plingplang hat geschrieben:Ich habe mich jetzt eine Wele mit der Geschichte der Germanen, Kelten, Römer und Slawen befasst.
Dabei blieb eine Frage immer unbeantwortet: Wieso haben die germanisch geprägten Gruppierungen die Keltischen immer weiter verdrängt?
Offensichtlich waren die Kelten kulturell, wirtschaftlich und politisch weiter fortgeschritten. Sie hatten weitgreifendere politische Führungsstrukturen, mehr Arbeitsteilung, erste Städte, bessere Handwerker, Handelswege. Wenn sie eine weiter entwickelte Zivilisation waren, mit besseren Waffen und der Möglichkeit, über klare Machtstrukturen schnell größere Heere auszuheben, wieso habe sie nicht ihrerseits die Germanen verdrängt?
Meine Internetrecherchen haben mir das bisher nicht schlüssig erklären können.
Was wäre eure Erklärung?
Vielen Dank,
Plingplang
Der Historiker Delbrück hat es vor 100 Jahren so erklärt, daß die Germanen ein kriegerisches Volk waren. D.h. in erster Linie war jeder wehrfähige Germane ein Krieger und dann erst, aufgrund seiner Fähigkeiten für die Sippe, ein Handwerker, Töpferer, Jäger, usw. . Nur der Schmied war als "Berufsgruppe" anerkannt, weil dieser für den Nachschub an Waffen sorgte.
Tacitus hat in seiner GERMANIA die Lebensweise der Germanen beschrieben. Diese wird mittlerweile von etlichen Historikern und Archäologen nicht mehr als Phantasie abgetan, sondern als Zustandsbericht der damaligen Gesellschaft.
Es gibt sehr viele Hinweise auf ein kriegerisches Wesen, z.B. Hochzeitsgeschenke bestehen aus Kriegsmaterial, bei den Chatten ist eine reine Kriegerkaste erwähnt, junge Männer haben sich erst rasiert, wenn sie einen getötet haben, usw..
Die Kelten hatten eine Zivilisation, die eher denen der Römer glich (daher auch die schnelle Assimilation nach dem GALLISCHEN KRIEG in Gallien) und auf Handel aufgebaut war. Daher hatten die Kelten schon Städte und kannten große Vorratsspeicher, indem sie überschüssiges Getreide lagerten und damit auch Handel betrieben. In den Städten gab es eine Diversifikation und daher schon bestimmte Berufe. Für das Kriegswesen gab es Krieger, aber ansonsten mußten Bauern, Handwerker, usw. aushelfen (siehe Entsatzheer bei Alesia). Die Kelten waren aber auch nicht friedlich. Verschiedene Konflikte und Feindschaften zwischen den Stämmen haben es Cäsar leicht gemacht Gallien zu erobern. Ansonsten hätte er keine Chance gehabt.
Die Germanen hatten ständig Streit zwischen ihren Stämmen. Im Frühjahr wurde nicht entschieden ob es Krieg gibt, sondern nur gegen wen ?
Selbst im Mittelalter haben sich diese Auseinandersetzungen in den "Fehden" weiter erhalten.
Da wurden auch nichtige Anläße für kriegerische Auseinandersetzungen herangezogen.
Somit hatten die germanischen Stämme wesentlich mehr kampferprobte Männer zur Verfügung. Das führte auch zum Erfolg gegen die Römer. Arminius hätte nie gegen die 8 Legionen des Gemanicus kämpfen können, wenn sein Heer nur aus Bauern und rekrutierten Handwerkern bestanden hätte.
Die Kelten hatten sich schon vor und um 400 v.Chr. in Europa ausgebreitet. Im Süden trafen sie in Italien auf die Römer und im Norden auf die Jastorf Kultur der Germanen. Anhand von Wallanlagen in Niedersachsen, Hessen und Nordrhein-Westfalen (selbst in Polen gab es keltische Gebiete) kann man erkennen, daß die Kelten ihre Gebiete gegen Feinde (hier die Germanen) absichern mußten. Allerdings muß der Druck (d.h. permanente Überfälle) so groß gewesen sein, daß sie das nördliche Gebiet schon nach kurzer Zeit (300 v.Chr.) weitestgehend aufgeben mußten und entweder sich in andere Gebiete zurückzogen oder in germanische Stämme assimiliert wurden. Gerade nach dem Zeitraum entstehen dann große germanische Stämme, die sich immer weiter gen Süden ausdehnten. D.h. die germanischen Stämme müssen die Kelten assimiliert haben, sodaß ihre Stämme immer größer wurden.
Übrigens lief es in Skandinavien nicht anders ab. Die dortigen nordgermanischen Stämme hatten auch permanente Kriege und einige Konflikte im Ostseeraum (Opferfunde in Dänemark). Aus ihnen entwickelten sich dann die Wikinger.