Reiseberichte

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Moderator: Barbarossa

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Barbarossa
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Zu folgendem noch eine kleine Anmerkung:
Barbarossa hat geschrieben:...
Zum Ende der 10. Klasse unternahm unsere Klassenleiterin, die auch Russisch unterrichtete, mit uns eine Klassenfahrt nach Moskau. Es muss im Februar 1985 gewesen sein, denn ich erinnere mich noch genau, dass es wenige Wochen vor dem Tod Tschernenkos war (gest. am 10. März 1985), dem letzten Staats- und Parteichef, nach dem Michail Gorbatschow die Regierung übernahm.
Wir flogen über Jugendtourist ...
Hinterher im Unterricht räumte unsere Klassenleiterin noch ein, dass wir mit unserer Moskau-Reise großes Glück gehabt hatten. Wäre Tschernenko nur wenige Wochen früher gestoben, dann wäre die Reise nicht mehr möglich gewesen. Kein Tourist wäre nach Moskau hineingekomnen. Also wäre auch unsere Klassenfahrt geplatzt. Das wäre Schade gewesen, denn daran habe ich mich hier an dieser Stelle noch einmal gern zurückerinnert.

Das war es nun aber endgültig dazu.
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Barbarossa hat geschrieben:Zu folgendem noch eine kleine Anmerkung:
Barbarossa hat geschrieben:...
Zum Ende der 10. Klasse unternahm unsere Klassenleiterin, die auch Russisch unterrichtete, mit uns eine Klassenfahrt nach Moskau. Es muss im Februar 1985 gewesen sein, denn ich erinnere mich noch genau, dass es wenige Wochen vor dem Tod Tschernenkos war (gest. am 10. März 1985), dem letzten Staats- und Parteichef, nach dem Michail Gorbatschow die Regierung übernahm.
Wir flogen über Jugendtourist ...
Hinterher im Unterricht räumte unsere Klassenleiterin noch ein, dass wir mit unserer Moskau-Reise großes Glück gehabt hatten. Wäre Tschernenko nur wenige Wochen früher gestoben, dann wäre die Reise nicht mehr möglich gewesen. Kein Tourist wäre nach Moskau hineingekomnen. Also wäre auch unsere Klassenfahrt geplatzt. Das wäre Schade gewesen, denn daran habe ich mich hier an dieser Stelle noch einmal gern zurückerinnert.

Das war es nun aber endgültig dazu.

Schade, über Russland hätte ich noch gerne mehr gehört. Bin dort leider nie gewesen. Mir fällt dazu immer der Schlager von der Gruppe Dschingis Khan ein:

Moskau, Moskau
Wirf die Gläser an die Wand
Russland ist ein schönes Land
Ho ho ho ho ho, hey
Moskau, Moskau
Deine Seele ist so groß
Nachts da ist der Teufel los
Ha ha ha ha ha, hey

Moskau, Moskau
Liebe schmeckt wie Kaviar
Mädchen sind zum küssen da
Ho ho ho ho ho, hey
Moskau, Moskau
Komm wir tanzen auf dem Tisch
Bis der Tisch zusammenbricht
Ha ha ha ha ha
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dieter
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Barbarossa hat geschrieben:
dieter hat geschrieben: Lieber Barbarossa,
dann müßt Ihr noch viel unternehmen, um mitteleuropäische Standarts zu erreichen. :wink: Ich suche mir nichts aus, habe keine Lust mich anpflaumen zu lassen. Zweimal Berlin und zweimal Potsdam reichen mir. Erwarte keine "übertriebene Höflichkeit" sondern nur normales Benehmen. Nicht mit einer Rakete durch die Kinderstube gerast sein. :wink: :mrgreen: (Vorsicht, Ironie)
Übrigends, habe Verwandte in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen, die sind anders. Waren es auch zu DDR-Zeiten bei meinem Besuch dort. :wink:
Ist schon schlimm, dass man bei Euren Rechtsradikalen aufpassen muß, dass sie nicht einen Ausländer zusammen schlagen. :evil: :twisted: In Frankfurt/M. wäre das alles unmöglich. :oops:
:mrgreen:

Vielleicht hattest du aber auch gerade Pech, auf ein paar besonders seltsame Exemplare gestoßen zu sein. Auch hier gilt:
Es gibt solche und solche.
Allerdings, das mit der "Berliner Schnauze", da ist schon was dran.
Und Rechtsradikale, die gibts ja überall. Die sind vor allem dann gefährlich, wenn sie im "Rudel" auftreten und unter Alkoholeinfluss stehen. :wink:
Lieber Barbarossa,
habe in Frankfurt/M. noch keine Rechtsradikale angetroffen, auch nicht unter Alkoholeinfluss. :wink: Dafür laufen bei uns genügend Damen rum, total verschleiert und nur mit Sehschlitz zum Sehen und einem langen Mantel, der bis zu den Füßen reicht. Aber die sind still. :wink: :mrgreen:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
RedScorpion

Barbarossa hat geschrieben: ...
Und Rechtsradikale, die gibts ja überall. Die sind vor allem dann gefährlich, wenn sie im "Rudel" auftreten und unter Alkoholeinfluss stehen. :wink:
Dahingehend, dass ich den Satz auch heftig finde, tät ich mich Dieter anschliessen.

Rechtsradikale gehören keineswegs überall, schon gar nicht in Europas zivilisierteren Staaten, zum alltäglichen Strassenbild.

Barbarossa hat aber wahrscheinlich leider in der Hinsicht recht, dass man daraus nicht ableiten kann, dass es sie ausserhalb der Zone (und Ungarn und so) nicht gibt, nur weil man sie im Strassenbild nicht sieht.



