Genitalverstümmelung

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Moderator: Barbarossa

Paul
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Vor allem in der Sahelzone, Ägypten, Jemen und Kurdistan ist die weibliche Genitalverstümmelung verbreitet.

https://de.wikipedia.org/wiki/Weibliche ... stümmelung

Wie konnte so ein grausamer Brauch entstehen und Halten? Wieso gerade in diesen Regionen und was steckt dahinter?
Wahrscheinlich kann so etwas nur entstehen, wenn man seine Kinder als Besitz ansieht. Eine Führungsschicht mit Vielweiberei und massenhaft Kindern konnte so eine unpersönliche Haltung zu den eignen Kindern entwickeln.

Es ist ja eigentlich völlig abwegig seinem Kind so etwas schlimmes Nachteiliges anzutun. Direkt mit dem Islam o. der arabischen Kultur scheint es nicht im Zusammenhanh zu stehen, denn es gibt ja arabische und islamische Länder, wo dieser "Brauch" nicht verbreitet ist. Die Länder in der Sahelzone sind ja überwiegend nicht arabisch und erst spät islamisiert worden.
Die Verbreitung in Ägypten und Äthiopien zeigt, das dieser "Brauch" auch bei Christen verbreitet ist.

In Kurdistan hat eine breite Kampagne gegen diesen Brauch begonnen.
viele Grüße

Paul

aus dem mittelhessischen Tal der Loganaha
Ruaidhri
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Wie konnte so ein grausamer Brauch entstehen und Halten? Wieso gerade in diesen Regionen und was steckt dahinter?
Männliche Dominanz, Herrschsucht, Egoismus, und tatsächlich völlig unabhängig von der Religion.
Auch die Annahme, dass die weiblichen Genitalien wie die männliche Vorhaut Krankheiten verursacht, weil eben unter Wüsten-Bedingungen tägliches Waschen/ Baden nicht möglich ist, mag hineinspielen.
Absolut richtig, wenn das in den allermeisten europäischen Staaten als Straftat gewertet wird und rigoros verboten ist. Eben nicht unter Religionsfreiheit zu zählen, und auch dann wäre das der krassse Fall, wo die ihr Ende hat.
Noch Links dazu, die manche Frage beantwortet- und neue aufwirft.
Die Diskussion um die Beschneidung von Jungen nach muslimischem und jüdischem Ritus oder eben in den USA als "Vorbeugung" ist für mich auch noch nicht so wirklich durch.
So harmlos ist das auch nicht, und ebenfalls ein nachhaltiger Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht.
Nasses Wasser bei der Taufe ist irgendwie ja auch eine frühzeitige Bevormundung, hinterlässt aber keine irreversiblen physischen und psychischen Spuren oder gar üble gesundheitliche Folgen und Schmerzen.
http://www.zeit.de/2016/10/genitalverst ... ng-schweiz

http://www.zeit.de/2016/10/genitalverst ... ng-schweiz

http://www.zeit.de/wissen/2016-02/genit ... r-eingriff
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LG Ruaidhri
Paul
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Auch Äthiopische Christen machen bei der Verstümmelung ihrer Kinder mit. Sie trennen sich nur langsam von dieser Tradition, die vielleicht schon aus der Steinzeit stammt. Wahrscheinlicher ist die Zeit, in der schon größere Stämme mit Herrschereliten existierten.

https://www.berliner-missionswerk.de/pa ... stuem.html
viele Grüße

Paul

aus dem mittelhessischen Tal der Loganaha
Ruaidhri
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Diese Genitalverstümmelungen an Mädchen lassen sich absolut nicht durch die Religion begründen.
Nun ohne Rückblick in die eigene, europäische Geschichte sollte man auch nicht bleiben.
Bedenkend, dass es im 16./17. 18. Jahrhundert bis in die Neuzeit durchaus im allerchristlichsten Abendland üblich war, vorpubertäre Jungen zu kaufen, zu entführen und zu kastrieren, um ihre dann Sopran- oder Altstimmen zum Lobe Gottes erklingen zu lassen, haben wir also auch ein Stück grausamer Unmenschlichkeit in der Geschichte.

Zitat:
". Erst Papst Pius X. schrieb am 22. November 1903 in seinem Motu Proprio Tra le sollecitudini („Über die Kirchenmusik“) vor, zur Besetzung von Sopran- und Altstimmen allein Knaben einzusetzen und verbot damit praktisch die Beschäftigung von Kastraten (Kastrati) in Kirchenchören.[7] Dieses Verbot entzog der Kastrationspraxis zur Förderung einer Sängerkarriere die letzte Basis.

