Städte und ihre Namensgebung

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Moderator: Barbarossa

Nico_Neacsu
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Wie sind die unzähligen Städtenamen zustande gekommen, welche Kriterien spielten bei der Namensgebung mit?
Hier nur ein paar Beispiele
Hannover ...
Stade ...
Bukarest ....
Warschau...
Oldenburg....
Stuttgart....
usw.
Lia

Zumindest mal schnell für Stade:
Stade bedeutet Anlegeplatz für Schiffe, meist auf Binnengewässer / Flussmündungen bezogen. Stade liegt an der Schwinge, die bei Stade in die die Elbe mündet und war Umschlagort und Hansestadt.
Hannover: Hohes Ufer
Oldenburg= Starigard, alter slawischer Name für Oldenburg in Holstein mit gleicher Bedeutung.
Dietrich
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Nico_Neacsu hat geschrieben:Wie sind die unzähligen Städtenamen zustande gekommen, welche Kriterien spielten bei der Namensgebung mit?.
Viele Städte haben Bezeichnungen der Umwelt, in der sie entstanden, in ihren Namen aufgenommen. So z.B. Gewässer, Flüsse, Berge, Furten, Burgen, Klöster, Kirchen usw. (Frankfurt, Hamburg, Saarbrücken, Nürnberg, Westensee, Stralsund, Paderborn, Eschborn)

Andere benennen sich nach bestimmten Personen, die bei der Gründung mitwirkten (z.B. Braunschweig = Brunos Wiek)

Nach den Einwohnern (Sachsenhausen, Judenburg, Dürkheim = Thüringenheim)

Es gibt zahllose andere Ableitungen die dann z.B. mit -heim, -dorf, -rode, -hof usw. verbunden sind. Hier lässt sich das genau nachlesen: http://de.wikipedia.org/wiki/Ortsname
Lia

Im Norden sind Ortsnamen oft Bezeichnungen für die Landschaftsstruktur oder Funktionen oder die Lage, ob nun slawischen oder deutschen oder dänischen Ursprungs. Können auch Hinweise auf Gründer/ wichtige Personen sein.
Hamburg: Hammaburg. Hamme/ Hamma, heute ham auch als Endung: eine bewaldete Erhöhung, am Wasser, in ein Gewässer hineinreichend, und auf der stand eine Burg, und sogar noch früher als je gedacht.

Der Name des Dorfes, in dem ich wohne, hat slawischen Ursprung und bekam irgendwannmal sein deutsches Dorf dazu.
Orts- und Flurnamen sind eine aufschlussreiche Quelle in vielerlei Hinsicht.
Lübeck: Slawisch, Liubice- die liebliche. Was ich so bei Besuchen von Alt-Lübeck gar nicht verstehen kann, heißt oft nasse Füße... :lol:
Schleswig: Sliaswik- Bucht an der Schlei, hier eher als Bezug, später Name einer Stadt und einer ganzen Region/ eines Herzogstums. auf Wik= Handelsort, Emporium, denn das hieß Haithabue- Ort auf der Heide.
Kopenhagen, oder besser, København, ist schlicht die Bezeichnung für einen Handelsort mit Hafen.
Friedrichstadt: Nach dem Gründer, Herzog Friedrich III von Gottorf.
Glückstadt: Der Name sollte Programm sein, als Christian IV. von Dänemark, Herzog von Schleswig und Herzog von Holstein, die Stadt an der Elbe gründete.
Kiel: Holstenstadt tom Kyle, = an der Förde, die sich wie ein Keil in die Moränenlandschaft schiebt.
Flensburg ist umstritten, ob nun Ritter Flenos Burg oder eine Bezeichnung für Schilfgras/ Sumpf im Umfeld der ersten Burg der wunderschönen Stadt den Namen eintrug.
Flemhude an der Eider ist einer der zahlreichen namentlichen Hinweise auf flämische Einwanderung in den Norden.
Der Hamburger Stadtteil und Flughafen Fühlsbüttel liegt auf einst sumpfigen Gelände, ( Pfuhl), Büttel ist ein altsächsisches Wort für Hof, Siedlung, Hamburg hat gar viele davon.
Die norddeutsch- friesischen - bülls und die dänischen -bøl Endungen sind Bezeichnungen für Wohnen, im Dänischen heiute "bo".
Wir haben auch vor allem im Schleswiger Raum noch-by- mit Vorsilbe, klar dänischen Ursprungs und ursprünglich Hof, dann Ansammlung von Höfen, heute in der Bedeutung von Dorf. In Schweden wie in England zu finden.
Derby, Grimsby etc.
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Marek1964
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Zu Warschau versuche ich da mal einen kleinen Recherchebeitrag.

hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Warschau#Namensherkunft
Möglich, dass Kaufleute aus Thorn eine im heutigen Stadtteil Solec (der sich südöstlich unterhalb des Weichselkliffs an den Stadtteil Powiśle anschließt) gelegene Siedlung aus bislang unbekanntem Grund „Warszowa“ oder „Warszewa“ nannten, wovon sich der heutige polnische Name Warschaus „Warszawa“ herleitet.[3] Nach anderen Quellen bezieht sich der Name auf ein Dorf (an bislang unbekannter Stelle im heutigen Stadtgebiet), das vor der Bebauung Warschaus (heute die Altstadt) nach seinem Eigentümer Warsz[4] „Warszowa“ genannt wurde.[5]