LG
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dieter hat geschrieben:
Barbarossa hat geschrieben:
dieter hat geschrieben: Lieber Barbarossa,
dann müßt Ihr noch viel unternehmen, um mitteleuropäische Standarts zu erreichen. :wink: Ich suche mir nichts aus, habe keine Lust mich anpflaumen zu lassen. Zweimal Berlin und zweimal Potsdam reichen mir. Erwarte keine "übertriebene Höflichkeit" sondern nur normales Benehmen. Nicht mit einer Rakete durch die Kinderstube gerast sein. :wink: :mrgreen: (Vorsicht, Ironie)
Übrigends, habe Verwandte in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen, die sind anders. Waren es auch zu DDR-Zeiten bei meinem Besuch dort. :wink:
Ist schon schlimm, dass man bei Euren Rechtsradikalen aufpassen muß, dass sie nicht einen Ausländer zusammen schlagen. :evil: :twisted: In Frankfurt/M. wäre das alles unmöglich. :oops:
:mrgreen:

Vielleicht hattest du aber auch gerade Pech, auf ein paar besonders seltsame Exemplare gestoßen zu sein. Auch hier gilt:
Es gibt solche und solche.
Allerdings, das mit der "Berliner Schnauze", da ist schon was dran.
Und Rechtsradikale, die gibts ja überall. Die sind vor allem dann gefährlich, wenn sie im "Rudel" auftreten und unter Alkoholeinfluss stehen. :wink:
Lieber Barbarossa,
habe in Frankfurt/M. noch keine Rechtsradikale angetroffen, auch nicht unter Alkoholeinfluss. :wink: Dafür laufen bei uns genügend Damen rum, total verschleiert und nur mit Sehschlitz zum Sehen und einem langen Mantel, der bis zu den Füßen reicht. Aber die sind still. :wink: :mrgreen:
Wenn man etwas auf Reisen lernt, dann ist es die Erkenntnis, das rechtsradikales Gedankengut, darunter verstehe ich unter anderem: Rassismus, Antisemitismus, antidemokratisches Denken usw. außerordentlich weit in der Welt verbreitet ist, auch wenn es sich längst nicht überall offen zeigt.
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Titus Feuerfuchs
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dieter hat geschrieben:[...]
Lieber Barbarossa,
habe in Frankfurt/M. noch keine Rechtsradikale angetroffen, auch nicht unter Alkoholeinfluss. :wink: Dafür laufen bei uns genügend Damen rum, total verschleiert und nur mit Sehschlitz zum Sehen und einem langen Mantel, der bis zu den Füßen reicht. Aber die sind still. :wink: :mrgreen:

Aber ihre männlichen Begleiter nicht immer. Soeben wurde z.B. in Wien ein Mann krankenhausreif geprügelt, weil er eine der verschleierten Damen zu lange angesehen hatte:

http://www.krone.at/Oesterreich/Familie ... ory-409249


Dazu kommt, dass die Ideologie, die durch die Vollverschleierung symbolisiert wird, mannigfaltige inhaltliche Parallelen zum Rechtsextremismus aufweist.
MfG,
Titus Feuerfuchs
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Barbarossa
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Titus Feuerfuchs hat geschrieben:...

Dazu kommt, dass die Ideologie, die durch die Vollverschleierung symbolisiert wird, mannigfaltige inhaltliche Parallelen zum Rechtsextremismus aufweist.
Eigentlich nicht. Religiöser Phantismus geht noch weiter in der Zeit zurück. Hier in Europa hatten wir diese Zeit im späten Mittelalter und in die frühe Neuzeit mit der Inquisition.
Rechtsradikalismus ist aber eine Erscheinung, die im 20. Jh. aufkam und der frühere, vorhumanistische Zeiten idealisiert.
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dieter
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Karlheinz hat geschrieben:
Barbarossa hat geschrieben:
dieter hat geschrieben: Lieber Barbarossa,
dann müßt Ihr noch viel unternehmen, um mitteleuropäische Standarts zu erreichen. :wink: Ich suche mir nichts aus, habe keine Lust mich anpflaumen zu lassen. Zweimal Berlin und zweimal Potsdam reichen mir. Erwarte keine "übertriebene Höflichkeit" sondern nur normales Benehmen. Nicht mit einer Rakete durch die Kinderstube gerast sein. :wink: :mrgreen: (Vorsicht, Ironie)
Übrigends, habe Verwandte in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen, die sind anders. Waren es auch zu DDR-Zeiten bei meinem Besuch dort. :wink:
Ist schon schlimm, dass man bei Euren Rechtsradikalen aufpassen muß, dass sie nicht einen Ausländer zusammen schlagen. :evil: :twisted: In Frankfurt/M. wäre das alles unmöglich. :oops:
:mrgreen:

Vielleicht hattest du aber auch gerade Pech, auf ein paar besonders seltsame Exemplare gestoßen zu sein. Auch hier gilt:
Es gibt solche und solche.
Allerdings, das mit der "Berliner Schnauze", da ist schon was dran.
Und Rechtsradikale, die gibts ja überall. Die sind vor allem dann gefährlich, wenn sie im "Rudel" auftreten und unter Alkoholeinfluss stehen. :wink:
Lieber Barbarossa,
habe in Frankfurt/M. noch keine Rechtsradikale angetroffen, auch nicht unter Alkoholeinfluss. :wink: Dafür laufen bei uns genügend Damen rum, total verschleiert und nur mit Sehschlitz zum Sehen und einem langen Mantel, der bis zu den Füßen reicht. Aber die sind still. :wink: :mrgreen:
Wenn man etwas auf Reisen lernt, dann ist es die Erkenntnis, das rechtsradikales Gedankengut, darunter verstehe ich unter anderem: Rassismus, Antisemitismus, antidemokratisches Denken usw. außerordentlich weit in der Welt verbreitet ist, auch wenn es sich längst nicht überall offen zeigt.[/quote]
Lieber Karlheinz,
Du hast recht. In Afrika gibt es Menschen, denen der Farbstoff in der Haut und in den Haaren fehlt. Die werden von den Schwarz-Afrikanern geächtet, weil für die der Verdacht besteht, dass die Mutter sich mit einem Weißen eingelassen hatte.
In Kenia werden sie deshalb in eigenen Gemeinschaften gehalten, weil ihr Durchkommen in diesen Gesellschaften sonst nicht möglich wäre. Außerdem wurden in Kenia Inder verfolgt, die den Geschäftsbereich übernommen hatten. :evil: :twisted:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
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Barbarossa
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Karlheinz hat geschrieben:Schade, über Russland hätte ich noch gerne mehr gehört. Bin dort leider nie gewesen...
Ich war dafür noch nie dort, wo du schon überall warst. Allerdings kann ich auf die abenteuerlichsten deiner Reisen auch gut verzichten. :wink:
Trotzdem sind deine Geschichten interessant zu lesen und teilweise auch amüsant formuliert. Danke dafür.

Ja, viel mehr weiß ich über meine Moskau-Reise wirklich nicht zu berichten. Ich schreibe ja nun auch alles aus dem Gedächtnis, denn Tagebuch oder ähnliches habe ich nie geführt und tue dies auch heute nicht. Das ist in meiner Familie/Verwandtschaft/Bekanntschaft einfach nicht üblich. Da bin ich schon zufrieden mit dem, was mir nach so langer Zeit noch so eingefallen ist.

Woran ich mich bezüglich der Ausfüge während dieser Reise doch noch erinnere:
Wenn wir in der Stadt mit dem Bus unterwegs waren, sah nicht nicht wenige Verkehrsunfälle. An - gefühlt - fast jeder zweiten Ecke hatte es gerade gekracht und es standen PKWs herum, die gerade zusammengestoßen waren.
Derr Verkehr in Moskau war nach meinem Empfinden damals ziemlich dicht.
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Barbarossa:
Ich war dafür noch nie dort, wo du schon überall warst. Allerdings kann ich auf die abenteuerlichsten deiner Reisen auch gut verzichten. :wink:
Trotzdem sind deine Geschichten interessant zu lesen und teilweise auch amüsant formuliert. Danke dafür.

Vielen Dank für die Nachricht. Ich war mir zunächst nicht sicher, ob die Leser sich überhaupt für diese Reiseberichte interessieren würden. Inzwischen habe ich aber eine ganze Reihe positiver Mails bekommen, die mich ermutigt haben, hier weiterzumachen. Es macht auch Spaß, diese Erlebnisse noch einmal Revue passieren zu lassen.
Es gab allerdings auch Zwischenfälle, auf die ich gerne verzichtet hätte. Den Raubüberfall in Brasilien oder den Marsch durch den Urwald von Guatemala sind Erlebnisse, die man wirklich nicht braucht, so etwas muss nicht sein.
Renegat
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Registriert: 29.04.2012, 19:42

Mir gefallen deine Reiseberichte auch, zumal sie sehr schön das Lebensgefühl der jeweiligen Zeit wiedergeben. Hast du Aufzeichnungen oder erinnerst du dich mit deinem Kopf von heute?
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Renegat hat geschrieben:Mir gefallen deine Reiseberichte auch, zumal sie sehr schön das Lebensgefühl der jeweiligen Zeit wiedergeben. Hast du Aufzeichnungen oder erinnerst du dich mit deinem Kopf von heute?

Beides,
ich habe viele Aufzeichnungen von damals, manche Dinge musste ich nachträglich aus der Erinnerung rekonstruieren. Um Veränderungen aufzuzeigen, die sich in der Neuzeit ergeben haben und die ich deshalb nicht persönlich sehen konnte, musste ich gelegentlich auch recherchieren.
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Ich trampe über Land nach Australien
Teil IV: Venedig, wenn die Gondeln Trauer tragen

Ich freute mich schon auf die Weiterreise nach Venedig, die „Serenissima“, die Erlauchteste, wie sie auch genannt wurde, denn während der letzten Tage meines Aufenthaltes hatte sich in München das Wetter plötzlich verschlechtert. Es wurde unbeständig, immer wieder wurde ich von heftigen Regengüssen überrascht und die Temperatur sank merklich ab, eigentlich ungewöhnlich für Ende Juni. Also auf in das Land, wo die Zitronen blühen!

Auf trampen hatte ich jetzt keine Lust und kaufte mir deshalb eine Bahnfahrkarte nach Venedig. Morgens ging es los und der Zug näherte sich rasch Kufstein, dem Grenzort zwischen Deutschland und Österreich. Er gehört schon zu Tirol.

Inzwischen hatte es sich richtig eingeregnet, der Wind blies pausenlos dicke, schwarze Regenwolken an den Alpenrand, wo sie die Hänge aufsteigen mussten und dabei ihr ganzes Wasser verloren. Der Schaffner erzählte mir, dass sich solche Wetterlagen tagelang halten können und mit Pech kommt es dabei sogar zu Überschwemmungen der Flüsse. Na, hoffentlich nicht.

Die Grenzkontrollen dauerten nicht lange und es ging weiter hinein nach Österreich. Von den Bergen konnte ich leider kaum etwas erkennen, sie verbargen sich hinter den dunklen Wolkenschleiern. Ich öffnete für einen kurzen Moment das Fenster und ein Schwall eiskalter Luft drang in das Abteil. Nur schnell wieder schließen. Ein österreichischer Schaffner kontrollierte mürrisch die Fahrkarte und verschwand schnell wieder.

