Unsere Demokratie: Anspruch und Wirklichkeit

Allgemeine politikwissenschaftliche Diskussionen

Moderator: Barbarossa

james
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Jede Direktwahl ist überflüssig solange Medien die Bevölkerung beeinflussen. Deswegen kommen doch auch immer die gleichen Parteien an die Macht! Wenn wir ihn also direkt wählen würden, sorgen die Medien dafür wer der Sieger ist.
Die direkte Demokratie (an der der Fragende offenbar glaubt) ist daher von vornherein zum Scheitern verurteilt, solange die 5. Kolonne das Informationsmonopol zur Manipulation der Bevölkerung benutzt.

Man braucht ein ganz anderes Wahlsystem um eine Regierung zu bilden, die das tut was das Volk will.
Wahlweise sollte man die Ursache der Manipulation (Medien) komplett das Informationsmonopol über Politik entziehen, oder ein
Wahlsystem schaffen das sie nicht beeinflussen kann, z.b. eine Lotterie.
Ausserdem sollte sich eine Regierung aus allen Bevölkerungsschichten zusammen setzen, nicht nur aus BWLern, Juristen und Lehrern.

Darüber sollte man nachdenken, statt ausgetretenen Wegen zu gehen, die schon in anderen Ländern nicht funktionieren und deshalb zum selben Ergebnis führen. Die Frage ist nur - wie macht man das und wie kriegt man diese Regierung dazu das Wahlgesetz entsprechend zu ändern? Denn freiwillig sägen die nicht an dem Ast auf dem sie sitzen.
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Barbarossa
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Welches Informationsmonopol meinst du eigentlich? Es gibt doch verschiedene Medienunternehmen - öffentlich-rechtliche und auch private.

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Ruaidhri
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James hat geschrieben:Man braucht ein ganz anderes Wahlsystem um eine Regierung zu bilden, die das tut was das Volk will.
Allenfalls die Mehrheit des Volkes, das immer noch die Möglichkeit hat, sich seine Meinung aus einer ziemlichen Bandbreite von Medien zu bilden.
Ausserdem sollte sich eine Regierung aus allen Bevölkerungsschichten zusammen setzen, nicht nur aus BWLern, Juristen und Lehrern.
Es steht jedem Wahlbrechtigtem frei, sich zur Wahl zu stellen, nicht nur für eine Partei, sondern auch als Einzelkandidat.
Darüber sollte man nachdenken, statt ausgetretenen Wegen zu gehen, die schon in anderen Ländern nicht funktionieren und deshalb zum selben Ergebnis führen.
Nähere Erklärung wäre gut.
Inzwischen habe ich einige Bundespräsidenten erlebt. Jeder stand irgendwie für seine Zeit, hatte so seinen Symbolwert. Jeder von der Geschichte in seinem Lebenslauf geprägt, bis hin zu Wulff, der erste BP, der deutlich der Nachkriegsgeneration angehört und als erster so deutlich mit medialer Präsens auch im Privatleben meinte umgehen zu müssen.
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LG Ruaidhri
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james hat geschrieben:
Man braucht ein ganz anderes Wahlsystem um eine Regierung zu bilden, die das tut was das Volk will.

Das Volk gibt es nicht, es gibt nur eine Vielzahl von Individuen mit unterschiedlichen Meinungen und vor allem Interessengruppen, mit völlig gegensätzlichen Auffassungen und Zielen.
In einer Demokratie haben die Bürger individuelle Rechte, aber in ihrer Gesamtheit besitzen sie politischen Einfluss nur unter quantitativen Gesichtspunkt – man folgt den Entscheidungen der Mehrheit.
Du begreifst das Volk dagegen als eine Qualität, als monolithische Einheit, die nur einen gemeinsamen Willen besitzt. Da das aber nicht der Fall ist, gibt es Leute, die präsentieren sich als Deuter des angeblichen Volkswillens. Die emotionalen Äußerungen einer ausgewählten Gruppe von Bürgern werden als "Stimme des Volkes" dargestellt. Diese Leute sollen dann das „wahre“ Volk sein, dessen Willen von den Politikern nicht mehr gehört wird. Die Leute, die dann von sich glauben, sie verkörpern das wirkliche Volk, geben dann vor, im Namen einer fiktiven Einheit zu sprechen. Aber hallo, Holzauge sei wachsam.

