Entstehung von Oligarchien in Parteien

Allgemeine politikwissenschaftliche Diskussionen

Moderator: Barbarossa

Wallenstein

Der deutsch-italienische Soziologe Robert Michels, ein Schüler von Max Weber, untersuchte 1911 die SPD, um eine Studie über die interne Struktur von Mitgliederparteien zu erstellen. Sein Hauptwerk: „Zur Soziologie des Parteiwesens in der modernen Demokratie. Untersuchungen über die oligarchischen Tendenzen des Gruppenlebens“ ist noch heute das Standardwerk über die Parteisoziologie, auch wenn der Autor durch seine Nähe zum italienischen Faschismus suspekt ist. Er kam zu der Erkenntnis, dass auch in demokratischen Parteien, in denen die Mitglieder die Führung wählen und es parteiinterne Diskussionen gibt, sich Oligarchien herausbilden, die eine beherrschende Stellung einnehmen. Er glaubt, hier eine Gesetzmäßigkeit zu erkennen und spricht vom „ehernen Gesetz der Oligarchie“. Dass sich solche Gruppen herausbilden, hat seiner Ansicht nach vor allem drei Gründe:

Die Notwendigkeit der Organisation

Wenn eine Partei nicht eine bedeutungslose Sekte bleiben will, braucht sie eine Organisation, aber Organisation bedeutet Bürokratie und somit einen ersten Ansatzpunkt in Richtung Oligarchie. Aber eine Verwaltung ist notwendig, mit dem Wachstum der Aufgaben auch unentbehrlich und sie erhöht die Schlagkraft. Die SPD hatte seinerzeit 2 Millionen Wähler über das Land verbreitet, ein halbes Hundert Abgeordnete allein im Reichstag, besaß Dutzende von Zeitungen, hielt tausende von Versammlungen im Jahr ab. Die komplizierten organisatorischen Maßnahmen konnte man nicht mit Freiwilligen bewältigten, die dafür ihre Freizeit opferten, sondern man brauchte einen Apparat. Damals sprach man schon von proletarischen Beamten. So eine Organisation muss geleitet und strukturiert werden von Führungskräften, der neuen Oligarchie. Solange eine Partei sehr klein ist, werden nur Idealisten Mitglied sein. Bekommt sie aber eine gewisse Größe und ist auch in den staatlichen Organen vertreten in Form von Abgeordneten, zieht sie viele Personen an, denen es auch vor allem um persönliche Karrieren geht, die Beziehungen knüpfen möchten, die Macht und Einfluss haben wollen. Durch solche Leute kann die Partei korrumpiert werden, und nach Meinung von Michels entwickelt die Oligarchie Eigeninteressen, um die Macht zu behaupten und vertritt nicht mehr notwendig die Interessen der Mitglieder. Wenn sie vielleicht ursprünglich eine Oppositionspartei gewesen ist, kann sie als Regierungspartei dann schnell mit den staatlichen Organen verschmelzen und korrigiert alte Forderungen von ihr, schwächt sie ab oder verwirft sie ganz.


Individualpsychologischer Gründe

Nicht jeder kann Mitglied der Oligarchie werden. Wichtig ist nach Michels, dass die Führungspersonen ein Charisma haben. Dies ist vielleicht schon da oder wird erworben. Führungspersonen müssen rhetorisch anderen überlegen sein, gut argumentieren können, Durchsetzungsvermögen besitzen, heute auch telegen sein, sie sollten Kompetenz und Zuversicht ausstrahlen, sie benötigen eine soziale Intelligenz, das heißt, sie können die Bedürfnisse und Wünsche von Mitgliedern und Wählern erkennen und formulieren. Da längst nicht alle ein Charisma besitzen oder solche Fähigkeiten haben, schränkt dies die Auswahl der Führungskräfte ein. Diese suchen sich ihre Mitarbeiter und Mitstreiter aus und bauen so Kerngruppen auf, die zukünftigen Oligarchien. Es kann sich ein Klientelsystem entwickeln.
(Anmerkung von mir: Der hohe Anteil von Juristen in der Politik erklärt sich wohl nicht nur daraus, dass es hier vielfach um Gesetze geht, sondern das Juristen die erforderlichen Fertigkeiten schon aufgrund ihres Berufes benötigen.)