1922 starb Alessandro Moreschi, der letzte Kastrat der päpstlichen Kapelle und der einzige, von dem Tondokumente erhalten sind."
Quelle:
https://de.wikipedia.org/wiki/Kastrat
Hat also auch sehr lange gedauert, bis diese menschenunwürdige Praxis endgültig abgeschafft wurde.
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LG Ruaidhri
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Hera
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Die Grundlage für Juden, ihre Söhne zu beschneiden, liegt in der Bibel (Gen. 17, 10 – 14). So heißt es: Dies ist mein Bund, den ihr hüten sollt zwischen mir und euch und deinem Samen nach dir: beschnitten soll euch jeder Männliche werden" (Gen. 17, 10). „Und zwar acht Tage alt soll euch jedes Männliche beschnitten werden" (Gen. 17, 12)
Die Beschneidung jüdischer neugeborener Jungen gehört zum Wesen des Judentums, markiert den Eintritt in die jüdische Gemeinschaft und symbolisiert den Bund zwischen Gott und Abraham bzw. zwischen Gott und den Juden. Das Gebot ist für Juden bindend.

Die Beschneidung wird auch von säkularen Juden durchgeführt und verbindet Juden aller Strömungen, von orthodox bis reform, miteinander. Sie ist nicht nur Brauchtum, sondern zentraler Bestandteil jüdischer Identität. Sie ist von essentieller Bedeutung und konstitutiv für das Judesein.

Weiter lesen:

http://www.zentralratdjuden.de/de/article/3731.html
Der Kluge lernt aus allem und jedem, der Normale aus seinen Erfahrungen und der Dumme weiß schon alles besser.
(Sokrates, griechischer Philosoph)
Ruaidhri
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Ich habe gelesen, dass in den USA unabhängig von der Zugehörigkeit zum islamischen oder jüdischen Glauben bis zu 70% der Jungen beschnitten werden.
Die Zahlen differieren, doch nicht nur dort, wo viele Juden und Muslime leben, liegen die Zahlen höher als in Europa.
http://www.domradio.de/nachrichten/2012 ... hneidungen
Sie ist nicht nur Brauchtum, sondern zentraler Bestandteil jüdischer Identität. Sie ist von essentieller Bedeutung und konstitutiv für das Judesein.
Selbiges gilt auch für Muslime. Nicht leicht für muslimische Eltern, vor allem Väter, ihre in Deutschland geborenen und lebenden Söhne nicht beschneiden zu lassen, gibt oft Druck aus dem Umfeld.
Kenne einige, mit Deutschen verheiratete, die sich dem widersetzen, aber einfach ist das nicht.
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LG Ruaidhri
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Hera
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ich finde diese Rituale bzw. Sitten/Gebräuche einfach grausam. Aber das ist nur meine Meinung
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Barbarossa
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Zur religiös motivierten Beschneidung von Jungen haben wir übrigens schon ein Thema: Diskussion: Gerichtsurteil zu religiöser Beschneidung - http://geschichte-wissen.de/foren/viewt ... 578#p13578
Die Diskussion ist eröffnet!

Jedes Forum lebt erst, wenn Viele mitdiskutieren.
Schreib auch du deine Meinung! Nur kurz registrieren und los gehts! ;-)
Aneri

Paul hat geschrieben: Wie konnte so ein grausamer Brauch entstehen und Halten? Wieso gerade in diesen Regionen und was steckt dahinter?
Wahrscheinlich kann so etwas nur entstehen, wenn man seine Kinder als Besitz ansieht. Eine Führungsschicht mit Vielweiberei und massenhaft Kindern konnte so eine unpersönliche Haltung zu den eignen Kindern entwickeln.
das glaube ich weniger. Es gibt z. b. viele Beispiele in Ethnologie, wenn Heranwachsenden wurden extremen Schmerzen zugefügt, die sie durchgehen müssen, s. g. Initialisierungsritual.

Es liegt in dem Weltbild, den man hat und dem man sich anpasst. Übrigens die Ursache in der Bibel zu suchen, wie unten von Jemanden ausgeführt wurde, wiederum falsch. Die Bibel ist nur schriftlich gehaltener Weltbild. Es ist ursprünglich ein Weltbild, eine Vorstellung von der Zusammenhängen in der Welt war, die dann später in Schrift niedergeschrieben wurde.

Wie stark dieser Bräuche sind, zeigt, dass auch in Deutschland afrikanische Frauen lassen ihre Mädchen beschneiden. Die Frauen, die selbst es erleben müssten! Sie sind die ersten, die es verteidigen.

M. E. haben viele Vorgänge in moderne Gesellschaft, die nicht mit Genitalienbereich zu tun haben, dennoch ähnlichen Ursprung: eine Vorstellung von der Welt und uns selbst in dieser Welt. Was man nur nicht tut (die Frauen, von den es erwartet wird, und in zunehmende maßen auch Männer) um eigenen Vorstellungen gerecht zu werden: man trägt unbequeme Schuhe, die viele gesundheitliche Schäden einrichten, man legt sich auf Operationstisch, um wie ein Kunststück, von dem etwas weggenommen wird oder zufgefügt - je nach Vorstellung. Zuletzt beobachtbare Trend zur verschieden Durchlöchungen mit Anhängern oder Ringen, die Tätowierungen. Es hat zwar ästhetischen Hintergrund, dennoch hängt er zusammen mit unsere Weltbild, der nur augenscheinlich logisch/rational erklärt wird. Es fußt sich auf dem Gefühl der Harmonie.
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