Der Name kann auch auf die prußischen Stämme der Sudauer-Jatwinger und Galinder deuten, die hier siedelten, bevor die Masowier in diese Region eindrangen. In der Gründungs-Legende vom Fischer Wars und seiner Frau Sawa kann demnach ein wahrer Kern stecken: Der Name deutet auf Fischerei, denn in der altpreußischen Sprache ist „warza“ das Fischwehr und „saw“ ein Fischerboot mit einem durchlöcherten Kasten zum Aufbewahren der Fische. (vgl. Warschausee, umbenannt in Roschsee (Roś) nördlich von Johannisburg[6])
Die polnischne Wikipedia, führt das dann etwas weiter aus (ich versuche mich da mal in der Übersetzung, google macht die Vorarbeit) Irrtum vorbehalten - tschechisch und polnisch sind so ähnlich wie Deutsch und Holländisch.
http://pl.wikipedia.org/wiki/Warszawa#Nazwa_miasta
Nazwa pojawia się w XIV-wiecznych zapiskach jako Warseuiensis (1321), Varschewia (1342) i XV wieku jako Warschouia (1482). Średniowieczna nazwa brzmiała Warszewa, Warszowa. Najprawdopodobniej pochodzi ona od formy dzierżawczej imienia Warsz (skróconej formy popularnego wówczas staropolskiego imienia Warcisław, Wrocisław), używanego m.in. wśród przedstawicieli rodu Rawów (Rawiczów) herbu Rawa, właścicieli części terenów w dzisiejszym centrum miasta, np. Solca i Mariensztatu.

Der Name wird in den Schriften des vierzehnten Jahrhunderts als Warseuiensis ( 1321) , Varschewia ( 1342 ) und fünfzehnten Jahrhundert als Warschouia ( 1482 ) . Der mittelalterliche Name war Warszewa , Warszów . Wahrscheinlich aus dem Namen Warsz Possessivformen kommt (eine Kurzform des beliebten alten polnischen Namen Warcisław , Wrocisław ) verwendet , unter anderem unter den Vertretern der Familie Rawów ( Rawicz ) Wappen Rawa , Teil der Grundbesitzer in der heutigen Innenstadt , zum Beispiel Solca und Mariensztat
Zmiana nazwy na Warszawa wynikła z mazowieckiej wymowy dialektycznej. Do końca XV wieku samogłoska -a- przechodziła w -e- po spółgłoskach miękkich (-sz- była w tamtym okresie spółgłoską miękką). W XV wieku formy z wtórnym -e- zaczęły być postrzegane jako gwarowe. Dlatego też zastępowano -e- przez -a-. Taka zmiana nie była uzasadniona etymologicznie, więc takie formy nazywa się hiperpoprawnymi (np. siadlisko, królawski). Tak też nastąpiła zmiana nazwy z Warszewa na Warszawa, która upowszechniła się w XVI wieku[8].

Legendarna etymologia wywodzi nazwę od imion rybaka Warsa i jego żony Sawy.

Die Änderung des Namens auf Warszawa resultierte aus dem Masowschen Dialekt. Bis zum Ende des fünfzehnten Jahrhunderts Vokal -e- -A- in den weichen Konsonanten bestanden ( -sz- war damals eine weiche Konsonanten ) . Im fünfzehnten Jahrhundert wurde das e als Umgangssprachlich erachtet, deshalb wurde es -a- -e- ersetzt. Diese Änderung wurde nicht etymologisch gerechtfertigt, so dass solche Formen hochkorrekt (zB Siadlisko, królawski ) hiesse. So wurde der Name von Warszewa zu Warschau, was sich im sechzehnten Jahrhundert [8] einbürgerte.

Dazu gibt es die Sage dass der Name aus der Legende des Fischers Warsa und seiner Frau Sawa stammt .
Tja, das suche man sich aus, was einem beliebt.
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Gontscharow
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Schönes Thema, Nico !
Warschau hätte ich auch erklären können, aber da hat mir Marek schon so ausführlich vorgegriffen,
daß ich dem nichts mehr hinzufügen brauche :-)

Nicht selten werden Städte auch umbenannt.
Meine Stadt hieß z.B. Mimigernaford, als sie noch eine heidnische sächsische Siedlung war,
was so viel heißt wie die Furt des Mimigern ( über einen Fluß ).
Im Zuge der Christianisierung wurde hier ein Kloster gegründet - lateinisch "Monasterium", aus dem
sich im heutigen Hochdeutsch "Münster" entwickelte.
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Marek1964
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Gontscharow hat geschrieben:Schönes Thema, Nico !
Warschau hätte ich auch erklären können, aber da hat mir Marek schon so ausführlich vorgegriffen,
daß ich dem nichts mehr hinzufügen brauche :-)
.

