Hälfte des Landtags schlicht unwählbar ist. Auch hier wurde staatspolitische Verantwortung nicht wahrgenommen.
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Marianne E.
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Lieber, sehr geehrter Balduin,

Chapeau
für Deinen Beitrag.

Er sagt alles, was für die demokratische Kultur wichtig ist.
Und dafür statt vieler Worte, noch einmal
Chapeau
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Aha....aber eine linkspopulistische Partei soll weiter regieren ??? :crazy: Ich habt ein merkwürdiges Demokratieverständnis. :mrgreen: Ist die AfD verboten ? Warum kann man die AfD wählen ? Zählen die Stimmen für die AfD nicht ?
Welche Parteien werden demnächst geächtet ? :shock: Die FDP ? Muß man die Werteunion aus der CDU entfernen, so wie Sarrazin aus der SPD ? Muß man Wahlen, die nicht angenehm sind, wiederholen ? 
Ihr sollt nicht DENKEN, sondern NACHDENKEN !   :wink:
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Barbarossa
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Ich glaube, wir sind hier im Forum gerade dabei, sehr intensiv über das Thema nachzudenken. Es ist ja auch eines, das für unsere Demokratie wirklich existenziell wichtig ist.

Zum wählen von Parteien:
Man kann auch die NPD wählen, obwohl die vom BVerfG eindeutig als verfassungsfeindlich eingestuft wurde und nur deswegen nicht verboten wurde, weil sie angeblich zu unbedeutend sei. (übrigens kann ich diese Begründung heute noch nicht richtig nachvollziehen)
Auch Höckes ,,Flügel'' wird vom Verfassungsschutz beobachtet, genau wie auch radikale Teile der SED/PDS/Linkspartei immer noch.
Dass man eine Partei wählen darf, ist also kein Indiz dafür, dass sie auch verfassungsfreundlich ist.



Zum Beitrag von Balduin:
Okay, die Höcke-AfD als Zünglein an der Waage, das ist natürlich eine bedenkliche Situation gewesen. Das Argument ist nicht von der Hand zu weisen.

Das würde also als Schlussfolgerung bei künftigen Wahlen bedeuten:
Sind die Stimmen der AfD bei ähnlichen Konstellationen auch in anderen Bundesländern so entscheidend, wie in Thüringen, ist eine MP-Wahl abzulehnen, während Stimmen dieser Partei vernachlässigt werden können, wenn sie nicht wahlentscheidend sind?
Das ist ja wichtig für den Umgang mit dieser Partei bei künftigen MP-Wahlen.


In diesem Zusammenhang stellt sich mir aber immer noch die drängende Frage, warum SPD und Grüne sogar mit einer in Teilen verfassungsfeindlichen Partei Regierungen bilden dürfen, ohne dass sie von unseren Medien (und offensichtlich auch von unserer Gesellschaft) in der Luft zerrissen werden, während den bürgerlichen Parteien nicht einmal eine unabgesprochene Wahl mit AfD-Stimmen erlaubt ist.
Wird hier nicht mit zweierlei Maß gemessen?
Wenn du schreibst, RRG nimmt staatspolitische Verantwortung nicht wahr und halten an ihrer Macht fest, dann habe ich schon seit längerer Zeit festgestellt, dass SPD und Grüne von den unseren Medien zunehmend in diese Richtung gedrängt werden.
Wollen unsere Medien (und zwar relativ geschlossen!) unsere ganze Republik immer weiter nach linksaußen drängen?
Deswegen habe ich auch das Thema mit dem zugegebenermaßen ziemlich provokanten Titel eröffnet, ob wir schon eine ultralinke Republik sind. Ich habe die ehrliche Befürchtung, wenn es so weitergeht, dann werden wir das noch.

Ich habe in der DDR und auch nach der Einheit bis heute immer stark zu den unabhängigen Medien gehalten. Gerade in der DDR waren Westfernsehen und Westradio die einzigen echten Informationsquellen, die wir hatten. Aber was seit Jahren im Umgang mit der Linkspartei geschieht, kann ich nicht gutheißen und macht mir große Sorge.
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Barbarossa
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Die neuesten Meldungen:

Kemmerich (FDP) tritt nun doch mit sofortiger Wirkung zurück.
Noch gestern hieß es, er könne aus rechtlichen Gründen nicht sofort zurücktreten.
Seine durch das Amt entstandenen Bezüge will er in voller Höhe zurück geben.

Auch der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Hirte (CDU) musste jetzt zurücktreten, weil er Kemmerich zu seiner Wahl beglückwünscht hatte.
Quelle: https://www.rnd.de/politik/thuringen-ke ... 1581173151
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Barbarossa, Du bist ein guter Seismograph für die Befindlichkeiten Ostdeutschlands, präzise gesagt, des früheren Staates DDR.