Massenpsychologie

Die meisten Mitglieder haben ein Führungsbedürfnis. Es ist bequemer und einfacher, geführt zu werden, als selber zu führen. Dies können ohnehin nur wenige. Wie bei einer Herde von Säugetieren folgen sie laut Michels dem Leithammel und vertrauen ihm. Diese menschliche Eigenschaft kommt der Oligarchie entgegen. Da die meisten Mitglieder sich nicht hauptberuflich der Politik widmen können, ist ihre Kompetenz in vielen Fragen der Kompetenz der Politprofis unterlegen. Der Oligarchie gelingt es deshalb, auf den Parteitagen ihre Mitglieder zu beeinflussen und deren Meinung in gewünschte Bahnen zu lenken. Auch in demokratischen Parteien stehen auf Parteitagen meistens nur wenige Bewerber als Vorsitzende zur Auswahl, wenn überhaupt, und die erhalten häufig Mehrheiten von 90% und darüber hinaus. Das erinnert manchmal an kommunistische Parteitage. Die Macht der Parteitage ist wesentlich geringer als angenommen wird, In der Regel geht es nur darum, Entscheidungen durchzuwinken, die von der Oligarchie schon getroffen wurden.

Auch in demokratischen Organisationen kommen es laut Michels zur Entstehung von Oligarchien und dies nicht nur in Parteien, sondern fast überall in Verbänden und Vereinen.
Ruaidhri
Mitglied
Beiträge: 1901
Registriert: 06.05.2015, 18:09

Wallenstein hat geschrieben:Auch in demokratischen Organisationen kommen es laut Michels zur Entstehung von Oligarchien und dies nicht nur in Parteien, sondern fast überall in Verbänden und Vereinen.
Kann ich gerade aus aktuellem Anlass von Vereinmeierei nur bestätigen. Allerdings- nun ist Revolte allenthalben!
Was noch heute hinzu kommt: Oligarchien werden sicherlich auch durch Medien verfestigt, bzw., noch einen Schritt weiter, deren Exponenten.
Muttersprache: Deutsch Vaterland: Keins. Heimat: Europa
LG Ruaidhri
Wallenstein

Oligarchien werden wohl tatsächlich von den Medien gefördert. Parteien identifiziert man mit bestimmten Personen, die sich werbewirksam präsentieren müssen. Die sind auch nicht kurzfristig ständig austauschbar. Die Wähler wollen auch nicht laufend wechselnde Gesichter, sondern Personen, von denen sie meinen, man könnte ihnen vertrauen.

Parteien wie die Piraten sind vielleicht daran gescheitert, dass ihnen solche charismatischen Personen fehlten.

Die Grünen wollten die Bildung von Oligarchien verhindern durch das Rotationsprinzip. Jeder Abgeordnete sollte nur zwei Jahre im Amt bleiben. Schily hat sich dann 1987 geweigert, sein Abgeordnetenmandat aufzugeben und behalten. Dem folgten dann bald weitere nach. Heute spielt das Rotationsprinzip keine Rolle mehr.
Ruaidhri
Mitglied
Beiträge: 1901
Registriert: 06.05.2015, 18:09

Wer am lautesten schreit, gewinnt. Meistens.
Intern haben solche oligarische Strukturen oft zur Folge, dasses nach dem Prinzip "divide et impera" geht, auch Druck auf die Basis ausgeübt wird. Bis die sich denn mal bequemt zu protestieren, zu revoltieren, dauert es- und gar oft muss man sich sich dann bis zum Ende einer Wahlperiode gedulden, um die Karten neu zu mischen.
Nichts ist übler als gezwungenermaßen einem Verein angehören zu müssen, will man ein Hobby betreiben. :evil:
Mich beschleicht auch auf politischer Ebene manchmal der Frust, umso besser, wenn man wenigstens hie und da in Zusammenwirken mit anderen, ebenfalls Partei-Unabhängigen, der alteingessenen herrschenden Klasse klar machen kann, dass sie nicht unbegrenzten Spielraum hat.
Genial finde ich PolitikerInnen, die gegen den Strom der eigenen Parteien oder einer angeblichen Pseudo- Mehrheit in der Bevölkerung schwimmen und makellos dazu stehen. Sogar in Eintracht mit dem eigentlich politischen Gegner und laut und öffentlich!
Partei- Oligarchien entstehen auch durch Druck von außen, von Verbänden und Interessengruppen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass der ein oder andere Minister klug genug wäre, manche Gesetzesvorlage intelligenter und auf von mehr als nur den Parteigenossen getragenem Konsens zu formulieren und durchzusetzen, wenn er dürfte wie er eigentlich wollte.
Muttersprache: Deutsch Vaterland: Keins. Heimat: Europa
LG Ruaidhri
james
Mitglied
Beiträge: 123
Registriert: 14.09.2015, 14:32
Wohnort: janz jeroßet Jeheimnis