Misteken, da hätte ich mir die Arbeit sparen können. :mrgreen:
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Marek1964
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Und dann noch das "nette" Kapitel der nach kommunistischen Figuren umbenannten Städte - Leningrad, Stalingrad, Togliatti (Stavropol, RU) Karl-Marx-Stadt, Gottwaldov (Zlín, Tschechien), Titograd (Podgorica, Montenegro), Dimitrovgrad (BG). Alle Umbenennungen wurden bis auf Togliatti (er hatte wohl zu wenig Menschen auf dem Gewissen) rückgängig gemacht, Dimitrovgrad überlebte das Ende des Kommunismus, da es eine neu gegründete Stadt war. Ach ja, und dann Ho-Chi-Minh-Stadt (Saigon, Vietnam) auch. Habe ich was vergessen?

Zu Gottwald noch ein paar Bemerkungen. Dieser tschechische Vasall Stalins, Totengräber der tschechoslowakischen Demokratie, war ein Syphilitiker und Alkoholiker. Stalin war wütend, als er erfuhr, dass dieser so krank sei, er hätte ihm Mitteilung machen müssen. Gottwald war einer der ersten äusserst servilen, moskauhörigen Politiker, so servil, gleichzeitig skrupellos, aber im Westen kaum wahrgenommen, wie dann vor allem die tschechoslowakschen Politiker nach 1968, die selbst man im Gegensatz zu Kadar, Honecker, Ulbricht, Tito oder Ceaucescu so linientreu waren, dass sie für den Westen völlig uninteressant waren. Im Oktober 1989 noch wurden 100-Kronen noten in Umlauf gebracht mit einer giftgrünen Farbe. Wenige Monate später wurden sie wieder aus dem Verkehr gezogen.
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Triton
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Stalinstadt-Eisenhüttenstadt.

Die Nazis waren m.W. nicht so dumm und benannten Städte um, aber natürlich Plätze und liebend gerne Pässe etc., selbst uralte wie den Fernpass, der der Gröfaz-Pass wurde.

Mich würde die Herkunft von Karls-Ruhe interessieren. Welcher Friedrich gab Friedrichshafen den Namen? Heilbronn - Heilender Brunnen? Welcher Mann hatte an der Neckarmündung sein Heim?
"Tatsachen schafft man nicht dadurch aus der Welt, in dem man sie ignoriert." (Aldous Huxley)
Nico_Neacsu
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Danke allen Beitragsschreibern für diese ausführlichen Antworten.
Wäre da nie dahintergekommen, wie sich die einzelnen Städtenamen zusammensetzen.
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Barbarossa
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Triton hat geschrieben:...
Die Nazis waren m.W. nicht so dumm und benannten Städte um...
Ach, das sag mal nicht. Aus Berlin sollte ja irgendwann "Germania" werden.
Und ich könnte mir vorstellen, dass es irgendwann auch noch eine "Adolf-Hitler-Stadt" gegeben hätte (Nürnberg oder München vielleicht?).
Die Diskussion ist eröffnet!

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Nemeth
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Zu dieser Problematik wäre noch aus sächsischer Sicht zu bemerken:
Im Jahre 1953 sollte eine größere sächsische Stadt in Karl-Marx-Stadt umbenannt
werden.
Dresden- schied aus , zuviel Kultur, Baudenkmäle usw.
Leipzig- schied aus, Leipziger Messe, zuviel Komerz
Chemnitz hatte keine Ausrede, musste in den sauren Apfel beißen, aber nur bis 1990, dann
wählten dreiviertel der Bevölkerung den Namen ab.

In Ungarn kennen noch"viele" den Namen Chemnitz nicht.
Erst wenn ich die ungarischen Umbenennungen Leninvaros und Stalinvaros erwähne kommen sie
auf den Trichter.

Auch Beinamen zu verschiedenen Städten sind erwähnenswert.
z.B. Wilhelm- Pieck-Stadt GUBEN und Gneisenaustadt Schildau
Wer zur Quelle will, muss gegen den Strom schwimmen
Paul
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Barbarossa hat geschrieben:
Triton hat geschrieben:...
Die Nazis waren m.W. nicht so dumm und benannten Städte um...
Ach, das sag mal nicht. Aus Berlin sollte ja irgendwann "Germania" werden.
Und ich könnte mir vorstellen, dass es irgendwann auch noch eine "Adolf-Hitler-Stadt" gegeben hätte (Nürnberg oder München vielleicht?).
Aus der ziemlich großen Stadt Lodz wurde Litzmannstadt.
viele Grüße

Paul

aus dem mittelhessischen Tal der Loganaha
Paul
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Wohnort: Mittelhessen an der Loganaha

1915 wurde die oberschlesische Stadt Zabrze nach Paul von Hindenburg in Hindenburg umbenannt. Bei Gründung im Mittelalter war es auch als Cunzendorf/Konradsdorf bekannt.

http://de.wikipedia.org/wiki/Zabrze
viele Grüße

Paul

aus dem mittelhessischen Tal der Loganaha
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Gontscharow
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Aus Gdingen wurde Gotenhafen ....
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