james hat geschrieben: Ausserdem sollte sich eine Regierung aus allen Bevölkerungsschichten zusammen setzen, nicht nur aus BWLern, Juristen und Lehrern.

.
Jeder kann Politiker werden, auch du. Entscheidend ist eine gewisse Bildung, Rednerbegabung, Durchsetzungsvermögen, soziale Intelligenz, ein wenig Charisma kann auch nicht schaden.
Solche Qualitäten sind bei Akademikern weiter verbreitet als bei Landwirten, Reinigungskräften, Verkäufern, Barkeepern, Fernfahrern oder Obdachlosen.
Ruaidhri
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Na, unterschätz mal die Landwirte nicht! :) Deren Aufgaben und die Anforderungen sind heutzutage derart komplex, dass es ohne gründliche Ausbildung und ständige Fortbildung nicht mehr geht- Fachhochschulreife und Agraring. -Studium sind wahrlich in der jüngeren Generation keine Seltenheit mehr.
Die sozial kompetenten, intelligenten wie durchaus beredsamen Exemplare wird man allerdings in Berlin eher nicht antreffen, denn
gerade diese Berufsgruppe hat es schwer, will sie tatsächlich Land oder Forst in Eigenverantwortung bewirtschaften, MdL geht noch, MdB wird schwierig. Dafür allerdings haben sie Lobbyisten in Berlin.
Aufgabe der Abgeordneten ist auch die Arbeit im Wahlkreis im Kontakt mit den Wählern, die so durchaus die Möglichkeit haben, Gehör zu finden. Doch meckernd herumzusitzenstatt mal seinem Abgeordnteten auf die Pelle zu rücken ist viel bequemer. Selbst aktiv in die Politik zu gehen, noch viel unbequemer und mit Verzicht auf Freizeit und Familienleben verbunden.
Viele MdB (MdL) machen ihren Job gut, sind präsent und ansprechbar, die Wahlberechtigten müssen allerdings auch mal selbst, pardon, den Arsch hochkriegen.
Die emotionalen Äußerungen einer ausgewählten Gruppe von Bürgern werden als "Stimme des Volkes" dargestellt. Diese Leute sollen dann das „wahre“ Volk sein, dessen Willen von den Politikern nicht mehr gehört wird. Die Leute, die dann von sich glauben, sie verkörpern das wirkliche Volk, geben dann vor, im Namen einer fiktiven Einheit zu sprechen. Aber hallo, Holzauge sei wachsam.
Danke mal wieder.
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james
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Barbarossa ich such mal ob ich die Übersicht finde wie die Medien zusammengesetzt sind.
Unabhängig ist an denen nur noch der Name.

Naja ob Redekunst und Darstellung die Qualität eines Politikers ausmachen sollte?
Das klingt eher nach Schauspieler - Politdarsteller. Mir wäre ein Putzfrau auch recht
wenn sie eins und eins zusammen zählen kann. Bei einigen der Politiker bezweifle ich solche Kenntnisse.

Auch eine Menge von 80 Mio Individuen lassen sich mit Medien prima manipulieren.
Die monolithische Einheit wird durch Leute erzeugt die sich als Deuter des angeblichen Volkswillens präsentieren.
Das nennt man Manipulation der öffentlichen Meinung.