Dann rollte der Zug in das Tal von Innsbruck, wo er für ungefähr 10 Minuten die Fahrt unterbrach. Neue Fahrgäste stiegen zu, Familien, schwer bepackt mit Koffern und lärmenden Kindern im Gefolge. Ganz offensichtlich Italiener. Glücklicherweise wollte niemand in mein Abteil, das ich weiterhin für mich allein hatte. Schade, dass ich kein Italienisch konnte. Die Sprache hörte sich sehr melodisch und klangvoll an, doch in der Schule hatten sie mich mit Latein gequält. Ich beherrschte den Cäsar und den Cicero, später hatten wir sogar den Sallust gelesen, doch was nützte das hier? Auch wenn Italienisch eine Art lateinischer Dialekt ist, ich verstand kein Wort. Meine Sprachkenntnisse reichten aus, um die Inschriften an antiken Bauwerken und in mittelalterlichen Kirchen zu entziffern, aber das machte hier wenig Sinn.

In München hatte ich in einer Kirche gelesen: „Memento, homo, quia pulvis es, et in pulverem reverteris“, was soviel bedeutet wie: „Erinnere dich, Mensch, dass du aus Staub bist, und dich zu Staub zurückwandeln wirst.“ Steht irgendwo im Alten Testament und hört sich phantastisch an, große Weisheit. Solche Lateinkenntnisse nützen aber nichts, wenn man etwas zu Essen bestellen will, ein Hotel sucht oder sonst eine Auskunft benötigt. Dabei meinte unser Lateinlehrer immer: „Wir lernen nicht für die Schule, sondern für das Leben.“ Wenn das man nur so wäre!

Der Zug fuhr weiter, es ging nun über den Brenner, viel sehen konnte ich nicht. Dann, einige Zeit später, wieder ein Halt, den Namen der Station habe ich vergessen, aber anscheinend waren wir wohl jetzt in Italien, denn die Beamten, die nun zustiegen, machten irgendwie einen italienischen Eindruck mit ihren schwarzen, glatten Haaren, dem braunen Teint und den dunklen Schnurrbärten.

Wir fuhren immer noch durch die Alpen, aber das Wetter wurde merklich besser, der Regen stoppte endlich und der Himmel klarte auf. Die Italiener haben Glück, die Wolken regnen sich ständig im Norden, also bei uns Deutschland ab, sie selber haben deshalb immer schönes Wetter. Eigentlich gemein.

Zwei Beamte traten ins Abteil und wollten meinen Pass sehen. Ich fragte: „Italia?“ und einer antwortete: „Si“, und dann zeigte er voller Freude auf die Berge: „Le Montagne, le Montagne!“

Ja, alles klar, die Berge, habe verstanden, ich bin anscheinend in Bella Italia. Der Zug verließ langsam die letzten Ausläufer des Gebirges, die Sonne schien jetzt mit voller Kraft, es wurde richtig heiß in der Bahn und ich krempelte meine Hemdsärmel hoch. Mensch, hatten die Spaghetti ein Wetter, das war ja toll!

Dann hielten wir in Verona. Leider konnte ich von der Stadt kaum etwas sehen, ausgenommen einiger Palmen, denn schon ging es weiter in die Poebene, Richtung Venedig. Ich fühlte mich sofort heiter und irgendwie glücklich, die Sonne und die liebliche Landschaft beflügelten meine Lebensgeister. Ich erinnerte mich an Goethe und sein Buch „Italienische Reise“. Ihm ging es nach Überquerung der Alpen vom Norden her kommend ganz ähnlich.

In Venedig, so las ich jetzt in einem Reiseführer, gibt es keine Autos. Gott sei Dank, denn von einer früheren Italienreise her wusste ich, dass in den hiesigen Großstädten immer ein hektischer und Nerv tötender Verkehr herrscht und die Italiener einen kreativen und temperamentvollen Fahrstil kultivieren. Verkehrszeichen haben eher einen beratenden Charakter, sind anscheinend nicht verbindlich. In Deutschland bedeutet eine rote Ampel: Stopp! In Italien ist das allenfalls ein Vorschlag, eine mögliche Option. Man befolgt ihn oder auch nicht.

Und dann erreichte der Zug sein Ziel. Zunächst ging es allerdings nach Venedig-Mestre, die hässliche Seite der Stadt auf dem Festland. Hier gibt es nur Industrie und Wohnviertel. Anschließend fuhr der Zug über einen langen Damm in das eigentliche Venedig, die Lagunenstadt, bestehend aus 118 Inseln, 400 Brücken, 177 Kanälen, sowie unzähligen Gassen und ca. 100.000 Einwohnern. Der Zug stoppte an der Stazione Santa Lucia, direkt am Canal Grande. Ein überwältigender Anblick, wenn man den Bahnhof verlässt.

Vor dem Bahnhof warteten zwei Wasserbusse, die sogenannten Vaporettis. Der eine fuhr direkt bis zur Endstation, Nähe Marcus-Platz, der andere hielt noch vorher an diversen Zwischenstopps. Ich wollte mir erst einmal alles in Ruhe ansehen und entschied mich für den Vapretto 1 accelerato und nicht für den Vaporetto 2 diretto.

Der Canal Grande ist etwa 4,5 km lang und zwischen 30 m bis stellenweise 70 m breit, zieht sich in der Form von einem S oder eines Fragezeichens durch die Altstadt und wird von mehr als 200 Adels- und Kaufmannspalästen umsäumt. Phantastisch! Unglaublich! Ich dachte immer, Paris wäre die schönste Stadt der Welt, aber Venedig gefiel mir auf den ersten Blick noch besser.