Ruaidhri hat geschrieben:Wer am lautesten schreit, gewinnt. Meistens.
Ja das gilt nicht nur für Parteien.

Deshalb bin ich auch der Meinung das das ganze Parteiensystem abgeschafft werden müsste.
Aber solang dieser bekloppte Glaube an Parteien als "Meinungsvertreter des Volkes" und "Regulatoren einer Demokratie" besteht, ist das wohl ein frommer Wunsch.
In Wahrheit ist es eher eine Art "Demokratie-Adel" der sich um einen "Regierungs-Hofstaat" versammelt und mittels
einer "Apanage (als Parteienfinanzierung bezeichnet)" unterhalten wird. Also im Grunde genommen nur eine "repräsentative Theater-Demokratie" aufgeführt durch üppig "honorierte Schauspieler", deren Ziel es ist
die Zuschauer (also das geVolke) in ihren Bann zu ziehen.
Benutzeravatar
Barbarossa
Mitglied
Beiträge: 15506
Registriert: 09.07.2008, 16:46
Wohnort: Mark Brandenburg

Welche Form von Demokratie schwebt dir denn statt dessen vor?

Grundsätzlich: Parteien haben sich nicht ohne Grund schon im 19. Jh. gebildet. Sie vereinigen Mitglieder, die im wesentlichen die gleichen Interessen und Meinungen vertreten.

[ Post made via Android ] Bild
Die Diskussion ist eröffnet!

Jedes Forum lebt erst, wenn Viele mitdiskutieren.
Schreib auch du deine Meinung! Nur kurz registrieren und los gehts! ;-)
Wallenstein

Barbarossa hat geschrieben:Welche Form von Demokratie schwebt dir denn statt dessen vor?

Grundsätzlich: Parteien haben sich nicht ohne Grund schon im 19. Jh. gebildet. Sie vereinigen Mitglieder, die im wesentlichen die gleichen Interessen und Meinungen vertreten.

[ Post made via Android ] Bild
Der klassische Liberalismus sieht keine Parteien vor. Man hielt sie für unzulässige Monopolverbände so wie früher die Zünfte oder Gilden. Da sich der Liberalismus am Marktmodell orientierte, sollte es auch im Bereich der Politik einen freien Wettbewerb geben und Parteien würden diesen einschränken. Im Zentrum stand der freie, unabhängige Bürger.

Das Wahlrecht war in vielen Ländern früher gar nicht vorhanden oder stark eingeschränkt. In England durften bis 1832 nur 2,1% der Bevölkerung wählen. Bei so wenigen Wahlbürgern war die Vorstellung einer unabhängigen Persönlichkeit vielleicht sogar realistisch, aber selbst damals entstanden schon die ersten Parteien, die allerdings Honoratioren Parteien waren, diese waren nicht vergleichbar mit heutigen Parteien und alles andere als demokratisch.

Die SPD war als reine Mitgliederpartei mit demokratischen Strukturen als Untersuchungsobjekt besonders interessant, weil sich auch hier Oligarchien bildeten.

