Religionsentstehung nach Jared Diamond

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Moderator: Barbarossa

Aneri

Vielleicht können wir nicht reden, weil unsrer Logik zu verschieden ist (wenn man so ausdrücken darf :)).

Du sprichst über das Nutzen der Religionen und über die Entstehung von der Religionen.
In diesem Zusammenhang zu sagen, sie erklärt übernatürliche Phänomene, m. E. schlichtweg falsch. Zu der Zeit waren keine übernatürliche Phänomene, die erklärt werden müssen. Alles war natürlich. Diamond und du sprechen über moderne Vorstellungen, die natürlich und übernatürlich unterscheiden. Aber das Nutzen, wenn "das Kind" schon geboren ist (Religion schon voll entfaltet) , erklärt nicht, wie und warum es begann.

"Sie lindert Angst durch Rituale". Du beschreibst doch selbst, wie sie zuerst die Ängste macht. Warum das Nutzen (die Linderung) evolutiv gefordert werden muss, wenn die Entstehende Religion erst die Schmerzen verursacht?! Evolutiv sinnvoller wäre dann die Religion abschaffen.

Auch hast du immer vor Augen schon geborenen Kind - die staatliche Religion. Es ist aber das Stadium des Erwachsenseins.
Man muss sich vor Augen die Naturvölker, die Erkenntnisse der Staatenbildung führen. Also das Embryostadium, das zu Geburt führte, die Kindheit und Pubertät.

Wegen der Intelligenz... Ich weiß nicht, was es ist. Du als Lehrer müsstest eigentlich auch schon an die Intelligenz des Menschen zweifeln, oder ;-)? Dass die Zelle die kausale Beziehungen deutet, das bezweifele ich nicht. Vielleicht weil übrige Leben nicht in deinem beruflichen Konzept liegt, scheint es die Annahme befremdlich. Kucken wir, was Kausalität und Deutung nach WIKI bedeuten:
Kausalität (lat. causa „Ursache“) bezeichnet einen naturgesetzlichen, reproduzierbaren Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung oder „Aktion“ und „Reaktion“, betrifft also die Abfolge aufeinander bezogener Ereignisse und Zustände. Die Kausalität (ein kausales Ereignis) hat eine feste zeitliche Richtung, die immer von der Ursache ausgeht, auf die die Wirkung folgt.
Deutung bezeichnet den Prozess des Erkennens oder Konstruierens einer Bedeutung.
Ich gebe zu, wenn man die Zelle als ein Flipper-Automat betrachtet, der die Mutationen zufällig ausspuckt, dann hättest du recht. Dennoch wenn man die Zelle als eine aktiv suchende nach Lösungen betrachtet - und das tue ich - , dann sieht es eben, dass die Zelle die kausale Beziehungen deutet.
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Barbarossa
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Aneri hat geschrieben:Vielleicht können wir nicht reden, weil unsrer Logik zu verschieden ist (wenn man so ausdrücken darf :)).

Du sprichst über das Nutzen der Religionen und über die Entstehung von der Religionen.
In diesem Zusammenhang zu sagen, sie erklärt übernatürliche Phänomene, m. E. schlichtweg falsch. Zu der Zeit waren keine übernatürliche Phänomene, die erklärt werden müssen. Alles war natürlich. Diamond und du sprechen über moderne Vorstellungen, die natürlich und übernatürlich unterscheiden...
Das glaube ich aber nicht so ganz.
Warum wurden Göttern bestimmte Fähigkeiten zugesprochen? Also:
Zeus (bei den Griechen) oder auch Donar/Thor (bei den Germanen) schleudern Blitze zur Erde, oder der Christengott straft die Ägypter, in dem er ihnen 7 Plagen bringt oder die von Karlheinz beschrieben "besänftigung der Götter" in dem man Menscheopfer darbrachte...
Die Kette ließe sich beliebig fortsetzen und kann weltweit bei allen Völkern der Menschheit beobachtet werden.
Wenn die Götter nicht für "übernatürliche" Phänomene verantwortlich gemacht wurden, wie ist solch ein Verhalten sonst zu erklären?

Ich glaube, hier liegt auch eher ein Verständigungsproblem vor. Wenn wir heute "übernatürlichen Kräften" sprechen, setzen wir voraus, dass es zweierlei "Gewalten" und Phänomene gibt. Das eine - die natürlichen "Gewalten" - sind Kräfte, die wir heute mit Hilfe der Naturwissenschaften erklären können. Die anderen sind die "übernatürlichen" - die können wir noch nicht erschöpfend erklären. Da es vor Tausenden von Jahren noch keine Naturwissenschaften gab, konnten sich die Menschen nicht viele natürlichen Phänomene logisch erklären. (Die nordischen Völker z. B. schrieben die Entstehung von Ebbe und Flut dem Gott Thor zu, der angeblich versuchte, das Meer auszutrinken.)
Das heißt also: So wie wir heute wissen, dass alles natürlich ist, so wurde in "grauer Vorzeit" nahezu alles was passierte, einer Gottheit zugeschrieben. So war auch nahezu alles "übernatürlich" - wie wir heute sagen - weil es mit dem damaligem Wissen nicht logisch zu erklären war.
Ich halte die Bezeichnung "übernatürlich" für einen neuzeitlichen Begriff.