Von den Schattenseiten erfuhr ich erst später. Die Stadt versinkt jedes Jahr einige Millimeter in die Lagune und das Geld für Rettungsmaßnahmen versickert in den Taschen korrupter Politiker. Die Wohnverhältnisse sind oft katastrophal, viele Wohnungen sind nasskalt und äußerst ungemütlich. In Venedig kann es im Winter sehr kalt werden. Also: Außen hui, innen pfui!

Am Ende der Fahrt erreichte der Wasserbus das offene Wasser der Lagune und nun landete er beim 99 m hohen Markusturm, besser bekannt als Campanile. Gleich daneben lag der riesige, weiße Dogenpalast mit seinen Säulenarkaden. Hier befand sich einst das Herz der Stadtrepublik, die im Mittelalter mit den knapp 180.000 Einwohnern zu den größten und mächtigsten Städten in Europa gehörte. Der Transithandel mit dem Orient machte sie reich, doch als sich im 16. Jahrhundert die Handelswege nach Amerika , Afrika und Asien auf neu entdeckte Seewege verlagerten und das Mittelmeer an Bedeutung verlor, büßte die Stadt ihre einstmalige Größe ein.

Regiert wurde sie von einer kleinen Clique aus Adligen und Kaufleuten, die Signoria, eine Oligarchie, die auch den Dogen, den Herrscher auf Lebenszeit wählten, dessen Macht aber auf repräsentative Funktionen beschränkt blieb. Die Signoria sorge auch dafür, dass die Bevölkerung von der Macht ausgeschlossen wurde. Die Gruppe der Wahlberechtigten wurde im Jahre 1300 geschlossen (Serrata) und auf 1.200 beschränkt. Bis 1527 gelang es dem Popolo, sie auf 2.700 zu erhöhen, aber dabei blieb es auch. Die große Mehrheit hatte nichts zu sagen.

Neben dem Dogenpalst liegt die Basilika San Marco, eine Kirche im byzantinischen Stil mit zahlreichen Mosaiken an der Außenfront. Und dann natürlich der riesige Markusplatz mit unzähligen Tauben und noch mehr Touristen, einfach gigantisch und märchenhaft schön.

Ich brauchte vor allem eine Unterkunft. Die Stadt besteht aus sechs Vierteln, drei davon liegen östlich vom Canal Grande, die drei anderen westlich. Jeder dieser Distrikte hat mehrere tausend Hausnummern, die in der Regel nicht nach Straßen geordnet sind. Das bedeutet, man findet in jedem Viertel Nummern von 1 bis weit über 5.000, die nur insofern gegliedert sind, als benachbarte Nummern häufig, aber nicht immer, nahe zusammen liegen. Das Hostel, das ich suchte, lag im Stadtteil: Castello, Nr.5170, Nähe Campo S. Maria Formosa. Castello gehört zu den östlichen Stadtteilen. Gar nicht leicht zu finden. Leider gab es dort nur Schlafsäle, ein Bett kostete aber dafür bloß 5,- DM.

In dem Hostel lernte ich zwei Amerikaner kennen, die mir erzählten, sie hätten noch vor kurzem als technische Hilfskräfte an einer britischen Filmproduktion teilgenommen mit Donald Sutherland in der Hauptrolle. Der Film erschien Ende 1973 unter dem Titel „Don’t look now“ in den Kinos. Im Sommer 1974 kam er dann auch nach Deutschland mit dem Titel „Wenn die Gondeln Trauer tragen“. Donald Sutherland und seine Frau verlieren auf tragische Weise ihre kleine Tochter, die zum Zeitpunkt des Todes einen roten Regenmantel trägt. Später glaubt er, sie in Venedig auf mysteriöse Weise wieder zu sehen. Eine Art Horrorfilme, das Ende will ich nicht verraten.

Die Amerikaner hatten ein tolles Buch bei sich „Europe on 5 Dollar a day“. Jede Menge Adressen von billigen Hotels und Restaurants. In Deutschland konnte man das nicht kaufen. Erst in den nächsten Jahren würden auch die deutschen Verlage diese Marktlücke entdecken und ebenfalls solche Reiseführer produzieren.

In Venedig gab es viel zu viele Touristen, sie schoben sich nur so durch die Gassen, ein riesiges Menschengewühl. Auf der berühmten Rialtobrücke über den Canal Grande war so ein Gedränge, das man kaum vorankam. Außerdem war die Brücke vollgestopft mit Andenkenläden, die man aber selten erreichen konnte, zu kaufen gab es ohnehin nur Kitsch. Ich wollte mir zuerst eine kleine Gondel von 15 cm Länge kaufen, eine Nachbildung der echten, schwarz bemalten Gondeln, die überall auf den Kanälen Touristen transportierten, doch ich fand das dann zu albern, hatte auch keinen Platz für diesen Mist.

1797 war es dann mit der Selbständigkeit Venedigs vorbei. Die Stadt fiel zuerst an Frankreich, später an Österreich. Ich erinnerte mich an die opulenten Sissi Filme mit Romy Schneider und Karlheinz Böhm. In einer Szene fährt das Paar auf einer Barke über den Canal Grande, furchtbar kitschig, aber wunderschön anzusehen, prachtvolle Kostüme und tolle Dekorationen. Der Kaiser Franz Josef hatte mit der Tochter des bayerischen Königs Maximilian I wenig Glück, da sie anscheinend an Depressionen litt. Herrlicher Stoff für eine Verfilmung vor historischer Kulisse.