Es wäre ja wünschenswert, das alle genau hinschauen, aber leider sind viele Holzaugen nicht wachsam, sondern
eher blauäugig. Sie glauben was man ihnen vorsetzt. Was geschrieben steht ist wahr - glauben sie.
Und bei Lehrbüchern, Wissenschaftlichen Publikationen usw. hat das sozusagen den Stempel der Wahrheit bekommen.
Ich weiss nicht wer die Doku mit der Schokoladendiät gesehen hat?

http://eatsmarter.de/ernaehrung/news/schokolade-schlank
http://videos.huffingtonpost.de/lifesty ... 77004.html
https://magazin.betreut.de/schokolade-m ... hlank-368/

http://www.stern.de/panorama/wissen/men ... 92194.html
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Barbarossa
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Kannst du gerne herausuchen, james.
Nur wenn ich deine Beiträge so lese, dann scheinst du völlig zu vernachlässigen, dass wir es immer noch mit mündigen Bürgern zu tun haben, die einen eigenen Kopf zu nachdenken haben.
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Ruaidhri
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James" hat geschrieben:Naja ob Redekunst und Darstellung die Qualität eines Politikers ausmachen sollte?
Nirgendwo stand, dass dies das einzige Qualitätsmerkmal des deutschen Staatsoberhauptes in der Arbeitsplatz-Beschreibung sein soll.
Eines von vielen.
Mir wäre ein Putzfrau auch recht
wenn sie eins und eins zusammen zählen kann. Bei einigen der Politiker bezweifle ich solche Kenntnisse.
Das reicht genauso wenig. Die Anforderungen liegen da schon ein wenig höher.
Die monolithische Einheit wird durch Leute erzeugt die sich als Deuter des angeblichen Volkswillens präsentieren.
Das nennt man Manipulation der öffentlichen Meinung.
Aha, und glaubst Dich frei von jener Manipulation und unterstellst Andersdenkenden, sie seien deren Opfer?
Barbarossa hat geschrieben:Nur wenn ich deine Beiträge so lese, dann scheinst du völlig zu vernachlässigen, dass wir es immer noch mit mündigen Bürgern zu tun haben, die einen eigenen Kopf zu nachdenken haben.
Ich denke, genau das, oft in Extremen, zeigt sich in diesen Tagen. Zwischen den Extremen liegen jedoch viele Graustufen, " der Bürger" denkt eben doch- wie auch immer.
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james
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Ruaidhri hat geschrieben:
Mir wäre ein Putzfrau auch recht
wenn sie eins und eins zusammen zählen kann. Bei einigen der Politiker bezweifle ich solche Kenntnisse.
Das reicht genauso wenig. Die Anforderungen liegen da schon ein wenig höher.
Ah, ich hab einen Nachbarn der hat gleich zwei Fächer studiert. Entspricht der deinen Anforderungen?
Er hat eine hervorragende Rechtschreibung, kann gut Reden halten, sieht gut aus.
Aber er glaubt auch an kleine grüne Männchen, die Prophezeihungen des Nostradamus und ähnlichem.

Politik nehme ich inzwischen mit Galgenhumor und sie zu verspotten ist eine Form der Gesellschaftskritik.
Akademische Bildung ist nicht ausschlaggebend für gute Politik.
Es gibt viele verschiedene Formen von Intelligenz, so auch die der einfachen Menschen,
ob sie nun Putzfrau sind oder Maurer. Sie verfügen dank ihrer Erfahrung über eine Art praktischer Intelligenz
mit wenig viel zu erreichen.
Ich denke man sollte nicht die Anforderungen an Politiker erhöhen (denn die Resultate zeigen das mehr
Bildung nicht zu besserer Politik führt), sondern vielmehr die Regeln der Demokratie verändern um zu
einer besseren Politik zu kommen. Demokratie ist doch kein unveränderliches Regelwerk.