In den anderen Parteien, den undemokratischen Honoratioren Parteien, war so etwas selbstverständlich.
james
Mitglied
Beiträge: 123
Registriert: 14.09.2015, 14:32
Wohnort: janz jeroßet Jeheimnis

Wallenstein hat geschrieben: Der klassische Liberalismus sieht keine Parteien vor. Man hielt sie für unzulässige Monopolverbände so wie früher die Zünfte oder Gilden. Da sich der Liberalismus am Marktmodell orientierte, sollte es auch im Bereich der Politik einen freien Wettbewerb geben und Parteien würden diesen einschränken. Im Zentrum stand der freie, unabhängige Bürger.
Dann müsste man aber alle Bürger unter einer Käseglocke stecken, weil sie sonst so frei und unabhängig nicht sind.
Und das ist der Fehler des Liberalismus. Er redet von einer Freiheit die es gar nicht gibt.
Ruaidhri
Mitglied
Beiträge: 1901
Registriert: 06.05.2015, 18:09

Dann müsste man aber alle Bürger unter einer Käseglocke stecken, weil sie sonst so frei und unabhängig nicht sind.
Und das ist der Fehler des Liberalismus. Er redet von einer Freiheit die es gar nicht gibt.
Verstehe ich nicht, macht aber nichts.
Die Freiheit des Individuums ist auch die, sich zur Vetretung jeweiliger Interessen zu organisieren- im besten Fall mit demokratischen Strukturen.
Die Freiheit des Individuums ist auch die, sich zu engagieren- solo oder mit Gleichgesinnten- und sein Teil dazu beizutragen, dass Strukturen nicht verkrusten, die Dinge in Fluss bleiben.
Muttersprache: Deutsch Vaterland: Keins. Heimat: Europa
LG Ruaidhri
james
Mitglied
Beiträge: 123
Registriert: 14.09.2015, 14:32
Wohnort: janz jeroßet Jeheimnis

Barbarossa hat geschrieben:Welche Form von Demokratie schwebt dir denn statt dessen vor?
Naja auf jeden Fall eine ohne Parteien. Meiner Meinung nach hat sich das Parteiensystem als korrupiert herausgestellt.
Insofern ist es auch keine Willensbildung mehr, sondern ein Oligarchensystem. Und das es längst ausreichend Beispiele das Leute Ämter kriegen, auch wenn die Wahlbeteiligung noch so gering ist, beweist das selbst ein Boykott der Parteien gar nichts bringt, solang noch irgendwer zur Wahl geht.

Tja was für eine Demokratie schwebt mir vor? Nunja ich will das gar nicht bestimmen.
Ich möchte vielmehr die Vorraussetzungen schaffen, damit das Volk dies selbst frei bestimmen kann.
Und das ist gar nicht so einfach.
Ich denke man muss erstmal das ganze System verändern, denn wer sagt denn das eine Demokratie zwingend Parteien braucht. Wer sagt das eine Regierung gewählt sein muss? Wer sagt das wir Vertreter brauchen, die für uns Gesetze machen. Sollten wir das nicht selbst tun?
Wer sagt das Zentralisierung schlecht sei? Ist es etwa besser in jedem Bundesland einen anderen Lehrplan zu haben?
Haben Firmen nicht auch Firmenzentralen? Sind deren Manager nicht Angestellte? Alle diese Vorstellungen müssen erstmal wieder in Frage gestellt werden. Die Demokratie wurde 2000 Jahre nach ihrem Untergang plötzlich wieder dem Vergessen entrissen und eingesetzt. Aber man hat offensichtlich vergessen warum sie damals unter ging? Weil sie unterlaufen wurde.
Und was wir hier Demokratie nennen wird auch unterlaufen. Die Demokratie frisst ihre eigenen Kinder.

Als erstes sollte man wohl erstmal dafür sorgen das alle Menschen neutrale unbewertete Informationen bekommen und fördern das sie alles in Frage stellen, damit sie sich von diesen alten Zwangsvorstellungen lösen. Das geht am besten indem man ihnen völlig neue Möglichkeiten der Mitbestimmung eröffnet.

Und dann sollte eine gesellschaftliche Diskussion begonnen werden in der wirklich jeder seine Meinung einbringen kann unabhängig davon wie laut oder leise er diskutiert. Das ist zweifellos das größte Problem der Demokratie. Ich betrachte es als Verlust, weil uns so vielleicht so manche geniale Idee durch die Lappen geht. Also wie bekommt man das Volk dazu seine eigene Meinung zu sagen, ohne das Rudelbildung oder Gruppenzwang eintritt? Wie kriegt man raus was die Menschen insgeheim wirklich denken? Und wie kann man dem desillusioniertem Volk wieder Mitbestimmung verschaffen? :eh: Das waren die Fragen die ich mir stelle. Es geht also garnicht um die Form der Demokratie, sondern wie man sie gnadenlos direkt macht und stabil gegen jeden Versuch sie zu unterlaufen.