Die Massen in Venedig gefielen mir nicht, überall trampelten die Touristen herum, pausenlos wurde fotografiert. Die meisten kamen aus Deutschland, es gab aber auch viele Japaner, die immer in großen, geschlossenen Pulks herumlaufen, angeführt von einem Reiseführer mit Flagge und Trillerpfeife. Die Japsen haben immer nur kurz Urlaub, jagen in 10 Tagen quer durch Europa, kommen vor lauter Knipsen gar nicht dazu, sich etwas anzuschauen. Zu Hause können sie dann begutachten, was sie, zumindest theoretisch, hätten sehen können.

Auch war die ganze Stadt sauteuer, selbst Spaghetti in den Restaurants waren kaum erschwinglich. Ich musste auf meine Reisekasse achten und sparsam haushalten. Schließlich würde ich noch lange unterwegs bleiben. Nach 6 Tagen beschloss ich dann: „Arrivederci, Venezia! Ich fahre nach Rom!“



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Ich trampe über Land nach Australien
Teil V: Rom – Caput Mundi


Langsam nähert sich der Zug aus Venedig der Caput Mundi, der Hauptstadt der Welt, wie Rom einst genannt wurde. Das ist zwar schon lange her, aber zumindest in Italien führen immer noch alle Wege nach Rom. Zumindest war dies für mich ersichtlich durch die völlig überfüllte Eisenbahn, in der ich mich notgedrungen aufhielt. In einem Abteil hatte ich zwar einen Sitzplatz ergattert, verbrachte aber die ganze Zeit eingequetscht in einer italienischen Großfamilie, deren Mitglieder sich pausenlos in einer ungeheuren Lautstärke unterhielten. Die Patriarchin holte aus einer Tasche lange Weizenbrote heraus und beschmierte sie mit Butter, Zwiebeln, Tomaten und einem penetrant riechenden Käse. Auch mir bot sie ein Stück an, aber ich verzichtete, mir war schon schlecht. Appetitlich sahen diese Brote nicht aus. Die Kinder quengelten fortwährend und rutschten mir immer über den Schoß. Und als auch der älteste Sohn das Radio voll aufdrehte und ein Sänger herzzerreißende Schnulzen von sich gab, hatte ich genug und verbrachte die letzten Stunden auf dem Gang. Dort war allerdings ein ständiges Kommen und Gehen und jedes Mal musste ich ausweichen und mich ganz schlank machen. Außerdem hatten sie alle Fenster geöffnet. Einerseits erfrischend wegen der Hitze, aber der Durchzug war unangenehm. Glücklicherweise holte ich mir keine Erkältung.

Langsam näherten wir uns der Stadt und durchfuhren die Vororte, eine riesige Ansammlung mehrstöckiger Häuser, die früher einmal einen weißen Anstrich gehabt haben müssen. Jetzt sah man nur noch ein schmutziges, ausgeblichenes Weiß. Auf den Balkonen flatterte überall Wäsche, auf den Häuserdächern reihte sich eine Antenne an die andere, ein richtiger Wald aus Fernsehantennen. Die Italiener sahen anscheinend genauso gerne in die Glotze wie die Deutschen, zumindest hatten sie dann ja eine Gemeinsamkeit.

Am späten Nachmittag erreichte der Zug die Statzione Termina, ein riesiger, sehr moderner Bahnhof. Laut Reiseführer sollte es hier überall preisewerte Pensionen geben, aber wo ich auch hinkam, überall hieß es: „Occupato!“ Es war zum Mäuse melken. In der Stadt trieben sich unzählige junge Amerikaner herum, die mehrere Monate durch Europa reisten und alle Zimmer in Beschlag genommen hatten. Endlich erwischte ich doch noch eine kleine, finstere Bude mit Blick gegen eine dunkle Mauer und völlig überteuert. Aber was soll‘s. Kommst du nach Rom, tue, wie die Römer tun, mach gute Miene zum bösen Spiel des Touristen übers Ohr hauen.


In der Stadt herrschte ein mörderischer Verkehr. Das sollte sich aber in den nächsten Tagen schon spürbar bessern, denn in Italien hatten die Ferien begonnen und die Römer flüchteten aus ihre Stadt, um sie den Fremden zu überlasen. Ich merkte auch warum. Es war mörderisch heiß, weit über 30 Grad, in den Straßen staute sich die Hitze und die Häuser strahlten sie wieder ab. Gerne auch in der Nacht, deshalb wurde es auch in der Dunkelheit nicht merklich kühler. Glücklicherweise hatten die Stadtväter überall in den Straßen alle paar hundert Meter Hydranten aufgestellt und nach einem Knopfdruck strömte aus ihnen ein Strahl kalten Wassers, welches ungemein erfrischte. Endlich einmal eine nützliche Erfindung!

Ich hatte einmal in einem Buch gelesen, das die Araber sagen: Nur Engländer und verrückte Hunde laufen in der Mittagshitze umher. Hier waren es die Touristen, die sich wie bekloppt in den Gassen abschwitzten. Die in Rom verbliebenen Italiener saßen derweil im Schatten und amüsierten sich darüber.

Die Antike hatte mich schon immer fasziniert, deshalb unternahm ich zunächst einen Spaziergang zu den wichtigsten Altertümern, die dicht nebeneinander liegen, nicht allzu weit entfernt vom Bahnhof.


Zuerst das Kolosseum, eine riesige Vergnügungsarena, die an ein Fußballstadion erinnert. Das Bauwerk ist recht gut erhalten und auf den Zusachauerrängen sahen die Menschen damals unter anderem den Gladiatorenkämpfen zu. „Ave, Imperator, morituri te salutant!“ „Heil Imperator, die Todgeweihten grüßen dich!“ sollen sie vorher gesagt haben. Ob die Kämpfe allerdings immer tödlich endeten, wird von manchen heute bestritten, die Ausbildung der Gladiatoren dauerte lange und war teuer. Man opferte sie deshalb nicht so ohne weiteres.