Im Westen Deutschlands waren die Linken nicht geschätzt, als KPD vor Jahren direkt verboten.
Im Westen Europas waren die Kommunisten Widerstandskämpfer und sehr geschätzt.

Die "linke Gefahr", der degenerierte "Sozialismus" der DDR war in Westdeutschland eine akademische Frage.

Ich glaube, es braucht Zeit, beiderseitige Befindlichkeiten auf einen Nenner zu bringen.
Mein Mann sagte heute Mittag in dieser Angelegenheit "es sind aber doch schon dreißig Jahre vergangen".
Das reicht nicht, um die Erinnerung und das Erlebte abzuschließen.

Erkennbar wird das ja auch an der tragödienhaften Vergangenheit Deutschlands.
Das wird nie vergessen und die Erinnerung muss die Zukunft prägen.
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Barbarossa
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Du hast recht. 30 Jahre sind manchmal tatsächlich nicht genug.
Das habe ich auch bei meiner Großmutter mütterlicherseits gesehen. Meine Großeltern waren allesamt Heimatvertriebene. Aber bei ihr weiß ich sicher, dass sie den Verlust ihrer Heimat Pommern nie verwunden hat. Ich besuchte sie einige Jahre regelmäßig und half ihr im Haus, da sie verwitwet war und allein lebte. Da fing sie auch an, von der Flucht und von der russischen Besatzung in ihrem Fluchtort auf Rügen zu erzählen, bis ihr fast die Tränen kamen. Das war über 40 Jahre nach dem Krieg und seit dem glaube ich nicht mehr an den Spruch, dass die Zeit alle Wunden heilt. Nein, das tut sie nicht in jedem Fall und manche Wunden heilen nie richtig.
Ähnlich ist es wohl auch bei mir. Wenn man als Kind und Jugendlicher von den Eltern immer wieder gesagt bekommt, dass man öffentlich nicht das sagen darf, was man denkt, weil das sonst zu großen Problemen führt und wenn man dann tatsächlich erlebt, wie andere Leute genau aus diesem Grund wirklich Probleme bekamen, man davor also Angst haben muss, dann brennt sich das tief in die Seele ein und geht nicht mehr weg.
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Barbarossa hat geschrieben:...
Ähnlich ist es wohl auch bei mir. Wenn man als Kind und Jugendlicher von den Eltern immer wieder gesagt bekommt, dass man öffentlich nicht das sagen darf, was man denkt, weil das sonst zu großen Problemen führt und wenn man dann tatsächlich erlebt, wie andere Leute genau aus diesem Grund wirklich Probleme bekamen, man davor also Angst haben muss, dann brennt sich das tief in die Seele ein und geht nicht mehr weg.
Und diese Verhältnisse haben wir jetzt wohl wieder. :mrgreen: So wurde der Ostbeauftragte der CDU nur wegen einem Glückwunschschreiben an den FDP-Ministerpräsident jetzt von der  zittrigen "Staatsratsvorsitzenden" gefeuert ! Ich komme aus dem Westen und konnte damals beide Fernsehsender DDR 1 und DDR 2 empfangen. Ich habe mir damals immer vorgestellt, wie schlimm es sein muß, wenn man nicht mal seine Meinung (die natürlich nicht mit Gesetz in Konflikt geraten darf) äußern darf. Jetzt haben wir hier aber langsam auch solche Verhältnisse. Eine demokratisch ausgeführte Wahl soll "rückgängig" gemacht werden und Leute, die dem zustimmten, müssen gehen. :shock: Das hätte Honecker auch nicht besser hinbekommen !  :wink: :mrgreen:   
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Barbarossa
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Doch. Hat man in der DDR seine (abweichende) Meinung zu laut geäußert, kam man sogar mit dem Gesetz in Konflikt. Mal abgesehen vom langen Arm der Stasi: Auf das Verteilen von Flugblättern oder ähnlichem stand sogar Gefängnis. Das ist schon ein krasser Unterschied zu heute, wo jemand lediglich aus einer Regierung fliegt, weil der öffentliche Druck zu groß wurde. Ich muss da vor Relativierung einer Diktatur warnen.


Noch eine aktuelle Meldung:
Es soll nach dem Rücktritt von Kemmerich zu einer erneuten MP-Wahl kommen. Es ist abzusehen, dass sich nun Ramelow erneut zur Wahl stellt und sich wählen lassen will.
AfD-Chef Gauland die thüringische Fraktion der Partei dazu aufgerufen, auch für Ramelow zu stimmen, damit auch dieser die Wahl der Logik nach ablehnen muss.
Quelle: aktuelle Nachrichten

Es wird also weiterhin interessant bleiben in Thüringen.
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