Ein Vorschlag wäre z.b.
Ich könnte mir vorstellen das es extrem hilfreich wäre ein Spiel zu entwickeln, bei dem jeder "Kanzler" spielen kann. Er bestimmt also die Regeln nach der sein Land funktionieren soll. Wobei ihm all das passiert, was in Gesellschaften passiert. Unternehmer wandern ab weil es woanders billiger ist, Opposition macht Revolution, Bürgerkrieg, Seuchen, Zivilisationskrankheiten, Verschuldung, Finanzkrise, Nato, EU, Ostblock, Russen, wegen mir auch einen islamischen Gottesstaat mit Scharia errichten, also das ganze Programm bis hin zur Weltherrschaft ...
Über einen Zentralrecher werden immer wieder aktuelle Weltprobleme eingespeist und die Spieler damit konfrontiert. Und regelmässig wird gezählt, wievielen Menschen seines Landes es gut geht und wievielen nicht, wieviele sterben, wieviele geboren werden, wieviele unzufrieden sind usw... Also ob es dem Volk gut oder schlecht geht.
Wenn mehrere zig tausende Menschen dieses Spiel spielen, ermittelt der Rechner auf diese Art, wer die beste Idee hat, das eine oder andere Problem zu lösen und das könnte man dann in die Praxis umsetzen. Dieses Spiel kann immer weiter gehen und so einer Art Willensbekundung aber auch Ratgeber sein...
Natürlich werden nie alle Menschen spielen, aber jeder der mit seinem Land unzufrieden ist, kann hier beweisen das es anders geht. Und wenn er sich irrt, ist das auch nicht schlimm. Es gehen ja auch nicht alle zur Wahl oder sind Parteimitglied.

Wichtig sind dabei drei Dinge, a) das der User wirklich sieht wohin seine Gesellschaftsordnung führt, er wird also nicht niedergeredet, ignoriert oder manipuliert und er braucht nicht überzeugt werden, weil er selbst feststellt, was eine doofe und was eine gute Idee ist, spätestens dann wenn ihm sein Volk lynchen will.
b) das er immer wieder neu anfangen und experimentieren kann, ohne das irgendwer dabei zu Schaden kommt, er wird also kreative Politik machen, er macht nicht das was alle machen, er unterliegt keinem Gruppenzwang
und c) er wird nicht übersehen oder überhört, er muss sich keinem Parteienzwang unterwerfen und kann das Unmögliche wagen, er ist sozusagen wirklich frei zu tun was er will ohne das ihn irgendwer dafür verurteilt.

Man könnte auch einbauen das Spieler andere Spieler sabotieren, indem sie bei anderen zufällig ausgesuchten Usern das "Volk" spielen und Revolutionen, Massendemos oder Börsencrash versuchen auslösen oder Monopole versuchen aufzubauen, was natürlich nur dann klappt, wenn genügend unzufriedenes Volk existiert und sie reich genug sind um sich einen Vorteil zu verschaffen.

Naja, klingt ein bisschen utopisch aber warum nicht mal was Neues probieren?
Und das dieses Spiel nicht manipuliert werden kann, setz ich natürlich vorraus und das es sich weiter entwickelt auch.

Ach ja und der Regierung würd ich einen Anstellungsvertrag beim Volk geben. Den können sie (also das Volk) fristlos kündigen, wenn sie mit der Arbeit ihrer Angestellten nicht zufrieden sind. Ist das Maß voll, muss er halt gehen. Dann wird eben ein Neuer eingestellt. Bei 80 Mio gibt es sicherlich genug Bewerber. So eine Art andauernder Volksbefragung.

Die Medien würde ich generell pauschal auf Unterhaltungsunternehmen zurück stutzen, also völlig entpolitisieren. Vielleicht hebt das ihre Qualität. Sie haben sich als 5. Kolonne mächtiger Eliten erwiesen und die Meinungen der Bevölkerung massiv manipuliert. Ihnen dies weiterhin zu erlauben würde jede Anstrengung einer direkten Demokratie zunichte machen. Jeder der von Medien lebt und gleichzeitig Werbung betreibt ist käuflich. Das ist eine Tatsache. Er ist schlichtweg nicht geeignet unabhängige politische Berichterstattung zu leisten und hat seinen eigenen Ehrencodex verraten.