In dem Gebäude sehe ich eine Gruppe älterer deutscher Touristen und schließe mich einfach an. Der Reiseführer guckt zwar böse, aber das stört mich nicht. Eigenartiger Typ, lang, schlaksig, Pomade in den schwarzen Haare, gekleidet wie ein Lackaffe. Er fängt an zu zitieren: „Und hier, meine Damen und Herren, sehen sie wieder einen Beweis für die Hegelsche Dialektik von Herr und Knecht…“

Häh, was quatscht der da? Der hat doch einen Sprung in der Schüssel, das versteht doch kein Mensch! Einige Touristen nicken eifrig, die anderen verstehen aber anscheinend genau wie ich nur Bahnhof. Ich hau ab, das ist mir zu doof.
Gleich neben dem Kolosseum steht der Konstantinsbogen. Der Triumphbogen überbrückte die Via Triumphalis, die Straße also, die Triumphzüge vom Circus Maximus kommend nahmen; wenig später bogen sie links in die Via Sacra ein, die den Abhang der Velia hinauf durch den Titusbogen auf das Forum Romanum führte.


Für den Besuch des Forums forderten sie unverschämt viel Geld. Es besteht aber nur aus einer Ansammlung von Säulenstümpfen und dafür wollte ich nichts ausgeben. War auch nicht notwendig, denn auf der anderen Seite des Forums, direkt gegenüber dem Eingang, hatte man eine herrliche Aussicht über den gesamten Platz. In dem Reiseführer stand, was es hier angeblich alles zu sehen gab, aber dem heutigen Besucher präsentiert man lediglich Reste von Säulen, alles andere muss man sich dazu denken. Überhaupt, an den antiken Stätten zeigen sie den Touristen ständig Dinge, die es gar nicht mehr gibt. Wer keine starke Phantasie besitzt, hat davon nicht viel.

Schuld an dem beklagenswerten Zustand der Altertümer hatte nicht der furius teutonicus in Gestalt der Goten, die in den Jahren 535–554 n. Chr. erbittert um die Stadt mit den Byzantinern kämpften, sondern der Niedergang begann schon vorher. Um Christi Geburt lebten dort ca. 1 Million Einwohner, die zu einem großen Teil verpflegt wurden von den Lebensmitteln, die man den Bewohnern der Provinzen wegnahm. Mit dem Niedergang des Imperiums begann ein unaufhaltsamer, langsamer Schrumpfungsprozess. Die Lebensmittel wurden nicht mehr geliefert, die Bewohner verließen Rom, zurzeit der Gotenkrieg hatte die Stadt nur noch 100.000 Einwohner. Im Mittelalter, um 1.000 n. Chr., lebten dort nur noch 20.000 Menschen, die einstige Metropole hatte sich in eine Kleinstadt verwandelt. Viel mehr wurden es auch nicht mehr bis in die frühe Neuzeit. Die antiken Tempel wurden abgerissen und als Bausteine benutzt. Teile der einstigen Stadt blieben unbewohnt, in den Ruinen hausten Hirten und Kleinbauern. Ein Szenario wie nach einer apokalyptischen Katstrophe.

Doch während andere antike Megastädte wie Alexandria, Antiochia oder Ephesus ganz von der Landkarte verschwanden oder auf winzige Dörfer reduziert wurden, konnte Rom sich behaupten aufgrund der Anwesenheit der Päpste. Diese traten die Nachfolge der einstigen Cäsaren an. Zwar war ihre weltliche Macht vergleichsweise gering, aber als geistiges Oberhaupt der mächtigen Kirche übten sie weiterhin einen gewaltigen Einfluss aus und Rom galt den Christen als heilige Stadt.

Während ich mir das Forum ansah und über die Kurzlebigkeit des menschlichen Lebens philosophierte, wurde ich ständig von Katzen umlagert. Schwarze, weiße, bunte, ganz Rom schien voll zu sein von streunenden Katzen. Sie miauten mich an, aber ich hatte nichts zu essen. 300.000 sollen von ihnen heimatlos in der Innenstadt herumstreunen und halten sich irgendwie über Wasser.

Nachts irrte ich stundenlang durch die Stadt, weil ich den Namen der Pension vergesse hatte. Erst nach langem Fragen finde ich zurück. Dabei bemerkte ich, dass die Italiener Nachtschwärmer sind. Alle Lokale sind voll und bis weit nach Mitternacht geöffnet. Überall ist es laut, man hört Musik, auch die Kinder toben bis in die tiefe Nacht herum, ganz anders als bei uns.

Nach dem Schreck über die verlorengegangene Pension, beschloss ich auch noch etwas zu essen, Spaghetti Carbonara. Das ist halbwegs preiswert und sie servieren es mit einem zusätzlichen Teller, gefüllt mit Oliven, sowie reichlich Brot und einer Karaffe Wasser. Ich stochere lustlos zwischen den Spaghetti herum, besonders gut schmecken sie nicht. Die italienische Küche ist auch nie mein Fall gewesen, auch nicht in Deutschland. Ich weiß nicht, warum die Leute von all diesen Nudeln und was es sonst noch so gibt, so begeistert sind. Ich habe noch nichts gefunden, was mir wirklich schmeckt. Die Spaghetti auf die Gabel aufzurollen, ist auch nicht gerade einfach. Immer wieder fallen sie herunter. Beiße ich rein, fällt ein Teil wieder auf den Teller zurück und ich beschmier mir das Gesicht. Eine einzige Sauerei.
Was sie aber hervorragend können ist die Herstellung von Gelato, also Eiscreme. Ausgezeichnet, eine Köstlichkeit sondergleichen. So etwas bekommt man nicht in Deutschland.