Diese ganze Schieflage Deutschlands geht aufs Konto von Leuten, die nicht das Wohl des Volkes oder überhaupt von Menschen im Sinn haben, sondern die Politik ist in der Hand von Leuten die in ihrer Gier nach Macht, Ansehen, Geld den Hals nicht voll genug bekommen. Das bedeutet nicht das sie sich unbedingt persönlich bereichern, obwohl sie genau das mit der ständigen Erhöhung ihrer Diäten belegen, aber sie erpressen sich auch noch gegenseitig oder lassen sich von Globalplayern und fremden Staaten erpressen. Das alles belegt, dieses Regelwerk der Demokratie hat Fehler.
Die monolithische Einheit wird durch Leute erzeugt die sich als Deuter des angeblichen Volkswillens präsentieren.
Das nennt man Manipulation der öffentlichen Meinung.
Aha, und glaubst Dich frei von jener Manipulation und unterstellst Andersdenkenden, sie seien deren Opfer?
Nein, das steht da nirgends.
Ich möchte ausdrücklich betonen das ich Andersdenkende nicht für doof halte, nur für schlechter informiert.

Wir alle sind mehr oder weniger manipuliert.
Man versucht sich so gut wie möglich zu informieren aber in Wahrheit fallen wir alle irgendwo, irgendwie darauf rein.
Ob wir uns nun an der Fleischtheke von den Lampen täuschen lassen oder uns Politiker einreden, das wäre der einzige Weg und wir müssten nur unseren Gürtel enger schnallen, dann wird alles besser.
Kein Wunder das meiste Forschungsgeld geht in Bereiche die sich damit beschäftigen Menschen zu täuschen, zu manipulieren oder auszunutzen. Wir können den vielen Fallstricken gar nicht schnell genug ausweichen.
Die Erfahrung zeigt doch, es wird nicht besser.

Das Problem ist also nicht die Dummheit sondern das Unwissen, das durch fehlendes, einseitiges oder falsches Wissen erzeugt wird.
Wir lernen zwar viel, - vor allen Dingen punktuelles Wissen - aber man sagt uns nicht alles. Wir lernen auch nicht einen Überblick zu gewinnen, Dinge in einer Kette zu orden um zu erkennen wo das am Ende hin führt.
Wir verarbeiten die Information nicht, sondern schieben sie sogar als "unser Weltbild störend" beiseite.

Statt aus der Erfahrung zu lernen um es besser zu machen, neigen wir gern dazu uns die Ergebnisse schön zu reden. Sich das raus zu suchen was zu unserem Weltbild passt. Es ist eine Form von Selbsttäuschung. Deswegen machen wir die gleichen Fehler - mit dem selben Resultat. Es gibt dazu sogar einen psychologischen Begriff dafür: „Unrealistischer Optimismus“, was im nichts weiter bedeutet, als dass bei der Mehrheit der Bevölkerung essentielle Teile des Gehirns einfach herunterfahren, wenn sie mit etwas konfrontiert werden, was sich nicht mit ihrem Wohlfühlweltbild vereinbaren lassen. Das ist tatsächlich per Gehirnscan messbar.

Forscher kamen zu dem Schluss, dass 80% aller Menschen Optimisten sind, ohne zwangsläufig auch nur die leiseste Ahnung von etwas haben zu müssen. Gegen Optimismus ist ja nichts einzuwenden, doch wenn man nicht richtig nachdenkt und sich selbst oder durch falsche Infos alles durch die rosa Brille sieht, dann ist das in der Tat recht bedenklich.
Denn was die Gier als erstrebenswert vorgaukelte, das hat der Optimismus in erreichbare Nähe geschoben. Dass darunter der Abgrund lauerte, wird schlicht übersehen. Nur gut, dass diesmal alles anders ist - bestimmt! :angel:

Während wohlmeinende Zeitgenossen die Politiker noch in Schutz nehmen, als wenn sie das beste wollten, so muss man doch zumindestens den global agierendem Finanzwesen, den wirtschaftlichen Globalplayern und ihren Privateignern einen Vorsatz unterstellen. Alles andere wäre illusorisch - oder halt optimistisch.
Barbarossa hat geschrieben:Nur wenn ich deine Beiträge so lese, dann scheinst du völlig zu vernachlässigen, dass wir es immer noch mit mündigen Bürgern zu tun haben, die einen eigenen Kopf zu nachdenken haben.
Naja, wenn er denn auch zum Denken benutzt wird.
Aber da du das Palaver liest, scheint es dich zum mündigen Denken anzuregen und das ist gut so.
Das bedeutet nicht dem zustimmen zu müssen, oder etwas zu verteidigen von dem man selbst nicht überzeugt ist,
sondern bereit zu sein einfach mal eine andere Position der "Draufsicht" einzunehmen.
Und über diese neuen Erkenntnisse einfach mal zu quatschen. Vielleicht bringt einem das auf neue Ideen.
Aber ich will hier eigentlich nicht länger mitquatschen, das Thema ist mir zu langweilig.
Lassen wirs gut sein damit.

Anbei noch ein interessanten Ausschnitt aus einem Aufsatz zum Verhältnis von Volk und Regierung von 2012:

Worin täuschen sich Demokratie-Idealisten?
Freiheitsidealisten meinen zu wissen, dass es sich beim Wählen um „echte“ Freiheit handelt. Sie
meinen, die Wahl sei eigentlich dafür da, damit das Volk festlegt, was seine Führung zu tun und zu
lassen hätte; in der Wahl würde das Volk die regierende Führung auf seine Interessen festlegen; die
regierende Führung führe eigentlich nur Volksinteressen aus.
Diese Vorstellung ist sehr widersprüchlich:
Bei so viel Harmonie im Verhältnis von Volk und Führung, wo die regierende Herrschaft nur der Auftragnehmer von Volksinteressen ist, ist dann aber schon die Frage, wozu es Herrschaft braucht?
Wenn die regierende Führung das tut, was das Volk bei ihr in Auftrag gibt, warum muss dann der Auftraggeber darauf gewaltsam (mit Polizei und Justiz) dazu verpflichtet werden, das zu tun was ihm die regierende Führung (Auftragnehmer) verordnet?
Und: wenn die regierende Führung ausführt, was das Volk ihr aufgibt, ist vollkommen unerklärlich, wozu es dann Wahlen bedarf. Denn wozu sollten die beauftragten Ausführungsorgane der Regierung regelmäßig abgelöst werden?
Wenn Bürger gefragt werden, warum sie sich sogar noch hinter militärische Aktionen des Staates stellen bzw. an ihnen teilnehmen, verweisen sie auf die Konkurrenz der Staaten untereinander bis hin zum Krieg. Sie legitimieren ihre regierende Führung für Kriege mit dem Verweis, dass nichts weniger als ihr "nationales Schicksal" an der Durchsetzung des eigenen Staates gegen andere hinge. So wird die Tatsache der Staatenkonkurrenz auf der Grundlage der Identifikation mit ihrem Staat zu einer Schicksalsfrage, zu einer "Tatsache" für sie. Ähnlich verhält es sich mit "humanitärem" Krieg, auch das wird zur Schicksalsfrage der Nation gemacht, womit sich der Bürger ein gutes Gewissen menschlich gehandelt zu haben, bescheinigt, also eine Art Ablasshandel. Vergleichbar ist das mit dem Widerspruch eines Priesters im Dienste einer militärischen Auslandsexpedition.

Diese idealistische Demokratievorstellung will nicht wahr haben, dass es eine Herrschaft ist, die sich durch
Wahlen zur Durchsetzung ihrer individuellen Interessen ermächtigen lässt, die dem Volk größtenteils nicht wohl bekommt.
Und dass das Volk dieser Herrschaft willentlich nur zustimmt, weil es eine Ordnung für sein Miteinander Leben braucht.
Untertanen nennen einerseits lauter gute Gründe für das Dasein einer Regierung. Andererseits kommen sie nicht darum herum, Bilanz zu ziehen, weil ihr Mitmachen im "Volksclub" viele schlechte Erfahrungen nach sich zieht. Was sie als bloße „Missstände“ abtun, betrifft sie zugleich aber immer ganz persönlich: sie sind die Geschädigten, die Opfer, die Zahlenden.
Das Ergebnis ihrer Bilanz, die Antwort auf die Frage, ob sich die Opfer nun gelohnt haben oder nicht, fällt bei der großen Masse negativ aus: "So richtig gelohnt hat es sich nicht.", das antworten jene die man gefragt hat.