Stattdessen würde ich hier aufs Volk setzen, sie sind subjektiv, kreativ und weit gestreut. Sie vertreten alle Ansichten weil sie eben "das Volk" sind. Sie sind nicht geschniegelt und gebügelt, sie machen Fehler, ändern ihre Meinung, sie sind aber auch menschlich. Aus dieser Masse an subjektiven Meinungen kann sich jeder sein Weltbild schaffen.

Für Politik könnte eine Art Informationszentrum eingerichtet werden, wo neutral Material, Fotos, Videos, Information usw. für allen Menschen zur Verfügung steht. Und einen Fond aus der automatisch politische Foren, Blogs, Videokanäle usw. für ihren Beitrag eine Art Unterstützung erhalten, wobei berücksichtigt wird, das nur ein Artikel honoriert wird und das dieser kein Aufwasch anderer darstellt. Umfangreiche Recherche wird höher honoriert und es spielt keine Rolle ob er sich Journalist nennt oder nicht, weil sie sind alle Journalisten.
Man könnte auch kostenlose Schulen einrichten, wo Menschen die schreiben/filmen wollen, die Techniken dazu erlernen können, oder wo sie ein kleines Studio für ihre Aufnahmen kostenlos nutzen können, vielleicht sogar eine lokale Zeitung drucken können. Sie dürfen nur nicht davon leben können, keine Werbeeinnahmen erzielen, keine Spendenkonten, nichts was sie in Abhängigkeit bringt, weil nur dann bleiben sie auch unabhängig, kritisch und autark. Es sollte kein Job sein, sondern lediglich eine Anerkennung, die ihnen hilft die Unkosten gering zu halten.

Die Presse hat das Vertrauen ihrer Leser verspielt. Sie ist es nicht wert gerettet zu werden.
Ihre Journalisten haben sich zu Steigbügelhaltern schlechter Politik gemacht und damit an dem Ast gesägt, auf dem sie sitzen. Hier müssen sie sich entscheiden, ob sie bezahlte Unterhaltung machen wollen, oder ob es ihnen wichtiger ist die Menschen zu informieren obwohl es ihnen nichts einbringt.

Natürlich ist damit noch kein Staat zu machen, aber man schafft Bedingungen für eine bessere Politik.
Letztendlich sind das nur mal so meine leisen Gedanken. Was haltet ihr davon? :roll:



@Ruaidhri, was die Käseglocke betrifft:
Ein Mensch kann nur dann frei sein wenn er völlig autark jegliche Abhängigkeit und Verpflichtung aber auch
Beeinflussung durch Meinungen meidet. Dazu müsste er quasi unter einer Käseglocke leben, keiner kommt rein,
keiner kann raus. :crazy:
Man könnte auch noch eine Gruppe unter einer Käseglocke vereinen, bei Ländern ist das unmöglich.
Insofern ist der Mensch nie völlig frei, irgendwer wird ihn immer beeinflussen.
Die Frage ist, welchem Zweck diese Beeinflussung dient. Ist das uneigennützig oder dient es dazu ihm Dinge aufzuschwatzen, die ihm am Ende schaden?
Im Liberalismus gibt es keine Grenzen, alles ist frei. Leitziel des Liberalismus ist die Freiheit des Individuums
vornehmlich gegenüber staatlicher Gewalt.

Also kann jeder Jeden grenzenlos beeinflussen und wer am lautesten brüllt gewinnt, weil die staatliche Gewalt und damit auch jede Form von politische, ökonomische und soziale Ordnung ausgeschaltet ist, denn genau das wird ja abgelehnt und bekämpft. Selbst wenn man noch eine kleine Ordnung erhalten will, wird auch diese mit dem Argument der persönlichen Freiheit bekämpft bis auch die Grenzen schwinden.
Dabei bleiben zwangsläufig Teile der Gesellschaft auf der Strecke, insbesondere jene die nicht konkurrenzfähig sind,
weil sie nichts zu verkaufen haben, sondern nur kosten.
Also die Alten, die Kranken, die Kinder, die Kulturschaffenden, die Wissenschaft, die Bildung, das Gesundheitssystem usw.
Alles was irgendwie sozial ist, fällt weg, weil die soziale Ordung als Freiheitsbeschränkung bekämpft wird.
Es ist eine Form von "das Überleben der Stärkeren". Am Ende kann es nur Einen geben...
histo rie
Mitglied
Beiträge: 94
Registriert: 05.07.2015, 19:14

james hat geschrieben:
Ruaidhri hat geschrieben:Wer am lautesten schreit, gewinnt. Meistens.
Ja das gilt nicht nur für Parteien.