Ich hoffe, ich konnte das etwas erhellen.
:wink:
Aneri hat geschrieben:Ich gebe zu, wenn man die Zelle als ein Flipper-Automat betrachtet, der die Mutationen zufällig ausspuckt, dann hättest du recht. Dennoch wenn man die Zelle als eine aktiv suchende nach Lösungen betrachtet - und das tue ich - , dann sieht es eben, dass die Zelle die kausale Beziehungen deutet.
Das scheint mir aber wissenschaftlich nicht fundiert zu sein:
Mutationen können spontan auftreten oder durch äußere Einflüsse verursacht werden, wie beispielsweise Strahlung oder erbgutverändernde Chemikalien (Mutagene).
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Mutation

Es gibt also sowohl spontane als auch durch äußere Einflüsse verursachte Mutationen und beide werden noch einmal in verschiedene Arten unterscheiden, je nach Auswirkung für den Organismus.
Wahrscheinlich gibt es sogar mehr negative, als positive Mutationen, also vor allem solche, die den Oganismus nicht überlebensfähig machen. (Auch die Natur macht Fehler.) Die (von mir vermuteten) wenigen positiven Mutationen werden dann zu einem weiteren Schritt in der Evolution. Letztere führen dann auch zu einer besseren Anpassung an die Umwelt.
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Aneri

Ich glaube, hier liegt auch eher ein Verständigungsproblem vor. Wenn wir heute "übernatürlichen Kräften" sprechen, setzen wir voraus, dass es zweierlei "Gewalten" und Phänomene gibt. Das eine - die natürlichen "Gewalten" - sind Kräfte, die wir heute mit Hilfe der Naturwissenschaften erklären können. Die anderen sind die "übernatürlichen" - die können wir noch nicht erschöpfend erklären.

Ich freue mich, dass du mich verstanden hast. Also gibt es auch keine Verständigungsprobleme.
Mutationen können spontan auftreten oder durch äußere Einflüsse verursacht werden, wie beispielsweise Strahlung oder erbgutverändernde Chemikalien (Mutagene).

Ja und was ich meine, sind durch äußere Einfluss verursacht wurde. Wie z. B die Fliegen bekommen durch Bestrahlung rote Augen. Die Bestrahlung ist eine Art Hammer, die auf die Fliege bzw. deren Eier auswirkt. Wie aber durch das hauen mit dem Hammer immer die gleiche Mutation verursacht wird? Es ist eben die Selbstorganisation des Organismus, der unternimmt etwas gegen der Auswirkungen der Bestrahlung. Nach Außen her sehen wir nur "die Spitze des Eisbergs" - die rote Augen. Oder denkst an Bakterien, die schnell auf unseren Kampfmittel reagieren und werden gegen sie resistent. Sie suchen - ja würde ich weiterhin behaupten - gezielt nach Lösungen der entstehenden Probleme.
ehemaliger Autor K.

Barbarossa, Anerie
Ich glaube, hier liegt auch eher ein Verständigungsproblem vor. Wenn wir heute "übernatürlichen Kräften" sprechen, setzen wir voraus, dass es zweierlei "Gewalten" und Phänomene gibt. Das eine - die natürlichen "Gewalten" - sind Kräfte, die wir heute mit Hilfe der Naturwissenschaften erklären können. Die anderen sind die "übernatürlichen" - die können wir noch nicht erschöpfend erklären. Da es vor Tausenden von Jahren noch keine Naturwissenschaften gab, konnten sich die Menschen nicht viele natürlichen Phänomene logisch erklären. (Die nordischen Völker z. B. schrieben die Entstehung von Ebbe und Flut dem Gott Thor zu, der angeblich versuchte, das Meer auszutrinken.)
Das heißt also: So wie wir heute wissen, dass alles natürlich ist, so wurde in "grauer Vorzeit" nahezu alles was passierte, einer Gottheit zugeschrieben. So war auch nahezu alles "übernatürlich" - wie wir heute sagen - weil es mit dem damaligem Wissen nicht logisch zu erklären war.
Ich habe mich hier nicht ganz deutlich ausgedrückt. Es ist schon so, wie Barbarossa schreibt: Es gibt einerseits Phänomene, die damals „übernatürlich“ waren, für die wir aber jetzt eine einfache wissenschaftliche Erklärung angeben können.
Dann gibt es aber auch heute noch Fragen, auf die wir vermutlich niemals eine Antwort erhalten. Z.B. gibt es eine Seele? Was passiert mit den Toten? Hat das Universum einen Sinn? Der Theologe Tillich fragte einmal seine Studenten, sie sollen ihm eine wissenschaftliche Antwort auf die einfache Frage geben: „Warum gibt es etwas, wo es genauso gut nichts geben könnte?“ Auf Tillichs Antwort „Gott“ wandten sie ein, das diese nur der fehlenden Antwort einen Namen gibt.
Die Religion antwortet auch heute noch auf Phänomene, die wir für übernatürlich halten. Erhält man auf die Frage: Wo sind die Toten?“ die Antwort: Im Paradies oder in der Hölle, dann ist dies eine übernatürliche Erklärung. Sie ist durch nichts beweisbar.
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dieter
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Conzaliss hat geschrieben:
dieter hat geschrieben:
Karlheinz hat geschrieben:Wenn dagegen große Teile der Welt in Armut gefangen bleiben oder Weltwirtschaft, Lebensstandard und Frieden zerfallen, dann könnten alle Funktionen der Religion, vielleicht sogar die Erklärung von Übernatürlichem, wieder eine Renaissance erleben.
Lieber Karlheinz,
Religion wird es solange geben, solange es Dinge gibt, die man sich sonst nicht erklären kann. :wink:
Ich bin nicht der Ansicht, dass gebildete Menschen für Religion weniger empfänglich sind als ungebildete.