Nachts kann ich kaum schlafen, so heiß und stickig ist es in dem Zimmer. Der Ventilator ist nicht sehr hilfreich. Liegt man direkt unter ihm, ist es eiskalt, liegt man daneben, schwitzt man sich tot. Rückt man an den Bettrand, wird die eine Hälfte unter dem Ventilator furchtbar kalt, die andere furchtbar warm. Schließlich stelle ich das doofe Ding aus und schlafe doch noch ein.

Am nächsten Tag weiter im Programm. Auf der spanischen Treppe sitzt ein buntes Völkchen, es wird gelacht, musiziert und gesoffen. In den Brunnen von Trevi werfe ich wie die anderen Touristen auch ein Münzstück hinein. Sofort springen junge Leute ins Wasser und schnappe es sich. Herrlicher Spaß, der Brunnen ist auch nur ca. 1 m tief. Die Altstadt in der Nähe der spanischen Treppe ist unheimlich schön. Viele kleine Gassen, hübsche Cafés, überall gibt es Schatten und es wird nicht so heiß. Hier kann man den ganzen Tag herumlaufen.

In den nächsten Tagen geht es ab zum Vatikan mit der Peterskirche, die größte Kirche der Welt. Unglaublich eindrucksvoll. Phantastisch die gigantische, schwebende Kuppel von Michelangelo. Überhaupt gibt es hier wahnsinnig viel zu sehen. ich kann es gar nicht alles aufzählen.

Die ganze Woche ist ausgefüllt mit Highlights. Das Pantheon, ein früherer Tempel, jetzt eine Kirche mit einem Loch oben in der Kuppel, die einzige Lichtquelle im Raum.

Die Sixtinische Kappele mit den Wand- und Deckenmalereien, die das Leben von Jesu und Moses darstellen. Hier haben alle Künstler der Renaissance mitgearbeitet: Sandro Botticelli, Pietro Perugino, Domenico Ghirlandaio, Cosimo Rosselli, Biagio d’Antonio und Luca Signorelli.

Ich bin zwar kein frommer Mensch, gehöre nicht einmal einer Kirche an. Aber eines muss man ja sagen: Hätte die Kirche nicht so viel Geld ausgegeben für diese Kunstwerke, viele Genies hätten sich nicht entfalten können und uns würde heute so manches fehlen.

Ich merkte bald, in dieser Stadt muss man sich wochenlang aufhalten, um zumindest einen Teil von ihr zu Gesicht zu bekommen. Doch länger als 10 Tage konnte ich nicht veranschlagen. Erwähnen möchte ich aber noch die Villa Borghesa, eine wunderschöne Parkanlage mit einem kleinen See in der Mitte, eine der schönsten Grünanlagen, die ich je gesehen hatte.

Aber nun reichte es auch. Schluss mit Bella Italia! Griechenland wartete!





ehemaliger Autor K.

Beim Verfassen der Reiseberichte wurde mir deutlich, wie schnell die Zeit vergeht. Die meisten Abenteuer liegen schon 40 Jahre zurück und ich selbst werde nächstes Jahr 65. Für viele ist das also Schnee von gestern oder von vorgestern, weil einige damals noch gar nicht geboren waren. Bekannte von damals, über die ich hier geschrieben habe, sind teilweise schon tot. Andere, die damals als Hippies durch die Welt fuhren, sind jetzt Anwälte, Ärzte oder Geschäftsleute, so wie ich, bzw. Universitätsdozenten. "Tempora mutantur, et nos mutamur in illis". Die Zeiten ändern sich und wir in ihnen.

Verschieden Dinge wurden mir jetzt wieder deutlich:

1.) An Ereignisse, die lange zurück liegen, erinnert man sich häufig besser, als an Begebenheiten, die erst vor kurzem passiert sind. Das Langzeitgedächtnis funktioniert im Alter besser als das Kurzzeitgedächtnis. Diese Erfahrung haben wahrscheinlich viele schon gemacht.

2.) Die Zeit während einer Reise vergeht scheinbar langsamer als zu Hause. Das soll wohl an den vielen neuen Eindrücken liegen, die man dann hat, während sich im Alltag die Dinge ständig wiederholen, scheinbar die Zeit dann schneller vergeht.

3.) Die Zeit ist also relativ. Das ist jetzt aber nur unser subjektiver Eindruck und hat nichts mit der Theorie von Einstein zu tun. Die relativistische Verschiebung tritt nur bei sehr hohen Geschwindigkeiten auf, die wir aber nicht erreichen. Einstein schrieb auch einmal: Gegenwart, Zukunft und Vergangenheit sind nur eine Illusion, leider eine sehr hartnäckige Illusion. Tja, leider kommen wir da nicht heraus.

4.) „Carpe diem“. Genieße den Tag! Tue nach Möglichkeit alles, was dir Spaß macht, jetzt! Denn wer weiß, ob du das später noch kannst. Mir hat Reisen Spaß gebracht. Heute könnte ich das aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr. Das würde mich maßlos ärgern.

5.) Sei offen für fremde Sitten und Gebräuche! Denke dich in andere Menschen und Kulturen hinein! Empathie ist gefragt. Sonst kommst du nicht weit. Viele wollen nur Vorurteile bestätigt wissen und sehen nur Dinge, die sie auch sehen wollen.

„Nunc est bibendum! Sed omnes una manet nox et calcanda semel via leti." (Horaz)
(Nur für Leser mit "Großem Latinum")
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