Deshalb bin ich auch der Meinung das das ganze Parteiensystem abgeschafft werden müsste.
Aber solang dieser bekloppte Glaube an Parteien als "Meinungsvertreter des Volkes" und "Regulatoren einer Demokratie" besteht, ist das wohl ein frommer Wunsch.
In Wahrheit ist es eher eine Art "Demokratie-Adel" der sich um einen "Regierungs-Hofstaat" versammelt und mittels
einer "Apanage (als Parteienfinanzierung bezeichnet)" unterhalten wird. Also im Grunde genommen nur eine "repräsentative Theater-Demokratie" aufgeführt durch üppig "honorierte Schauspieler", deren Ziel es ist
die Zuschauer (also das geVolke) in ihren Bann zu ziehen.
Das Parteiensystem ist auch längst überaltert! Es ist ein Relikt aus dem 19. Jahrhundert. Es war eine Erscheinung der sozialdemokratischen und marxkommunistischen Bewegung und des aufstrebenden Bürgertums.
Es gehört tatsächlich abgeschafft.
Heutige Parteien sind keine bloßen Interessenvertreter mehr - genauso, wie die Kirche kein Glaubensparkplatz mehr ist - sie sind Wirtschaftsunternehmen, die durch Geldmangel zu Grunde gehen. Das ist das derzeitige gesellschaftliche Konzept. Wenn eine Partei unwirtschaftlich wird, ist sie dem Verfall preisgegeben, sie geht ein. Da braucht es auch keine ..zig Wähler mehr. Denn nicht die Interessentenzahl einer Partei ist wichtig, sondern deren Rückhalt durch die Wirtschaftskapitäne in dewr BRD. Merkel und die Union sind nur hochbezahlte Marionetten der Wirtschaft.
Die heutigen Regierungen und Politiker müssen die Interessen der Unternehmer und Wirtschaftsbosse nur gewinnbringend und erfolgreich an das Volk verkaufen. Die Gehirnwäsche ist dann auch sicher.
Renegat
Mitglied
Beiträge: 2045
Registriert: 29.04.2012, 19:42

James, dein Beitrag macht mich ratlos.
Du denkst also allen Ernstes, dass jeder Mensch mit einer eigenen Meinung zu allen Fragen der Welt geboren wird?

Und dass man anhand von Monopoly oder PC-Spielen wie Empire gesellschaftliche und politische Abläufe abfragen und simulieren kann?

Und ja histo rie das Parteiensystem gibt es schon länger, sogar viel viel länger als seit dem 19.Jhdt.
Partei ist eigentlich nur ein Ausdruck für eine Gruppe von Menschen, die sich mit einem bestimmten Ziel organisiert haben. Bei Parteien handelt es sich idR um politische Ziele. Hundezüchter gründen einen Verein. Sie können sich aber auch ohne Vereinsgründung in der Kneipe treffen und sich über ihre Hunde unterhalten.
Genauso die Menschen über die verschiedensten politischen Themen, dazu braucht es keine Partei, wichtig ist der Austausch.
Der Austausch mit anderen Menschen ist dem sozialen Wesen Mensch angeboren, nur der liegt in seinen Genen. Der Austausch führt zu Gruppenbildung. Und eine Form der politischen Gruppenbildung ist die Gründung einer Partei, es gibt daneben unzählige, andere Formen. Nicht mehr und nicht weniger. Jede gesellschaftliche und politische Veränderung sollte sich doch an der Realität orientieren. Wir können das soziale Wesen Mensch nicht neu erfinden.
Wallenstein

Ohne Parteien wird es wohl nicht gehen. Ziele erreicht man nur, wenn man organisiert als Gruppe auftritt. Das muss nicht eine der klassischen Parteien sein, aber irgendetwas in der Art. Wie heißt es doch bei Ton, Steine, Scherben, „ Allein machen sie dich ein“.