FREERK HUISKEN aus Oldenburg studierte Lehrer, Pädagogik, Politik und Psychologie und 1972 Prof. an der Uni Bremen.
Ich denke den kann man als sehr gebildet bezeichnen.
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Barbarossa
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james hat geschrieben: Anbei noch ein interessanten Ausschnitt aus einem Aufsatz zum Verhältnis von Volk und Regierung von 2012:
...
FREERK HUISKEN aus Oldenburg studierte Lehrer, Pädagogik, Politik und Psychologie und 1972 Prof. an der Uni Bremen.
Ich denke den kann man als sehr gebildet bezeichnen.

Aber auch gebildete Leute können sich irren. Ich will mal ein paar Argumente bringen:


Worin täuschen sich Demokratie-Idealisten?
Freiheitsidealisten meinen zu wissen, dass es sich beim Wählen um „echte“ Freiheit handelt. Sie
meinen, die Wahl sei eigentlich dafür da, damit das Volk festlegt, was seine Führung zu tun und zu
lassen hätte; in der Wahl würde das Volk die regierende Führung auf seine Interessen festlegen; die
regierende Führung führe eigentlich nur Volksinteressen aus.
Diese Vorstellung ist sehr widersprüchlich:
Bei so viel Harmonie im Verhältnis von Volk und Führung, wo die regierende Herrschaft nur der Auftragnehmer von Volksinteressen ist, ist dann aber schon die Frage, wozu es Herrschaft braucht?

Demokratie bedeutet "Volksherrschaft" = Herrschaft des Volkes (über seine eigenen Geschicke)
Auch das ist eine Form der Herrschaft. Die hier erwähnte "Führung" sind (bzw. sollen sein) nichts anderes als Volksvertreter. Unsere Demokratie ist eine parlamentarische Demokratie, also eine Form der indirekten Demokratie, in der gewählte Vertreter aus dem Volk die Interessen des Volkes vertreten (sollen). Jeder Wähler besitzt sowohl das Recht zu wählen (aktives Wahlrecht) als auch das Recht, sich zu einer Wahl aufstellen zu lassen und selbst gewählt zu werden (passives Wahlrecht).
Löst eine Regierung ihre Wahlversprechen nicht ein, kann sie bei der nächsten Wahl auch wieder abgewählt werden.

Wenn die regierende Führung das tut, was das Volk bei ihr in Auftrag gibt, warum muss dann der Auftraggeber darauf gewaltsam (mit Polizei und Justiz) dazu verpflichtet werden, das zu tun was ihm die regierende Führung (Auftragnehmer) verordnet?

Weil es immer einzelne Bürger geben wird, die gegen geltende Gesetze verstoßen - ja, in Einzelfällen können das auch Politiker sein. Gegen diese Bürger gehen Polizei und Justiz vor und zwar zum Schutz des Volkes - nicht etwa gegen das Volk.

Und: wenn die regierende Führung ausführt, was das Volk ihr aufgibt, ist vollkommen unerklärlich, wozu es dann Wahlen bedarf. Denn wozu sollten die beauftragten Ausführungsorgane der Regierung regelmäßig abgelöst werden?

Das habe ich weiter oben bereits erklärt.