Religion ist Auslegungssache, und Gebildete legen sie anders aus als Ungebildete...
Lieber Conzaliss,
Religion wird es immer geben. Schau Dir Russland an, trotz über 70 Jahre Kommunismus, sind dort die Menschen gläubig. :wink:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
Aneri

dieter hat geschrieben: Religion wird es immer geben. Schau Dir Russland an, trotz über 70 Jahre Kommunismus, sind dort die Menschen gläubig. :wink:
Sie waren nicht gläubig, glaub mir Dieter. Sie hatten eine Ersatzreligion - Ideologie. Dennoch keine Religion in eigentlichem Sinne. Mit dem Zusammenbruch der SU war nicht nur Wirtschaft und soziales Netz kaputt bzw. kaputt gemacht. Man müsste sich neu orientieren, nach seine neue Identität suchen. Es ist selbstverständlich, dass man sich der alten Religion zuwandte. Der Religion, die existentielle Ängste linderte und Hoffnung schaffte, dass für alles Leid, das man jetzt erlebt, wird mal entschädigt. In Russland ist es auch eine eigene Kirche, die die Identitätssuche erleichterte. Übrigens in Ukraina spaltete sich die orthodoxe Kirche. Ukrainische religiöse Nationalisten haben eigene gegründet, die jetzt auch sich gegenseitig bekämpfen.
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dieter
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Liebe Aneri,
dann war eben der Kommunismus an die Stelle der Religion getreten und nach dem Scheitern des Kommunismus sind sie wieder zur Religion zurückgekehrt. :wink:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
Aneri

Conzaliss hat geschrieben:Es hat in der Sowjetunion immer Menschen gegeben, die an ihrer Religiosität festgehalten haben. Das waren meist Menschen aus den unteren Bildungsschichten, die für den Staat keine Gefahr darstellten...
Ich denke, es ist anders. gebildete Mensch ist mehr fähig zu hinterfragen. Mit großer Wahrscheinlichkeit waren es gerade gebildete Mensch, die s. z. Religionsstafette hielten. Ich habe russische Freundin, sie hat erzählt (in einem anderen Zusammenhang: ihre Todesangst in einer dichte Menge der Menschen), wie sie in der Kirche am Osternfest war. Meine Freundin studierte damals in Moskau. Wie du durch Anmerkung verstanden hast, es war sehr sehr viele Menschen da. Es hat mich überrrascht, weil bei uns - in Litauen - war auch in der Mode in Kirche am Heiligabend und Ostern zu gehen. Aber man es als eine Gegenwähr zum sowietischen Annektieren empfand, als Bestätigung eigener Identität. Der Unterschied bestand vielleicht daran, dass bei uns viele funktionierende Kirchen waren (durch Vatikan-Unterstützung), in Russland waren es vereinzelte, so dass sie müssten s, z. viel großere Fläche bedienen. So allgemein niedrigere Religiosität (Bevölkerung/Gläubige) könnte größeren Gläubigermaßen in der Kirche erzeugen. Ich habe Verwandte in Sibirien und war paar mal in meiner Schulzeit da. Es war relativ großer Ort - etwa 10 tausend, dennoch keine Kirche.

Wobei man müsste auch unterscheiden: Religiös zu sein und Religion als eine Identität empfinden. In zweiten Fall werden einfach äußere Merkmale aufrechtgehalten. Dennoch man ist nicht wirklich religiös. Auch ich hatte in Kirche gegangen. Nur fühlte ich mich da unwohl. So wie etwa der Spanner, der anderen durch Schlusselloch beobachtet aber nicht zusammengehört.
Zuletzt geändert von Aneri am 19.03.2014, 10:02, insgesamt 1-mal geändert.
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dieter
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Conzaliss hat geschrieben:Es hat in der Sowjetunion immer Menschen gegeben, die an ihrer Religiosität festgehalten haben. Das waren meist Menschen aus den unteren Bildungsschichten, die für den Staat keine Gefahr darstellten...
Lieber Conzaliss,
es gibt wie überall, sonne und solche. :wink:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
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