Allein machen sie dich ein
Schmeissen sie dich raus, lachen sie dich aus
Und wenn du was dagegen machst
Sperr'n se dich in den nächsten Knast

Und alles, was du da noch sagen kannst
Ist: "Das ist aber 'n ganz schöner Hammer, ey Mann!"

Zu zweit, zu dritt, zu viern
Wird auch nix and'res passiern
Sie werden ihre Knüppel hol'n
Und uns ganz schön das Kreuz versohlen

Und alles, was du da noch sagen kannst
Ist: "Das ist aber 'n ganz schöner Hammer, ey Mann!"

Zu hundert oder tausend kriegen sie langsam Ohrensausen
Sie werden zwar sagen: "Das ist nicht viel"
Aber tausend sind auch kein Pappenstiel
Und was nicht ist, das kann noch werden
Wir können uns ganz schnell vermehren

In dem Land, in dem wir wohnen
Sind aber 'n paar Millionen
Wenn wir uns erstmal einig sind
Weht, glaub ich, 'n ganz anderer Wind
Dann werden se nicht mehr lachen
Sondern sich auf die Socken machen
Auf die Bahamas oder ins Tessin
Der Teufel weiß am besten, wohin

Und du weißt, das wird passieren
Wenn wir uns organisieren
Ruaidhri
Mitglied
Beiträge: 1901
Registriert: 06.05.2015, 18:09

Mal abgesehen davon, dass, Renegat sagte es in seinem Post, hier wirklich jenseits genetisher Fakten und sozialer Notwendigkeiten
"argumentiert" wird, hier mal ein Gegenentwurf, der auch in andere Threads passen könnte.
Ob ich die Meinung teile, sei dahin gestellt.
http://www.spiegel.de/politik/deutschla ... =meinunghp

Zitat der Überschrift:
"Debattenkultur: Weniger Demokratie wagen!

Eine Kolumne von Jan Fleischhauer

Alle klagen über sinkende Wahlbeteiligung. Wenn man sieht, was Leute im Netz hinterlassen, kann man nur dankbar sein, dass viele Krakeeler am Wahltag zu desinteressiert oder zu betrunken sind, um aus dem Bett zu finden.
...... "
Muttersprache: Deutsch Vaterland: Keins. Heimat: Europa
LG Ruaidhri
Wallenstein

Ruaidhri hat geschrieben:Mal abgesehen davon, dass, Renegat sagte es in seinem Post, hier wirklich jenseits genetisher Fakten und sozialer Notwendigkeiten
"argumentiert" wird, hier mal ein Gegenentwurf, der auch in andere Threads passen könnte.
Ob ich die Meinung teile, sei dahin gestellt.
http://www.spiegel.de/politik/deutschla ... =meinunghp

Zitat der Überschrift:
"Debattenkultur: Weniger Demokratie wagen!

Eine Kolumne von Jan Fleischhauer

Alle klagen über sinkende Wahlbeteiligung. Wenn man sieht, was Leute im Netz hinterlassen, kann man nur dankbar sein, dass viele Krakeeler am Wahltag zu desinteressiert oder zu betrunken sind, um aus dem Bett zu finden.
...... "

Der Artikel ist interessant und auch zutreffend meiner Ansicht nach. Plato hatte ja mal abfällig Demokratie als Pöbelherrschaft bezeichnet, aber er war ja ziemlich elitär.

Aber eins ist wohl war: Freiheit klingt gut, das Recht auf Privatsphäre, das Recht zu protestieren, wenn die Dinge nicht wunschgemäß laufen.

Unglücklicherweise erfordern alle diese Vorzüge eine gereifte, vernünftige Bevölkerung, denn Freiheiten können, wenn sie missbraucht werden, zu machtvollen Waffen werden. Freiheit in Verbindung mit Dummheit ist eine explosive Mischung. Und die traurige Wahrheit lautet, dass der Dummheitsqoutient in der Bevölkerung im Allgemeinen alarmierend hoch ist.
Antworten
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag

Zurück zu „Politische Theorien“