Wenn Bürger gefragt werden, warum sie sich sogar noch hinter militärische Aktionen des Staates stellen bzw. an ihnen teilnehmen, verweisen sie auf die Konkurrenz der Staaten untereinander bis hin zum Krieg. Sie legitimieren ihre regierende Führung für Kriege mit dem Verweis, dass nichts weniger als ihr "nationales Schicksal" an der Durchsetzung des eigenen Staates gegen andere hinge. So wird die Tatsache der Staatenkonkurrenz auf der Grundlage der Identifikation mit ihrem Staat zu einer Schicksalsfrage, zu einer "Tatsache" für sie. Ähnlich verhält es sich mit "humanitärem" Krieg, auch das wird zur Schicksalsfrage der Nation gemacht, womit sich der Bürger ein gutes Gewissen menschlich gehandelt zu haben, bescheinigt, also eine Art Ablasshandel. Vergleichbar ist das mit dem Widerspruch eines Priesters im Dienste einer militärischen Auslandsexpedition.

Das Thema Krieg ist schon etwas schwieriger, denn inzwischen gelten Angriffskriege als international geächtet. Dennoch nimmt auch die Bundeswehr an Auslandseinsätzen teil. Dies geschieht jedoch lediglich als Reaktion auf einen Angriff auf die eigenen Interessen. Niemand kann einer Nation das Recht absprechen, sich selbst bzw. ihre eigenen Interessen notfalls auch mit militärischen Mitteln zu verteidigen.

Diese idealistische Demokratievorstellung will nicht wahr haben, dass es eine Herrschaft ist, die sich durch
Wahlen zur Durchsetzung ihrer individuellen Interessen ermächtigen lässt, die dem Volk größtenteils nicht wohl bekommt.
Und dass das Volk dieser Herrschaft willentlich nur zustimmt, weil es eine Ordnung für sein Miteinander Leben braucht.
Untertanen nennen einerseits lauter gute Gründe für das Dasein einer Regierung. Andererseits kommen sie nicht darum herum, Bilanz zu ziehen, weil ihr Mitmachen im "Volksclub" viele schlechte Erfahrungen nach sich zieht. Was sie als bloße „Missstände“ abtun, betrifft sie zugleich aber immer ganz persönlich: sie sind die Geschädigten, die Opfer, die Zahlenden.
Das Ergebnis ihrer Bilanz, die Antwort auf die Frage, ob sich die Opfer nun gelohnt haben oder nicht, fällt bei der großen Masse negativ aus: "So richtig gelohnt hat es sich nicht.", das antworten jene die man gefragt hat. [/color]
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Also "Untertanen" gibt es in einer Monarchie, nicht aber in einer Demokratie - da gibt es ausschließlich "Bürger". Und diese Bürger haben das Recht, die Demokratie aktiv mitzugestalten.
Eine Herrschaft, die eigens dazu geschaffen wurde, um Einzelinteressen zu dienen oder durchzusetzen, nennt sich entweder Diktatur oder Oligarchie. Mit Demokratie hat das dann nichts zu tun.
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Barbarossa hat geschrieben: Eine Herrschaft, die eigens dazu geschaffen wurde, um Einzelinteressen zu dienen oder durchzusetzen, nennt sich entweder Diktatur oder Oligarchie. Mit Demokratie hat das dann nichts zu tun.
Die Übergänge mögen fließend sein, lupenreine Demokratien sind wahrscheinlich genauso selten wie lupenreine Monarchien, Parteidiktaturen u.ä.

Ohne mich jetzt weiter in die interessante Diskussion einschalten zu wollen, möchte ich anregen, den Titel zu ändern.
Unsere Bundespräsidenten sind ja nur ein ziemlich unwichtiger Nebenzweig der parlamentarischen Demokratie, quasi ein Ersatz für einen repräsentativen Monarchen. Ein Relikt bzw ein Ausdruck für den fließenden Übergang von der Monarchie zur Demokratie.
Ruaidhri
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[quote="James"
james hat geschrieben:
Ruaidhri hat geschrieben:
Mir wäre ein Putzfrau auch recht
wenn sie eins und eins zusammen zählen kann. Bei einigen der Politiker bezweifle ich solche Kenntnisse.
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Auch ein solcher passt denn nicht ins Profil, sag ich doch, da gibt es einen ziemlichen Katalog von Kriterien.
Vorhersehbar, ob nicht doch einer- vielleicht sogar an den eigenen Ansprüchen- scheitern wird, ist es allerdings nicht.
Trotz ihrer eingeschränkten Möglichkeiten, Politik aktiv mitzugestalten, hat der ein oder andere BP durchaus die Republik geprägt.
Nicht nur von Weizsäcker, auch seine Vorgänger, darunter nicht zuletzt Gustav Heinemann, auch der zunächst umstrittene Carl Carstens.
Das war nun aber eben Deutschland West, in dem ich groß wurde, und in dem eigentlich jeder BP auf seine Weise verstand, eine ziemliche Mehrheit der Bürger und Deutschland(West) als Staat jenseits irgendwelcher Parteibindung zu repräsentieren.
________________________________________
OT:
James hat geschrieben:Ich möchte ausdrücklich betonen das ich Andersdenkende nicht für doof halte, nur für schlechter informiert.
Wenn Du Dich mal nicht ganz fürchterlich irrst, was viele hier Anwesende betrifft und noch mehr außerhalb dieses Forums...
Wir verarbeiten die Information nicht, sondern schieben sie sogar als "unser Weltbild störend" beiseite.
Auch das: Schließt Du von Dir auf andere, die nicht Deiner Meinung sind? Falsch bleibt es sowieso, gibt glücklicherweise genügend Menschen, die eben nicht abhängig von irgendeinem Kollektiv tatsächlich denken.
Und damit auch Widersprüche erkennen.
Das Problem ist also nicht die Dummheit sondern das Unwissen, das durch fehlendes, einseitiges oder falsches Wissen erzeugt wird.
Alles, was also nicht Deinem Wissensstand, äh, Deiner Ansicht entspricht, sortiere man also in obige Schublade?
You made my day, auch und gerade im Hinblick auf viele der hier aktiven Foristi, die in durchaus differenzierter Weltsicht aus profundem echten und Wissen hier schreiben. Und das ganz gewiss mit Nachdenken über Fakten und Zusammenhänge und nicht irgendwie abgepinselt.
Muttersprache: Deutsch Vaterland: Keins. Heimat: Europa
LG Ruaidhri
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Barbarossa
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Renegat hat geschrieben:...
Ohne mich jetzt weiter in die interessante Diskussion einschalten zu wollen, möchte ich anregen, den Titel zu ändern.
Unsere Bundespräsidenten sind ja nur ein ziemlich unwichtiger Nebenzweig der parlamentarischen Demokratie, quasi ein Ersatz für einen repräsentativen Monarchen. Ein Relikt bzw ein Ausdruck für den fließenden Übergang von der Monarchie zur Demokratie.
Das ist speziell in diesem Pfad gar nicht so einfach, weil die Eröffnungsbeiträge tatsächlich ausschließlich die Bundespräsidenten behandeln und auch auf entsprechende Artikel weiterverlinken - gerade der Eröffnungsbeitrag wurde eigens dazu erstellt.
Vorschlag: Ich könnte den Pfad ab dem 3. Beitrag trennen und ein neues Thema daraus machen.
Wäre das in eurem Sinne?
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Renegat
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Ja, gute Idee - irgendwas mit Demokratie Anspruch und Wirklichkeit, vielleicht?
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Barbarossa
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Ich habe gerade mal geschaut, ob es schon einen ähnlichen Pfad gibt. Es würde sich m. E. auch anbieten, die Beiträge an dieses Thema hier dranzuhängen: http://geschichte-wissen.de/forum/viewt ... Wahlsystem
"Reform des Wahlrechts" - wobei, dort geht es wiederum nur um die Überhangmandate.
:?

Edit: Ok, dann lieber doch einen neuen Pfad mit dem von dir vorgeschlagenen Titel.
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